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Bilder, die die Welt bewegen….. und mich!

In the US it’s Bling Bling but in Africa it’s Bling Bang“ – So lautete einer der Sprüche, die letzte Woche den Weg auf meine Facebook-Wall fanden. Nicht jedem Satz hefte ich das Prädikat „besonders ausdrucksstark“ an, gepostet wird nur was bewegt. Diese eine Zeile hatte es mir jedoch angetan: Sie stammt aus dem Film „Blood Diamond“ und war mir von der Sekunde an, als Protagonist Danny Archer (gespielt von Leonardo DiCaprio) sie aussprach, bis noch einige Stunden nach Auswurf der DVD im Gedächtnis geblieben. Es sind Sätze wie dieser, kurz und doch alles sagend, die mich faszinieren- und aufrütteln. Ob es nun, wie hier, um Konfliktdiamanten, Kindersoldaten, Korruption oder den illegalen Waffenhandel geht, oder um eines der tausend anderen Themen, die die Welt tagtäglich erschüttern- wann werden mehr Emotionen ausgelöst als beim Eintauchen in einen Film?

Richtig: Nie.

Die Tagesschau quillt derzeit förmlich über von Schauermeldungen des Islamischen Staats, Youtube, Instagram und Co. sind übersät mit Hinrichtungsvideos und auch beim Lesen der örtlichen Zeitung bleiben wir nicht verschont von Mitteilungen darüber, wie die Welt um uns herum scheinbar langsam, aber sicher, unterzugehen scheint. Auf dem gemütlichen Sofa im Wohnzimmer des Elternhauses schockieren diese Bilder die Zuschauer jedoch nur bis zu einem gewissen Grad- dann wird umgeschaltet (oder -geblättert) und die neueste Folge von „The Big Bang Theory“ geschaut, die ist unterhaltsamer.

Und genau hierin liegt die Macht eines Films: Die Kunst der Kombination.

Eingepackt in eine actiongeladene Story mit vielen markanten Bildern, sowie einem Hauch Romanze, kann jedes sozialkritische Thema dem breiten Publikum nahe gebracht werden. Besetzen dann noch ein zwei bekannte Gesichter die Hauptrollen, ist das Kino nahezu perfekt. In seinem politischen Drama hat sich der Regisseur Edward Zwick genau dieses Potentials bedient: „Blood Diamond“ erzählt die packende Geschichte dreier Menschen, die auf ihrem Weg über die Leinwand die Massen berührten. Wer verspürte nicht den unmenschlichen Drang, aus dem Kinositz aufzuspringen und die Mitglieder der Rebellengruppe „Revolutionary United Front“ eigenhändig zu erdrosseln, als sie bereits kurz nach Anlauf des Films einem Jungen aus Hauptcharakter Solomon Vandys Dorf die Arme abhackten? Also ich tat es. Und eben diese Gefühlsausbrüche, das Mitfiebern, welches wir als Zuschauer bei bewegenden Szenen empfinden, sind es, die Filme zu solch einem mächtigen Werkzeug werden lassen.

In der Filmsoziologie wird dieser Effekt die Manipulationstheorie (nach Dieter Prokop) genannt: Nach diesem Modell nimmt der Inhalt eines Films direkten Einfluss auf die Handlungen der Rezipienten, sprich die Zuschauer. Es entsteht also eine bestimmte Wechselwirkung zwischen ihnen und dem Medium, also dem Film. Seit sich dieser in den 20er Jahren als Massenmedium etabliert hat, beschäftigt sein, Einfluss Wissenschaftler aus unterschiedlichen Branchen. Auch Margrit Tröhler und Julia Zutavern haben diesem Thema eine Studie gewidmet: Bezogen auf die Stadt Zürich analysierten die Filmwissenschaftlerinnen der lokalen Universität in ihrem Vortrag  „Wachstumsschmerzen- Gesellschaftliche Herausforderungen der Stadtentwicklung und ihre Bedeutung für Zürich“ die Auswirkungen, welche Filme seit den 70er Jahren auf soziale Bewegungen hatten. “ Es gibt überall auf der Welt Filme, die die Gesellschaft prägen oder zu einem Umdenken führen, etwa wenn sie durch gewisse Szenen einen Skandal hervorrufen, weil sie zensiert werden oder weil sie Demonstrationen auslösen“, berichtete Tröhler dem Tagblatt Zürich im Oktober letzten Jahres. Bereits im Zweiten Weltkrieg seien sich die Autoritäten der Wirkung von visuellen Medien bewusst gewesen, und haben gezielt Filme mit (teils versteckter) Propaganda ausgestrahlt. Hierbei wird schnell deutlich, dass der Einfluss von Filmen nicht gezwungenermaßen eine positive Veränderung beim Publikum hervorrufen muss, er kann auch als massentaugliche Gehirnwäsche missbraucht werden.

Vandy, Archer und Co. setzten jedenfalls eine zu befürwortende Reaktion in Gange: Bereits vor Kinostart im Dezember  2006 war das bis dato wenig behandelte Thema der „Blutdiamanten“ in allen Medien. 15 Millionen US-Dollar flossen in Aufklärungs- und Werbekampagnen des „World Diamond Council“, es wurde sogar eine eigene Website (ttp://diamondfacts.org/) mit Fakten über den Diamantenhandel eingerichtet –  alles aus Angst, der Film könnte die Kaufbestände von Diamanten beeinflussen. Seit 2002 sei die Existenz von Konfliktdiamanten auf dem Weltmarkt von 4-15% auf weniger als 1% gesunken, so heißt es von offizieller Seite. Zwick legte mit seinem Werk den Fokus jedoch bereits auf eine früher eintreffende Ebene: „Was ich mit dem Film bewirken wollte, war Bewusstsein.“ Und aus einem solchen Bewusstsein heraus können Tatendrang und konkrete Handlungen wachsen, bestes Beispiel hierfür wäre wahrscheinlich der Kurzfilm/Spot „KONY 2012“ der Organisation Invisible Children, welcher vor zwei Jahren massiv Jugendliche gegen den Einsatz von Kindersoldaten in Afrika mobilisierte.

Ob und welchen Beitrag DiCaprios schauspielerische Leistung nun zur Verbesserung der Situation rund um Konfliktdiamanten geleistet hat, lässt sich statistisch nicht nachweisen, klar ist jedoch eins: Die fiktiven Bilder der Kino-Leinwand lassen die Augen der Zuschauer nicht nur feucht werden – sie machen sie auch auf.

 

 

 

Quellen:

http://www.tagblattzuerich.ch/aktuell/interview/interview-detail/article/filme-koennen-die-gesellschaft-praegen.html

http://www.bleyenberg.de/kultfilme/12.htm

http://www.halem-verlag.de/wp-content/uploads/2011/05/3938258047_lese.pdf

http://www.carnegiecouncil.org/education/002/film/reviews/0002.html

http://www.brilliantearth.com/blood-diamond/

http://thescriptlab.com/features/the-lists/954-top-10-films-that-changed-the-social-landscape?showall=&start=1