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Die Pressefreiheit in der Krise – ein globales Problem?

Große Freude und strahlende Gesichter in Deutschland. Deniz Yücel, der deutsche Journalist, der 2017 wegen „Terrorpropaganda“ in der Türkei verhaftet worden war, wurde aus der Haft entlassen. Doch die Freude ist nicht von langer Dauer. Noch am selben Tag wurden in der Türkei mehrere Journalisten zu lebenslanger Haft verurteilt wegen angeblicher Beteiligung am Putschversuch gegen den türkischen Präsidenten. Jedoch stehen nicht nur in der Türkei die Arbeitsbedingungen kritischer und unabhängiger Journalisten unter einem schlechten Stern.

Myanmar. Noch im letzten September wurden zwei Reporter der Nachrichtenagentur Reuters zu je sieben Jahren Haft verurteilt, da sie „Staatsgeheimnisse“ verbreitet haben sollen. Die beiden Journalisten hatten über die organisierte Misshandlung und Vertreibung der Rohingya in Myanmar berichtet. Sie waren bei der Recherche über den Mord an zehn Männern der muslimischen Minderheit mit geheimen staatlichen Dokumenten erwischt worden. Laut den Aussagen der beiden Reporter waren sie vor der Festnahme in einen Hinterhalt gelockt worden, wobei ihnen die Dokumente von der Polizei zugesteckt worden waren. Doch damit sind sie nicht allein. Seit 2017 „wurden in Myanmar mindestens elf Journalisten verhaftet“ (Zeit Online).

Ägypten. Im August letzten Jahres berichtete die „Süddeutsche Zeitung“ über den ägyptischen Fotojournalisten Mohamed Abu Zeid, der nun seit über fünf Jahren in Untersuchungshaft sitzt. Er hatte das so genannte „Rabaa-Massaker“, bei welchem staatliche Sicherheitskräfte ein Lager der Regierungskritiker gestürmt und mehrere hundert Demonstranten getötet hatten, durch Fotoaufnahmen dokumentiert. Seit dem Tag des Massakers sitzt der Journalist nun unter katastrophalen Bedingungen in Untersuchungshaft, wobei sein Prozess bis dato „mehr als vierzigmal verschoben“ wurde (Süddeutsche Zeitung). Ihm droht die Todesstrafe.

Die Lage der Pressefreiheit weltweit in 2018

Quelle: https://www.reporter-ohne-grenzen.de/uploads/pics/Weltkarte_2018_Deutsch_Webaufloesung.jpg


All dieses Geschehnisse decken sich mit den Befunden der Organisation „Reporter ohne Grenzen“. 2018 wurden weltweit 64 hauptberufliche Journalisten auf Grund ihrer Arbeit getötet. Dreizehn mehr als noch im Jahr zuvor. Besonders wird jedoch die extreme Verschlechterung der Lage in Europa moniert.

„Vier der fünf Länder, deren Platzierung sich in der neuen Rangliste der Pressefreiheit am stärksten verschlechtert hat, liegen in Europa“

Reporter ohne Grenzen

Nicht nur die Feindseligkeit gegenüber der Presse in Ungarn und Polen sei ein gravierendes Problem, mehrere Spitzenpolitiker verschiedener EU-Staaten wie Malta, Tschechien und der Slowakei griffen regelmäßig die Journalisten ihres Landes verbal aufs Schärfste an. Obwohl Deutschland auf Platz 15 der Weltrangliste steht, kritisiert die Organisation auch hierzulande die zunehmende Gewalt und Diffamierung gegenüber Journalisten.

Zusammenfassend ist die Gefährdung der Pressefreiheit tatsächlich ein globales Problem. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Der Aufstieg von Rechtspopulisten und die rasante Verbreitung von zahlreichen Falschmeldungen im Netz sind nur Beispiele dafür, warum sich die Lage auch in eigentlich demokratischen Staaten zuspitzt. Die Pressefreiheit sei so „bedroht wie lange nicht“ mehr (Berliner Zeitung), ein Zustand der uns allen zu denken geben sollte.

Quellen:

https://www.tagesschau.de/ausland/journalisten-haft-101.html
https://www.welt.de/politik/ausland/article181399052/Staatsgeheimnisse-verletzt-Reuters-Journalisten-in-Myanmar-zu-sieben-Jahren-Haft-verurteilt.html
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-09/myanmar-haftstrafe-reuters-journalisten-recherchen-rohingya
https://www.sueddeutsche.de/politik/aegyptischer-fotograf-seit-fuenf-jahren-in-untersuchungshaft-1.4090062
https://www.reporter-ohne-grenzen.de/rangliste/2018/
https://www.reporter-ohne-grenzen.de/barometer/2018/journalisten-in-haft/
https://www.berliner-zeitung.de/politik/tag-der-pressefreiheit-meinungsfreiheit-ist-so-bedroht-wie-lange-nicht-30109424
https://www.merkur.de/welt/pressefreiheit-ist-weltweit-bedroht-zr-9836032.html

Forbidden Stories: die Gefahren des investigativen Journalismus

Weltweit wurden im Jahr 2017 65 Medienschaffende getötet, wie Reporter ohne Grenzen im Dezember berichtete.

Ein Todesopfer: die Journalistin Miroslava Breach.

Dem Netzwerk Forbidden Stories ist es zu verdanken, dass die Recherchearbeit einiger mexikanischen Journalisten überhaupt veröffentlicht werden konnte.

Forbidden Stories ist ein gemeinnütziges Projekt, das von Freedom Voices Netzwerk initiiert wurde. Reporter Ohne Grenzen (ROG) ist Partner des Projektes.

„Ziel des Projekts Forbidden Stories ist es, die Arbeit von Journalisten fortzusetzen, die das selber nicht mehr tun können – weil sie bedroht, inhaftiert oder getötet wurden. Wir möchten ihre Geschichten am Leben erhalten und sicherstellen, dass so viele Menschen wie möglich Zugang zu unabhängigen Informationen haben über so wichtige Themen wie Umwelt, Gesundheitswesen, Menschenrechte und Korruption“, sagte Freedom Voices Network-Gründer Laurent Richard.

Investigative Journalisten, deren Leib und Leben durch ihre Recherchen gefährdet ist, können ihre Daten mittels verschlüsselter Kommunikation an Forbidden Stories schicken. Mögliche Programme der verschlüsselten Kommunikation können hier der Messenger-Dienst Signal oder die Whistleblower-Software SecureDrop sein.  Die Journalisten müssen der Veröffentlichung der Daten zustimmen und können weiterhin Anweisungen geben, wie und wann ihre Recherchen fortgesetzt werden sollen.  Sollte den Journalisten zwischenzeitlich etwas zustoßen, so kann Forbidden Stories die Recherchearbeiten abschließen und mittels eines Kooperationsnetzwerkes verschiedener Medien  umfassend verbreiten.

So auch im Fall der getöteten mexikanischen Journalistin Miroslava Breach:

 

Das Projekt Forbidden Stories kann allerdings nur der Anfang sein. Viel zu häufig werden Journalisten, die kriminelle Aktivitäten aufklären möchten, noch ermordet. Viel zu häufig werden auch noch heute Grundrechte wie Presse – und Meinungsfreiheit auch von den regierenden Parteien von Ländern angegriffen, die sich selbst als demokratisch bezeichnen.

Um die Verantwortlichen für solche Verbrechen endlich zur Rechenschaft zu ziehen und den Kreislauf der Straflosigkeit zu durchbrechen, wirbt Reporter ohne Grenzen bei den Vereinten Nationen intensiv für die Einsetzung eines UN-Sonderbeauftragten für den Schutz von Journalisten. Dieser sollte die Bemühungen der verschiedenen UN-Institutionen zum Schutz von Journalisten koordinieren, die bestehende völkerrechtliche Vorschriften durchsetzen und auf diese Weise die Zahl von Übergriffen und Gewaltakten gegen Journalisten endlich wirksam verringern.

Es bleibt zu sehen inwiefern sich die UN dieser Aufgabe in Zukunft annehmen wird. Bislang bleiben ihre Resolutionen zum Schutz der Journalisten fast vollkommen wirkungslos, was die steigenden Anzahl an ermordeten Journalisten leider beweist.

Reporter ohne Grenzen Jahresbilanz 2008

Heute hat die NGO Reporter ohne Grenzen in Berlin ihren Jahresbericht für 2008 vorgestellt. Insgesamt weisen die Zahlen eine leichte Verbesserung gegenüber dem Vorjahr auf.

Während laut RoG 2007 mindestens 86 Journalisten und 20 Medienmitarbeiter umkamen, seien es 2008 nur 60 Journalisten und ein Medienmitarbeiter gewesen. Auch die Zahl der festgenommenen Journalisten soll sich von fast 900 auf knapp 600 verringert haben. Genauso wie sich Entführungen fast um die Hälfte, von 67 auf 29, verringert haben sollen.

Veränderungen habe es auch hinsichtlich der Rangliste der für Journalisten gefährlichsten Länder gegeben. Erwartungsgemäß und trotz sich entstpannender Sicherheitslage liegt laut dem Jahresbericht der Irak wieder auf dem ersten Platz. Pakistan dagegen rückte um einen Platz nach vorne. Auf Platz drei stehen die Philippinen, während letztes Jahr Somalia noch auf Platz zwei und Pakistan auf Platz drei stand.

Insgesamt konstatiert Reporter ohne Grenzen, dass sich die Repression gegenüber Journalisten traditioneller Medien zwar verringert habe, dafür aber „konzentrieren viele Regierungen ihre repressiven Maßnahmen stärker auf das Internet“. Insbesondere Blogger gerieten verstärkt ins Visier, jüngstes Beispiel ist hier wohl der Fall des im Iran inhaftierten Bloggers Hossein Derakhshan aka „Blogfather“.

Die ausführliche Version der Jahresbilanz stellt RoG als PDF zum Download.

Reporter ohne Grenzen veröffentlicht Jahresbilanz 2007

Am heutigen Dienstag (02.01.2008) hat die Menschenrechtsorganisation „Reporter ohne Grenzen“ ihre Bilanz des vergangenen Jahres vorgelegt. Dem Bericht zufolge sind im vergangenen Jahr weltweit 86 Journalisten und 20 Medienmitarbeiter getötet sowie 887 verhaftet worden, außerdem zählte die Organisation über 1 500 Fälle in denen Journalisten körperlich angegriffen oder bedroht wurden.

Diese Zahlen unterscheiden sich damit kaum von denen des Jahres 2006, damals zählte die Organisation 85 getötete Journalisten und 32 Medienmitarbeiter, 871 Festnahmen und 1 472 tätliche Angriffe bzw. Drohungen.

Am gefährlichsten leben Journalisten dem Bericht zufolge im Irak, wo alleine 47 Journalisten umkamen und der damit weit vor anderen Ländern wie Somalia (8), Pakistan (6) und Sri Lanka (3) liegt. Spitzenreiter hinsichtlich der Festnahmen sind Pakistan (195), Kuba (55) und das islamische Regime im Iran (54) .

Gleichzeitig verzeichnete „Reporter ohne Grenzen“ eine Zunahme der Zensurbemühungen im Internet. So seien allein in China im Vorfeld des 17. Kongress der Kommunistischen Partei 2500 Internetseiten durch staatliche Stellen blockiert worden. Gleichzeitig würde verstärkt gegen unliebsame Internetaktivisten vorgegangen, als jüngstes Beispiel hierfür kann der saudische Blogger Fouah al-Farhan gelten, der laut New York Times seit dem 10. Dezember in Saudi-Arabien inhaftiert ist.