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Erstes online begehbares Museum – virtuelle Kunst

Seit Anfang Oktober letzen Jahres ist das virtuelle “Adobe Museum of Digital Media” (AMDM) online zu betreten. Das kalifornische Unternehmen Adobe Systems hat die Plattform ins Leben gerufen, um den Besuchern kostenfrei, weltweit, rund um die Uhr und ohne Wächter die Möglichkeit geben zu können, eine neue Perspektive der Kunst kennenzulernen.

Wie ein reales Museum auch, wurde das AMDM von einem Architekten entworfen. Ein kurzer Trailer gibt nähere Informationen über die futuristische Architektur des Gebäudes, sowie dessen Umfang und Größe. Im weiteren Verlauf der website bittet Tom Eccles, der derzeitige Kurator, seine Besucher,  einen Kommentar zu hinterlassen. Eine deutliche Aufforderung, sich interaktiv mit einzubinden.

Die Cover-Flow-Funktion ermöglicht es dem Besucher ebenfalls, seinen Museumsgang selbst gestalten zu können. Er gelangt zu der ersten Ausstellung, geleitet von einem kleinen geflügeltem Augapfel, eigens von Adobe kreiert. Dem US-Videokünstler Tony Oursler geht es in seiner Ausstellung „Valley“ an erster Stelle um die Beziehung zwischen dem Menschen und dem Internet. Er hinterfragt, wie die neuen Technologien Einfluss auf unser Leben nehmen und wie der Mensch damit umgeht. Ein von ihm handgemaltes Menü unterteilt unser Leben in 17 verschiedene Bereiche. Jeder Bereich führt zu unterschiedlichen Exponaten, die einen ungewohnten Blick auf die Thematik geben. Es besteht die Möglichkeit auf den Button „Artist Comment“ zu klicken, um einen knappen Satz zu dem Gezeigten zu erfahren. „Und immer wieder poppt ein kreisrundes Clownsgesicht auf, das per Klick kryptische Kommentare von sich gibt.“[1]

Handelt es sich wirklich um „erlebbare“ Kunst? Und um eine Zukunftsversion eines Museum, welches die realen Museen zu ersetzen vermag? -Wohl eher nicht.

Zwar ist die Website aufwendig gestaltet, lässt den Besucher entdecken und regt durch die merkwürdigen Kommentare zum Nachdenken an, jedoch fehlen mir persönlich die Spontanität und der Charme eines Museums. Auch wenn die technischen Möglichkeiten gut vor Augen geführt werden, geht der künstlerische Aspekt ein wenig verloren. Es besteht eben nicht mehr die Möglichkeit die Perspektive, den Betrachtungsblickwinkel frei zu wählen oder beispielsweise zwischen zwei Bildern „hin und her zu switchen“. Darüber hinaus ist es mir ein Rätsel, wie das Museum seine Außergewöhnlichkeit auf der Aussage, es gäbe keine Wächter und das Museum habe rund um die Uhr geöffnet, stützen kann. Ein „guard“ wäre an mancher Stelle hilfreich und wichtig für den Rezipienten, um das Gesehen in einen Kontext einordnen zu können. Nur so besteht die Möglichkeit, sinnvoll reflektieren zu können.

Abschließend möchte ich hinzufügen, dass für mich ein klassischer Museumsbesuch mit Freunden oder Familie unersetzbar bleibt.

Oder würde sich tatsächlich jemand via Skype nachts für einen virtuellen Museumsrundgang verabreden?

Quellen:

http://www.adobemuseum.com/index.php.

Doepp, Julian: „Netzkunst in digitaler Architektur“, http://www.zeit.de/digital/internet/2011-04/adobe-museum-netzkunst?page=1, 01.05.2011.

Bodin, Claudia: „Adobe Museum Of Digital Media – Virtuelles Museum”, 06.10.2010, http://www.art-magazin.de/kunst/34101/adobe_museum_of_digital_media_virtuelles_museum, 01.05.2011.


[1] Doepp, Julian: Netzkunst in digitaler Architektur in zeit.de, http://www.zeit.de/digital/internet/2011-04/adobe-museum-netzkunst?page=1, 01.05.2011.

Im Reich der Schatten. Leben und Lieben im römischen Trier – ein mediales Raumtheater

Gaius Albinius Asper, ein reicher römischer Kaufmann, trauert um seine verstorbene Frau Secundia, als Merkur der Götterbote erscheint und ihm anbietet, seine Geliebte im Reich der Toten zu suchen. Der Protagonist zögert nicht lange und so beginnt für den Sterblichen eine Odyssee, bei der ihn der schelmische Gott begleitet und allerlei Dinge geschehen. Soweit die Rahmenhandlung, in der laut Flyer ‚berühmte Fundstücke des Landesmuseums die Hauptrolle‘[1] spielen sollen. Das mediale Raumtheater im Rheinischen Landesmuseum Trier will seinen Besuchern ‚Leben und Lieben im römischen Reich‘ näherbringen.

Zweifelsohne wurden bei der Umsetzung des Konzepts keine Kosten gescheut. Aufwendige Laserprojektionen lassen die steinernen Reliefs der Exponate lebendig erscheinen, abgebrochene Stücke, z.B. in den Gesichtern der Reliefs werden durch Licht und Schatten scheinbar wiederhergestellt und die verwitterte Farbe, der ursprünglich bunten Grabmonumente wird wieder sichtbar. In diesem Punkt kann die Installation wirklich überzeugen. Wäre da nicht die Stimme von Christoph Maria Herbst zu hören, der Merkur seine Stimme leiht. Es mag mir einfach nicht gelingen sie von Stromberg, dem nervigen Bürohengst aus der gleichnamigen Serie zu trennen, mit der Herbst zuletzt seine größten Erfolge feierte. Eine klare Fehlbesetzung. Aber es ist nicht nur die Stimme von Merkur, dem Götterboten, sondern auch sein Text. Der Dialog des reichen Kaufmanns, gesprochen von Peter Striebeck und Merkur, mit dem das Raumtheater beginnt, könnte flacher nicht geschrieben sein: ‚Ach ihr Menschen, versucht dies und das, um dem Tod zu entfliehen‘ und so weiter und so weiter hört man den Gott lamentieren, wie man es schon hunderte Male in billigen Sandalenfilmen gehört hat, die bevorzugt Sonntagsnachmittags auf drittklassigen privaten Fernsehsendern laufen. Das dümmliche Geschwätz bedient so ziemlich alle Klischees, erzeugt Null Spannung und verdirbt einem gänzlich den optischen Genuss, den die intelligente Beleuchtung zu bieten weiß. Mehr als einmal, musste ich mich dazu zwingen, die Vorstellung bis zum Ende zu verfolgen, weil die banale Dramaturgie einfach nur nervte. Dabei wurde extra eine Agentur (SchillerWendt[2]) aus Berlin bemüht, die laut eigener Homepage ‚Text für Ton und Bild‘ anbietet und bereits mehrere Preise gewonnen hat. Nur leider ist weder der prominente Firmensitz, noch diverse Preise ein Äquivalent von Qualität, geschwiege denn von Innovation. Das gleich zweimal verwendete Zitat „Nicht den Tod soll man fürchten, sondern dass man nie beginnen wird, zu leben“ offenbart gleichsam eine gewisse Hilflosigkeit der Texter.

Die Geschichte vom trauernden Ehemann führt den Besucher über mehrere Stationen durch einen schlauchförmigen, halbrunden Museumsraum. Die Rahmenhandlung sollte getrost vernachlässigt werden, weil sie ohne hin nur das Gefährt darstellt, mit dessen Hilfe die Besucher von Monument zu Monument, quasi von Akt zu Akt geführt werden. Hier werden verschiedene Stationen des antiken Lebens in Trier visualisiert. In den teils kolossalen, teils kleineren Grabsteinen sind Szenen aus dem Alltag reicher Bürger eingemeißelt, die dank modernster Lasertechnik in längst vergangenen Glanz gehüllt werden und sich sogar zu bewegen scheinen. So sieht man z.B. eine Schulszene, darf die Frisur einer Wohlhabenden Frau beobachten und erfährt nebenbei, dass aus in Wein eingelegten, bereits verwesenden Blutegeln schwarze Farbe gewonnen wurde, mit der sich reiche Damen damals die Haare färbten. Bei einem Trinkgelage werden dem Zuschauer die verschiedenen Arten des antiken  Weinpanschens erklärt und quasi nebenbei die Götter- und Glaubenswelt der Trierer Bürger vor rund 1800 Jahren vermittelt. Ob es sich dabei um historische Tatsache handelt oder nur die Phantasie der Texter, kann ich als Laie nicht beantworten. Die Grabmonumente, wie auf dem Flyer angekündigt, stehen allerdings nicht wirklich im Mittelpunkt sondern sind die Lichteffekte die eigentlichen Stars der Inszenierung. Z.B. werden in der Höhe des gesamten Raumes in einem Winkel von 360° publikumswirksam Schlangen projiziert, als Medusa zum Leben erwacht und gegen Ende wird auf gleiche Weise eine schemenhaft dargestellte Orgie visualisiert, die durch hypnotisches Stöhnen akustisch unterlegt ist. Auch hier wird wieder kräftig in die die Klischeeschublade gegriffen. Dass sich Sex verkauft ist keine Neuigkeit, was das allerdings mit Geschichtsvermittlung  zu tun hat ist mir schleierhaft. Die eigentliche Hauptrolle spielen eindeutig die Laserprojektionen, die zugegebener Maßen als state of the art bezeichnet werden können. Ich persönlich hätte gerne etwas mehr Zeit gehabt, die Bemalung, v.a. die Farbgebung der Exponate in Ruhe zu betrachten. Auf die flache Story allerdings hätte ich gerne verzichtet. Die Veranstaltung ist eine Show. Oberflächlich und leicht verdaulich. Im Vordergrund stehen die Effekte, die Attraktion. Dagegen ist prinzipiell nichts einzuwenden, schließlich muss Geschichte nicht zwangsläufig langweilig und farblos  sein. Dass bei den Besuchern, vor allem den jüngeren, allerdings ein Verständnis der kulturellen, architektonischen, handwerklichen, philosophisch und politischen Größe des römischen Reiches entsteht, auf dessen Fundament schließlich unsere heutige Kultur fußt, wage ich mehr als zu bezweifeln. Statt in einem Museum wähnt man sich in einem Freizeitpark.

Zur Betreuung durch die beiden Museumsmitarbeiter, die die Zuschauer während der Vorstellung begleiteten ist leider wenig Gutes zu berichten. Sie wiesen anfangs darauf hin, man solle einfach den Bildern und der Musik folgen. Das war jedoch aufgrund der Raumgröße gar nicht so einfach. Anstelle die Besucher auf ihrer Theatertour an die Hand zu nehmen und kleine Hinweise zu geben, wo denn die nächste Projektion zu erwarten sei, trotteten die beiden Herren stillschweigend der kleinen Gruppe hinterher und sagten kein einziges Wort. Eine angeleitete Rezeption, so wie es zu Zeiten des Stummfilms der Filmvorführer ermöglichte, wäre wirklich eine Wohltat gewesen und hätte die ganze Vorstellung um einiges angenehmer gemacht. Stattdessen wurde auf fragende Blicke der Zuschauer nicht reagiert und die ständige Unsicherheit, wohin die Aufmerksam denn nun zu richten sei, wurde auf die Dauer zur echten Geduldsprobe. Am Ende der Vorführung antwortete einer der beiden Herren allerdings bereitwillig auf meine Frage, wie viel denn diese Sache gekostet habe: „1,8 Millionen Euro. Davon hat das Land Rheinland-Pfalz die Hälfte übernommen und die andere Hälfte kommt von der EU.“ Ein stolzer Preis für 45 Minuten Unterhaltung, wenn man sich überlegt, dass z.B. in Sachen Bildung im Normalfall von leeren Kassen die Rede ist.

Internet Archive.org – Die Zeitkapsel

„Gratis“ wird im Netz oftmals assoziiert mit Serverfarmen auf Tonga, abmahnwütigen Schundvermarktern oder Hinterhof-Rohling-Tauschereien. Bestenfalls denkt man an „Grauzone“.

Anders beim „Internet Archive„.

Das „Internet Archive“ versteht sich als Bibliothek des digitalen Zeitalters, möchte Dokumente bewahren und kostenlosen Zugriff auf Wissen und Medien der Vergangenheit gewähren…in zeitgemäßer Form.

Was hier landet war entweder noch nie urheberrechtlich geschützt oder ist so alt (aber dadurch nicht minder brisant/aufregend/ungewöhnlich/aufrüttelnd/historisch), dass jegliche Copyrightansprüche verjährt sind. Auch Creative-Commons-Material findet sich im Archiv.

Darunter über eine Million Texte, auch eingescannte Originale, die sich digital umblättern oder als pdf abspeichern lassen. Erwähnt seien u.a. ein Anatomiehandbuch von 1939 oder Aschenputtel…von 1810.

Auch Audiodateien (z.B. Orson Welles „Krieg der Welten„, Radioprogramme des 2. WKs und die Musik der 20er) und bewegte Bilder (darunter historische Debatten und Klassiker wie Nosferatu) lassen sich durchstöbern.

Besonders beeindruckend ist meiner Meinung nach die sogenannte „waybackmachine„. Hier wird tatsächlich das Internet abgespeichert, zur Zeit über 85 Milliarden Seiten! Einfach den Seitenname in die Suchmaske tippen und das gewünschte Datum herauspicken…Wie sah beispielsweise Spiegel online am 13.September 2001 aus? Die „waybackmachine“ zeigt es. Jedenfalls ab 1996.

Meiner Meinung nach ein großartiges Projekt, dessen Umfang schwer in Worte zu fassen ist. Und das gratis, als Dienst für die Menschheit.

Am Besten selbst stöbern und online zeitreisen!