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Dokumentation „The Thread“ – Eine Online-Community auf der Jagd nach den Attentätern des Boston Marathon

Als am 15. April 2013 auf der Zielgeraden des Boston-Marathons zwei Sprengsätze explodierten, kamen dabei drei Menschen ums Leben und 264 weitere wurden verletzt.

Is this the Boston Bomber?Die Dokumentation von Greg Barker („Manhunt“) rekonstruiert die Suche nach den Attentätern des Boston Marathon innerhalb der Online-Plattform „Reddit“ und thematisiert dabei auch den Konflikt zwischen traditionellen und neuen Medien. Stellt „Crowdsourcing“ eine Gefahr für den investigativen Journalismus dar?

Das Interesse an diesem Event war groß. Neben zahlreichen Reportern, die live berichteten, fotografierten und filmten vor allem tausende Zuschauer und Teilnehmer mit ihren Smartphones das Geschehen rund um den Boston Marathon. Damit gehört das Attentat zu den, am besten dokumentierten Terroranschlägen unserer Zeit.

Die Suche nach den Bombenlegern hielt die gesamten USA in Atem und entfachte natürlich einen erbitterten Kampf der Medien um die Nachrichtenhoheit. Ob Kabelsender, Online-Dienste oder Networks- alle versuchten sich als beste Informationsquelle zu profilieren. Überraschenderweise sorgte vor allem die Social-News-Plattform „Reddit“ für Furore. Deren Community teilte direkt nach dem Attentat zahlreiche Bild-und Videoaufnahmen miteinander und kommunizierte in unzähligen „Subreddits“ (Unterforen) über das Ereignis.

Reddit AnalyseIm Thread „FindBostonBombers“ kam es in den darauffolgenden Tagen zu einer perfiden Suche nach den möglichen Attentätern. Bild- und Videomaterial wurde gesichtet, analysiert und diskutiert. Wilde Spekulationen und Anschuldigungen führten schlussendlich dazu, dass mehrere Unschuldige in den Fokus der Medien und der Polizei gerieten.

Am 19. April 2013 schaffte es die Polizei schlussendlich die offiziellen Täter Tamerlan und Dschochar Zarnajew zu stellen. Im heftigen Schusswechsel wurde  Tamerlan Z. dabei tödlich verwundet. Sein Bruder Dschochar Z. konnte flüchten, wurde aber noch am selben Tag von einem Sondereinsatzkommando festgenommen. Die Amateuraufnahmen seiner spektakulären Verhaftung, die mitten in der Gemeinde Watertown, vor den Augen zahlreicher Anwohner stattfand, verbreiteten sich ebenfalls rasant in den sozialen Medien. –>DRAMATIC VIDEO: Intense Gunfight Between Police and Bombing Suspect

„The Thread“ zeigt, wie sich die Medienlandschaft durch Fortschritte in der Technologie und der weit verbreiteten Nutzung von Social Media verwandelt hat. Berichte aus erster Hand und Nachrichten mit einer beispiellosen Geschwindigkeit zu sammeln und zu publizieren ist schon lange nicht mehr, ein Privileg das nur professionellen Journalisten zuteilwird. Die klassischen Rollen des Produzenten und des Konsumenten verschwimmen immer mehr. Wie der Fall „Reddit“ und sein „FindBostonBombers“-Thread zeigt, ist die Eigendynamik solcher Dialoge im Web 2.0 kaum zu steuern. Durch die schneeballartige Verbreitung in Communities und dem Verlinken in Foren oder Blogs wird die Verbreitung von Gerüchten im Netz erleichtert. Weblogs dienen dem Meinungsaustausch und verhelfen durch die Anonymität des Internets zu einer neuen Qualität des Gerüchtestreuens. Aufgrund der Tatsache, dass jeder User zugleich Rezipient und Autor sein kann und Aussagen sowohl wahr als auch falsch sein können, kann der Inhalt ungeprüft auf Relevanz und Wahrhaftigkeit im Netz veröffentlicht werden.

Die 60-minütige Dokumentation glänzt besonders durch die zahlreichen Interviews mit Journalisten und Bossen der globalen Mediengiganten, wie auch den Social Media-Nutzern, die sich auf die Jagd nach den Boston-Marathon-Bombern gemacht haben.

Die Dokumentation ist u.A. auf Netflix & iTunes verfügbar.


Quellen:

„The Thread“, Courtesy of Greg Barker and Content Television

http://insider.foxnews.com/2013/04/20/dramatic-video-neighbor-captures-intense-police-gunfight-bombing-suspect-dzhokhar

http://www.dailymail.co.uk/news/article-3035378/It-beast-Moderator-Reddit-s-Boston-Bombers-thread-tells-millions-users-descended-subreddit-days-attack-identified-wrong-suspect.html

Die neue feministische Welle

– Ihre Waffe ist der Hashtag

Warf man den Begriff ‚Feminismus‘ vor 20 Jahren in den Raum, so war die übliche Reaktion wohl ein verurteilendes Augenrollen, distanziertes Schulterzucken oder ein lässig dahingeworfenes Kommentar, “ bullige Kampfweiber?“ oder “ diese haarigen Männerhasser“ .

Im Zeitalter von social media hingegen entwickelt sich ein völlig neues Bewusstsein hinsichtlich dem was Feminismus ist, warum wir ihn brauchen und wieso er doch ganz anders ist als wir denken. Die neue Generation schließt sich zusammen und kontert mit Hashtags und Co. auf social media Plattformen wie Twitter oder Instagram gegen ein patriarchalisches System und dessen Ungleichheit.

Damals waren es stereotypische weiße Mädchen, die irgendwie ins Bild passten und sich wagten zu äußern, was eine ganze Generation empfand. Es fehlte einfach an Vielfalt, an Ecken und Kanten, an Authentizität. Die Stimme der Masse ging unter.
Heutzutage bietet das Internet eine Plattform, die es jedem ermöglicht seine Stimme zu finden und gehört zu werden. Die ‚Generation Z‘  ist viel offener für Themen, die über Diättipps und Schlankheitswahn hinausgehen und beschäftigt sich bewusst mit feministischen Fragen.
Frauen wie Petra Collins oder Lena Dunham werden zum Sprachrohr einer Generation junger Frauen. Bewusst findet man auf ihren Instagramaccounts Fotos, die eine geballte Ladung echter Frauen, echter Leben und echten Emotionen darstellen. Bilder von Cellulite, unrasierten Armen, weinenden Mädchen und Menstruationsblut sollen den unrealistischen Rollenerwartungen und dem Druck gesellschaftlichen Normen zu entsprechen entgegenwirken, sie schreien regelrecht und treffen auf überwältigenden Zuspruch tausender Mädchen und Frauen.

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Ich will, dass junge Frauen aufhören, sich zu schämen oder das Gefühl haben, sich schämen zu müssen. Dafür, wie sie aussehen, was sie fühlen, denken, wollen.“, sagt Petra Collins und bringt somit eine Leitidee der neuen feministischen Welle auf den Punkt. Plötzlich werden Facetten belichtet, welche die perfekte Medienwelt mit ihren Hochglanzcovern in ihrer Glitzerwelt zu verstecken versucht.
Das diese Bewegung nicht nur auf Zuspruch trifft, da sie das Thema Frausein auf eine sehr intime und unangenehm reale Weise betrachtet, machen die Zensurskandale auf Instagram oder Facebook deutlich. So werden beispielsweise Bilder auf denen weibliche Brustwarzen zu sehen sind rigoros gelöscht, während Männer munter Selfies ihrer nackten Oberkörper posten dürfen.
Dieser Doppelmoral entgegnete die Künstlerin Mico Hebron sarkastisch mit einem Fotofilter, der männliche Brustwarzen über die weiblicher setzte und diese so von anstößig zu gesellschaftlich angemessen transformierten.
Dieses absurde Beispiel ist eines von vielen, welche die Relevanz des völlig neuen, offeneren, breiter ausgerichteten Feminismus deutlich machen. Über social media finden endlich alle Frauen eine Form sich auszudrücken und sich, bewaffnet mit Hashtags wie #freethenipple oder #YesAllWomen, gegen eine von Männern dominierte, misogyne Sicht auf Frauen zu wehren.

Sie wollen nicht mehr als Produkt des Perfektionswahns wahrgenommen werden, wollen nicht mehr vorgeschriebenen Standards entsprechen oder verdinglicht werden, sie wollen Gehör finden, sie selbst sein, in allen möglichen Facetten und Formen, sie wollen als das gesehen werden was sie sind, was wir alle sind, Menschen.

Bildquelle: http://www.nytimes.com/2015/05/28/fashion/young-women-say-no-to-thongs.html?_r=0

The new way to broadcast yourself

younow_logo-250x250YouNow ist eine noch relativ neue Videoplattform. Der Nutzer kann hierbei live Videos vom Handy, Tablet oder Laptop streamen. Auf der Startseite von YouNow öffnet sich direkt ein zufällig ausgewählter Broadcast von einem der Nutzer. Neben diesem befindet sich eine Kommentarbox, in der man mit dem Broadcaster kommunizieren kann und die anzeigt, wer zusieht. Außerdem kann man „Fan“ werden und Likes abgeben sowie den Broadcast in den Social Media-Netzwerken teilen. In der linken Spalte der Seite findet man die Rubriken „Trending people“ und „Trending tags“. Aufgenommen werden hier Broadcaster und Hashtags, die schnell und zahlreich Likes erhalten, viele Zuschauer haben oder besonders lange Broadcasts beinhalten. Unterhalb des bereits geöffneten Videos bekommt man auch noch Vorschläge von Broadcasts, die den selben Tag verwenden.

Auf YouNow kann jeder direkt selbst los streamen, sobald er sich mit einem seiner Social Media-Konten wie twitter, facebook, google+ oder youtube angemeldet hat. Auf dem eigenen Profil werden dann neben Profilbild und eigener Beschreibung auch die alten Broadcasts zusammen mit den Kommentaren und den dabei erhaltenen Geschenken angezeigt. Die anderen Nutzer können Kommentare direkt unter dem Profil in der Rubrik „Discussion“ hinterlassen und man sieht, von wem der Broadcaster Fan ist und wer seine Fans sind.
Der eigene Level auf YouNow zeigt an, welchen Status und wie viel Erfahrung man bereits hat. Desweiteren erhält man in den Leveln stets neue Zusatzfunktionen. Der Broadcaster hat mehrere Möglichkeiten, um einen Level aufzusteigen: beim Filmen durch das Erhalten von Geschenken und Likes, durch die Zuschauerzahl oder die Häufigkeit der Broadcasts; beim Schauen durch liken, chatten, Geschenke verteilen und Fan werden; durch das Teilen von Broadcasts auf den Social Media-Plattformen und mit den Fans und durch die Verbindung mit anderen Social Media-Konten. Steigt der Nutzer ein Level auf, so erhält er Münzen, mit denen er dann Geschenke kaufen kann. So genannte Premium Geschenke muss der Broadcaster mit Bars kaufen, die nur in den App-Shops mit echtem Geld erhältlich sind. Durch die Konzeption von Leveln und Münzen bekommt die Plattform einen spiel-ähnlichen Charakter. Um mehr Zuschauer zu erhalten, so der YouNow-Support, muss man seinen Broadcasts auf Social Media-Plattformen teilen, auf sein Publikum eingehen und möglichst viele Likes erzielen. Auf der Seite vom YouNow-Support findet man außerdem Hilfe bei technischen Problemen sowie die Nutzungsregeln und Richtlinien.
Die Seite finanziert sich über Werbung, aber auch der Broadcaster kann mithilfe des YouNow Partner Programs ab einer gewissen Zuschauerzahl Geld verdienen.
Aber es gibt auch Kritik an der Seite: Bisher ist sie nur in Englisch verfügbar. Außerdem sind die Broadcaster teilweise noch recht jung und geben deshalb bereitwillig private Daten bekannt, ohne über die Konsequenzen nachzudenken. Dennoch nutzen auch bekanntere Youtuber wie BibisBeautyPalace und Sami Slimani die neue Video-Plattform.

Quellen:
YouNow: http://www.younow.com
Nutzungshinweise: https://younow.zendesk.com/forums/20642027-How-does-YouNow-work-
YouNow-Support: https://younow.zendesk.com/home
YouNow Partner Program: http://www.younow.com/partners/
Kritik: http://www.videolix.net/alle-beitraege/immer-mehr-warnen-vor-younow/2701/

#Illridewithyou – per Twitter gegen Islamfeindlichkeit

Auch wenn zum neuen Jahr viele Menschen den Vorsatz gefasst haben, das „schreckliche“ Jahr 2014 zu vergessen und ein besserer Mensch zu werden, sollte man nicht vergessen, dass 2014 nicht nur aus Fehltritten bestand und einige Momente geliefert hat, die einen noch an das Gute in Menschen glauben lassen. Ein gutes Beispiel ist noch gar nicht so lange her.

Am 15. Dezember 2014 nimmt ein bewaffneter Mann in Sydneys Innenstadt Geiseln und zwingt sie, eine schwarze Flagge mit arabischem Schriftzug ins Fenster zu halten. Sofort wird über einen extremistischen, einen politischen Hintergrund spekuliert und viele muslimische Bürger fühlen sich bedroht. Sie haben Angst vor Racheaktionen und Anfeindungen in der Öffentlichkeit, eine Frau nimmt beispielsweise möglichst unauffällig ihr Kopftuch ab.

Um dieser Angst entgegen zu wirken, startete Twitter-Nutzerin @sirtessa eine Aktion, die sie mit dem Hashtag #Illridewithyou (zu deutsch: ich fahre mit dir) betitelte. Die Idee ist recht einfach: Man gibt z.B. die Buslinie, mit der man um eine bestimmte Uhrzeit fahren wird und bietet einem muslimischen Mitbürger an, die Fahrt an seiner Seite zu verbringen, damit er oder sie nicht alleine fahren muss. Denn damit würde die Gefahr von öffentlichen Anfeindungen oder ähnlichem rasant ansteigen.

Es dauerte gerade einmal acht Stunden, dann war #Illridewithyou der meistgetwitterte Hashtag und nicht nur das. Viele Menschen boten nicht nur an, jemanden auf seiner Fahrt zu begleiten, sie stellten auch ihre Häuser und Wohnungen zur Verfügung, um den Verängstigten einen Zufluchtsort zu bieten. Auch ging der Trend bald über Twitter hinaus, die Leute hefteten Banner an ihre Taschen, um zu zeigen, dass man sie am Bahnsteig jederzeit ansprechen und um „Geleitschutz“ bitten kann.

#Illridewithyou steht im Gegensatz zu den geschmacklosen Reaktionen einiger Touristen, die vor dem Café, in dem die Geiseln festgehalten wurden, Selfies von sich machten und in sozialen Netzwerken hochluden. Mit dieser Twitter-Aktion wurde gezeigt, dass ein soziales Netzwerk nicht unbedingt ein Quell der Abgründe von Menschlichkeit sein muss, sondern auch Hoffnung schenken kann.
Überall auf der Welt fühlten sich Menschen inspiriert, schöpften neuen Mut. Faith in humanity restored – wie man es im Internet oft liest und genau das ist es wohl, was in den Köpfen der Menschen war, die von der Aktion erfuhren.

Es bleibt zu hoffen, dass auch 2015 solch positive Beispiele für Integration und Mitgefühl bringen wird. Auf den schmerzvollen Hintergrund kann man aber getrost verzichten.

 

Quellen:

Tagesschau

Spiegel Online

Zeit

Süddeutsche

 

#Freiheit

Unter dem Hashtag #Freiheit brach kurz vor Weihnachten ein gewaltiger Shitstorm in den sozialen Medien aus. Grund dafür war ein Video des YouTube-Stars Simon Unge, in dem er ankündigte, seine beiden Kanäle „ungespielt“ und „ungefilmt“ aufgrund unüberwindbarer Differenzen mit dem Netzwerk Mediakraft zu beenden.

Simon Unge (bürgerlich Wiefels) ist 24 Jahre alt, hat Erziehungswissenschaften studiert und im Juli 2012 angefangen, Videos auf dem Videoportal YouTube hochzuladen.
Und das mit Erfolg. Über 30 Millionen Mal im Monat wurden seine Videos angeklickt und über zwei Millionen Menschen hatten seine Kanäle abboniert. Seine Themen: Computerspiele und Lifestyle, Minecraft und Longboardtour. Damit hat der Zocker mit den Dreadlocks eine größere Reichweite als so mancher TV Sender und ebenso einen gutbezahlten Job. Warum also gibt er das auf?

In seinem am 20. Dezember hochgeladenen Vlog mit dem pathetischen Namen „#FREIHEIT. Die schwerste Entscheidung meines Lebens“ nennt er den Grund: Das Netzwerk Mediakraft, dem er vor circa einem Jahr beigetreten ist, hat Unge zufolge seinen Teil des Vertrages nicht eingehalten: „Ich habe von Mediakraft noch nie finanzielle Unterstützung für große Projekte oder coole Ideen bekommen“. Zu weiteren Vorwürfen gehören fehlende Sponsoren für seine Longboardtour, das Löschen einzelner Videos und Mediakrafts Drohung, ihn in eine Privatinsolvenz zu treiben, falls er vor Gericht ziehen würde. Mit dem „Scheißhaufen“, wie Unge die Kölner Firma bezeichnet, möchte er in seinem ganzen Leben nie wieder etwas zu tun haben. Er beendet seine beiden Kanäle und will mit einem Neuen (youtube.com/unge) ohne Netzwerk wieder von vorne anfangen. Deshalb sucht er nun eine juristische Auseinandersetzung, um sich vor Vertragsende vom Netzwerk zu trennen.

Sich an ein Netzwerk zu binden, ist für viele YouTuber ein Weg zu mehr Reichweite und darauf aufbauend bessere Vermarktung. Netzwerke bündeln Videokünstler, beraten und unterstützen sie und verschaffen ihnen außerdem Werbepartner und finanzielle Unterstützung fuer Projekte. Mediakraft hat als das größte Netzwerk in Deutschland dazu einiges vorzuweisen: „Wir haben vielen Künstlern dabei helfen können, ihren Weg auf YouTube zu gehen und sich als erfolgreiche Entertainer zu etablieren.“
Der YouTuber wird sozusagen „aufgepumpt“ und mit ihm auch der Wert des Netzwerkes, um dieses dann lohnend zu verkaufen. Unge meint im Video dazu, Mediakraft sei „investorenorientiert“, aber nicht „partnerorientiert“. Es habe keinerlei Interesse an seiner Person gehabt, sondern nur an den Zahlen, die er erreicht.

Auf Unges Video reagierte das Netzwerk zunächst mit einer vorübergehenden Abschaltung seiner Webpräsenzen und gab am Sonntag darauf eine Stellungnahme ab. Olsson Spartacus, der CEO von Mediakraft Network, weist darin sämtliche Anschuldigungen von sich und verteidigt sich: „Nun ist es so, dass Simon Unge einen gültigen Vertrag unterschrieben hat, der nicht einseitig aufgehoben werden kann.“ Allerdings nimmt er laut dieser Meldung, die am 21.12. auf Mediakrafts Facebookseite online ging, die Kritik von Unge ernst und bedauert die Angelegenheit: „Wir hätten uns gewünscht, diesen Streit auf andere Weise beilegen zu können. “

Unges Austritt bei Mediakraft ist nicht der erste Fall, der Aufsehen erregt. Ein weiterer prominenter YouTuber, der Nachichtenvlogger LeFloid (Florian Mundt), hat das Netzwerk im Oktober aus ähnlichen Gruenden verlassen, darf aber aufgrund der einzuhaltenden Küdigungsfrist nicht mit Dritten darüber reden.
Unge allerdings hat diesen Teil des Vertrags verletzt und seine hohe Reichweite genutzt, um auf die Vorfälle aufmerksam zu machen. Unklug, aber höchst medienwirksam.

Das Phänomen Unge wird der Fall auch genannt. Plötzlich berichten Zeitungen darüber. Das Thema beschäftigt die Menschen, was 700 Tweets pro Minute in der Höchstphase der Diskussion auf Twitter bezeugen. Doch die Meinungen zu #Freiheit gehen auseinander. Auf der einen Seite wird Mediakraft von Unges Fangemeinschaft, der selbsternannten #raupenarmy, die zum Großteil aus 14-30-Jährigen besteht, kritisiert und beschimpft, auf der anderen wird Unge auch von YouTube-Kollegen daran erinnert, dass auch er einen Vertragsbruch begangen hat und sich über die Folgen im Klaren sein muss.

Doch sein öffentlicher Abgang von Mediakraft hat nicht nur eine große Welle in den sozialen Medien ausgelöst, sondern auch eine grundlegende Problematik in der noch jungen YouTubewelt sichtbar gemacht: Die Meinungsverschiedenheiten zeigen auf, wie sehr sich das Videoportal in den letzten Jahren verändert und entwickelt hat. Immer mehr Werbepartner werden auf die reichweitenstarken Kanäle aufmerksam und investieren in die meist noch unmündigen und naiven Videoblogger. Das führt weg vom sicheren Community-Gefühl und hin zum gewinnorientierten Markt. „Aus der Szene wird eine Branche“ meint Markus Hündgen von der European Webvideo Academy dazu. Und wie andere YouTuber und auch die Netzwerke damit in Zukunft umgehen, bleibt zu beobachten.

 

Quellen:

http://www1.wdr.de/fernsehen/aks/themen/unge-freiheit-youtube-100.html
https://www.youtube.com/watch?v=z_SdbC1aThU

Der Videomacher Simon Unge, auf YouTube bekannt als „Ungespielt“, hat mit uns eine juristische Auseinandersetzung…

Gepostet von Mediakraft.TV am Sonntag, 21. Dezember 2014

http://www.vice.com/de/read/interview-mit-lefloid-wenn-ich-eine-frau-waere-waere-ich-beauty-blogger-058

Mehr #Freiheit: YouTube-Star Simon Unge kritisiert Mediakraft


http://www.mediakraftnetworks.de/about-us/

#Freiheit: Lieber Unge: Willkommen in der Wirklichkeit

„But first, let me take a selfie!“ – Die Selbstdarstellung im Internet

Olivia[1] hat einen Instagram – Account. In der Profilbeschreibung hat sie „Fashion, Lifestyle, Beauty and so much more“ als so etwas wie ihre übergeordneten Themen angegeben. Die meisten Bilder lassen den Otto – Normal – Menschen entweder rot vor Scham oder gelb vor Neid werden: Olivia räkelt sich in winzigen Bikinis in der Sonne („#instasun #instasummer #instatan #läuftbeimir“), zeigt ihre perfekt manikürten Glitzerkrallen („#nailart #fashion #cute #pink #loveit“), drückt ihrer französischen Bulldogge für das perfekte Selfie einen Kuss auf („#frenchbulldog #frenchie #baby #schatz #love #pet #dogsofinstagram“). Außerdem zeigt sie stolz ihre viel zu sorgsam angerichteten Frühstücksteller, die gefühlt aus einem halben Apfel bestehen („#foodporn #eatclean #traindirty #tastetherainbow“). Natürlich hat Olivia daraus ein kleines Kunstwerk gemacht: mal isst sie aus einer ausgehöhlten Kokosnuss eine kaum vorhandene Portion Obstsalat, mal hat sie eine halbe Banane und eine Kiwi in Form einer Palme zurechtgelegt. Olivia ist selbstredend immer top gestylt („#ootd #ootn #fashion“), sie trägt selbstverständlich nur Jeanshosen von Hollister[2] und co.. Außerdem hat sie einen Schminktisch, neben dessen Überfülle an Fläschchen und Tiegeln die Kosmetikabteilung einer Drogerie  fast beklagenswert leer zu sein scheint: Alle großen Marken sind vertreten, Olivia hat mehr Pinsel als eine Kosmetikerin mit langjähriger Berufserfahrung. Und das, obwohl andere Mädchen in ihrem Altern noch nichts von Primer[3], Foundation, Camouflage – Cream[4] oder Transluscent – Powder[5] gehört haben.Denn Olivia ist gerade einmal 14 Jahre alt, sieht dabei aber aus wie eine 25 – jährige, die täglich von einem Visagisten und einer Stylisten bearbeitet wird.

Neben Instagram und Facebook werden auch Plattformen wie Youtube zunehmend von einer Welle der übertriebenen Selbstdarstellung überrollt: Kinder, denen gestern erst der letzte Milchzahn ausgefallen zu sein scheint, zeigen der Welt, wie man das perfekte Smokey Eye für eine heiße Partynacht schminkt und reden darüber, wie lange sie auf dieses bestimmte gehypte Chanel – Produkt gespart haben. Achso, ist klar! Ich persönlich kann über diese vielfältigen Formen der Exzentrik einerseits schmunzeln, andererseits frage ich mich, was ich im Leben falsch mache: Vor meinem Zimmerfenster sehe ich statt Palmen und Sonne weit und breit nur grauen Himmel, meine Katze liegt auf der Fensterbank und will nichts von knuffigen Selfies mit mir wissen. Zum Frühstück hatte ich ein ziemlich unspektakuläres Müsli. Und wenn ich abends die viel geposteten „ootn“s (outfit of the night) bestehend aus Crop Top[6] (ja, dazu gibt es tatsächlich einen Eintrag bei Wikipedia), Highwaisted – Shorts und Cutout – Boots mit meinem (Jogginghose, Pulli, Brille, flauschige Kapuzenweste) vergleiche, wird mir wieder deutlich, wie langweilig mein Leben im Gegensatz ist und was ich alles verpasse (Ende der Ironie!). Wann hat das angefangen? Seit wann zeigen sich 14 – jährige Mädchen lieber in der Rolle der überschminkten Kosmetiktante als einfach nur 14 – jährige Mädchen zu sein, die gerade ihre mehr oder weniger ansehnlichen ersten Schminkversuche mit Mascara und Kajalstift machen? Seit wann glaubt jeder zweite, sich selbst in diesem Maße darstellen und präsentieren zu müssen?

Dazu bleibt zu sagen, dass das Internet die Selbstdarstellung sicherlich nicht erst erfunden hat. Es ist wohl so etwas wie ein natürlicher Trieb des Menschen, sich dem anderen immer im besten Licht zeigen zu wollen. Man wäre ja auch ziemlich doof, wenn man es anders herum machen würde. Wer will schon Bilder von sich selbst mit dem fiesen Pickel von letzter Woche auf der Stirn oder dem Stück Spinat zwischen den Schneidezähnen im Internet haben? Soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter oder Medien wie Youtube bieten so lediglich die nötige Plattform, die es Olivia und Millionen anderen Menschen möglich macht, nicht nur den Nachbarn oder den Freunden in Schule und Beruf die neue Michael Kors – Uhr zu zeigen, sondern gleich der ganzen virtuellen Community. Dabei sind diejenigen, die sich im Netz so perfekt inszenieren oft nicht anders als das typische Mädchen  von Nebenan: Auf ihren Profilen zeigen sie natürlich nur das, was ihnen an sich selbst und an ihrem Leben besonders gefällt. Den Rest erledigt der Filter. Man wird sie in den sozialen Netzwerken wohl eher selten ungeschminkt sehen, außer sie posten ein solches Selfie, um etwaige Kommentare über ihre natürliche Schönheit zu erhalten.

Ist man selbst in der Position, darüber zu entscheiden, was die Umwelt bzw. Mitmenschen von einem sehen, würde man es sicher genauso machen. Schließlich ist man sich bewusst, dass andere Personen die von einem selbst hochgeladenen Bilder sehen, liken, im besten Fall kommentieren. Darauf will man ja auch irgendwie hinaus. Ich nehme mich da nicht heraus. Statt dem grauen Nieselwetter vor meinem Fenster poste ich lieber das Bild vom letzten Strandurlaub. Denn wenn man die Wahl hat, dann zeigt wohl tatsächlich jeder der Welt sein Leben (und sein Gesicht) von der allseits bekannten Schokoladenseite. Vielleicht, um den Anderen neidisch zu machen, um anerkennende Blicke zu kassieren, um ein Lob oder ein Kompliment zu bekommen.

 

[1]Person frei erfunden

[2] „Modeunternehmen […], bietet Mode im Surfer-Stil an“ (Wikipedia)

 

[3] Produkt, das die Haut auf das Auftragen von Make-up vorbereitet und dessen Haltbarkeit verlängert

 

[4] Creme zum Abdecken von Hautunreinheiten und Augenschatten

[5] durchsichtiges Puder zum Mattieren der Haut

[6] bauchfreies Oberteil, http://en.wikipedia.org/wiki/Crop_top

 

Quellen:

http://instagram.com/

https://www.youtube.com/?hl=de&gl=DE (Stichwort: Get ready with me, Tutorial)

#AlsIceBucketChallenge

Es war im Sommer 2014 wohl eines der Top-Themen in den Sozialen Netzwerken: Die ALS-Ice-Bucket-Challenge, eine Spendenaktion für die Erforschung und Bekämpfung der tödlich verlaufenden Nervenkrankheit Amyotrophe Lateralsklerose (abgekürzt ALS). Betroffene leiden unter Lähmungserscheinungen und fortschreitendem Muskelschwund. Nach der Diagnose sterben ca. 50% innerhalb der ersten drei Jahre an Atemlähmung.

Ins Leben gerufen wurde die Aktion von Corey Griffin, der tragischerweise bei einem Badeunfall in diesem Jahr verstorben ist. Weil sein Freund Pete Frates, ein ehemaliger Baseballstar in Amerika, selbst die Diagnose ALS erhielt, setzte er sich in der Öffentlichkeit intensiv für die Erforschung der Krankheit ein; wie man rückblickend feststellen kann, mit sehr großem Erfolg.

Die Regeln seiner Challenge sind wie folgt: Wer nominiert wurde, muss innerhalb von 24 Stunden ein Video veröffentlichen, in dem er sich einen Eimer eiskaltes Wasser über den Kopf schüttet und dabei mindestens drei weitere Personen dazu auffordert. Wird die Herausforderung abgelehnt, so muss der Nominierte an die ALS ASSOCIATION, eine gemeinnützige Organisation zur Finanzierung von ALS- Forschungsprogrammen, spenden.

Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Challenge über die sozialen Netzwerke, vor allem über Facebook, Twitter und Instagram, zunächst nur in den Vereinigten Staaten, dann auch in Europa und einigen anderen Ländern. Etliche Prominente und einflussreiche Personen haben die Ice-Bucket-Challenge angenommen, an die ALS ASSOCIATION gespendet und mit ihrer Bekanntheit beziehungsweise ihrem Einfluss über die Social Media Kanäle schließlich Millionen Menschen auf mehreren Kontinenten erreicht.
In Amerika waren Teilnehmer zum Beispiel der ehemalige Präsident George W. Bush, Facebook-Gründer Mark Zuckerberg, Microsoft-Gründer Bill Gates, Schauspieler David Backham und Sängerin Lady Gaga.
In Deutschland haben neben Sängerin Helene Fischer und Moderator Günther Jauch, auch die Schauspieler Til Schweiger und Matthias Schweighöfer, sowie viele Fußballer der deutschen Nationalmannschaft teilgenommen, um die Charity-Aktion zu unterstützen.

Die ALS ASSOCIATION verzeichnete schließlich im Zeitraum von Juli bis Ende August 2014 Spenden in einer Höhe von ca. 95 Millionen US-Dollar (ca. 77 Millionen Euro). Aber nicht nur diese amerikanische Organisation profitierte von der Ice-Bucket-Challenge, sondern auch deutsche Organisationen, wie zum Beispiel die Deutsche Gesellschaft für Muskelkranke (DGM) und die ALS-Ambulanz der Charité in Berlin, die Aufmerksamkeit und große Spendensummen erhielten!

Zu guter Letzt sollte man sich bewusst machen, dass die Ice-Bucket-Challenge nur deswegen so große Resonanz erhalten hat, weil ihr Initiator, Corey Griffin, sie in den Sozialen Netzwerken platziert hatte. Dass diese Aktion im Endeffekt solch ein solch großer Erfolg wurde, damit hatte Griffin sicherlich nicht gerechnet- zeigt aber auf, welch unglaubliche Reichweite und welch Möglichkeiten die sozialen Netzwerke haben!

Quellen:
http://www.sueddeutsche.de/panorama/ice-bucket-challenge-was-sie-ueber-das-phaenomen-eiskuebel-wissen-muessen-1.2102571

http://www.welt.de/vermischtes/prominente/article131415283/Miterfinder-der-Ice-Bucket-Challenge-gestorben.html

http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/prominente-machen-bei-ice-bucket-challenge-mit-13107643.html

(Anti-)social networking?

Im Zeitalter von Facebook, Twitter und Co. wird die zwischenmenschliche Kommunikation neu definiert. „Freundschaften“ werden binnen Sekunden via Facebook geschlossen, doch so manch eine Beziehung wird ebenso schnell beendet. Was noch vor einem Jahrzehnt persönlichem Kontakt bedurfte, kann nun schnell und problemlos virtuell von statten gehen. Ein paar wenige Worte, ein Klick genügen. Doch es stellt sich die Frage, in wie weit die permanente Präsenz in den sozialen Netzwerken das Bedürfnis nach sozialen Kontakten und Zugehörigkeit stillen kann. Bereichert „Zuckerbergs Imperium“ unser aller Leben durch die Vielzahl an (Internet-)Bekanntschaften, oder sind wir vielmehr im Endeffekt „gemeinsam einsam“?

Betrachten wir zunächst einmal, wie Kommunikation in social networks von statten geht. Während Mimik und Gestik in realen Interaktionen die Intentionen der Personen unterstreichen und insbesondere dabei behilflich sind, Emotionen zu vermitteln, entfällt der Aspekt der non-verbalen Kommunikation bei virtuellem Austausch, was jedoch oftmals Missverständnisse nach sich zieht, da Geschriebenes vom Empfänger falsch aufgefasst wird. Insbesondere Körpersprache ist jedoch ein maßgeblicher und notwendiger Bestandteil zwischenmenschlicher Interaktion, so besagt die Studie “Inference of Attitude from Nonverbal Communication in Two Channels” (aufgestellt von Albert Mehrabian und Susan Ferris,1967), dass Kommunikation lediglich zu 7% rein verbal interpretiert wird, während 38% durch Mimik, Stimmlage und Augenkontakt und 55% durch die Körpersprache definiert werden. Daraus lässt sich also folgern, dass non-verbale Kommunikation überwiegend über die Intention einer Botschaft entscheidet und dass verbale und non-verbale Kommunikation in sich stimmig sein müssen, um ideal interagieren zu können. (http://www.bmtd.de/7-38-55_botschaften_und_kommunikationswirkung)

Des weiteren besteht die Gefahr, dass social media unsere sozialen Fähigkeiten dahingehend verarmen lässt, dass verlernt wird, sich abseits von Facebook und Co. die Zeit zu nehmen, personal und real zu kommunizieren. Direkte Kommunikation „verkümmere“, so Kommunikationsexperte Robert Spengler, da angesichts der Vielzahl an Kommunikationsströmen kein Raum mehr dafür bleibt, sich einzelnen Personen dauerhaft zu widmen.

(http://www.welt.de/wirtschaft/karriere/leadership/article106568479/Soziale-Netzwerke-schaedigen-soziale-Faehigkeiten.html)

Vielmehr stehen wir unter dem indirekten Zwang, jede offene Kommunikationsanfrage schnellstmöglich zu beantworten. Diese These lässt sich mit einem Beispiel belegen, welches für Außenstehende banal klingen mag, doch jedem Nutzer von Facebook und Whatsapp bekannt ist: Es wird angezeigt, dass und wann genau eine Nachricht zugestellt und vom Gegenüber gelesen wurde. Was als rein informative Funktion gedacht war, verursacht oftmals Stress, Ärger und Missverständnisse, denn wer sieht es schon gerne, dass eine von ihm verfasste Nachricht gelesen, aber nicht beantwortet wurde? Eben dieses Phänomen erhöht den Zwang, Nachrichten schnell zu beantworten, damit sich das (virtuelle) Gegenüber nicht ignoriert oder vernachlässigt fühlt.

Abschließend lässt sich sagen, dass die weltweite Vernetzung durch soziale Netzwerke keinesfalls rein negativ betrachtet werden darf, sie vereinfacht Kommunikation, vervielfältigt Interaktion und ermöglicht rasche Organisation, dies kann und darf nicht geleugnet werden. Ich selbst nutze viele Formen von sozialen Netzwerken und meiner Meinung nach läuft keine Person, welche sich auch außerhalb der social networks bewegt Gefahr, all ihre bestehenden, realen Kontakte zu verlieren und aufgrund virtueller Welten zu vereinsamen, doch man sollte sich fragen, ob es nicht ratsam und erholsam ist, das geliebte Smartphone dann und wann beiseite zu legen, um seine ungeteilte Aufmerksamkeit für ein paar Stunden nur sich selbst oder dem realen Gegenüber zu schenken.

Uni Trier jetzt bei google+

Dass das Internet in der heutigen Zeit bereits eine elementare Rolle im Alltagsleben eines großen Teils der Gesellschaft eingenommen hat und sich weiterhin auf dem Vormarsch befindet, wurde hier im Medienblog unlängst diskutiert. Die Vielfalt an Internetangeboten ist faszinierend und erschreckend zugleich, denn scheinbar am laufenden Band werden neue Ideen bzgl. der Internetpräsenz entwickelt und ausgearbeitet. Verständlich, dass verschiedene Organisationen – so möchte ich es an dieser Stelle nennen – die grundlegenden Muster anderer Anbieter übernehmen – das Paradebeispiel ist und bleibt facebook. Das Prinzip ist einfach und (welt-)weit verbreitet: Eine Plattform wird erstellt und mit den unterschiedlichsten Funktionen zur Kommunikation und (Selbst-)Präsentation ausgestattet.

Wer erinnert sich nicht an die Zeiten, in denen das Internet in erster Linie ein Königreich für die Information war? Suchen und finden – erstellen und abrufen – hinnehmen und hinterfragen. Alles schien möglich. Sehr populär wurde in dieser Zeit die allseits bekannte Suchmaschine Google, deren Einfluss auf das alltägliche Leben bald so groß wurde, dass für sie eigene Redewendungen erfunden wurden („Die Welt ist eine Google.“) und sie sogar einen Eintrag mindestens in der 25. Auflage (2011) des Duden bekam. In der Zwischenzeit hat sich bei Google einiges getan.

Von der reinen Suchmaschine für Informationen in reiner Textform wurde sie zu einer regelrechten Institution, was die Sammlung von Informationen angeht. Dies klingt zunächst danach, als habe sich nicht viel verändert. Doch es ist die Art und Weise wie Google mittlerweile vorgeht. Für GoogleMaps und GoogleStreetview fahren regelmäßig mit Kameras und Messgeräten ausge-stattete Fahrzeuge durch die Städte der Welt und archivieren eine globale Momentaufnahme, die stetig aktualisiert werden soll. Die großen Debatten über den fehlenden Datenschutz und den Eingriff in die Privatsphäre des Menschen sind noch nicht in Vergessenheit geraten. Bezüglich des mangelnden Datenschutzes sei die Übernahme von z.B. der Videoplattform youtube kurz erwähnt. Seit geraumer Zeit wurden youtube- und Google-Konten ohne Vorwarnung verknüpft und sind fortan nicht mehr einzeln zugänglich. So bleibt youtube-Nutzern mit eigenem Konto der Zugriff auf selbiges verwehrt, wenn kein Google-Konto vorhanden ist. Zwar soll es eine Art Hintertür geben, über die man das youtube-Konto auflösen kann, wenn man sich ggf. kein Google-Konto zulegen möchte, doch um die betreffende Seite zu erreichen, muss man sich erst einmal per Google-Zugangsdaten einloggen. Das macht stutzig, ist diese Vorgehensweise doch mehr als suspekt. Der Nutzen dieses Zusammenschlusses: mehr Daten, die gespeichert werden können, u.a. über das Konsumverhalten im Bereich des umfangreichen Videoangebots.

Lange Rede, kurzer Sinn: es hat sich viel verändert bei Google. Gerade heute wurde ich mit einer weiteren Funktion der Suchmaschine bekannt gemacht: Google+. Obwohl ich selbst aktiv und relativ begeistert das Internet nutze und mich durchaus regelmäßig über Neuerungen informiere, ist mir diese Einrichtung bisher fremd gewesen. Google+ wid als Social Media Plattform bezeichnet und funktioniert letzten Endes wie facebook und Konsorten. Klickt man sich auf der Startseite von Google umständlich zu den näheren Informationen zu Google+ durch und macht sich die Mühe, die sibene kurzen Infotexte zu den Funktionen von Google+ durchzulesen, stößt man auf Aussagen wie folgende:

„Interaktion mit Personen im Web ähnlich wie im richtigen Leben“ und „genau wie im richtigen Leben“ (man bemerke die implizit angesetzte Steigerung) (Rubrik auf einen Blick & Circles),

„erschaffen Sie neue Zivilisationen“ (Rubrik Spiele),

„Ab heute laden sich Ihre Fotos ganz von selbst hoch.“ (Rubrik Fotos, Sofort-Upload).

Google goes facebook! Schon wieder wird eine virtuelle Welt erschaffen, in der jeder mit jedem kommunizieren kann. Schön und gut, doch was sollen wir von den besagten „neuen Zivilisationen“ halten und davon, dass sich Fotos fortan scheinbar selbstständig ins Internet hochladen? Wie dies genau funktioniert, erfährt man nämlich auf dieser kurzen Infoseite nicht. Dafür müsste man sich durch die unzähligen weiteren Übersichten kämpfen, die Google über andere Links zur Verfügung stellt. Ich hatte leider recht schnell den Überblick darüber verloren, wo auf dieser Website ich mich eigentlich gerade befand.

Trotz allem bietet diese neue Plattform eine weitere Form der Informationspräsentation. Zwar lässt sich so ohne Weiteres kein Überblick über die Mitgliederzahlen finden, doch dieses Format existiert schließlich nur, wenn es ausreichend genutzt wird. Dass diese Nutzung nicht auf Privatpersonen beschränkt ist, erfuhr ich heute durch eine Mitteilung der Universität Trier: „Seit letzter Woche ist Google+, die Social Media Plattform von Google, auch für Firmen und Organisationen verfügbar.“ – und weiter heißt es: „Auch die Universität Trier ist dort mit einer Seite vertreten.“

Ich muss sagen, diese Nachricht hat mich doch sehr überrascht. Wusste ich doch bis heute gar nicht, dass es so etwas wie Google+ gibt, erfahre ich in unmittelbarem Zusammenhang, dass sich sogar zahlreiche Universitäten bereits in dieses Programm intergriert haben. Sucht man über Google+ mit den Stichworten „Universität“ bzw. „University“, erfolgt eine Auflistung aller teilnehmenden Hochschulen. Wenn man nun bedenkt, dass Google+ wohl überhaupt erst seit vergangener Woche die Eintragung für Firmen und Organisationen anbietet, ist die rege Teilnahme erstaunlich.

Im 21. Jahrhundert scheint sich ein nicht zu verkennender Teil der Gesellschaft auf soziale Plattformen und Netzwerke, sowie das Internet im Allgemeinen zu übertragen. Dass auf diese Weise neue Kontakte geknüpft, alte Kontakte erhalten und überhaupt die globale Vernetzung (zumindest in Bezug auf die Industrienationen) vorangetrieben wird, möchte ich nicht in Frage stellen. Kritisch hervorzuheben ist hingegen erneut die Frage nach Privatsphäre, Selbstbestimmung und Datenschutz:

„Google speichert Informationen über Ihre Aktivitäten, z. B. welche Beiträge Sie posten und mit welchen Nutzern Sie kommunizieren, um die Google-Dienste für Sie und andere zu verbessern.

Wir erfassen möglicherweise auch Informationen von anderen Nutzern über Sie, z. B. wenn jemand Sie zu einem Kreis hinzufügt oder Sie in einem Foto taggt. Manche Nutzer veröffentlichen möglicherweise Informationen über Sie, z. B. Ihren Profilnamen und Ihr Profilfoto in ihrem Google-Profil in einer Liste von Personen, die sie zu ihren Kreisen hinzugefügt haben.“ (Google+ -Datenschutzbestimmungen zur Erfassung und Verwendung von Informationen).

Die Welt ist also eine Google – auf dass sie uns nicht irgendwann überrollen mag.

 

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http://www.uni-trier.de/index.php?id=20500&tx_urtmaildigest_pi1%5Bcmd%5D=showMail&tx_urtmaildigest_pi1%5Bmail%5D=6082

http://www.google.com/intl/de/+/policy/

http://www.google.com/intl/de/+/learnmore/

https://accounts.google.com/ServiceLogin?uilel=3&service=youtube&passive=true&continue=http%3A%2F%2Fwww.youtube.com%2Fsignin%3Faction_handle_signin%3Dtrue%26nomobiletemp%3D1%26hl%3Dde_DE%26next%3D%252F&hl=de_DE&ltmpl=sso

Vermischung von Recruiting, externer und interner Kommunikation bei Facebook

Social Media verändert die PR. Ihre Bestandteile, die früher zwar unter einem Oberthema zusammengefasst waren, aber doch mehr oder weniger klar getrennt waren, wachsen zusammen. Bei Facebook kann man das, wenn sich Firmen den auf diesen Prozess einlassen, ganz gut beobachten. Zum Beispiel fragt die Telekom auf ihrer Karriere Seite ganz verblümt, wie den Fans (heißen die überhaupt noch so in der offiziellen Facebook Terminologie?) das neue Profilbild gefalle.

Der erste Kommentar attestiert es sei gruselig, worauf von Seite der Telekom schnell gefragt wird warum dieser Eindruck entstünde. Also wird schon mal die wichtige Social Media Regel befolgt und auf Kritik und Anregungen geantwortet. Viel spannender ist aber, wie sich im Laufe der Diskussion in den Kommentaren Telekom Mitarbeiter zu Wort melden und erst loben, dass das Profilbild endlich mal Coporate Identity konform sei oder auch nicht. Hier wird also auf einer Seite die zur externen Kommunikation dient, aktiv von Mitarbeitern über den Firmenauftritt diskutiert. Man merkt den Angestellten Telekom eine hohe Identifikation mit ihrem Arbeitgeber an, der soweit geht das sei Teile der CI in ihr eignes Profilbild übernehmen. Ein sicheres Indiz, wie bei der Telekom ein effektives Personal Branding betrieben. Das einzige was mich persönlich etwas stört, ist dass die Botschaft was für ein großartiges Unternehmen die Telekom sei, teilweise etwas plump daher kommt und an oldschool PR erinnert. Das kommt zwar bei den Mitarbeitern gut an und muss auch irgendwie gemacht werden, um die Botschaft zu transportieren, aber ich glaube da können PR Verantwortlichen im Social Web noch einen Tick subtiler zu sein.

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Nicht noch ein Social Media Artikel

bildquelle: metaroll benedikt koehler

Alle sprechen über Social Media. Auch wenn die Menge der Artikel zu diesem Thema einen Umfang erreicht, der nur schwer zu bewältigen ist, zeigt ein genaues Monitorring doch, wie ernst das Thema genommen wird und wie reflektiert darüber geschrieben wird. Bis auf wenige Ausnahmen wird nicht mehr an jeder Ecke ein neuer Social Media Hype entdeckt und auch bei Skeptikern ist ein hohes Maß an Objektivität zu beobachten. Letztere haben sich anscheinend mit Social Media abgefunden und verteufeln nicht mehr prinzipiell alles was aus dieser Richtung kommt. Etablierte Journalisten, die mit Social Media ja ein gewisse Hassliebe verbindet, nutzen Social Media inzwischen fast selbstverständlich auch wenn Gefahren für die journalistische Qualität gesehen werden.

Die vernetzten Strukturen des Social Web erfordern auch ein Umdenken in der PR, auch wenn Social Media Fanatiker darüber, manchmal die klassische PR zu vergessen scheinen. Aber eigentlich dürfte jedem klar sein, das klassische PR nach wie vor das A und O ist. Nur ist es einfach wenig produktiv, darüber hinaus Social Media in der PR zu vergessen. Wer sich die Aktivitäten von Unternehmen im Bereich Social Media anguckt findet einerseits sehr gute Strategien, aber auch totale Fehlschüsse. Letztere zeugen oftmals von Unwissen über die Funktionsweisen des Social Web und das Fehlen einer durchdachten Social Media Policy (in dem Zusammenhang interessant Social Media Polcys für Non Profit Organisationen). Negativbeispiele sind das, über Facebook beworbene Chef Ticket der Bahn, das wie man sieht, auch für Häme in den klassichen Medien sorgte. Ein weiteres Beispiel dafür, wie es aussieht, wenn Social Media gewollt aber nicht gekonnt wird, ist die Facebook Seite von Meeting Metro. Dort ist das Bild beispielsweise eine Katastrophe und das Gewinnspiel an Lächerlichkeit kaum zu überbieten. Auch aufgrund dieser Unattraktivität hat MeetingMetro nur 153 Anhänger auf Facebook. Um so etwas zu verhindern sollten sich PR Verantwortliche mehr mit dem Thema Social Media befassen und sich mit der Realität abfinden. PR Blogger Klaus Eck hat dafür Illusionen über Social Media zusammengetragen, von denen man sich verabschieden sollte.

1. Ich kann private und berufliche Accounts trennen
2. Social Media ist umsonst
3. Ich mache Social Media nebenbei
4. Social Media ist nur ein Hype
5. Social Media ist ein Phänomen der Jugend
6. Ich nutze Social Media als Marketingkanal
7. Nur etablierte Publikationen beeinflussen meine Reputation
8. Ich bleibe dann mal im Hintergrund

Aus Punkt 6 und 7 und auch das Verhalten der Bahn kann man gut ableiten, wie beschränkt die Fähigkeit der PR ist, als Agenda Setter aufzutreten oder das Agenda Setting in der Öffentlichkeit zu beieinflussen. Beim Chef Ticket verlangten die User nach Kommunikation und die Reputation eines Unternehmens kann gerade außerhalb der Massenmedien schnell zerstört angekratzt werden.

Das Verwischen oder gar verschwinden von Grenzen zwischen privater, öffentlicher und beruflicher ist nicht nur ein Thema, welches PRler betrifft. Jan Schmidt hat zum Verhalten von Jugendlichen im Social Web kienbaumcommunications ein spannendes Interview gegeben. Auch Jugendliche sind mit Social Media teilweise überfordert und sehen – auch auf Grund der Massenmedialen Berichterstattung über Facebook als Karriere Killer – das Social Web oft kritisch. Den (teilweise gleichermaßen unwissenden wie ignoranten) Kritikern, denen auch ich tagtäglich begegne, stehen aber auch die sorglosen Nutzer gegenüber. Bei beiden Gruppen sind „letztlich wieder medienerzieherische Maßnahmen gefragt, die nicht nur die Risiken, sondern auch die Chancen vermitteln.“

Da ich gerade über Social Media spreche, empfehle ich doch gleich noch diese Studie über Weiterempfehlungen in Social Media. Und da man ja in der Medienwissenschaft nie genug auf Habermass verweisen kann, tue ich das hiermit auch.

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Der Hype um Ortsbasierte Dienste à la foursquare und Gowalla

Wer sich wie ich wir irgendwo in der lustigen bunten Welt der Social Media (oder wie es damals in der Steinzeit hieß, Web2.0) tummelt, kommt nicht am Thema ortsbasierte Dienste (Location Based Services) wie foursquare und Gowalla vorbei. So scheint es zumindest. Ortsbasierte Dienste ermöglichen es dem Nutzer mit seinem Smartphone seine derzeitige Position zu ermitteln und so in einer Lokalität „einzuchecken“. So weiß der virtuelle Freundeskreis oder auch die gerade besuchte Lokalität, immer wer sich wo befindet. Skeptiker warnen vor der selbst gewollten  Totalüberwachung und BigBrother3.0 (wir erinnern uns: 2.0 ist out). Befürworter sehen den praktischen Nutzen für die Organisation des zwischenmenschlichen Zusammenlebens und das Marketing. Denn statt 20 SMS schreiben, in der stünde in welcher Kneipe man gerade sei, bräuchte man nur einmal in einem Location Based Services „encheckenW und der gesamte Freundeskreis wüsste, wo man gerade steckt. Betreiber der diversen Lokalitäten haben auf der anderen Seite beispielsweise die Möglichkeit Nutzern, die oft bei ihnen einchecken Vergünstigungen anzubieten.

So weit die Theorie. Social Media Enthusiasten sind natürlich längst bei foursquare und Gowalla dabei und herrscht in sowohl in der Szene als auch in der Fachwelt der Konsens, dass ortsbasierte Dienste und die gesamte Lokalisierung des mobilen Internet da nächste große Ding sind. Dumm nur,  das außerhalb der Welt der medienafinen Menschen, die neue Medien- und Kommunikationsmittel besonders nutzen und darüber schreiben noch kaum jemand ortsbasierte Dienste kennt, geschweige denn nutzt.

Die Smartphone Dichte in der breiten Bevölkerung nimmt zwar rasant zu und er Otto Normalverbraucher, zahlt gerne  1000 Euro für ein Iphone 4 und nutzt damit das mobile Internet. Aber er nutzt es so, wie er es auch zu Hause nutzen würde.

Wie unbekannt die Ortsbasierten Dienste wirklich sind zeigt jetzt eine Studie, deren Inhalt GigaOm zusammengefasst hat. Demnach  nutzen nur 4 % der Befragten ortsbasierte Dienste, während 84 % nichts mit dem Begriff anfangen können. 9 % wissen immerhin worum es bei Location Based Services geht und 3 % kennen Leute die solche Applikationen nutzen. Und wie man es nicht anders gewohnt ist, sind die Early Adopters die jungen Männer.  Da solche Trends in den USA in der Regel früher losbrechen und erst mit der Zeit von den deutschen und europäischen Nutzern übernommen werden, ist der Hype um Location Based Services derzeit noch unbegründet. Foursquare hat so z.B.  lediglich 20.000 aktive Nutzer in Deutschland.

Ich stimme Martin Weigert zu und kann mich seinem Fazit im Artikel auf netzwertig.com nur anschließen. Er sagt dass ein eigener Ortsbasierter Dienst von Facebook das Zünglein an der Waage sein könnte, der den Durchbruch für die Location Based Services einläuten könnte. Facebook steht wohl kurz davor den Location Based Service Hot Potato zu übernehmen. Gerade jüngere Nutzer, die neuen Formen der Nutzung von Social Media offener Gegenüber sind könnten so leicht zu Nutzern der Ortsbasierten Dienste werden.

Die Frage ist ob foursquare und Gowalla dadurch verdrängt werden. Twitter wurde seiner Zeit nicht von Facebook verdrängt und hält sich gegenüber den neu eingeführten Statusupdates auf Facebook. Aber Twitter war zu dem Zeitpunkt als Facebook zum Angriff überging auch bereits tiefer verankert. Für Deutsche Social Networks a la StudiVZ, könnte der Wind durch die ortsbasierte Dienste noch rauher werden, als er eh schon ist. Denn ohne enormes Kapital, wie es hinter Facebook steht, dürfte sich kaum in nächster Zeit eine eigene  ortsbasierte Dienste Applikation entwickeln lassen. Zumal die StudiVZ Nutzer in ihrem Nutzungsverhalten doch eher konservativ sind und dem ganzen SchnickSchnack (dem aber die Zukunft gehört) bei Facebook eher skeptisch gegenüber stehen.

PS. Martin Weigert weißt übrigens in einem anderen Blogpost darauf hin, das 4 von 4 Studien zu Netzthemen fragwürdig sind.^^

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Facebook – Der Untergang für StudiVZ und Co?

Unter dem Titel Die Folge der Facebook-Dominanz: Deutsche Social Networks am Scheideweg gibt es bei netzwertig einen absolut lesenswerten Artikel darüber über Facebook. Am Beispiel Schweden wird erläutert, wie Social Network Marktführer alteingesessene nationale Netzwerke in die Bedeutungslosigkeit verbannte.
Die Frage die sich zu Recht stellt, ist ob eine ähnliche Entwicklung auch in Deutschland wahrscheinlich ist. Oder hängen die Deutschen zu sehr an ihrem StudiVZ, MeinVZ, SchülerVZ, Wer-kennt-wen oder gar an Lokalisten?

Problemkind VZNetzwerke

Die VZ Netzwerke, sind wie der Name schon sagt mehrere Netzwerke, die sich aber mehr oder weniger miteinander verbinden lassen. Lässt man den positiven Aspekt des, letzten Endes umgehbaren Jugenschutzes bei SchülerVZ beiseite, ist das eine ziemlich lästige Angelegenheit. Hier zeigt sich, dass der einstige Trumpf von StudiVZ von inzwischen zu einem Problem geworden ist. Waren es einst die Studenten als Early Adopters und Zugpferd des Social Networks, schließen diese nach dem Studium ihren Account und denken in der Regel nicht daran, zum hochgradig altbacken klingenden MeinVZ zu wechseln.
Wobei ich zumindest aus meinem Umfeld sagen kann, das viele StudiVZ Profile den Studienabschluss ihrer Besitzer nicht miterleben. Viele User kehren StudiVZ den Rücken zu. Sei das Datenschutzgründen oder weil sie einfach keinen Mehrwert in dem sozialen Netzwerk mehr sehen. Ersterer Grund mag zwar von hohen Idealen zeugen, aber wer fair sein will, muss den VZ Netzwerken zugestehen, dass sich etwas in Sachen Datenschutz getan hat und Facebook oder auch Google eine größer Datensammelwut antreibt. Aus diesem Grund preist StudiVZ sich ja inzwischen gerne als kleines deutsches Datenschutzparadies an, und macht so geschickt PR gegen Facebook.
Das weit größere Problem von StudiVZ ist der fehlende Mehrwert. Partyfotos sind für Nutzer die irgendwann einmal die Uni Richtung Arbeitswelt verlassen wollen eher ein Grund, StudiVZ zu verlassen, als dort aktiv zu sein. Der in den Anfangstagen des Studentenverzeichnis oft beschworene Gedanke, es bestünde die Möglichkeit alte Schulfreunde zu finden, gilt einerseits auch für Facebook und Co und war andererseits schon immer ein Scheinargument für soziale Netzwerke. Auch wenn wer seinen kompletten Abijahrgang als Freund hinzufügte, hat letzten Endes doch eher mit den Leuten in Kontakt gestanden zu denen eine engere soziale Bindung bestand. Der „Aha X studiert jetzt in Y das Fach Z – Effekt“ der einst den Reiz von StudiVZ ausmachte, ist nunmal keine Langzeitmotivation.
Das jedoch größte Problem, dass StudiVZ immer hatte und auch noch jetzt hat, ist seine Innovationsarmut. Es war immer ein Facebook Clon in rot, der sich erstaunlich langsam weiterentwickelte. Exemplarisch dafür ist immer das Fehlen von Hyperlinks gewesen. Wo Facebook sich heute selbst ins offene Internet katapultiert, sich mit diesem vernetzt und die Nutzerseiten von außen einsehen lässt, war StudiVZ immer ein in sich geschlossener Mikrokosmus. Wer einen Link teilen wollte, musste diesen kopieren und in die Browseradresszeile einfügen. Ein Usability Alptraum. Der noch größere Alptraum sind bei StudiVZ aber nach wie vor die Gruppen. Diese haben nie als Kommunikationskanal funktioniert sondern waren für gefühlte 90% der Nutzer nur eine lustige Erweiterung des Profils. „Ich glüh härter vor als du Party machst“, um nur eine dieser Juxgruppen zu nennen, erfüllt keinen kommunikativen Zweck sondern ist nichts weiter als ein Gag. Das Fehlen von Apps und Spielen hat mich hingegen nie wirklich gestört.Aber wer bei Facebook sieht, wie viele Freunde den halben Tag damit verbringen ihren virtuellen Bauernhof zu beackern, versteht wie sehr die Apps die Nutzer binden.

Was die Zukunft bringt

Eine derart ausgeprägte Analyse von Wer-Kennt-wen und Lokalisten spare ich mir an dieser stelle. Die Google-Statistik zeigt, dass es mit Wer-kennt-wen nach einem kleinen Boom schon wieder bergab geht und Lokalisten war niemals wirklich bedeutend. Aus der Google-Statistik geht klar hervor, dass die VZNetzwerke insgesamt zwar noch schlagkräftig sind, aber das gigantische Wachstum von Facebook macht nicht den Eindruck als würde sich stoppen lassen. Zumal der Funktionsumfang schon jetzt gewaltig ist und hinter diesem Social Network wesentlich mehr Kapital steht, dass sich in die Weiterentwicklung stecken lässt.
Ich kann mich Medienlese als nur anschließen und sagen, es harte Zeiten für die nationalen sozialen Netzwerke werden und dass es wahrscheinlich ist, das einige von ihnen in die Bedeutungslosigkeit abdriften werden. Wobei nicht gesagt ist, dass Facebook das Ende vom Lied ist.

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