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Drachen, Magie, Schwule und andere Hirngespinste

Videospiele und Sexualität hatten schon immer eine etwas merkwürdige Beziehung, insbesondere von außen betrachtet. Während virtueller Sex und exotische, halbnackte Frauen
gerne als Mittel zur Unterhaltung genutzt werden, hatten romantische Beziehungen, geschweige denn nicht-heterosexuelle Beziehungen, immer ein Schattendasein.
Auch transsexuelle Charaktere werden zumeist, wenn überhaupt, als Witzfigur dargestellt, denn wer will sowas denn schon sehen, es spielen schließlich nur junge, heterosexuelle Männer Videospiele, richtig?
Dass dies nicht der Fall ist und nie war ist momentan ein so heiß diskutiertes Thema wie noch nie, nicht zuletzt auch der Gamergate-Debatte wegen. Immer mehr Menschen der LGBT-Szene (Lesbian Gay Bi Trans) und Unterstützer fordern nicht nur mehr realistische weibliche Charaktere, sondern auch solche, die von der Videospiele-Norm abweichen.

Einer der ersten, die Homosexualität in Spielen zuließen, war Will Wright. Besonders bekannt ist dabei die Lebenssimulation Die Sims, deren inzwischen vierteilige Reihe von Anfang an homosexuelle Paare,
in späteren Teilen sogar die Heirat und Adoption von Kindern erlaubte. Im Kontrast dazu verbot Nintendo im kürzlich erschienenen Tomodachi Life für deren portable Konsole jegliche homosexuellen Interaktionen,
was selbstverständlich zu Aufschrei in der Fangemeinde führte, schließlich war auch dieses Spiel eine Lebenssimulation. Das Kommentar seitens Nintendo dazu lautete:
„Nintendo hat nie beabsichtigt, mit der Veröffentlichung von ‚Tomodachi Life‘ irgendeine Form eines gesellschaftlichen Statements abzugeben. Die Beziehungsoptionen im Spiel repräsentieren eher eine lustige alternative Welt, als dass sie das echte Leben simulieren.“
Nicht gerade verwunderlich, dass dies nicht die hitzigen Gemüter beruhigte. Die Firma ist ein traditionelles japanisches Unternehmen, was die konservativen Werte erklären könnte, da in Japan gleichgeschlechtliche Partnerschaften staatlich nicht anerkannt und sogar teilweise diskriminiert werden, nicht nur Nintendo tut sich daher schwer mit Offenheit gegenüber solchen Themen.

Das bekannteste Positiv-Beispiel in der Branche ist wohl BioWare, deren Sitz in Kanada liegt und mit solchen Spielen wie Baldur’s Gate und Star Wars: Knights of the Old Republic an Bekanntheit erlangte. Vor knapp einer Woche erschien der neueste Teil der Dragon Age-Saga, genannt Dragon Age: Inquisition.
In einer klassischen Gut-gegen-Böse-Handlung sammelt der Spieler allerlei Charaktere um sich, die ihn im Kampf unterstützen sollen. Wie bei BioWare nicht unüblich, können auch Beziehungen teils romantischer Natur mit diesen Charakteren eingegangen werden. Von acht möglichen Figuren, die umgarnt werden können, sind zwei homo-, eine bi- und eine pansexuell. Von vielen als fortschrittlich und vorbildlich für nicht nur seine sexuell, sondern auch ethnisch vielfältigen Charaktern, wurde BioWare allerdings auch von vielen für diese Entscheidung gerügt. Man fühle sich von BioWare hintergangen, es würden einem schwule Charaktere aufgezwungen und überhaupt, es sei widerlich und das Entwickler-Team solle sich für sein „Einschleimen“ bei Feministinnen und der LGBT-Szene schämen.

Dabei hatte BioWare schon in der Vergangenheit versucht, Diversität in Videospielen voranzubringen. Der erste Teil der Mass Effect-Reihe, erschienen 2007, verursachte in vielen Medien einen Aufschrei aufgrund von nackten Hintern und homosexuellen Charakteren.
Die Mitarbeiter des Unternehmens bestehen zu einem Großteil aus Frauen und sind regelmäßig auf Messen wie der Gaymer Con zu finden, wo sie Vorträge über den Zustand der Branche sprechen und auch zugeben, selber einige Fehler begangen zu haben.
Lead Writer David Gaider ist der Überzeugung, dass verschiedene Sexualitäten auch zu besseren und verschiedenen Geschichten führt, wie es etwa in Dragon Age: Inquisition beim schwulen Magier Dorian Pavus der Fall ist, der aus seinem traditionellen Heimatland floh, weil er sich nicht den gesellschaftlichen Konventionen unterordnen wollte.

In den letzten Jahren hat sich die Unterhaltungsbranche immer wieder verändert, etwa durch Serien wie Game of Thrones gewöhnt sich die Gesellschaft immer mehr an nackte Haut und Sexualität, was noch vor kurzer Zeit als Ding der Unmöglichkeit galt; es lässt hoffen, dass dies ein Zeichen für eine Zukunft voller Mut zu aufregenden (und realistischen) Geschichten und Charakteren ist.

Quellen:

Spiegel Online: Homosexualität in Spielen (http://www.spiegel.de/netzwelt/games/dragon-age-inquisition-neues-bioware-spiel-bietet-schwule-charaktere-a-1003535.html)

Spiegel Online: Streit um neues Nintendo-Spiel (http://www.spiegel.de/netzwelt/games/nintendo-erlaubt-in-tomodachi-life-keine-homosexualitaet-a-968490.html)

Zeit.de: Diskriminierung digital (http://www.zeit.de/digital/games/2011-07/games-homosexualitaet/seite-2)

Youtube: Interview with David Gaider, Lead Writer at Bioware (https://www.youtube.com/watch?v=lhXCpKDqFb8)