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Die gefährliche Selbstinszenierung in den sozialen Medien

Schon seit vielen Jahren wird Photoshop in der Mode- und Beautyindustrie heiß diskutiert und vor allem kritisiert. Heute ist der Traum von einer makellosen Haut oder einer dünnen Taille, durch kostenlose Apps wie Facetune oder Adobe Photoshop, nur noch wenige Klicks entfernt und für jeden zugänglich.

Welcher Social-Media-Nutzer hat sich nicht schon einmal eines Filters bedient, einen Pickel retuschiert oder seine Zähne heller geschummelt? Man müsste meinen ein kleiner Selbstbewusstseinsschub ist harmlos, aber welche Auswirkungen hat diese Inszenierung der Realität auf unsere Gesellschaft und vor allem auf Jugendliche?

Laut neuen Studienergebnissen der MaLisa Stiftung, die Ende Januar in Berlin präsentiert wurden, betrachten jugendliche Social-Media-Nutzer Influencer auf sozialen Medien als Vorbilder und ahmen deren Posen und Aussehen nach. Insbesondere Mädchen, die Influencern folgen, sollen ihre Bilder stärker bearbeiten als solche die keinen folgen.

Quelle: Maya Götz – Selbstinszenierung von Mädchen auf Instagram. München 2018

Aber was zählt als Schönheitsnorm? Wie müssen Bilder aus der Perspektive der Nutzer aussehen um als „gut genug zum Posten“ wahrgenommen zu werden?

Mit diesen Fragen befasste sich der renommierte britische Mode- und Porträtfotograf Rankin in seinem Projekt Selfie Harm. Er lichtete insgesamt 15 Jugendliche zwischen 14 und 19 Jahren ab. Die Teenager traten ungeschminkt und so natürlich wie möglich vor die Kamera um ein Porträt von sich schießen zu lassen. Das Bild wurde der jeweiligen Person zurückgegeben mit der Aufgabe es so zu bearbeiten, dass es auf ihren sozialen Kanälen gepostet werden könnte.


RANKIN PHOTOGRAPHY LTD

RANKIN PHOTOGRAPHY LTD

Die Mädchen sind teilweise nicht wiederzuerkennen. Nasen wurden kleiner, Lippen voller und das Makeup stärker gemacht.

Gegenüber „Business Insider“ sagte Rankin zwar, dass die Teenager eigentlich die natürlichen Bilder besser fanden, aber als es um die Nutzung sozialer Medien ging, alle trotzdem die Bearbeitungs-Apps nutzten.

„Es ist Zeit, dass wir die gefährlichen Auswirkungen, die soziale Netzwerke auf das Selbstbild von Menschen haben, anerkennen.“ – Rankin

Junge Mädchen empfinden ihr natürliches Aussehen also zunehmend als unzureichend. Wenn ihre Erscheinung nicht dem „Influencer-Standard“ entspricht wird mit genannten Apps nachgeholfen. So kommt es zu einer Verzerrung des Verständnisses von „natürlich“ und „real“. Außerdem wird durch diese Orientierung an der Norm die Selbstinszenierung immer gleichförmiger, wodurch die Vielfalt verloren geht.

Quellen:
https://www.glamour.de/beauty/wellness-gesundheit/selfie-harm-rankin
https://www.instagram.com/p/BtRMUjKF-e7/?utm_source=ig_share_sheet&igshid=5azwwyycahc6 https://malisastiftung.org/wp-content/uploads/Selbstinzenierung-in-den-neuen-Medien.pdf
https://www.thetimes.co.uk/article/4501d4f6-2718-11e9-8a1b-74db4c6005e7

Beauty is Photoshop?

Wer kennt es nicht-man läuft an einem Zeitungsstand vorbei und denkt sich: WOW, würde ich doch nur auch so aussehen. Natürlich ist es kein Geheimnis, dass Bilder am Computer digital nachgebessert werden, doch was ist davon überhaupt noch echt?

Im Jahre 2010, dem 10 jährigen Jubiläum Photoshops, hatte die Software bereits 10 Millionen Nutzer weltweit. Der Konsum nimmt seit dem nur zu. Das Problematische hierbei ist jedoch, dass man das Bearbeitete kaum noch von der Realität unterscheiden kann. Unrealistische Schönheitsideale werden so in unsere Gesellschaft eingebunden.

 

Spiderman Homecoming Star Zendaya Coleman setzt sich dafür ein, dass ihre Bilder nicht mehr manipuliert werden. Wie Zendaya in ihrem Instagram Post richtigstellt, wurde das Bild auf der linken Seite extrem überarbeitet. Leider stehen nur sehr wenige Stars und Sternchen zu solch Mogelei

 

Doch wozu das Ganze?

Klar, möchte man sich auf Plattformen, auf denen tausende Menschen einen sehen können, von seiner besten Seite zeigen. Aber reicht die natürliche Schönheit denn nicht aus?

In der Werbung wird Photoshop häufig genutzt, um ein Produkt ansprechender wirken zu lassen. Ist es dabei jedoch, nötig die Haare einer Frau voluminöser aussehen zu lassen, wenn es doch eigentlich um die Uhr geht, die sie trägt?

 

Welchen Einfluss hat dies für Jugendliche?

Sowohl Kinder, als auch Teenager lassen sich sehr einfach von den Medien
beeinflussen. Wenn sie in einem Magazin ein Bild von Kim Kardashian sehen, ohne zu wissen, dass mehrere Dutzend Teammitglieder an dem Endresultat gearbeitet haben, denken sie, es sei normal so auszusehen. Dadurch fühlen sie sich oftmals unwohl in ihrer eigenen Haut, da kein Mensch so perfekt aussieht, wie es auf den Bildern angepriesen wird.

Diese falschen Body Images, die von der Gesellschaft akzeptiert werden, sind der Grund, warum viele junge Leute Probleme mit ihrem Selbstvertrauen haben.
Besonders weibliche Konsumentinnen gehören zur Zielgruppe des Photoshoppings. Interessant ist nämlich, dass fast nur feminine Models, oder Stars in Zeitschriften nachträglich ‚verbessert‘ werden.

Eine Studie des British Journal of Psychiatry beweist, dass 36% der rund 3000 14-jährigen befragten Mädchen regelmäßig auf Diät sind. Dies deutet darauf hin, dass sie unglücklich mit ihrem Aussehen sind.

 

 

Diese Calvin Klein Kampagne mit Justin Bieber ist eines der wenigen Beispiele für Photoshop an Männern.
Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass sowohl Mädchen, als auch Jungs mit Body Images zu kämpfen haben.
Allein in der USA leiden circa 10 Millionen Männer an einer Essstörung.

Photoshop in den Medien sorgt also ganz klar dafür, dass beeinflussbare Benutzer sich dazu genötigt fühlen, ihren Körper zu verändern, um in der heutigen Gesellschaft dazu zu gehören.

 

 

Perfektionismus und Schönheit

Es ist seit langem kein Wunder mehr, dass schöne Bodys in Magazinen nicht nur harte Arbeit der Models sind, sondern auch die der Retuschierer. Genau gegen dieses Retuschieren, wenn man schon sich selbst nicht erkennen kann, protestiert so die Prominenz. Wenn einige Prominente nichts darüber hören möchten, zeigt sich Keira Knightley nackt in dem Fotoshooting für Interview und sagt, sie lasse sich hier nur deswegen nackt fotografieren, damit ihre Brüste später nicht vergrößert werden. Emma Watson gesteht, dass auch sie Zeit und Make-up braucht, um sich auf Veranstaltungen vorzubereiten. Lady Gaga kritisiert öffentlich die Zeitschrift Glamour für das unaufhörliche Schönmachen der Wirklichkeit, was mittlerweile keine Grenzen hat. Und sie würde sich lieber auf dem Cover Malala Yousafzai und nicht sich selbst sehen.
Alle diese Taten und Wörter lassen uns, Menschen und insbesondere Frauen auf solche Gedanken kommen, wie: Was ist Schönheit? Wann kann jemand als ein schöner Mensch betrachten werden? Können die Menschen noch die echte natürliche Schönheit verstehen?
Ein Heft von der Zeitschrift Vanity Fair LA sollte man für die Nachkommen unbedingt aufbewahren. Und nicht nur wegen der Gleichberechtigung der Geschlechter und der Rasse auf dem Cover, sondern wegen des Konzepts des Fotoshootings „Be hind the scenes“ mit Kate Winslet, Brad Pitt, Julia Roberts, Oprah Winfrey, George Clooney, Scarlett Johansson und vielen anderen, die sich den Lesern ohne Make-up gezeigt haben.
Trotzdem wäre es gelogen, wenn man sagen würde, dass die Magazine lieber gar keinen Photoshop benutzen sollen. Hier müsste man schon eine gewisse Grenze wissen, und vor allem, wann es schon genug ist. Als ein Mittel, das die öffentliche Meinung prägt, sollten die Magazine keine unerreichbare Standards für die Schönheit setzen, sondern eine reale Schönheit zeigen. So könnte man sich fragen, ob Jennifer Lawrence, die schon wunderbar aussieht, tatsächlich für das eine oder das andere Foto die Hilfe des Photoshops gebraucht hat? Ist sie nicht genug schön für das Cover von Flame?
Jeder weiß, dass die Schönheitsstandards nicht gleich für alle Ländern sind. Aber weiß man, wie wirklich unterschiedlich sie sind? Das wissen Esther Honig und Priscilla Wilson, die das Projekt „Before & After“ geleitet haben.
Landläufige Ansicht behauptet, dass glatte Haare, eine schlanke Figur und große Brüste schön sind. Im Gegenteil sind Sommersprossen und Falten, breite Hüften und kleine Brüste unschön. Aus diesem Grund vergessen immer häufiger die Mädchen und Frauen, dass sie auf ihre persönliche Art und Weise schön und einzigartig sind.
The Economist hat das Foto von Cate Blanchett auf dem Cover ohne Retuschen abgedrückt. Man kann nicht sagen, dass dieses Foto überhaupt keine Retusche hat. Aber hier wurde retuschiert, sodass die Fotografie noch ein schönes, lebendiges und begeisterndes Gesicht bewahren konnte. Und es ist schon viel mehr als ein einfaches Bild in einer Zeitschrift. Etwas Ähnliches kam in der französischen Elle 2009.
Das Thema „natürliche Schönheit“ wird langsam, aber sicher aktueller. Diese Tendenz wird auch von Gisele Bundchen unterstützt. 2013 ließ sie sich vom Fotograf Johan Lindeberg ohne Make-up fotografieren. Die Fotografien zeigen Bundchen als eine reale Person und nicht als Super Model.
Die Handelsmarke der Unterwäsche „Aerie“ tritt für die Natürlichkeit auf. „Aerie“ bietet die Werbekampagne, wo die Models nicht retuschiert worden sind. Auf dem Werbeplakat ist folgender Spruch zu sehen: „The girl in this photo has not been retouched. The real you is sexy“. Die Vertreter teilen mit, dass es endlich mal Zeit für Veränderungen sei. Sie meinen, die echte Schönheit brauche keine Retusche.
Die neue amerikanische Zeitschrift Verily geht noch weiter. Hier beschloss man auf die Retusche von Photoshop ganz zu verzichten. Verily hat die Absicht so über die Frauen zu schreiben, wie sie heutzutage sind und nicht wie sie sein sollten.
Die Magazine und Schönheitsindustrie versuchen mit kleinen Schritten den Frauen ihr Selbstbewusstsein zurückzugeben. Hier bekommt der Begriff „Schönheit“ schon eine andere Bedeutung als „geschminktes Äußeres“ – die Schönheit ist Selbstachtung und Gesundheit, die Fähigkeit sich und den anderen so akzeptieren, wie man ist. Die Schönheit ist unbeschränkbar, es gibt keine altersmäßigen, zeitlichen, nationalen oder Alters – Grenzen. Nur Unverständnisse und begrenzte Ansichten lassen die echte wahre Schönheit nicht ans Licht kommen. Man spricht zwar über die Vielfalt der Schönheit, und aber man verurteilt gleichzeitig das, was nicht wie in der Zeitschrift aussieht, was nicht ins Schema passt, und was man nicht verstehen kann. Man erkennt nicht nur eine reiche Palette der Schönheit nicht, man erkennt sich selbst nicht, weil man nach den Standards lebt. Es ist wichtig zu verstehen, dass die Kritik und die gesellschaftliche Meinung sehr schaden können, und jeder sowohl der Richter als auch der Angeklagter sein kann. Man soll entscheiden, wie man mit dieser Kritik weiter umgehen wird, ob man sich weiter entwickeln will oder nicht.
Quellen:

Patrick Demarchelier by Keira Knightley


https://twitter.com/MTV/status/449014764875042816/photo/1
http://www.berliner-zeitung.de/panorama/glamour-kuert-frauen-des-jahres-malala–gaga-und-streisand-sind–women-of-the-year–,10808334,25016014.html
http://www.vanityfair.com/vf-hollywood/hollywood-issue-george-clooney-chiwetel-ejiofor
http://www.vanityfair.com/hollywood/photos/2014/03/chuck-close-hollywood-portfolio#1
http://www.huffingtonpost.com/2013/12/14/jennifer-lawrence-photoshop_n_4446190.html
http://www.estherhonig.com/#!before–after-/cvkn
http://priscillaywilson.wix.com/priscillayukiwilson#!blank/c1de8
http://thesocietypages.org/socimages/2009/04/30/french-elle-stars-without-makeup/
http://au.ibtimes.com/articles/471736/20130528/gisele-bundchen-blk-dnm-johan-lindeberg.htm#.VHYBXbSf56p

Simple, Revolutionary Lingerie Ads Feature Beautiful Models and No Photoshop


http://verilymag.com/
http://www.huffingtonpost.com/2013/10/10/verily-magazine-no-photoshop_n_4079217.html