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TV-Wahnsinn Bundesliga

Fußball in Deutschland ist in fester Hand der Medien. Woche für Woche, Tag für Tag dreht sich im deutschen Fernsehen vieles um das runde Leder. Ob am Wochenende die Spiele der ersten und zweiten Liga oder unter der Woche Champions League und Europa League – jedes Spiel wird im Pay-TV Sender Sky live übertragen. Dazu kommen die guten alten Formate, wie die ARD-Sportschau oder das ZDF-Sportstudio, die ebenfalls TV-Rechte an der Bundesliga besitzen. Vor- und Nachberichterstattung, Analysen und Interviews – die komplette Bandbreite ist ein ums andere Mal abgedeckt. Fußballfans geht das Herz auf, allerdings birgt die Mediatisierung auch gewisse Risiken.

Die Auswirkungen der Medien auf den Sport sind immens. Waren die Spiele der Bundesliga vor einigen Jahren noch gebündelt am Samstagnachmittag, gibt es heute an allen drei Wochenendtagen Live-Fußball. Die Gründe hierfür liegen auf der Hand: Wegen des entzerrten Spielplans gibt es mehr Möglichkeiten für Live-Übertragungen. Durch den Verkauf der TV-Rechte lässt sich so ein deutlich höherer Profit herausschlagen.

Im April 2016 werden die TV-Rechte zur Fußball-Bundesliga neu vergeben, das milliardenschwere Wettbieten wird bereits in diesem Herbst beginnen. Nachdem die englische Premier League einen Mega-Deal abgeschlossen hat, der knapp sieben Milliarden Euro innerhalb von drei Jahren einbringt, will bzw. muss die Bundesliga nun nachziehen und „notfalls unpopuläre Maßnahmen ergreifen„, wie DFL-Chef Christian Seifert sagte.

TV-Vermarktung und Werbung bilden die mit Abstand größten Einnahmequellen eines Bundesligavereins
TV-Vermarktung und Werbung bilden die mit Abstand größten Einnahmequellen eines Bundesligavereins

Der TV-Vertrag der höchsten englischen Liga stößt in neue Dimensionen vor: über zwei Milliarden Euro pro Saison spült der Mega-Deal in die Kassen der 20 Vereine. Geld, von dem die Bundesliga-Clubs nur träumen können. In Deutschland kommen die 36 Vereine der 1. und 2. Liga gerade mal auf 2,51 Milliarden Euro – in einem Zeitraum von vier Jahren wohlgemerkt. Um konkurrenzfähig zu bleiben, will die Deutsche Fußball Liga nun den Spielplan weiter entzerren und zwei neue Anstoßzeiten einführen. Der erste Vorschlag der milliardenschweren Medienrechte sieht fünf Montagsspiele (20.15 Uhr) und fünf zusätzliche Sonntagsspiele (13.30 Uhr) pro Saison vor. So erhoffen sich die DFL und insbesondere die Vereine eine Milliarde Euro pro Saison.  Neben der finanziellen Verbesserung sieht die Liga insbesondere Vorteile für die Europa-League-Teilnehmer. „Fragen Sie mal Schalke und Dortmund, die am Donnerstag in der Europa League ran müssen. Die sind alles andere als erfreut, wenn sie keine 48 Stunden später wieder in der Liga spielen müssen“, so Seifert. Durch die geänderten Anstoßzeiten gäbe es eine längere Regenerationszeit zwischen den europäischen Partien am Donnerstag und den Liga-Spielen am Sonntag bzw. Montag.

Konkurrenz für Sky?

Noch diesen Herbst will die DFL die endgültigen Paketangebote für alle Plattformen vorstellen. Nachdem die Übertragungsrechte der Olympischen Spiele zuletzt für den gesamteuropäischen Markt exklusiv an das US-Unternehmen Discovery gegangen sind, erhofft sich nun auch die Bundesliga weitere Mitbieter aus Übersee. Wird es also bald mehr Konkurrenz für Sky geben, die sich zuletzt die Live-Rechte an den Bundesliga-Spielen sicherten?

Die Bundesliga hat in den letzten Jahren stetig an Attraktivität gewonnen. Nicht nur fußballerisch setzt der deutsche Fußball neue Maßstäbe, auch in Sachen Vermarktung bietet die deutsche Elite-Liga eine Plattform, die weltweit für Interesse sorgt. Es ist mehr als wahrscheinlich, dass Discovery nach dem Olympia-Coup nun auch in das Rennen um die Bundesliga einsteigt und versucht, die Rechte für ihr Tochterunternehmen Eurosport zu ergattern. Auch Unitymedia und die Telekom könnten sich in die Interessentenliste eintragen, selbst der Einstieg des Suchmaschinen-Primus Google wird für möglich gehalten.

Allerdings wird nicht damit gerechnet, dass sich ein Anbieter finden lässt, der alle Pakete kauft. Es geht schließlich um die Rechte von Free TV, Pay-TV, Erstverwertung, Zweitverwertung, Internet und mobiles Netz.

Konflikt Bundesliga – Amateurfußball wird größer

Die Mediatisierung und die damit verbundene TV-Vermarktung wirkt sich jedoch nicht nur finanziell aus. Auch wenn der Samstag Kernspieltag bleiben soll, würden die Verlegungen auf einen weiteren Sonntagstermin und auf Montag zu heißen Diskussionen und Problemen führen. Bereits 2010 waren die Fans mehrheitlich gegen die Einführung eines weiteren Sonntagsspiels (15.30 Uhr). Das Montagsspiel der zweiten Liga, das es bereits seit längerer Zeit gibt, ist bei Fans ebenfalls äußerst unbeliebt. Für Kinder und Berufstätige wird ein Besuch im Stadion durch die Verlegung weiterer Spiele immer schwieriger. Gerade bei Auswärtsfahrten müsse man mit leeren Gästeblöcken rechnen.

Auch den Konflikt zwischen Bundesliga und Amateurfußball darf man nicht außer Acht lassen. Egal ob im Jugend- oder Erwachsenenbereich – ein entzerrter Bundesliga-Spielplan führt automatisch zu Terminkollisionen mit den Spielen der darunterliegenden Ligen. War es vor einigen Jahren noch relativ einfach, Überschneidungen zu vermeiden, ist es inzwischen fast unmöglich. Die Konkurrenz zwischen Profi- und Amateur-Fußball wird somit immer größer. Spieler stehen vor der Wahl, Bundesliga zu schauen oder selbst zu spielen. Trainer leiden unter bundesligabedingten Absagen. Und die Vereine? Jeder Fußballverein in Deutschland zieht einen relativ großen Teil seiner Einnahmen aus dem Erlös der verkauften Tickets. Egal ob Kreis- oder Regionalliga – jeder Verein verlangt Eintritt, um laufende Kosten zu decken. Der Andrang auf die Kassen der kleinen Vereine ist jedoch während eines zeitgleichen Bundesligaspiels lange nicht so groß. Die finanzielle Diskrepanz zwischen Amateur- und Profi-Vereinen wird durch die schrumpfenden Zuschauerzahlen im Amateurbereich immer größer.

Man könnte dem DFB und der DFL vorwerfen, nicht ausreichend auf die Bedürfnisse derer einzugehen, die den Fußball zu dem machen, was er ist. Allerdings ist der Fußball schon längst nicht mehr in Händen der Fans, sondern fest im Griff der Medien und der Wirtschaft. Daher kann weder der DFB noch die DFL den mediatisierten und kommerzialisierten Weg verlassen. Deutschland will schließlich weiterhin konkurrenzfähigen Fußball sehen.

 

Quellen:

  • http://www.morgenpost.de/sport/article205441709/DFL-plant-neue-Bundesliga-Anstosszeiten-Sportschau-kuerzer.html
  • http://www.t-online.de/sport/fussball/bundesliga/id_74640492/eurosport-will-auch-die-bundesliga-rechte.html
  • http://www.rundschau-online.de/sport/fussball-fernsehrechte-tv-mega-deal-koennte–bundesliga-beeinflussen,15184898,29826216.html
  • http://www.augsburger-allgemeine.de/sport/DFL-Boss-Darum-brauchen-wir-Montagsspiele-id34729047.html
  • http://www.tagesspiegel.de/medien/tv-bundesliga-an-wen-gehen-die-tv-rechte-der-bundesliga/11997692.html
  • http://www.pflichtlektuere.com/08/07/2014/brasiliens-bester-rohstoff-fussballspieler/

„Was zählt is auf’m Platz!“ -Stimmt das eigentlich noch?

 

Lange wurde gepokert, jetzt ist der Deal                 endlich perfekt.                                                                                                                                                                          

Weltmeister André Schürrle wechselt vom FC Chelsea zu Vfl Wolfsburg und kommt somit zurück in die Bundesliga. Schlappe 30 Millionen zahlt der Verein als Ablösesumme, der Transfer ist einer der teuersten der Bundesligageschichte.

„30 Millionen Euro!“, meine Mutter staunte nicht schlecht, als sie den Volksfreund aufschlug,-“ Na klar, ist doch voll der gute Spieler!“, entgegnet mein Bruder prompt. -„Aber ganz schön viel Geld für einen Menschen.“  Zu viel? Im Gegensatz zum argentinischen Star Lionel Messi und portugiesischen Halbgott Cristiano Ronaldo alias „CR7“ mit einem Marktwert von sage und schreibe 120 Millionen ist André Schürrle doch ein richtiges Schnäppchen, oder?                                                                                                                                                                                                                                                                                        Um eins vorab klar zustellen: Ich mag Fußball und ich mag auch André Schürrle. Ob die hohe Ablösesumme im Verhältnis zu seiner fußballerischen Qualität steht, soll hier nicht debattiert werden. Hier geht es um das Geschäft mit dem Fußball.

Seit es Ablösesummen gibt, explodieren diese ungemein. Natürlich sind das alles gute Spieler, aber die Dimensionen in welchen die Spieler von Verein zu Verein und von Land zu Land hin- und hergeschoben werden, sind in meinen Augen beängstigend: 30 Millionen Euro für einen Spieler! Wenn man sich einmal vor Augen führt, was eigentlich hinter diesem Wert steckt ( 23 Bugattis, 6 Villen am Starnberger See, 15 komplette Inneneinrichtungen, 30 Riesendiamanten , 3 Inseln usw.!), kann man da schon sprachlos werden.

Aber nicht nur die ungeheuren Transfersummen geben mir zu bedenken. Nicht selten werden Spieler wie Ware gehandelt und an Vereine geliehen- manchmal mit Zustimmung, manchmal gegen ihren Willen. Auch „geheime“ Strategien wie den „Nicht-Wechsel-Pakt„, den es zum Beispiel zwischen dem BVB du dem FC Bayern ( hinter dem Rücken von Marco Reus wohlbemerkt! ) gab, sind fragwürdig.

Auch kommt es vor, dass Spieler nicht weitestgehend selbst entscheiden, wo sie zukünftig spielen möchten, sondern dies in hohem Maße der Verein des Spielers, sowie dessen Berater tun . Letztere sind ja prozentual am Gewinn beteiligt und handeln somit auch des eigenen Profits wegen. „Die Berater der Spieler sind die Dealer“, sagt auch der ehemalige St.Pauli Präsident Corny Littmann in einem Interview mit der ZEIT und spricht sogar vom modernen Menschenhandel Fußball.

Auch Christoph Kramer, der  Youngstar, der in letzter Sekunde in den Kader der deutschen Nationalmannschaft berufen wurde und mit Deutschland Weltmeister wurde, kritisiert in einem Interview das Fußballgeschäft. „Wenn ich irgendwo nicht spielen möchte, spiele ich da nicht. Da kann ein Vertrag aussehen, wie er will“, sagte der 23-Jährige dem Nachrichtenmagazin Spiegel. „Ganz generell“ fühle sich der Mittelfeldspieler im Fußballgeschäft „manchmal wie in einem modernen Menschenhandel“. Kramer steht bei Bayer Leverkusen im Vertrag und ist derzeit an Borussia Mönchengladbach verliehen. Er soll nach Ende der laufenden Saison zurück zu Bayer kommen, auch gegen seinen Willen.

Ist Fußball moderner Menschenhandel?

Ein Handel mit Menschen ist das Fußballgeschäft unumstritten. Die Spieler sind weitestgehend auf Nummern, Leistungen und ihren Marktwert reduziert. Kritik gibt es schon länger, auch aus den eigenen Reihen.                                                                                                                                                 „Die Preise für einen Fußballspieler verhalten sich ähnlich wie Börsenkurse, nur dass die Ausschläge wesentlich größer sind. So kann sich der Wert eines Spielers innerhalb weniger Wochen um Millionenbeiträge verändern.“, so Littmann kritisch. Ist ein Spieler verletzt, interessiert sich niemand mehr für ihn. Tja, Pech gehabt! Der Marktwert sinkt abrupt und drastisch. „Verletzte Spieler sind tote Spieler“, bestätigt auch René Adler, derzeitiger Torwart des Hamburger SV, „für die interessiert sich ganz schnell keiner mehr.“

Auch die Rolle der Spielerberater ist kritisch zu beäugen. Diese handeln in ihrem Eigeninteresse, es geht also wie üblich um’s blanke Geld. Folglich wird und wurde vorallem mit jungen, unerfahrenen Spielern nicht selten Schindluder getrieben. Ein Problem das allerdings in den südamerikanischen Ländern viel größer ist als hierzulande.[…]

Die Bezeichnung moderner Menschenhandel passt für mich trotzdem nicht so recht. Schließlich ist selten jemand zum professionellen Fußballspielen gezwungen, die Spieler bekommen ja einen Großteil des Gewinnes, sind in der Regel „aktiv“ am Tisch ihrer Pokerrunde dabei und hinsichtlich ihrer Gagen nicht wirklich zu bemitleiden. Sie haben natürlich ein gewisses Entscheidungsrecht und sind demnach mit ihrem eigenen Verkauf einverstanden. Die Bezeichnung „moderner Menschenhandel“ ist somit im Einzelfall vielleicht zutreffend, im Allgemeinen jedoch zu hochgestochen und ungeschickt formuliert, was allein ein Vergleich mit dem historischen Sklavenhandel beweisen würde.[…]

Also ein Hoch auf König Fußball?

Dass die Bundesliga und Fußballwelt dennoch überaus oberflächlich sind, ist auch größten Teils den Medien zu verschulden. In der Regel bewerten diese die Leistungen der Spieler nach üblichen Schwarz-Weiß-Schemata. Es ist ja auch so schön einfach: Was zählt ist Tor oder Gegentor, gewinnen oder verlieren, 3 Punkte oder 0 Punkte, Sieg oder Niederlage, eine Grauzone zwischen Schwarz-Weiß gibt es offenbar nicht, oder zumindest nur selten. Ein Spieler oder Trainer kann heute als Held gefeiert werden, 3 Wochen später ist er ein Versager aufgrund eines gewonnenen oder verlorenen Spiels, gehaltenen oder nicht gehaltenen Balls usw. Die Marktwerte steigen und sinken dementsprechend. Mit diesem (medialen)Druck muss jeder einzelne Spieler umgehen können und Basta. Ganz so leicht ist es nicht aber so funktioniert die Entertainmentbranche Fußball[…]

Den Fußball verbannen muss man trotzdem nicht. Dies ist angesichts des überhöhten Stellenwerts, den „König Fußball“ in unserer Gesellschaft mittlerweile eingenommen hat, auch garnicht möglich.                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            eine Sicherlich ist Fußball eine schöne Sache, aber Liebe soll ja bekanntlich blind machen. Auch als Fan, oder vielleicht sogar vor allem als Fan sollte man auch die unschönen Seiten der Fußballwelt- ganz frei von jeglicher Leidenschaft, jeglicher Euphorie und jeglichem Gemeinschaftsgefühl, das der   Fußball uns bescheren kann, in Betracht ziehen und kritisch hinterfragen.                                                                                                                                     Der moderne Profi-Fußball ist leider nicht mehr nur  Spiel und Spaß, in dem 22 Männer 90 Minuten lang einem Ball nachjagen, es steckt so viel mehr dahinter, das man sich vor Augen führen sollte: knallharte Geschäfte, ausgeklügelte Deals, zwielichtige Taktiken, kriminelle Machenschaften und medialer Druck sind einige Beispiele.

Noch was: Dass ich als Frau keine Ahnung von Fußball habe, könnt ihr mir nicht ankreiden! Ich habe selbst einige Jahre gespielt und kann die Abseitsregel im Schlaf!

 

 

Quellen:
-http://www.spiegel.de/sport/fussball/andre-schuerrle-wechselt-vom-fc-chelsea-zum-vfl-wolfsburg-a-1016258.html -http://www.zeit.de/sport/2013-05/rene-adler-vater-Nationalmannschaft
-http://www.zeit.de/sport/2011-05/littmann-spielerberater-neuer-praemien
-http://www.stern.de/sport/fussball/gezerre-um-christoph-kramer-wie-in-einem-modernen-menschenhandel-2132012.html
-http://www.rp-online.de/panorama/was-man-mit-30-millionen-euro-machen-kann-bid-1.1930534
-https://twitter.com/fussballzitate
-http://www.transfermarkt.de

„Herr Guardiola“ zieht blank

Er gilt als der beste Trainer der Fußballbranche weltweit, hat bei seinem Ex-Klub in Barcelona alles zu Erreichende erreicht und setzt seine Mission nun beim FC Bayern in München fort: Josep, genannt Pep Guardiola. Seine taktischen Kniffe sind berüchtigt, die Besessenheit in punkto Fußball ebenso. Ein Mann, der sein Leben dem Sport und vor allem dem idealen Spiel widmet, der dabei jahrelang fast schon pedantisch darauf geachtet hat, seine Gedanken und Ideen für sich zu behalten. Der die Presse für gewöhnlich nicht am Training teilhaben lässt, nur in den seltensten Fällen aufschlussreiche Interviews gibt. Das alles ist Pep Guardiola. Der selbe Pep, der sein erstes Arbeitsjahr beim FC Bayern komplett von einem einzelnen Journalisten begleiten ließ.

Viele dachten, sie sehen nicht recht, als sie im Spätsommer 2014 einen Blick in das gerade erschienene Buch „Herr Guardiola“ von Martí Perarnau warfen. Der sonst so auf Geheimniskrämerei versessene Guardiola lässt einen Journalisten ein ganzes Jahr lang jeden Tag bei allem dabei sein? In der Trainerkabine? In der Spielerkabine? Bei der Taktikschulung, im Physioraum, ja sogar in seiner Privatwohnung? Details aus all diesen Bereichen enthüllt das Buch nämlich. Und dabei hatte der Autor nur eine Einschränkung: Tagesaktuelle Details sollte er nicht an die Presse verkaufen, nur in seinem Buch durfte er alles Erfahrene veröffentlichen.

Dabei bekamen auch einige Spieler ihr Fett weg, die sich äußerst verschwiegen zeigen, wenn sie auf das Buch angesprochen werden. Reaktionen sind bisher keine bekannt, ob die Veröffentlichung ihr Verhältnis zu Guardiola allerdings verbessert hat, ist zumindest fraglich. So bezichtigt er beispielsweise Franck Ribéry einer langsamen Auffassungsgabe, Jerome Boateng habe er das Abwehrspiel von Grund auf erklären müssen und Javi Martínez erlebte eine komplette Gehirnwäsche unter seinem spanischen Landsmann. Demgegenüber stehen Spieler wie Philipp Lahm, dessen Genialität ausdrücklich gewürdigt wird, und Rafinha, explizit als „wichtigster Spieler auf dem Feld“ bezeichnet.

Bis heute sind im deutschen Fußball Eindrücke aus der Kabine, mannschaftsinterne Angelegenheiten und Gespräche eigentlich absolutes Tabu für die Presse. Interna bleiben Interna, das musste auch der Kicker über das gesamte erste Jahr Guardiolas erfahren. Viel Information bekam man aus dem neuen, so glamourös erscheinenden Mann nicht heraus. Auch deshalb äußert man sich in seiner Titelstory vom 22.09.2014 eher kritisch zu den Inhalten des Buches.

Besonders brisant ist in diesem Zusammenhang ein Vorfall Ende November 2013: Guardiola beschwert sich ganz offen über einen scheinbaren Maulwurf im Team, droht mit Rauswurf, sollte er den Verantwortlichen ausfindig machen. Zeitgleich sitzt ein Journalist mit in der Kabine und hört all die taktischen Anweisungen, die nun über den angesprochenen Maulwurf nach außen gelangt sein sollen, mit an. Ein Zeichen einerseits, wie sehr Guardiola Perarnau in dessen Arbeit vertraut. Ein Zeichen andererseits, dass er zu diesem Zeitpunkt einigen Akteuren des Münchner Kaders deutlich misstraute.

Nicht nur für die Presse, auch für Spieler und sogar die Pressestelle der Bayern war der Spanier, der auf einmal und ohne Erklärung auf dem Trainingsplatz auftauchte und sich meist im Hintergrund hielt, ein Rätsel. Die große Mehrzahl der Mitarbeiter an der Säbener Straße war überhaupt nicht eingeweiht in die Pläne des Trainers, seine Arbeit dokumentieren zu lassen. Auch hier stellt sich wieder die Frage nach der grundsätzlichen Vertrauensbasis innerhalb des Vereins.

Fest steht, dass diese Episode der bisherigen Amtszeit Guardiolas dessen Machtanspruch und tatsächlichen Machtbereich eindrucksvoll kennzeichnet. Er hat vieles umgekrempelt in München und dazu freies Geleit bekommen. Guardiola ist der alles bestimmende Zampano rund um die Allianz Arena. Dass es aber auch Grenzen gibt in der (All-)Macht des Trainers, zeigt folgendes Beispiel aus dem Sommer 2014: Im Zuge der Verletzung des Mittelfeldspielers Tiago Alcantara will Guardiola in medizinische Belange eingreifen und schickt den am Knie verletzten Spieler zu einem Arzt nach Barcelona, wo er mit Kortison behandelt wird. Das verschlimmert die Verletzung allerdings, bis heute stand das große Talent nicht mehr auf dem Platz. Daraufhin sprachen die Bayernbosse ein Machtwort, medizinische Angelegenheiten sind kein Einflussbereich des Trainers. Den Machtkampf gegen die Institution Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt in München hat der Trainer damit verloren.