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Respektvolle Tat

November, Freitag der 13., ein Tag der im Volksglauben als ein Tag des großen Unglücks angesehen wird, wird für Frankreich ein Tag der Trauer und des Schmerzes.
Nach „Charlie Hebdo“ dachte niemand es könnte noch schlimmer werden, doch was sich am letzten Freitag ereignete war ein weiterer Schock, nicht nur für Europa sondern die ganze Welt.

An einem Freitagabend griffen 3 Terroristengruppen gezielt die „Capitale“ an .
Eine Gruppe läuft mordend durch das Ausgehviertel „Canal Saint-Martin“ während eine Andere den Konzertsaal „Bataclan“ stürmt.
Eine weitere Gruppe hatte es auf das „Stade de France“ abgesehen, scheiterte und die Attentäter, sprengten sich in näherer Umgebung des Stadions in die Luft. (http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-11/terror-paris-attentate-rekonstruktion-ablauf/komplettansicht)

Die Zahl der Toten ist auf mindestens 129 angestiegen, mehr als 350 sind noch verletzt. Die IS hat sich zu den Anschlägen bekannt woraufhin Präsident Hollande ankündigte Frankreich würde sich in einem „Krieg gegen den Terror der Djihadisten“ befinden. (http://www.europe1.fr/politique/hollande-la-france-est-en-guerre-contre-le-terrorisme-jihadiste-2621357)

Nun verwundert einen die Aussage von Reinhard Rauball, kommissarischer Präsident des DFB, die im Angesicht des Dramas, das sich in Paris abspielte, etwas deplatziert wirkt.
Während des Freundschaftsspiels zwischen Deutschland und Frankreich sprengten die Attentäter sich in näherer Umgebung des „Stade de France“ in die Luft, Geräusche die die Zuschauer mit dem Knallen von Feuerwerkskörpern verwechselt haben. Doch kurz nach 22h wird Präsident Hollande von Sicherheitskräften aus dem Stadion begleitet. Das Spiel wird nicht abgepfiffen, doch die Türen des Stadions bleiben verschlossen. Hunderte Fans stürmen auf das Spielfeld um auf neueste Anweisungen des Sicherheitspersonals zu warten, während die Spieler nach unten in die Katakomben gebracht werden.

In einem Interview lobte Reinhard Rauball nicht nur die französische National-Elf, die solange in den Kabinen bei den deutschen Spielern verharrte bis diese sicher zum Flughafen gebracht werden konnte, sondern er zollte mit diesen Worten : „“Man kann stolz sein auf diese Mannschaft, wie sie die Vorkommnisse der Nacht überwunden hat und dass sie zu 60 oder 70 Personen in der Umkleidekabine geblieben sind.“ , der deutschen Mannschaft seinen Respekt.( http://www.eurosport.de/fussball/terror-in-paris-frankreichs-spieler-bleiben-uber-nacht-bei-der-deutschen-nationalmannschaft_sto4990778/story.shtml)
Hier stellt sich nun die Frage ob im Angesicht dieser Tragödie, das Verharren in einer, zu dem Zeitpunkt sicheren Kabine, tatsächlich eine „Tat“ ist die Respekt verdient.

Hat die deutsche National-Elf nicht einfach das befolgt, was man zu ihrer eigenen Sicherheit, entschieden hatte und relativ sicher in den Katakomben diese Stunden verbracht , während Polizei, Armee , Sanitäter, Ärzte ,Journalisten, etc.. in dieser Nacht draußen auf den Straßen von Paris waren um die Verletzte zu versorgen, die Toten zu bergen, die lebenden Attentäter zu verfolgen und den Zuschauern von den grausamen Taten zu berichten, während sie selbst in höchster Gefahr schwebten?

http://www.parismatch.com/Actu/Societe/Attentats-de-Paris-Video-exclusive-Les-premiers-echanges-de-tirs-au-Bataclan-865487
Dieses Video, von Fotograf Patrick Zachmann, zeigt den ersten Schusswechsel zwischen Beamten und Terroristen. Videomaterial das beweist dass nicht nur die Polizei in Lebensgefahr schwebte sondern auch der Fotograf selbst.

In einem Interview mit „parismatch.com“ erzählt der „Guardien de paix“, Polizeimitglied David von der Stürmung vom „Bataclan“. Er beschreibt wie er zusammen mit den anderen Polizisten in das Gebäude geht, hereingelassen von einem Sicherheitsmann vom Bataclan. Dieser zeigt David seine Wunde, der versucht ihn zu beruhigen. „J’aide au mieux. Je les rassure, leur dit que des pompiers arrivent. Je leur mens. Je suis obligé de leur mentir, il faut qu’ils tiennent le coup. Mais tant que la zone n’est pas sécurisée, aucun secours ne peut intervenir. Er sagt er tat sein Bestes um zu helfen, er versuchte die Verletzten zu beruhigen und ihnen zu sagen dass die Feuerwehr unterwegs wäre. Er hat gelogen, er musste lügen damit die Leute ihren Mut behielten, doch solange die Zone um den Konzertsaal nicht gesichert wäre, könnte auch keine Feuerwehr dazustoßen.
Der Artikel geht weiter und David erzählt wie zu seinen Füssen ein junger Mann in den 30iger, mit einer Kugel in der Stirn liegt, er wurde von den Terroristen exekutiert.
Nachdem die Feuerwehr eskortiert wurde, betritt David das Innere des Saals. In der Nähe der Bar liegen um die 20 Tote.
Auf dem blutdurchtränkten Boden liegen Leichen, wenn ihre Gesichter nicht von den Kugeln zerrissen sind, spiegelt sich in ihnen das Entsetzen, die Angst, der Schmerz.
Die Stille wird immer wieder von dem Klingeln von mehreren Handys unterbrochen, besorgte Familien, Freunde die sich um das Wohlergehen ihrer Liebsten sorgen.
Das Interview endet mit folgenden Worten:“ Je n’ai pas encore réussi à pleurer. Je pense que ça va venir.“ Ich habe es bis jetzt noch nicht geschafft zu weinen. Ich glaube das wird noch kommen.
http://www.parismatch.com/Actu/Societe/Le-bouleversant-recit-d-un-gardien-de-la-paix-Bataclan-Paris-866195

Ein Artikel der einem als Leser den Atem raubt, nicht nur über die schrecklichen Vorkommnisse sondern auch, wenn man sich vorstellt was diese Leute erleben mussten.
Man kann behaupten dass das ihre Arbeit wäre und doch ist für solche Tragödien niemand vorbereitet.

Um zurück auf die Aussage von Reinhard Rauball zu kommen, hätte er nicht eher diesen Menschen, die für die Sicherheit von Paris, ihr Leben aufs Spiel gesetzt haben, seinen Respekt zollen sollen, als der deutschen National-Elf. Auch wenn es sicher keine schöne Erfahrung war zu „60 oder sogar 70“ „eingesperrt“ zu sein, muss man doch bemerken dass es sich um erwachsene Männer handelt, die zu ihrer eigenen Sicherheit in den Kabinen bleiben mussten.
Eine „Tat“ die, wenn man sie mit den Aktionen der Helfer und Beamten auf den Straßen von Paris vergleicht, doch eher eine unbedeutende ist und höchstens ein Dankeschön jedoch keinen Respekt verdient.
Eine Aussage die, vielleicht unbeabsichtigt aber ganz sicher unüberlegt den falschen Männern Respekt zollt und die Taten der zahlreichen Helfer abwertet.