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Der letzte Zukunftsmarkt für schlecht informierte Journalisten

Beim Lesen der Wochenzeitung DIE ZEIT kann man manchmal erschrecken. Marcus Rohwetter schreibt über das westafrikanische Land Ghana und macht dabei entscheidende Fehler.

Das Thema des Artikels ist unterstützenswert. Es geht um die Modernisierung der Abläufe in der Landwirtschaft, wie sie der Softwarekonzern SAP in Ghana voran treibt. Dabei ist gut, dass Rohwetter nicht so penetrant Mitleid erzeugen will wie das an vielen anderen Artikeln über Afrika beobachtet werden kann.

Die Umrechnung von Bauer Darris Jahresumsatz auf „Pro-Kopf-Tagessatz“ deutet jedoch eine Mitleidsnummer an. Nur fünfzig Cent am Tag. Die Armen.

Rassismus ist im Artikel kaum zu spüren.

Nur, dass der Paramount Chief „Häuptling“ genannt wird…

„Häuptling“. Da denkt man gleich an „Stamm“. Oder von mir aus „Neger“. (vgl. Arndt)

Der Artikel versucht keine großen Ausführungen über die ghanaische Kultur. Vielmehr wird eine leichte Ignoranz gegenüber derselben in folgender Aufzählung deutlich:

„Uhr, Mütze, Cola, Telefon. Das sind die Statussymbole von John Darri.“

Ein Handy hat fast jede_r in Ghana. Auf dem Bild trägt der Bauer Darri ein traditionelles Chief-Oberteil, das aus Kente gefertigt wurde. Das ist ein Statussymbol. (vgl. Andanquah)

Wie ein Geist erscheint mir der letzte Satz des Infokastens am Rande des Artikels:

„Vor allem die Region südlich der Sahara dürfte auch weiterhin stark wachsen.“

Was heißt hier Region? Dutzende Staaten, hunderte Millionen von Menschen.

Herr Rohwetter hat eben Ahnung von Wirtschaft und Technik. Er erklärt ein System, mit dem SAP den Handel optimiert. Ghana dient nur als Hintergrund. Schade eigentlich.

Vielleicht muss jemand ja auch gar nicht so genau wissen, wie es da ist, in Afrika, um darüber zu schreiben.

Nein, im Ernst. In China essen sie Hunde. Und bei DER ZEIT, da schreiben sie Texte.

 

Quellen:

Rohwetter, Marcus (2011): Der letzte Zukunftsmarkt; in: DIE ZEIT, Nr. 45, [http://www.zeit.de/2011/45/Ghana-SAP] 07/11/2011

Arndt, Susan (2004): Kolonialismus, Rassismus und Sprache, [http://www.bpb.de/themen/2IQNTS,0,0,Kolonialismus_Rassismus_und_Sprache.html] 07/11/2011

Anquandah, James (2006): Splendour of Traditional Art, S. 2f, [http://www.ghanaculture.gov.gh/modules/mod_pdf.php?sectionid=506] 07/11/2011

Wenn ich von Rassismus spreche gehe ich von der Definition von Memmi aus: „Der Rassismus ist die verallgemeinerte und verabsolutierte Wertung tatsächlicher oder fiktiver Unterschiede zum Nutzen des Anklägers und zum Schaden seines Opfers, mit der seine Privilegien oder seine Aggressionen gerechtfertigt werden sollen.“ Albert Memmi (1994), Rassismus, Europäische Verlagsanstalt, Hamburg, S. 103 u. 164

Steve Jobs‘ Krankheit bringt Unsicherheit bei Apple-Aktionären

Gestern, also einen Tag bevor Apple die neuen Quartalszahlen veröffentlichen wollte, soll Steve Jobs eine Rundmail an all seine Mitarbeiter geschickt haben. Darin stand, dass er sich nun eine gesundheitliche Auszeit nehmen müsse, wielange die dauern soll oder warum genau sie nötig ist, erklärte der Medienriese nicht.

An der Frankfurter Börse sank -nur Minuten später- der Aktienwert um fast 8%, in absoluten Zahlen also um ca. 20 Milliarden Dollar.

Brisant war diese Nachricht unter Anderem deshalb, weil Steve Jobs es bisher versäumt hat, einen ihm gleichkommenden Nachfolger zu einzuführen. Sein bisheriger Vertreter in Krankheitsfällen, Tim Cook, hat zwar große Erfolge durch Finanzstrategien erreicht, allerdings fehlt ihm das darstellerische Talent Jobs‘, der seine Produkte mit solch einer charismatischen Überzeugungskraft vermarkten kann als wären sie überirdischer Natur.

Ein weiterer Grund für den Einsturz könnte darin liegen, dass Steve Jobs nie preisgibt, was er gerade plant. Selbst seine Mitarbeiter stellen teilweise Einzelteile her, ohne zu wissen, was das tatsächliche Endprodukt sein wird. Er ist der unerlässliche Visionär des Unternehmens und gleichzeitig dessen unermüdliche Motor – Gerüchte über seine Krankheit lassen also befürchten, dass das drittgrößte Unternehmen weltweit mit ihm seine Antriebskraft und dadurch den enormen Wert verlieren würde. Da in den USA gestern ein Feiertag war, blieb die amerikanische Börse zunächst unberührt, man darf nun also gespannt sein, wie sich der Aktienwert dort heute entwickeln wird.

Quelle:

Matthias Kremp und Stefan Schultz (17.01.2011): Das 20-Millionen-Dollar-Genie. Spiegel Online

(http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,739985,00.html#ref=rss, 18.01.2011)