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Deutscher Qualitätsjournalismus in Gefahr? – Zwischen unprofessioneller Berichterstattung und Populismusvorwürfen

Schon lange ist es kein seltenes Phänomen mehr, dass durch selbsternannte Journalisten oder gar Laien wenig vertrauenswürdige Berichte, besonders im Zeitalter des Internets verfasst und letztlich auch veröffentlicht werden.

Jedoch macht es stutzig, dass auch die ganz Großen der Medienbranche, die man als besonders erfahren und seriös beurteilt, kritikwürdige Nachrichten und teils empörende Meinungen öffentlich kund tun. Grundsätzlich sollte bei der voran gestellten Fragestellung klar sein, welchen Stellenwert unsere Medien in unserer demokratischen Gesellschaft haben und welche Erwartung wir insbesondere an den (Qualitäts-) Journalismus stellen.

Kritik über Berichterstattung zum US-Wahlkampf 

Ein wichtiger Leitwert der Berichterstattung sollte die Sachlichkeit und Unparteilichkeit, vor allem in Konfliktfällen sein. Dieser wurde nach Hans-Hermann Tiedje (ehemaliger Chefredakteur der Bild) allerdings bei der ohnehin furiosen Berichterstattung zum Wahlkampf des US-amerikanischen Präsidenten ‚Donald Trump‘ verletzt.                                                                                                                      

Eine direkte Kritik äußerte er gegen die Berichterstattung der ARD und des ZDF. Herr Tiedje hielt die Berichterstattung  zum Thema ‚Trump‘ für zu einseitig und unprofessionell.  

„Ein guter Journalist macht sich mit keiner Sache gemein – nicht einmal mit einer guten“. […] Wo ist diese Definition von Journalismus geblieben? (Hans-Hermann Tiedje)

Zudem wollten die deutschen Medien einen möglichen Sieg Trumps nicht wahrhaben und ließen dessen durchaus realistische Chance zu gewinnen meist unter das Moderationspult fallen. 

„Es konnte nicht sein, was nicht sein durfte: Das nenne ich miserablen Journalismus“ (Tiedje)

 

                                  In 98% der Fälle berichtete der ARD negativ.

Befremdlicher ‚Sensationsjournalismus‘

Ein anderes immer öfter auftretendes Phänomen, das Reporter und Medien in Verruf bringt ist die oft überstarke mediale Präsenz an Unfallorten. Beispiel dafür, ist das für einige Personen tödlich endende Busunglück auf der A9 bei Münchberg, Anfang Juli diesen Jahres.

Die Vorgehensweise der vor allem überregionalen Presse, die sich anscheinend emotional von dem tragischen Geschehen distanzierte, kann ohne Übertreibung als pietätlos bezeichnet werden.

Reporter wurden zu ‘sensationsgierigen Gaffern’ und setzen beim Versuch der Feuerwehr, die Rettungsaktion abzuschirmen sogar Fotodrohnen ein, um das womöglich schockierendste, polarisierendste und somit vielleicht wertvollste  Bild zu bekommen. Diese neue Strategie der ‘Rezipientengewinnung’ lässt durchaus an den Qualitäten der Reporter zweifeln, die weder Opferschutz noch Anstand wahrtn. Jedoch ist es der Rezipient der leider immer öfter Interesse an solchen Darstellungsformen zeigt. Deshalb ist es fraglich, welche der beiden Parteien wie zu diesem Vorgehen beitragen.

Großer Medienauflauf am Unfallort. Foto: Alexander Wunner, News5/Fricke, dpa Bildautor: Joachim Dankbar

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Unterschätzte Meinungsmache

Auch von Populismus ist in der deutschen Medienlandschaft die Rede. An dieser Stelle wird Claus Strunz, der als politischer Kommentator bei Sat.1 und Moderator der Sendung ‘Akte’ bekannt ist aktuell häufig genannt. Zunehmend wird der Vorwurf laut er sei  vielmehr Rechtspopulist als Vertreter unseres Qualitätsjournalismus. Gewisse Aussagen die er in seinen politischen Kommentaren trifft, wie z. B., dass das Problem mit Linksextremismus größer sei als das mit Rechtsextremismus, weil 

 „für weite Teile der rot-rot-grünen Elite, […] , Terror von links noch immer niedliche Folklore ist“  oder  „Populismus ist das Viagra der erschlafften Demokratie“ werfen ein gewisses Unbehagen auf.

 

Auffällig scheint die allzu häufige Kritik gegen linksorientierte Parteien und vermutlich gleichzeitig gegen die Spitze unseres Landes. 

Auch Themen wie die Flüchtlingskrise, die Vorfälle an Silvester in Köln, sowie die Krawalle in Hamburg während des G20-Gipfels sind für ihn klare Folgen des StaatsversagensMit solchen Beiträgen und diversen Auftritten, auch in Talkshows, erregt er immer wieder große Aufmerksamkeit. Kein Wunder, dass man unter solcher Art der Meinungsmache  schnell auf die Begriffe ‚Rechtspopulismus‘ und ‚Scharfmacher‘ stößt und seine mediale Vorgehensweise teilweise mit der, der AfD verglichen wird.

Fazit

Natürlich dürfen auch Journalisten wie alle anderen Staatsbürger von ihrer Meinungsfreiheit Gebrauch machen und eine Haltung vertreten. Aber dennoch müssen bestimmte Werte ihrer Berufsethik  gewahrt werden um Qualität gewährleisten zu können. Meinungen sollen ein Angebot sein, keine Vorschrift. Zudem sollten sie sich auf Argumente stützen, um einen Diskurs möglich zu machen und Transparenz zu schaffen. Themen sollten aus mehreren Perspektiven beleuchtet werden. Und letztlich ist es auch die Aufgabe der Medien zu kontrollieren, wem eine öffentliche Plattform geboten wird und wem nicht (soweit möglich). Dabei sollte letztlich, auch die Frage nach den Konsequenzen und der Wirkung der Aussage bzw. Nachricht auf den Rezipienten, eine vordergründige Rolle spielen. 

 

Quellen:

http://reporter-24.com/2017/07/medienaerger-nach-busunglueck-gaffer-drohnen-und-poebel-reporter/

http://meedia.de/2017/09/04/scharfmacher-und-rechtspopulist-warum-claus-strunz-zum-glaubwuerdigkeitsproblem-des-journalismus-beitraegt/

https://www.journalistenkolleg.de/lexikon-journalismus/qualitaetsjournalismus

http://meedia.de/2017/01/11/unertraeglich-unprofessionell-hans-hermann-tiedje-ueber-die-trump-berichterstattung-deutscher-medien/

http://meedia.de/2017/07/11/zack-zack-zack-kapuze-auf-die-fremdschaem-populismus-show-des-claus-strunz-zum-thema-g20-krawalle/

http://www.sueddeutsche.de/medien/tv-moderator-claus-strunz-der-spalter-1.3647805

 

WhatsApp als Newskanal?

Dass das, erst im Februar für 19 Milliarden Dollar von Facebook aufgekaufte, Unternehmen sich längst zum Versenden von Nachrichten etabliert hat ist kein Geheimnis. WhatsApp gehört in Deutschland zu den beliebtesten Apps und steht laut „Chip“ auf der Liste der iPhone-App-Downloads aktuell auf Platz eins. Neuerdings kommt nun die Frage auf, ob der Nachrichtendienst sich auch zur Verbreitung von Tagesnachrichten und damit als Newskanal eignet.

Mit rund 600 Millionen Nutzern bietet WhatsApp ohne Frage eine große Plattform und eine hohe Durchdringung der Gesellschaft. Während der Wahlen in Indien sammelte BBC bereits erste Erfahrungen mit verschiedenen instant-massaging-Diensten, so unter anderen auch mit WhatsApp. Die Verbreitung der Meldungen via WhatsApp wies dabei die größte direkte Beteiligung der Empfänger auf. Die Reaktion der Nutzer verlief positiv, lediglich bei der Auswahl der, sie auf diesem Weg erreichenden, Inhalte wünschten sie sich mehr Mitbestimmung. BBC sieht daher durchaus Potential in dieser Form der Nachrichtenvermittlung und hat vor diese weiterzuentwickeln. So sagte Trushar Barot von BBC: „From what we’ve done so far, there clearly seems to be potential for news content within these services“.

Der schweizer Fernsehsender SRF führte anlässlich der Schweizer Volksabstimmung im September einen Test zur Verbreitung von Nachrichten via WhatsApp, mit ebenfalls überwiegend positiver Rückmeldung, durch. 79 Prozent der Tester wünschten sich einen solchen Dienst für den Alltag. Seit dem ersten Dezember hat die Mediengruppe Oberfranken offiziell ihren WhatsApp-Nachrichtendienst „InFranken.de“ gestartet. Dieser begann zuvor im Rahmen einer Studie, die deutlich positive Resonanz aufwies. 91 Prozent der Tester gaben an, dass sie den Dienst auch gerne nach dem Ende der Studie weiternutzen möchten (die-Zeitungen.de). Die neue Version der iPhone-App der Tagesschau, Version 1.7, bietet  die Möglichkeit Meldungen über WhatsApp mit Freunden zu teilen und die Redakteure der „Heilbronner Stimme“ erzählten  am 04.12.2014 zum 70. Jahrestags des Luftangriffs die Bombardierung in Echtzeit auf WhatsApp nach.

Auch als Recherchekanal ist WhatsApp in der Diskursion, zum Beispiel beim SRF. Es lässt sich beobachten, dass Eindrücke, darunter auch die der Betroffenen von Naturkatastrophen und anderen bedeutenden Ereignissen,  immer öfter via WhatsApp geteilt werden.

Ein bedeutender Negativaspekt, die Tauglichkeit von WhatsApp als Newskanal betreffend, ist deren Beschränkung auf das Medium des Smartphones. Dies hat zur Folge, dass jede Meldung entweder direkt am Telefon eingetippt oder umständlich vom Computer an das Smartphone gemailt und dann aus dessen E-Mail-Eingang in WhatsApp kopiert werden muss, um endlich gesendet werden zu können. Einen weiteren bildet die Erstellung der Broadcast-Listen, die von Hand am Smartphone erfolgen muss. Bei etwa 2500 Abonnenten kann dies schnell zehn Stunden dauern, so zum Beispiel bei der Berichterstattung der Heilbronner Stimme zum 70. Jahrestag des Luftangriffs. Außerdem liegt hier auch keine Statistik vor, die die Anzahl der Adressen innerhalb einer Broadcast-Liste anzeigt, was eine Auswertung der Nutzung des Angebots enorm erschwert.

Alles in allem lässt sich also sagen, dass WhatsApp durchaus als Newskanal gefragt und nützlich ist. Solange der Dienst nur manuell am Smartphone möglich ist, aber, aufgrund des großen Zeitaufwands, wahrscheinlich eher keinen Einzug in den Alltag des redaktionellen Journalismus finden wird.

Quellen:

http://www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digi-artikel/?ressort=fl&dig=2014%2F12%2F22%2Fa0095&cHash=4fcc94dc66941f066deabc8e5b2d73f8

http://www.bbc.co.uk/blogs/blogcollegeofjournalism/posts/How-BBC-News-covered-Indian-elections-on-WhatsApp-and-WeChat

http://www.die-zeitungen.de/die-zeitungen/news/article/infrankende-nutzt-whatsapp-als-newskanal.html

http://www.chip.de/Handy-Downloads-Download-Charts-Top-100-der-Woche_50159909.html?xbl_category=59059

http://de.engadget.com/2014/12/29/iphone-app-der-tagesschau-jetzt-mit-whatsapp-integration/