Es ist nun ein gutes halbes Jahr her: In ganz Deutschland feierte man ausgelassen eine Reihe von Menschen, die in Brasilien gerade etwas Besonderes erreicht hatten: Sie war Weltmeister geworden, hatte alle Erwartungen übertroffen, hatte Millionen Fußballfans stolz gemacht. Es ging das Gefühl um, wir alle wären Weltmeister. Und dieses Gefühl wurde vom DFB auch ganz klar nach außen transportiert. Der Tenor: Ohne die Fans in der Heimat wäre diese Mannschaft im Jahre 2014 kein Weltmeister geworden.
Heute, am 2.Januar 2015, läuft in der ARD zum ersten Mal im frei empfangbaren Programm die offizielle Doku zum Titelgewinn, sie trägt den schönen Namen „Die Mannschaft“. Nur wenige Monate nach dem Kinostart des Films wird sie allen Deutschen frei zugänglich gezeigt, schließlich sind wir ja auch alle irgendwie Weltmeister. Erst am 2. Januar, weil der Neujahrstag eben nun einmal Tatorttag ist. Gegen den Kultkrimi kommt auch der Weltmeister nicht an. Der muss sich hinten anstellen und darf sein Filmchen erst einen Tag später zeigen. Einschaltquoten wird er trotzdem generieren, denn das Volk sehnt sich nach dem Hochgefühl, dass es im Sommer erfasst hat. Um es mit den Worten Andreas Bouranis zu sagen: „Wer friert uns diesen Moment ein? Besser kann es nicht sein?“. Ab dem morgigen Tag darf der Moment aber ruhig erstmal in der Tiefkühltruhe (oder der Eistonne) bleiben, denn dann ist auch mal gut mit dem ’sich-selbst-Feiern‘. Und mit dem Lied, das 2014 durch die Decke ging, mittlerweile aber nur noch den Wenigsten ein Lächeln auf die Lippen zaubert.
Die Erinnerungen, die der Film noch einmal aufwärmt, werden sich die Allermeisten noch einmal anschauen wollen, und das ist überhaupt nicht verwerflich. Es war schließlich wirklich ein toller Sommer und es war wirklich ein kollektives Glücksgefühl, dass diese dreiundzwanzig Spieler und das sie begleitende Trainerteam nach Deutschland schwappen ließen. Doch bei einem offiziellen Film von FIFA und DFB darf man auch nicht mehr erwarten als plumpes ‚in-schönen-Erinnerungen-Schwelgen‘. Interna wird man keine erfahren, Streitereien werden verschwiegen. Alles war total nett in Campo Bahia, dem Aufenthaltsort der Mannschaft in Brasilien. Tolle Tore, lustige Stimmung, viel Harmonie und ein völlig reibungsloser Ablauf. Wer sich einen differenzierteren Blick auf die Dinge erhofft, wird enttäuscht werden. Und jeder Zuschauer sollte sich im Vorhinein gewiss sein: Das WM-Finale zu schauen war spannender. Die Torgala gegen Brasilien zu schauen war überwältigender. Und das Interview mit Per Mertesacker nach dem Spiel gegen Algerien war unterhaltender als dieser Film.
Doch ist er damit gleich schlecht? Ich sage nein. Er bietet eine schöne Erinnerung an ein schönes Ereignis, dem Zuschauer sei gestattet, sich zurückzulehnen und zu entspannen. Große Fragen werden zwar nicht aufgeworfen und auch nicht beantwortet. Doch wenn man in vielen Jahren, dann vielleicht gemeinsam mit Kindern oder sogar Enkelkindern, auf das Jahr 2014 zurückschauen und den Kleinen erzählen will, wie das damals so war, als Deutschland zum vierten Mal Weltmeister wurde und man selbst enthusiastisch gefeiert hat, dann kann man auf diesen Film zurückgreifen und selbst Unbeteiligte werden begeistert sein von der Harmonie, die im Jahre 2014 in Deutschland herrschte. Denn der Titel sagt es schon: Da hat wirklich eine Mannschaft zusammengespielt.