Archiv der Kategorie: Qualität

Der Fall Relotius: Ausnahme oder Strukturproblem?

Wie der „Spiegel“ am 22.12.2018 mitteilte, hat der Journalist Claas Relotius über einen längeren Zeitraum Reportagen gefälscht und Sachverhalte manipuliert. Individuelles Versagen oder ernstzunehmendes Strukturproblem des Journalismus?

Der beim „Spiegel“ fest angestellte Claas Relotius schrieb bevorzugt Reportagen. Sie beruhen auf persönlichen Beobachtungen und Erfahrungen, die selbst der Spiegel mit einer der größten Faktencheckabteilungen Europas nur sehr schwer nachprüfen kann (vgl.Heute+).

Reportagen haben das Ziel, „die Leser/innen emotional zu erreichen und sie das Geschehen miterleben zu lassen“ (Hochschule Freiburg). Die Redaktionen wünschen sich daher perfekte atmosphärische Dichte, was wiederum den Druck auf Journalisten erhöht und die Manipulationen wahrscheinlicher macht.

„Halb zog er uns, halb sanken wir hin“ (Spiegel Nr.52), sagte Elsa Köster in „Der Freitag“ zur Mitschuld der Redaktionen.

Ullrich Fichtner, Vize-Chefredakteur des Spiegels, räumte ebenfalls eine Mitschuld ein:

„Als Ressortleiter, der solche Texte frisch bekommt, spürt man zuerst nicht Zweifeln nach, […]. Es geht um eine Beurteilung nach handwerklichen Kriterien, um Dramaturgie, um stimmige Sprachbilder, es geht nicht um die Frage: Stimmt das alles überhaupt?

Zeit Online

Zu Zeiten der fake news sind Enthüllungen dieser Art besonders brisant und es wird enorm schwer werden, das Image des Spiegels beziehungsweise des gesamten Journalismus aufzubessern. Das möglicherweise größte Problem ist, dass nun alle Journalisten, auch die die verantwortungsbewusst und sauber arbeiten unter Generalverdacht fallen. Somit ist es an den Blättern, die Kontrollmechanismen anzupassen, um in Zukunft solche Manipulationen so unwahrscheinlich wie möglich zu machen.

Mögliche Lösungen für diese Strukturprobleme können darin bestehen, verstärkt auf Teamrecherchen zu setzen, bei denen sich die Journalisten gegenseitig kontrollieren, wie auch dieser Fall durch Juan Moreno aufgedeckt wurde, der zusammen mit Relotius recherchieren sollte (vgl. Heute+). Die „Geo“ verlangt von ihren Redakteuren unter anderem Telefonnummern oder Anschriften zur Überprüfung, ob beispielsweise Interview-Partner wirklich existieren (vgl. Spiegel Nr.52).

Claas Relotius und eine von ihm manipulierte Reportage

Thomas Tuma, stellvertretender Chefredakteur des „Handelsblatts“, äußert mit seiner Aussage, wir dürften

„Keine Angst vor der Wahrheit.“

Spiegel Nr.52

haben, zutreffende Kritik an aktuellen Entwicklungen im Journalismus. Weg vom Informationsmedium, hin zum Unterhaltungsmedium. Der Leistungsdruck von Außen, der bei freien Journalisten wesentlich höher ist, dürfte bei Relotius kaum aufgekommen sein. (Heute+) Die freien Journalisten müssen möglichst gute Produkte vorlegen, damit ihre Artikel gekauft werden. Daher kann man davon ausgehen, dass dieser Vorfall nicht der einzige dieser Art ist und auch nicht bleiben wird. Der Fall Relotius zeigt strukturelle Probleme, die Journalisten dazu drängen die Wahrheit zu vernachlässigen, um eine perfekte Story liefern zu können. Zumal die Kontrollsysteme nicht verhindern können, dass Fälschungen und Manipulationen wiederholt den Weg in den Druck finden.

Quellen

Interview von Heute+ vom 20.12.2018 : https://www.youtube.com/watch?v=Q7PBSRkKkdA

„Der Spiegel“, Ausgabe 52 vom 22.12.2018

Zeit Online: https://www.zeit.de/2019/01/journalismus-reportagen-wirklichkeit-aufklaerung-claas-relotius

Pädagogische Hochschule Freiburg: https://www.ph-freiburg.de/fileadmin/dateien/zentral/schreibzentrum/typo3content/journalistische_Werkstatt/A5_Broschuere_Reportage.pdf

Bildquellen

https://www.bild.de/politik/inland/politik-inland/spiegel-skandal-die-chefs-drohten-enthueller-mit-rauswurf-59177208.bild.html

Der Spiegel und sein Edel-Faker: Zwei Bewohner einer US-Kleinstadt zeigen, wie dreist Relotius Reportagen fälschte

Medienkompetenz – Das Bilderbuch der Digitalisierung

Der Konsum von Bildinhalten, insbesondere der von Jugendlichen, steigt immer weiter an. Wie das mit dem Internet und der Digitalisierung zusammenhängt, das lesen Sie hier: 

Der Zugang zu Medien ist noch nie so einfach gewesen. Das ist der zunehmenden Digitalisierung zu verdanken. Hierbei gelangt der Konsument immer häufiger über das Internet zu Inhalten wie Videos, Bildern und Zeitungsartikeln.
Das Internet bietet einen enormen Pool an Informationen. Diese Informationen variieren stark und sind nicht immer nutzbringend. Falsch gestreute Informationen wie „Fake-News“ tendieren die Meinungsbildung zu verfärben. Es ist daher offenkundig ratsam, nicht allem zu trauen, was man im Netz vorfindet. Dazu zählen auch Bildinhalte. Selektives Vorgehen wäre da gefragt.

Um aber überhaupt selektieren zu können, wird ein Vorwissen benötigt, das mit höherem Alter wahrscheinlicher vorhanden ist. 
Unsere Jugend könnte sich dieses Vorwissen meist nur in der Schule und im Zuge der häuslichen Erziehung aneignen. Allerdings wird Medienkompetenz in Schulen weitestgehend nicht unterrichtet und Eltern halten eher an tradierten Medien fest. 
Die Jugend ist also gerade im Bezug auf die neuen Medien, wie etwa „Social-Media“, sich selbst überlassen.

Nun haben Jugendliche die Wahl, was sie rezipieren möchten. Spoiler:Tageszeitungen und andere längere Texte sind meistens nicht.

Bildquelle: https://goo.gl/images/3fhmn8

Laut der Jim-Studie schauen 65% der befragten Jugendlichen täglich Videos (3% mehr als im Vorjahr).
Allerdings lesen nur
19% auch täglich Bücher (2% weniger als im Vorjahr).
E-Books und Online-Zeitungen liegen prozentual sogar noch weiter darunter.

Medienkonsum, insbesondere der jugendliche, gleicht mit frappierender Ähnlichkeit dem Konsum von Bilderbüchern
Analogien finden sich in der Mehrung der Bild- gegenüber den Textinhalten und in der Ursache des Konsums.

Die ist darin begründet, dass wir Bilder tendenziell leichter und intensiver wahrnehmen als Texte. War es zu Beginn der Printmedien ein äußerst komplexes Unterfangen, Bilder in großer Zahl zur Verfügung zu stellen, so fällt der Arbeitsaufwand für derartiges heute bestenfalls marginal aus: Beinahe jede Privatperson in Deutschland kann als Video- Bild- und Textproduzent fungieren und vermag es prinzipiell die gesamte Bevölkerung zu erreichen, die Zugang zum Internet besitzt. Unzählige Meinungen und Informationen, ob valide oder nicht, sind abrufbar. 

https://goo.gl/images/5uNVWN

Und hier spielt die Selektion eine exorbitante Rolle: Woher wissen Kinder und Jugendliche welche gesellschaftliche Tragweite ihr Konsumverhalten in sich birgt? Zum drögen Lesen von bildenden Büchern wird man ja bereits in der Schule gezwungen, wieso sich also auch noch in der Freizeit den Kopf zermartern? – Dann konsumiert man doch lieber Themen, die im „wahren“ Leben wirklich interessant sind. Wie etwa das neuste YouTube-Video zu Beziehungsdramen. 

https://www.youtube.com/channel/UCK274iXLZhs8MFGLsncOyZQ
(Stand: 12. Dezember 2018)

Die Folgen sind genutzter Raum für Meinungsmache von unlauteren Personen und Krisen in Printmedien wie beispielsweise der Zeitungskrise.

Oft wird unsere ehemalige Kanzlerin Angela Merkel für die Aussage, dass das Internet für uns alle Neuland sei belächelt. Doch Fakt ist: Das ist es tatsächlich. Das Internet kann, in seiner gesellschaftlichen Tragweite, mit dem Buchdruck verglichen werden. Wir gehören zu den ersten Generationen, die seine Auswirkungen erleben. Der richtige Umgang damit möchte von uns allen weiter verbessert werden. 

Es ist daher schlussendlich essenziell, dass zukünftige Generationen im Umgang mit Medien geschult und sensibilisiert werden, um größere Zusammenhänge, in Wechselwirkung mit der Digitalisierung, erfassen zu können. Die Zeit ist reif, die Früchte zu ernten, welche die Menschheit gesät hat, anstelle sie unkontrolliert vegetieren zu lassen.

Künstliche Intelligenz im Journalismus – Risiken und Chancen

Künstliche Intelligenz, oder kurz: KI. Ein Begriff, den spontan vermutlich die wenigsten mit Journalismus in Verbindung bringen. Und doch nimmt diese technische Errungenschaft einen immer größeren Einfluss auf die sich digitalisierende Medienlandschaft. Eine Entwicklung, die auch in Deutschland bereits zu spüren ist.

Doch was genau meint „künstliche Intelligenz“ ?

Sie ist künstlich, da es sich um eine technische Nachbildung, genauer gesagt eine Software handelt. Intelligenz bezieht sich auf die Fähigkeit dieser Software, Datensätze in einer Lernphase zu analysieren und zu verarbeiten, um später auf deren Grundlage Aktionen durchzuführen. Diesen Prozess bezeichnet man als „maschinelles Lernen“.

Es klingt absurd, ja, fast unheimlich,dass eine Software – ganz gleich der Leistung eines Journalisten – in der Lage sein soll, Recherche zu betreiben und die erhobenen Daten publizistisch aufzubereiten, gleichzeitig die Relevanz von Themen für den öffentlichen Diskurs abzuwägen und damit die gesellschaftliche Debatte über besagte Themen zu prägen. Weiter kann Ich mir nicht vorstellen, wie solch eine Software ähnlich ihres menschlichen Kollegen in der Berichterstattung persönlichen Mustern und Vorlieben folgen wird. Denn die Entscheidungen der KI sind nicht an Wahrnehmung und Emotionen gebunden, sondern werden auf der Basis von Berechnungen gefällt.

Und doch bin ich im Laufe meiner Recherche auf Fälle gestoßen, in denen sich Unternehmen und Redaktionen bereits heute einer ähnlichen Technologie bedienen.

Eines sehr interessantes Beispiel liefert hier eine der beiden staatseigenen Nachrichtenagenturen der Volksrepublik China: Xinhua. Diese veröffentlichte Anfang November 2018 einen Beitrag, in dem ein bekannter Nachrichtensprecher des Senders zu sehen war. Doch statt dem Sprecher selbst, sprach ein Hologramm zu den Zuschauern. Dieses erklärte, es sei durch eine KI erzeugt, welche in der Lage ist, vorgegebenen Text wiederzugeben. Stimme und Aussehen sind Zhang Zhao nachempfunden, einem bekannten Gesicht des Senders für englischsprachige Nachrichten. Mimik, Gestik sowie das Sprechtempo eignete sich die Software aus einer riesigen Menge Videomaterial des Sprechers an. Nach Angaben des Senders soll die Technik zunächst auf der eigenen Internetseite und in sozialen Netzwerken eingesetzt werden.

Ausschnitt aus dem Video von News China TV

Ein weiteres Beispiel kommt aus Großbritannien. Hier entstand in Kooperation zwischen der Press Association (PA) und Urbs Media das Unternehmen RADAR AI . RADAR, was für Reporters and Data and Robots steht, ist ein automatisierter Nachrichtendienst, der Berichte mit Relevanz für Lokaljournalisten in unterschiedlichen Regionen bereitstellt. Und zwar in Zusammenarbeit zwischen Journalisten und KI. Dies passiert mithilfe der Natural Text Generation (NLG), hier der Produktion von Sprache in Textform durch KI. So möchte das Unternehmen eine vereinfachte Produktion der Inhalte für Lokalzeitungen ermöglichen. Das System ist mittlerweile ausgereift und über 1000 Redaktionen haben potenziell Zugriff auf den Service.

Doch wo befinden sich die Grenzen dieser Entwicklung?

Medienunternehmen überall auf der Welt arbeiten daran, Produktionsprozesse von Medienprodukten und ihre Unternehmensstrukturen im Allgemeinen mithilfe von Technik effizienter zu gestalten. Logischerweise, denn Medienprodukte sind fast immer duale Güter. Die Unternehmen konkurrieren nicht nur um publizistische Qualität, sondern vor allem um Absatz.

KI liegt im Trend. Und das nicht ohne Grund, denn in vielen Fällen bietet sie große Chancen für unsere Gemeinschaften. Den Einsatz solcher Technik im Journalismus kann Ich allerdings nur bedingt gutheißen. In Zeiten des Internets ist es ohnehin schwieriger geworden, die Authentizität von Quellen festzustellen. Eine Technik, die in der Lage ist selbständig Beiträge zu verfassen und zu verbreiten, könnte in den falschen Händen großen Schaden anrichten. Denken wir nur an die letzten US-Wahlen. Das genaue Ausmaß der Manipulation durch social bots und Hacker ist immer noch ungeklärt. Eine Weiterentwicklung solcher Programme könnte verheerende Folgen haben.

Um meinen Beitrag aber etwas optimistischer enden zu lassen möchte Ich ergänzen, dass Ich es als unwahrscheinlich erachte, dass eine solche Entwicklung in näherer Zukunft unkontrollierbar um sich greifen wird und unser Gesellschaftssystem destabilisieren könnte. Weiter bietet moderne Technik auch Vorteile. Zum Beispiel im Feld des Datenjournalismus, was man an Projekten wie den Panama Papers gut erkennen kann. Ebenfalls sehe Ich nicht, dass der Qualitätsjournalismus durch den aktuellen Einsatz von KI ernsthaft bedroht ist. Trotzdem müssen wir wachsam sein, denn Automatisierung macht auch vor dem Journalismus nicht halt. Kritischer, qualitativ hochwertiger Journalismus ist eine Grundvoraussetzung zur Selbstbeobachtung unserer Gesellschaft und damit zur Sicherung eines auf demokratischen Werten beruhenden öffentlichen Diskurses. Mir bleibt nichts weiter als abschließend an euch zu appellieren: bewahrt euch euer kritisches Denken und Freude am Diskurs – bezieht Position!

Quellen:

https://www.sueddeutsche.de/medien/ki-nachrichtensprecher-china-1.4205139(12.12.18)

https://www.youtube.com/watch?v=GAfiATTQufk(05.01.19)

http://radarai.com/about-us/(18.12.18)

https://www.pressassociation.com/2017/12/12/trial-automated-news-service-underway-radar-makes-first-editorial-hires/ (18.12.18)

https://www.pressassociation.com/2018/06/18/more-than-1000-uk-regional-news-titles-now-have-access-to-stories-jointly-written-by-journalists-and-ai-as-radar-launches-new-website/ (18.12.18)

„Fake News“ in Bildern – Und Wie Man Dagegen Vorgehen Kann

“Was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben wissen, wissen wir durch die Massenmedien.”

Dieses Zitat von Luhmann, einem der führenden deutschen Systemtheoretiker, ist immernoch aktuell – durch das Aufkommen der “Fake News” vielleicht sogar wichtiger denn je. Falsche Nachrichten sind zwar kein neues Phänomen, aber durch Verbreitung in den Medien – in den letzten Jahren vor allem durch soziale Medien wie Facebook und Twitter – und gezielten Anschuldigungen etabliertem Journalismus gegenüber, nicht zuletzt von so einflussreichen Persönlichkeiten wie dem Präsidenten der USA, ist diese Debatte in den letzten Jahren wieder aufgeflammt. Und sie geht einher mit der Frage einer “Vertrauenskrise” in den Journalismus. Eine große Rolle spielen hier Fotos – jeder kann sie überall machen, und fast jeder hat die Möglichkeit, sie zu bearbeiten. Vor diesem Hintergrund sollten Bilder immer mit einer gesunden Portion Skepsis betrachtet werden. Sie zeigen nämlich nicht immer nur die Wahrheit.

Ein Twitteraccount, der sich dem Aufdecken von bearbeiteten und falsch zugeordneten Fotografien verschrieben hat, ist @PicPedant. Von zusammengefügten Bildern von malerischen Sonnenuntergängen über falsch zugeordnete Vulkane bis hin zum Ausgeben von digital erstellten Bildern als echte Fotografien lässt sich hier vieles finden. Buzzfeed hat 14 davon zusammengestellt. Auch der Account @HoaxEye verschreibt sich dieser Aufgabe – unter anderem zum Berichtigen von falschen historischen Fotos, wie in diesem Interview deutlich wird.

Ein beliebter Fehler sind fehlende Spiegelungen in den Wasseroberflächen.

Bei falsch zugeordneten Fotografien kann zudem ein weiteres Tool Aushilfe schaffen – TinEye ist eine Browsererweiterung, mit dem man das Internet nach Bildern durchsuchen kann – ähnlich also wie die Bildersuche von Google. Der Gedanke dahinter ist, dass so die originalen Zusammenhänge von geklauten Bildern gefunden werden können und unter anderem falsche Kontexte des Bildes aufgeklärt werden können.

Für Leute, die sich auf diesem Gebiet weiterbilden wollen und selbstständig erkennen wollen, woher ein Bild stammt, für die ist außerdem die Quizreihe auf Twitter die perfekte Gelegenheit. An jedem Werktag posten andere Journalisten Bilder, anhand dener ihre Follower den Ort, an dem sie sich befinden, erkennen müssen. So zum Beispiel Julia Bayer von der Deutschen Welle. Im #MondayQuiz stellt sie Aufgaben wie das Herausfinden des Künstlernamens eines Bildes. Onlinejournalismus hat Anfang November die verschiedenen Teilnehmer und ihre Hashtags zusammengetragen.

#MondayQuiz vom 13. November 2017

Von bearbeiteten und übereinandergefügten Fotos, falsch zugeordneten Zitaten oder schlichtweg rein digital hergestellten Bildern gibt es eine Fülle an Falschinformationen, die wissentlich und unwissentlich und in ungeahnter Schnelligkeit dank sozialer Netzwerke verbreitet werden. Um diesem Trend entgegenzuhalten und kritisch hinterfragen und prüfen zu können, dienen Tools wie TinEye oder Accounts wie HoaxEye oder von Journalisten, die mit ihren Aufklärungen und Aufgaben das Bewusstsein für „Fake News“ schärfen.

Deutscher Qualitätsjournalismus in Gefahr? – Zwischen unprofessioneller Berichterstattung und Populismusvorwürfen

Schon lange ist es kein seltenes Phänomen mehr, dass durch selbsternannte Journalisten oder gar Laien wenig vertrauenswürdige Berichte, besonders im Zeitalter des Internets verfasst und letztlich auch veröffentlicht werden.

Jedoch macht es stutzig, dass auch die ganz Großen der Medienbranche, die man als besonders erfahren und seriös beurteilt, kritikwürdige Nachrichten und teils empörende Meinungen öffentlich kund tun. Grundsätzlich sollte bei der voran gestellten Fragestellung klar sein, welchen Stellenwert unsere Medien in unserer demokratischen Gesellschaft haben und welche Erwartung wir insbesondere an den (Qualitäts-) Journalismus stellen.

Kritik über Berichterstattung zum US-Wahlkampf 

Ein wichtiger Leitwert der Berichterstattung sollte die Sachlichkeit und Unparteilichkeit, vor allem in Konfliktfällen sein. Dieser wurde nach Hans-Hermann Tiedje (ehemaliger Chefredakteur der Bild) allerdings bei der ohnehin furiosen Berichterstattung zum Wahlkampf des US-amerikanischen Präsidenten ‚Donald Trump‘ verletzt.                                                                                                                      

Eine direkte Kritik äußerte er gegen die Berichterstattung der ARD und des ZDF. Herr Tiedje hielt die Berichterstattung  zum Thema ‚Trump‘ für zu einseitig und unprofessionell.  

„Ein guter Journalist macht sich mit keiner Sache gemein – nicht einmal mit einer guten“. […] Wo ist diese Definition von Journalismus geblieben? (Hans-Hermann Tiedje)

Zudem wollten die deutschen Medien einen möglichen Sieg Trumps nicht wahrhaben und ließen dessen durchaus realistische Chance zu gewinnen meist unter das Moderationspult fallen. 

„Es konnte nicht sein, was nicht sein durfte: Das nenne ich miserablen Journalismus“ (Tiedje)

 

                                  In 98% der Fälle berichtete der ARD negativ.

Befremdlicher ‚Sensationsjournalismus‘

Ein anderes immer öfter auftretendes Phänomen, das Reporter und Medien in Verruf bringt ist die oft überstarke mediale Präsenz an Unfallorten. Beispiel dafür, ist das für einige Personen tödlich endende Busunglück auf der A9 bei Münchberg, Anfang Juli diesen Jahres.

Die Vorgehensweise der vor allem überregionalen Presse, die sich anscheinend emotional von dem tragischen Geschehen distanzierte, kann ohne Übertreibung als pietätlos bezeichnet werden.

Reporter wurden zu ‘sensationsgierigen Gaffern’ und setzen beim Versuch der Feuerwehr, die Rettungsaktion abzuschirmen sogar Fotodrohnen ein, um das womöglich schockierendste, polarisierendste und somit vielleicht wertvollste  Bild zu bekommen. Diese neue Strategie der ‘Rezipientengewinnung’ lässt durchaus an den Qualitäten der Reporter zweifeln, die weder Opferschutz noch Anstand wahrtn. Jedoch ist es der Rezipient der leider immer öfter Interesse an solchen Darstellungsformen zeigt. Deshalb ist es fraglich, welche der beiden Parteien wie zu diesem Vorgehen beitragen.

Großer Medienauflauf am Unfallort. Foto: Alexander Wunner, News5/Fricke, dpa Bildautor: Joachim Dankbar

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Unterschätzte Meinungsmache

Auch von Populismus ist in der deutschen Medienlandschaft die Rede. An dieser Stelle wird Claus Strunz, der als politischer Kommentator bei Sat.1 und Moderator der Sendung ‘Akte’ bekannt ist aktuell häufig genannt. Zunehmend wird der Vorwurf laut er sei  vielmehr Rechtspopulist als Vertreter unseres Qualitätsjournalismus. Gewisse Aussagen die er in seinen politischen Kommentaren trifft, wie z. B., dass das Problem mit Linksextremismus größer sei als das mit Rechtsextremismus, weil 

 „für weite Teile der rot-rot-grünen Elite, […] , Terror von links noch immer niedliche Folklore ist“  oder  „Populismus ist das Viagra der erschlafften Demokratie“ werfen ein gewisses Unbehagen auf.

 

Auffällig scheint die allzu häufige Kritik gegen linksorientierte Parteien und vermutlich gleichzeitig gegen die Spitze unseres Landes. 

Auch Themen wie die Flüchtlingskrise, die Vorfälle an Silvester in Köln, sowie die Krawalle in Hamburg während des G20-Gipfels sind für ihn klare Folgen des StaatsversagensMit solchen Beiträgen und diversen Auftritten, auch in Talkshows, erregt er immer wieder große Aufmerksamkeit. Kein Wunder, dass man unter solcher Art der Meinungsmache  schnell auf die Begriffe ‚Rechtspopulismus‘ und ‚Scharfmacher‘ stößt und seine mediale Vorgehensweise teilweise mit der, der AfD verglichen wird.

Fazit

Natürlich dürfen auch Journalisten wie alle anderen Staatsbürger von ihrer Meinungsfreiheit Gebrauch machen und eine Haltung vertreten. Aber dennoch müssen bestimmte Werte ihrer Berufsethik  gewahrt werden um Qualität gewährleisten zu können. Meinungen sollen ein Angebot sein, keine Vorschrift. Zudem sollten sie sich auf Argumente stützen, um einen Diskurs möglich zu machen und Transparenz zu schaffen. Themen sollten aus mehreren Perspektiven beleuchtet werden. Und letztlich ist es auch die Aufgabe der Medien zu kontrollieren, wem eine öffentliche Plattform geboten wird und wem nicht (soweit möglich). Dabei sollte letztlich, auch die Frage nach den Konsequenzen und der Wirkung der Aussage bzw. Nachricht auf den Rezipienten, eine vordergründige Rolle spielen. 

 

Quellen:

http://reporter-24.com/2017/07/medienaerger-nach-busunglueck-gaffer-drohnen-und-poebel-reporter/

http://meedia.de/2017/09/04/scharfmacher-und-rechtspopulist-warum-claus-strunz-zum-glaubwuerdigkeitsproblem-des-journalismus-beitraegt/

https://www.journalistenkolleg.de/lexikon-journalismus/qualitaetsjournalismus

http://meedia.de/2017/01/11/unertraeglich-unprofessionell-hans-hermann-tiedje-ueber-die-trump-berichterstattung-deutscher-medien/

http://meedia.de/2017/07/11/zack-zack-zack-kapuze-auf-die-fremdschaem-populismus-show-des-claus-strunz-zum-thema-g20-krawalle/

http://www.sueddeutsche.de/medien/tv-moderator-claus-strunz-der-spalter-1.3647805

 

Ist objektiver Journalismus noch möglich?

Von geplatzten Blasen

9. November 2016, gegen vier Uhr morgens ist sämtliche Wahlkampfeuphorie der Moderatoren erloschen. Sowohl bei ARD und ZDF als auch bei den großen amerikanischen Networks, überall breitet sich Unverständnis aus im Angesicht des sich abzeichnenden Sieges von Donald Trump. Selbst bei dem sonst so pro-republikanisch eingestellten Sender FOX News ist man überrascht, hatte man doch ein äußerst knappes Endergebnis vorhergesagt. Wie konnte es sein, dass sich derart viele etablierte Medien, Meinungsforschungsinstitute und Prognosen irrten?

Darauf angesprochen hat der Journalist und Moderator Georg Restle eine klare Antwort:

„Ich behaupte, das lag daran, dass Trump als Feindbild in den Köpfen vieler Redakteure und Kollegen so verankert war, dass man sich insgeheim eine Präsidentin Hillary Clinton herbeigesehnt hat und dass das den journalistischen Blick vernebelt hat.“

Sind die Nachrichten also von den Meinungen ihrer Macher abhängig?

Restles Ausführungen scheinen auf jeden Fall nicht haltlos zu sein. So zeigt beispielsweise eine Umfrage zur Parteineigung von Journalisten mögliche Gründe auf. Nach dieser Umfrage fühlen sich 36,1% der befragten Journalisten zwar keiner Partei inhaltlich zugehörig, jedoch gab eine klare Mehrheit von 46,6% eine Neigung zu einer Partei links der politischen Mitte an. Es scheint also nicht überraschend, dass viele Journalisten einen Politiker, der sich ablehnend über Frauen und Ausländer äußert, argwöhnisch, wenn nicht sogar als Feindbild, sehen. Clinton, die zwar nicht als linke Politikerin bezeichnet werden kann, jedoch um einiges liberalere Ansichten vertritt als Trump und ein gutes Verhältnis zu den Medien pflegt, wirkt schon eher, wie die Kandidatin der Journalisten.

Genauso wenig erstaunt es, dass viele Journalisten Informationen, die nicht in ihr Weltbild passen, weniger Beachtung schenken als denen, die ihren Ansichten entsprechen oder diese angreifen. Betrachtet man rückblickend die Berichterstattung des US-Wahlkampfes, ist es bezeichnend, wie intensiv die Medien sich mit den unangemessenen und teilweise skandalösen Äußerungen Trumps beschäftigten. Im Vergleich dazu fiel die Aufarbeitung der politischen Positionen beider Kandidaten meistens im besten Fall oberflächlich aus.

Gefangen in der Echokammer

In sozialen Netzwerken gibt es das Phänomen der sogenannten Echokammern. Durch Algorithmen, die darauf angelegt sind, Dinge zu finden, die dem Nutzer gefallen, kommt es häufig dazu, dass jener hauptsächlich in seinen Ansichten bestätigt wird. Negatives Feedback, zuwiderlaufende Ansichten werden ausgeblendet.

Sieht man sich nun Erhebungen über (politische) Journalisten an, wird deutlich, dass viele aus ähnlichen sozialen Milieus stammen und mehrheitlich ähnliche politische Ansichten haben. Hohe Bildung, etwas links der Mitte, liberal. Sind die Redaktionen von Online-Magazinen, Fernsehsendern und Zeitungen also auch Echokammern? Tatsächlich zeigt auch hier das Beispiel des US Wahlkampfes 2016, dass gerade die Journalisten,  die sich näher mit der Unterstützerbewegung rund um Trump beschäftigt haben, einen Sieg des Republikaners als wahrscheinlicher eingestuft haben, als ihre Kollegen, die das Phänomen Trump zunächst für einen Scherz gehalten haben.

Und nun?

Das Ideal des „objektiven“ Journalismus steht nun alles andere als gut da. Man könnte noch andere Beispiele nennen: die immer wieder als einseitig kritisierte Berichterstattung zum Ukraine-Konflikt oder der von vielen als tendenziös bezeichnete Umgang der Medien mit der Flüchtlingskrise sind nur zwei aktuelle Beispiele. Diejenigen die mit den jeweils vertretenen Meinungen übereinstimmen, fühlen sich bestätigt, die anderen rufen Lügenpresse. Dass Journalisten auch nur Menschen mit Meinungen sind und dass sich diese zwangsläufig in den Reportagen, Artikeln und Berichten niederschlägt, scheinen auch gerade die Medienschaffenden selbst nicht wahr haben zu wollen. Zu sehr klammert man sich an die Rolle des neutralen Berichterstatters.

Was wäre eine Lösung? Offen damit umzugehen, dass man einen Standpunkt hat. Sich nicht an die vermeintliche Objektivität klammern, sondern lieber verschiedene Standpunkte gegenüberstellen und den Leser selbst eine eigene Meinung ermitteln lassen. Das würde den Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen und verhindern, dass sich andere Leser in Filterblasen und Echokammern zurückziehen.

Weierführende Informationen:

http://www.ipg-journal.de/aus-dem-netz/artikel/der-herbeigeschriebene-sieg-1632/

https://psmag.com/how-our-media-bubble-protects-our-ideologies-cdd2ed5202eb#.2omjbtbhb

https://aufwachen-podcast.de

Spotlight – Ein Film über Investigativen Journalismus

Am 28. Februar findet die diesjährige Verleihung der Academy Awards statt. Am 25. Februar starten, wie üblich an deutschen Donnerstagen, neue Filme in den Kinos. Mit von der Partie ist beide Male das mehrfach Oscar-nominierte und bereits jetzt preisgekrönte Drama „Spotlight“ von Regisseur Thomas McCarthy (u.a. AFI Award für Movie of the Year, Screen Actors Guild Award für Outstanding Performance by a Cast in a Motion Picture).

Der Film erzählt die wahre Geschichte der Investigativ-Abteilung des Boston Globe, genannt Spotlight, die 2001/02 systematischen Kindesmissbrauch durch katholische Priester im Großraum Boston aufdeckte. Hunderte von lokalen Einzelschicksalen wurden ans Licht gebracht, die schließlich zu nationalen sowie internationalen Fällen führten und somit die Katholische Kirche in ihren Grundfesten erschütterte.

SPOTLIGHT puts the power of journalism on the front page. With measure befitting the investigative method, Tom McCarthy presents The Boston Globe’s inquiry into cardinal sins without tabloid sensationalism — creating tension around the team’s dauntless pursuit of truth.“ (Begründung des American Film Institute)

Sachlich und ohne Hollywood-typische Überdramatisierung wird der Rechercheablauf auf authentische Weise dargestellt, als wäre der Film selbst Teil dieses Prozesses. In Zeiten von Lügenpresse und Click-Generierung ruft er somit in Erinnerung, was Journalismus leisten kann und wieso er ein bedeutsames Element der Gesellschaft ist. Dabei werden gleich mehrere relevante Aspekte beleuchtet. Kampf der Institutionen (Zeitung vs Kirche), Wettbewerbsdenken (Zeitpunkt der Veröffentlichung) sowie soziale Verflechtungen (52,8% Katholiken in Boston im Jahr 2001) sind nur einige Beispiele. Für Medienwissenschaftler ist „Spotlight“ also durchaus einen Blick wert.

KissBangLove – Bachelor in Kurzfassung?

Nach Formaten wie Sexy Beasts und Adam sucht Eva, kommt ProSieben mit einem neuen Twist: während man bei der einen Sendung von den Kandidaten etwas zu wenig sieht, sieht man bei der anderen deutlich zu viel, doch bei KissBangLove sehen sich die Teilnehmer gar nicht – zumindest nicht in der ersten Runde. Entscheidend für das Weiterkommen ist nämlich bloß der erste Kuss.

Am Donnerstag, dem 11. Februar um 22:30, startete die neue Dating Show, die ProSieben selbst als „die wohl authentischste, ehrlichste und gefühlvollste Dating-Show im deutschen Fernsehen“ beschreibt.

Single Dame Pia, 26, sucht die große Liebe und um sie zu finden, küsst sie sich durch die erste Runde, wobei sie und ihre Kusspartner mit verbundenen Augen ohne jegliche Hintergrundinformationen übereinander, den ersten Kuss als Indikator für eine potenzielle Partnerschaft nehmen. Das ganze Prozedere wird dabei Backstage von Pias zwei besten Freundinnen beobachtet und kommentiert, die von den zwölf Männern einen selbst für ihre partnersuchende Freundin ausgesucht haben, nämlich Philipp, dessen heimlicher Schwarm selbstverständlich Pia ist.

Als wäre das Fremdschämen nicht schon groß genug, folgt auch in der zweiten Runde wilde Knutscherei, nachdem die Männer auf fünf reduziert und die Augenbinden abgenommen werden, um dann in der letzten Runde mit Draufgänger Jan und – wer hätte es gedacht – Träumer Philipp auf ein ‚privates‘ Date zu gehen, wobei privat von einer Fernsehcrew und Tausenden von Zuschauern begleitet, bedeutet. Letzendlich entpuppt sich Philipp als der Auserwählte, was beide Turteltäubchen ziemlich „happy“ stimmt, wie sie in einem Abschlussinterview kundtun.

kbl

Die Qualität der Sendung ist fragwürdig und soll dem Anschein nach der Unterhaltung dienen doch bei den Zuschauern schneidet KissBangLove nicht gut ab. Das Verfolgen des Hashtags zeigt überwiegend negative Kommentare des Publikums, die belustigt Tweets veröffentlichen wie : „Da knutscht sie ein Dutzend Kerle, um am Ende festzustellen, dass sie doch ihren Bekannten nimmt. Alles wie im echten Leben.“ oder „Kiss Bang Love oder auch wie Laienschauspieler ein Podest für Ihr Schlampen-dasein bekommen.

Betont und kritisiert wird die übermäßige Sexualisierung einer eigentlich sehr intimen und persönlichen Sache, nämlich dem ersten Kuss zwischen zwei Menschen, sowie die Degradierung der Hauptkandidatin. Ob es die kurzseitige Internet Prominenz oder tatsächlich die Suche nach der großen Liebe ist, welches die Teilnehmer motiviert, sich für das Eindringen in die „Kusswelt“ zu bewerben, bleibt dem Zuschauer offen. Diese teilen sich eine Meinung und publizieren dies in Form von Kommentaren auf der Facebook Seite von ProSieben öffentlich: die Qualität lässt zu wünschen übrig und erinnert an das niveaupessimistische RTL Format „Der Bachelor„. Grundsätzlich einigt sich die Community allerdings auf eins: die Forderung nach einer sofortigen Absetzung.

Dass die Sendung sich nicht lange im Programm halten wird, ist vorraussehbar, dennoch erreicht ProSieben trotz weniger Niveau genau das, was es ökonomisch anstrebt: Einschaltquoten. Denn nach dem Abgang von Stefan Raab haben sich an vielen Programmplätzen (…) Lücken aufgetan, die es zu stopfen gilt.
Welches neue Dating Format uns Zuschauern danach geboten wird, ist fast schon eine beängstigende Vorstellung. Sicher ist, es wird mit KissBangLove vor allem eins gemeinsam haben: man möchte eigentlich nicht hinsehen, aber wegschauen geht auch nicht.

7000 Menschen wählen Oscar-Gewinner

Am 28. Februar 2016 finden im Dolby Theatre in Los Angeles, CA zum 88. Mal die Oscar Verleihungen statt, dieses Jahr moderiert von Schauspieler und Comedian Chris Rock. Gekürt werden die besten Filme des Jahres 2015 mit einem Filmpreis, der seit dem Jahr 1929 verliehen wird und als Oscar bekannt ist.

Die Nominierungen für die besten Filme des Jahres 2015 wurden schon im Januar bekannt gegeben – doch wie kommt es dazu, dass ein Film für eine Kategorie nominiert wird oder wer entscheidet darüber, dass ein Film einen Oscar Award erhält?

Hierfür ist die „Academy of Motion Picture Arts and Sciences“ (AMPAS) zuständig, die aus knapp über 7000 Mitgliedern besteht. Um Mitglied bei der Academy zu werden, muss man zunächst in der Filmbranche tätig sein und benötigt, bei Interesse einer Mitgliedschaft, die Bürgschaft zwei weiterer Kollegen, die bereits Academy-Mitglieder sind. Bürgschaften werden jedes Jahr im Frühling vom Academy’s Board of Governors überprüft, welches auch die Mitgliedschafts-Einladungen versendet.Quelle: http://blog.catchmyparty.com/wp-content/uploads/2013/02/Oscars_Printable_Ballot.jpg

Ein weiterer Weg ein Teil der Organisation zu werden, ist durch eine Oscar Nominierung. Somit handelt es sich bei den Mitgliedern der Academy größtenteils um Schauspieler wie zum Beispiel Jennifer Lawrence und Leonardo DiCaprio, aber auch Produzenten wie Steven Spielberg, weshalb die Academy aus einem Team von Experten und besteht und die Oscar Verleihungen in der Branche so hoch angesehen sind. Eine genaue Liste der Academy Mitglieder wird allerdings geheim gehalten.

Doch wie erhält ein Film eine Nominierung? Jeder Film, der eine Mindestlänge von 40min, ein bestimmtes Format hat und im Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember des Vorjahres für mind. 7 Tage in einem Kino in Los Angeles County gelaufen ist, kann für die Oscar Verleihungen nominiert werden.

Die Mitglieder der Academy werden bis Ende Dezember gebeten ihre Votings für die Filme schriftlich oder online einzureichen. Hierbei ist zu beachten, dass die Mitglieder nur für ihr eigenes Fachgebiet voten können – abgesehen von der Kategorie „Bester Film“, für die jedes Mitglied seine Stimme abgeben kann.

Nachdem die Nominierungen dann im Januar bekannt gegeben werden, hat jedes Mitglied die Möglichkeit für einen Gewinner in einem Ranking zu stimmen, nun in jeder Kategorie. Die Auswertung der Stimmen übernimmt das Management-Unternehmen PricewaterhouseCoopers, von dem nur zwei Mitarbeiter die Ergebnisse bis zur Vergabe im Fernsehen wissen. Somit lässt sich abschließend festhalten, dass die Academy, eine Organisation mit knapp 7000 Mitgliedern, für Nominierungen und Gewinne der Oscar Verleihungen verantwortlich ist.

Hier eine vollständige Lister aller Nominierten der Oscars 2016: http://oscar.go.com/nominees

Dokumentation „The Thread“ – Eine Online-Community auf der Jagd nach den Attentätern des Boston Marathon

Als am 15. April 2013 auf der Zielgeraden des Boston-Marathons zwei Sprengsätze explodierten, kamen dabei drei Menschen ums Leben und 264 weitere wurden verletzt.

Is this the Boston Bomber?Die Dokumentation von Greg Barker („Manhunt“) rekonstruiert die Suche nach den Attentätern des Boston Marathon innerhalb der Online-Plattform „Reddit“ und thematisiert dabei auch den Konflikt zwischen traditionellen und neuen Medien. Stellt „Crowdsourcing“ eine Gefahr für den investigativen Journalismus dar?

Das Interesse an diesem Event war groß. Neben zahlreichen Reportern, die live berichteten, fotografierten und filmten vor allem tausende Zuschauer und Teilnehmer mit ihren Smartphones das Geschehen rund um den Boston Marathon. Damit gehört das Attentat zu den, am besten dokumentierten Terroranschlägen unserer Zeit.

Die Suche nach den Bombenlegern hielt die gesamten USA in Atem und entfachte natürlich einen erbitterten Kampf der Medien um die Nachrichtenhoheit. Ob Kabelsender, Online-Dienste oder Networks- alle versuchten sich als beste Informationsquelle zu profilieren. Überraschenderweise sorgte vor allem die Social-News-Plattform „Reddit“ für Furore. Deren Community teilte direkt nach dem Attentat zahlreiche Bild-und Videoaufnahmen miteinander und kommunizierte in unzähligen „Subreddits“ (Unterforen) über das Ereignis.

Reddit AnalyseIm Thread „FindBostonBombers“ kam es in den darauffolgenden Tagen zu einer perfiden Suche nach den möglichen Attentätern. Bild- und Videomaterial wurde gesichtet, analysiert und diskutiert. Wilde Spekulationen und Anschuldigungen führten schlussendlich dazu, dass mehrere Unschuldige in den Fokus der Medien und der Polizei gerieten.

Am 19. April 2013 schaffte es die Polizei schlussendlich die offiziellen Täter Tamerlan und Dschochar Zarnajew zu stellen. Im heftigen Schusswechsel wurde  Tamerlan Z. dabei tödlich verwundet. Sein Bruder Dschochar Z. konnte flüchten, wurde aber noch am selben Tag von einem Sondereinsatzkommando festgenommen. Die Amateuraufnahmen seiner spektakulären Verhaftung, die mitten in der Gemeinde Watertown, vor den Augen zahlreicher Anwohner stattfand, verbreiteten sich ebenfalls rasant in den sozialen Medien. –>DRAMATIC VIDEO: Intense Gunfight Between Police and Bombing Suspect

„The Thread“ zeigt, wie sich die Medienlandschaft durch Fortschritte in der Technologie und der weit verbreiteten Nutzung von Social Media verwandelt hat. Berichte aus erster Hand und Nachrichten mit einer beispiellosen Geschwindigkeit zu sammeln und zu publizieren ist schon lange nicht mehr, ein Privileg das nur professionellen Journalisten zuteilwird. Die klassischen Rollen des Produzenten und des Konsumenten verschwimmen immer mehr. Wie der Fall „Reddit“ und sein „FindBostonBombers“-Thread zeigt, ist die Eigendynamik solcher Dialoge im Web 2.0 kaum zu steuern. Durch die schneeballartige Verbreitung in Communities und dem Verlinken in Foren oder Blogs wird die Verbreitung von Gerüchten im Netz erleichtert. Weblogs dienen dem Meinungsaustausch und verhelfen durch die Anonymität des Internets zu einer neuen Qualität des Gerüchtestreuens. Aufgrund der Tatsache, dass jeder User zugleich Rezipient und Autor sein kann und Aussagen sowohl wahr als auch falsch sein können, kann der Inhalt ungeprüft auf Relevanz und Wahrhaftigkeit im Netz veröffentlicht werden.

Die 60-minütige Dokumentation glänzt besonders durch die zahlreichen Interviews mit Journalisten und Bossen der globalen Mediengiganten, wie auch den Social Media-Nutzern, die sich auf die Jagd nach den Boston-Marathon-Bombern gemacht haben.

Die Dokumentation ist u.A. auf Netflix & iTunes verfügbar.


Quellen:

„The Thread“, Courtesy of Greg Barker and Content Television

http://insider.foxnews.com/2013/04/20/dramatic-video-neighbor-captures-intense-police-gunfight-bombing-suspect-dzhokhar

http://www.dailymail.co.uk/news/article-3035378/It-beast-Moderator-Reddit-s-Boston-Bombers-thread-tells-millions-users-descended-subreddit-days-attack-identified-wrong-suspect.html

Das CHE Hochschulranking und die Verantwortung der Medien

Das CHE (Centrum für Hochschulentwicklung) ist eine von der Bertelsmanns Stiftung und Hochschulrektorenkonferenz hervorgegangene Einrichtung. Das Ziel dieser Einrichtung ist die Modernisierung und Liberalisierung des Hochschulsystems. Mit diesem Ziel werden seit Mitte der 90.er Hochschulrankings in Deutschland durchgeführt. Doch ist das Anfangs in Amerika ausgebrochene Ranking-Phänomen das sich seit 1998 in Deutschland durchgesetzt hat längst nicht mehr nur in Munde der Befürworter zu finden. Nachteile der Vermessung und des Vergleichs von Bildungseinrichtungen haben in letzter Zeit immer mehr Fachbereiche zur einer Ablehnung und zum Ausstieg von Rankings geführt. Gründe dafür sind unter anderem die methodischen Mängel und die vereinfachte Runterstufung der Ergebnisse, dabei sind die Schwerpunkte der Fächer nicht abbildbar. Zudem ist die Beteiligung der Studenten auch nicht repräsentativ wenn nur 10% der Befragten teilnehmen. Für „klare“ Ergebnisse soll dies jedoch genügen. Nachdem 2007 bereits die Schweiz und Österreich aufgrund von methodischen Mängeln aus dem Ranking ausgestiegen waren, forderte die Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS) im Sommer 2012 alle Institute und Hochschulen dazu auf, aus dem CHE-Ranking auszusteigen (http://www.soziologie.de/index.php?id =che).

Die Medienmacher scheint dies kaum zu interessieren. Rankings sind nämlich trotz Kritik hoch beliebt und kommen gut an bei den Lesern. Beispielsweise hat „Die Zeit“ die seit Jahren damit prompt das CHE Hochschulranking, „dem umfassendsten und detailliertesten Ranking im deutschsprachigen Raum“ zu veröffentlichen sich dadurch eine fest etablierte Einnahmequelle garantiert. Der „Zeit Studienführer“ der die Ergebnisse des CHE Rankings präsentiert und mit knapp 300 Seiten die wichtigsten Fragen rund um Studiumauswahl und Einstieg beantwortet, scheint sich dabei weniger mit der Erhebungsmethode der Daten und deren Auswirkung für Studieninteressierte auseinander zu setzten. Die Zeitschrift die im Handel für 7,95€ erhältlich ist, gibt ihren Lesern sämtliche Informationen die ihr spätere Studien Auswahl und somit das ganze Leben beeinflussen könnten.

Wäre wohl doch nutzreich wenn auch der Diskurs im Wissenschaftlichen Milieu thematisiert werden würde oder gar auf den Ausstieg von immer mehreren Fachbereichen angedeutet würde, die nach und nach aus den Rankings verschwinden. Stellt dies nicht auch eine verzehrte Abbildung der Realität dar? Müssten die Leser nicht auch über die vielleicht gar nicht repräsentative Erhebungsmethode aufgeklärt werden? Und auch wenn Hochschulrankings noch lange in unserem Mediensystem ihren Platz finden werden, so sollten doch die Leser dieser Angebote eins im Kopf behalten: Nicht nur die erhobene Daten sondern auch die Tauglichkeit und Methode dieser Erhebung werden viel zu selten hinterfragt, solange die Medienmacher von ihnen profitieren.

https://premium.zeit.de/studienfuehrer

Die bösen Festivals – Thüringer „Ver“ Allgemeinernde

Seit 15 Jahren findet nun schon das Stoner Rock – Festival „Stoned from the Underground“ am Alperstedter See bei Stotternheim in der Nähe von Erfurt statt. Im Detail handelt es sich bei „Stoner Rock“ um eine langsame, aber kraftvolle Mischung aus Rock und Heavy Metal mit tiefen basslastigen Riffs und einer vergleichsweise kleinen aber sehr treuen Fangemeinde. Anfang Juli diesen Jahres spielten rund zwei Dutzend Bands aus Europa und den USA bei dem Festival. Ähnlich international wie die Bands ist auch das Publikum. Aus ganz Europa schwärmten Rock-Fans herbei, um die kultige Atmosphäre dieses Festivals zu erleben und brachten dabei viel Stimmung und Feierlaune mit.

Als begeisterter Festivalbesucher musste ich mich im Anschluss an den Besuch über folgenden Artikel der Thüringer Allgemeinen Zeitung doch sehr wundern:

Unbenannt2

Genauer heißt es in dem Bericht:

„Mehrere Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz hat die Polizei am vergangenen Wochenende beim Rockfestival in Alperstedt registriert.“

„Die Beamten, die seit Freitag Kontrollen vornahmen, fertigten aus diesem Grund insgesamt 65 Anzeigen.“

„Außerdem erwischten sie 14 Frauen und Männer, die entweder unter dem Einfluss von Drogen oder Alkohol ein Fahrzeug führten. Außerdem wurden drei Spring- und Klappmesser gefunden.“

Unbenannt

Unter dem Festivalbild (unvorteilhaft!) des Artikels steht noch die Bemerkung:

„Das Rockfestival am Alperstedter See findet bereits seit mehreren Jahren statt – und wie jedes Jahr nehmen die Aufräumarbeiten einige Zeit in Anspruch.“

Aha. Auch hier eine negative Beurteilung. Das Festival verursacht also nur Dreck und Aufräumarbeiten. Ohne die Verstöße verharmlosen zu wollen, die Formulierungen sind doch sehr drastisch gewählt, es klingt ja fast nach einer Razzia in einem Drogenkartell.

Durch diesen Artikel wird das ruhige Stonerrock Festival meines Erachtens in ein völlig falsches Licht gestellt. Bei der sehr einseitigen und verurteilenden Berichterstattung wird scheinbar nur die Schattenseite des Festivals betrachtet. Bei knapp 3.000 Festivalbesuchern bleiben kleinere Verstöße (bei denen niemand zu Schaden gekommen ist) nicht aus. Immerhin findet das Festival nun schon seit 15 Jahren ohne erhebliche Vorkommnisse in dieser Richtung statt.

Aus meiner Erfahrung kann ich berichten, dass es nie irgendwelche Vorfälle der Gewalt oder Ähnliches gab. Das Festival wird in diesem Artikel dargestellt, als würde man ständig von bewaffneten, drogenkonsumierenden Irren bedroht werden. Auch wenn es nur ein kleiner Artikel ist, so hätte ich mir doch ein wenig mehr Objektivität bei der Berichterstattung gewünscht. Die Enttäuschung über die öffentliche Darstellung des Festivals machte anschließend auch in der Fangemeinde die Runde. Letztlich schadet dieser Bericht dem Ruf des Festivals und kommuniziert dabei nicht die Begeisterung der Fans und die tolle Leistung des Veranstalters. Bleibt nur zu hoffen, dass der günstige Standort des Festivals weiterhin besteht und die Anwohner der Veranstaltung vorurteilsfrei entgegenblicken.

Quelle:

http://erfurt.thueringer-allgemeine.de/web/erfurt/startseite/detail/-/specific/Drogen-Alkohol-Klappmesser-65-Anzeigen-beim-Rockfestival-Alperstedt-1304867592

 

 

Neben FDH, Paleo oder Low Carb jetzt auch „SDS“ – Schlank durch Schokolade?

Laut dieser neuen Wunderdiät soll uns Schokolade beim Abnehmen helfen. Das klingt ja zu schön um wahr zu sein. Ist das denn überhaupt möglich? Eine berechtigte Frage, die jedem von uns direkt durch den Kopf gehen sollte. Aber wieso groß darüber nachdenken, schließlich resultiert das Ergebnis aus einer wissenschaftlichen Studie, also muss es ja stimmen. Diesen Gedankengang verfolgten auch die Journalisten einiger Boulevardblätter, Diäten sind außerdem Topseller. So zum Beispiel die Bild auf der Titelseite:

BILD SDS

Und auch Focus Online zog mit diesen Worten und einem eigenen Videobeitrag nach:

FOCUS SDS

Natürlich bissen auch Frauenzeitschriften, wie zum Beispiel die Brigitte an – ein gefundenes Fressen sozusagen. Sogar in Großbritannien, Australien, USA, Indien, Russland und Nigeria erschien die Meldung in den Medien.

Dumm nur, dass die Studie ein Fake ist. Alles Blödsinn, alles Inszenierung. Dahinter stecken zwei Journalisten, Diana Löbl und Peter Onneken, mit folgender Motivation: Kann man einfach eine Diät erfinden, eine wissenschaftliche Studie dazu durchführen, die Ergebnisse manipulieren und wissenschaftlich publizieren? Und schaffen es die Ergebnisse dann auch in die klassischen Medien?

Hat augenscheinlich geklappt und sogar gar nicht so viel Aufwand gekostet. Alle Fragen sind mit „ja“ zu beantworten. Mit einem völlig sinnfreien Design und 15 Probanden haben die beiden Journalisten ihre „Studie“ durchgeführt. Die Entwicklung und den Verlauf haben die beiden in der Arte-Doku „Schlank durch Schokolade. Eine Wissenschaftslüge geht um die Welt“ festgehalten. Die Doku wurde Anfang Juni bei Arte ausgestrahlt.

Zum einen wird in der Doku die Wissenschaft an sich kritisiert und zum anderen natürlich die Sorgfalt und Gründlichkeit der Journalisten. Neben einer fragwürdigen Wissenschaft spielen Journalisten eine entscheidende Rolle. Peter Onneken bescheinigt seinen Kollegen: „Das Business stinkt, und wir Journalisten machen mit.“ Außerdem beschwert er sich, dass niemand die Echtheit des Instituts oder die dünne Auswahl an Probanden geprüft habe. Die Pressemitteilung, in der sie quasi ein Märchen erzählt haben, sei einfach blind übernommen worden.

Woran liegt es? Haben Journalisten und Rezipienten einfach ein grundlegendes Vertrauen in die Wissenschaft? Sind gekürzte Redaktionsetats für schlampige Recherche und mangelnde Gegenkontrolle von Informationen verantwortlich? Oder wird einfach nur nach dem Motto „wenn die Geschichte zu gut ist, dann bloß nicht recherchieren“ gehandelt? Die Glaubwürdigkeit und die Qualität des Journalismus ist ein Dauerbrenner. Nach dieser etwas unangenehmen Geschichte kann man dennoch auch ein wenig Entwarnung geben, denn neben Bild, Focus Online und anderen Boulevardblättchen veröffentlichte wenigstens keiner der sogenannten Qualitätsmedien die Schokolüge. Ganz so düster sieht es also im heutigen Journalismus nicht aus.

Im Fokus der Doku steht natürlich ebenso das Geschäft mit dem Abnehmen. Und weil die Verbraucher der Wissenschaft grundlegend erstmal Vertrauen und Glauben schenken, werben Abnehm-Programme, wie zum Beispiel „Weight Watchers“ mit immer neuen Studien um ihre Kunden. Die Doku legt allerdings offen, dass die Studien eher selten und nur unter ganz bestimmten Bedingungen aussagekräftig sind. Sie messen oftmals nur Korrelationen und keine Ursache-Wirkungs-Beziehungen, sind sehr einfach zu manipulieren und zu publizieren, wie der Zuschauer am Beispiel der Schokolüge selbst erfährt. Eine veröffentlichte Studie in Wissenschaftsenglisch steigert die Glaubwürdigkeit und Seriosität. Jedoch muss das nicht der Realität entsprechen.

Ein weiterer erstaunlicher Aspekt der Doku, neben der nichtdurchdachten Verbreitung der Boulevardmedien sowie der Einfachheit der Manipulation von wissenschaftlichen Studien, ist die Entwicklung der S3-Leitlinien (zur Vorbeugung und Therapie von Fettleibigkeit) der DAG, der Deutschen Adipositas-Gesellschaft, die sich laut Doku der bestverfügbaren wissenschaftlichen Beweislage verpflichten sollten. Die Ersteller sollten unabhängig sein, was allerdings meistens nicht der Fall ist. Sie sind oftmals genau in diesem Tätigkeitsfeld aktiv und propagieren demnach ihre eigenen Methoden. Vier der sechs Wissenschaftler, die diese „Leitlinien“ entworfen haben, stehen laut Doku in direktem oder indirektem Kontakt zu den einzelnen Programmen. Wissenschaftler und Professor Hans Hauner gibt unverblümt zu: „Eine Art Geschmäckle ist schon dabei“. Solange man es aber offenlege und die Möglichkeiten aufzeige, sei es vertretbar, laut Hauner. Der Leser könne dann ja selbst entscheiden, ob er es akzeptiert oder nicht. Na dann!

Blind vertrauen sollte man einigen wissenschaftlichen Studien also erstmal nicht. Vor allem dann nicht, wenn man Journalist ist und über eine Veröffentlichung nachdenkt. Da lohnt es sich einen genaueren Blick drauf zu werfen und zumindest mal die Echtheit bzw. die Existenz des durchführenden Instituts zu überprüfen.

Ansonsten eine interessante, auf modern gemachte Doku, die entscheidende Fakten in Sachen wissenschaftlicher Studien enthält und einige überraschende Wahrheiten aufzeigt. Mit etwas mehr als 50 Minuten vielleicht ein bisschen zu lang für das Thema, aber dennoch eine gute Idee und Strategie zu zeigen, wie einfach eine Manipulation von Wissenschaft und Medien stattfinden kann.

Die Doku gibt’s hier zum Anschauen: http://www.arte.tv/guide/de/052711-000/schlank-durch-schokolade

Hollywoods neue Freiheit

Super Mario Bros. Mortal Kombat. Tomb Raider. Diese Titel lassen Gamer mit der Zunge schnalzen, alle drei sind unbestrittene Meilensteine des Mediums Videospiel. Die selben Titel dürften bei Cineasten jedoch blankes Entsetzen auslösen, denn neben ihrem Klassikerstatus als Games ist diesen drei außerdem gemein, dass sie als Vorlage für äußerst fragwürdige Spielfilme herhalten mussten.

Das Verhältnis zwischen den Medien Film und Videospiel darf mittlerweile durchaus als belastet angesehen werden. Peinlichkeiten wie die oben genannten sind im Genre der Videospielverfilmungen eher die Regel als die Ausnahme. Umgekehrt bekommt auch jeder erfolgreiche Film ein passendes Game spendiert und auch hier handelt es sich mehrheitlich um Wegwerfware. Die scheinbar allgegenwärtige Medienkonvergenz beißt sich an diesen beiden Medien wiederholt die Zähne aus.

Woran liegt das? Warum lässt sich aus einem guten Game kein guter Film machen und umgekehrt? Der YouTuber und selbst ernannte „Game Theorist“ Matthew Patrick (a.k.a. MatPat) hat sich in einem Video dieser Frage gewidmet und kam zu dem Schluss, dass die Verantwortlichen auf beiden Seiten konsequent ignorieren, dass Merkmale, die ein gutes Game ausmachen (Handhabung, Grafik, Narrativ, Erkundungsfreiheit etc.) noch lange keinen guten Film schaffen. Super Mario Bros. mag als Game ein absoluter Klassiker sein, aber es verfügt schlicht über keine brauchbare Story. Auf der anderen Seite hatten Games zu Filmen (abgesehen von der Lieblosigkeit ihrer Produktion) bisher immer mit den Limitierungen des Mediums, insbesondere in optischer Hinsicht zu kämpfen. Filme leben neben ihrem Narrativ auch von ihrem Schauspiel, von Mimik und Gestik, Kameraeinstellungen und Belichtungen.

Nun war dem Moore’schen Gesetz zufolge absehbar, dass zumindest die letztgenannte Hürde irgendwann fallen würde, irgendwann würde es möglich sein, über ein animiertes Gesicht die selben Emotionen auszudrücken, wie über ein abgefilmtes. Das Spiel, welches diese neue Ära einläutete war nach Meinung vieler Gamer das 2013 veröffentlichte „The Last of Us“. Ursprünglich veröffentlicht als Schwanengesang für Sonys Playstation 3, als furioser Schlussakkord der damaligen Konsolengeneration, zeigte es der Welt was mittlerweile möglich ist und was vielleicht in Zukunft noch möglich sein wird. Das Game wurde von Fachpresse, wie auch Zielgruppe frenetisch gefeiert, als –  entgegen seines Namens – erstes seiner Art, als erste gelungene Melange aus Game und Film, ein Meisterwerk, ein Meilenstein. Obwohl es keine Film- oder sonstige Vorlage hatte, schien erstmals der Begriff „cineastisch“ im Zusammenhang mit einem Game angebracht. „The Last of Us“ verband erstmals wirklich ausgereifte Charaktere mit einer packenden und emotionalen Story und einem visuell überwältigenden Setting einer postapokalyptischen Welt. Entwickler Naughty Dog genügte es nicht, spannende Kämpfe gegen Zombies und Paramilitärs zu liefern, das „drumherum“ musste stimmen und es stimmte. Wer sich davon einen Eindruck machen möchte, dem seien die zahllosen Lets-Play-Videos auf Youtube empfohlen. Trotzdem wäre es falsch davon auszugehen, dass die erfolgreiche Einbindung von cineastischen Elementen automatisch ein gutes Game hervorbringt. Die Essenz jedes Spiels (nicht nur von Videospielen) ist es, den Spieler vor Entscheidungen zu stellen, die den Spielverlauf beeinflussen. Entscheidungsfreiheit ist der Dreh- und Angelpunkt eines jeden Spiels, nimmt man sie dem Spieler, so verliert das Spiel seinen Sinn. Überfrachtet man ein Game mit Filmeinlagen und vernachlässigt diesen Aspekt, ist es kein gutes Game. Aus diesem Grund werden Games-Verfilmungen nie an ihre Vorlagen heranreichen, denn die wenigsten Games verfügen über die dramaturgischen Komponenten einen Wegfall der Entscheidungsfreiheit zu kompensieren.

Schon jetzt ist die Games-Branche eine wesentlich umsatzstärkere Industrie als das Kino. Hollywood-Größen wie Kevin Spacey spielen Rollen in Games, als seien es schon Filme, die Resultate sind schon rein optisch verblüffend. Während die Technik mit Riesenschritten fortschreitet, scheint es weiterhin ausgeschlossen, dass Film dem Medium Videospiel noch einen Schub geben können, während es jedoch durchaus möglich ist, dass die Zukunft Hollywoods auf der Playstation spielt.

Kevin Spacey in Call of Duty – Advanced Warfare (2014)

Hitlers Werwölfe im Multimedia-Format

„mir ist klargeworden, dass ich von zwei unrühmlichen Bastarden groß gezogen worden bin.“

– Cordt Schnibben

Mit „Mein Vater ein Werwolf“ aus dem Jahr 2014 liefert der Spiegel eine Multimedia-Reportage im Scrollytelling-Stil. Der Journalist Cordt Schnibben arbeitet darin seine Familiengeschichte während des Nationalsozialismus auf. Sein Vater war damals Oberleutnant und arbeitete mit den sogenannten Werwölfen zusammen, einer Untergrundbewegung, die ab 1944 in feindlich besetzten Regionen zahlreiche Attentate auf deutsche Kollaborateure verübte.

Der Leser scrollt durch eine Melange aus animierten Comicausschnitten, Fotos, Videos sowie Textteilen und findet sich in einem dichten Geflecht an Ereignissen wieder, die in Zusammenhang mit der Ermordung des Bauerns Willi Rogge stehen, an der auch Schnibbens Vater beteiligt war. Rogge war kein Nazi-Sympathisant. Er machte sich durch eine kritische Haltung gegenüber des Regimes als Volksverräter strafbar und wurde spontan verurteilt. Die Werwölfe dienten als Vollstrecker. Auf dem Leichnam klebte ein Zettel: „Wer sein Volk verrät, stirbt!“

Nach dem Krieg mussten sich die Werwölfe für die Tat vor Gericht verantworten. Der eigentliche Erzählstrang rund um die Ermordung wird daher immer wieder durch Berichte aus dem Prozess unterbrochen. Cordt Schnibben will dadurch deutlich machen, „ wie schwer sich deutsche Gerichte damit taten, kleine Nazis gerecht zu bestrafen.“ Außerdem erreicht er eine multiperspektivische Darstellung rund um den Fall.

Durch einen vorgeschobenen Trailers ist von Anfang an ist klar, welchen Ausgang die Geschichte nehmen wird. Auf der einen Seite bietet dies dem Leser die Möglichkeit, die wenig chronologische Erzählung besser zu erfassen. Auf der anderen Seite wir der Spannungsaufbau dadurch eher flach gehalten. Tatsächlich ist es angesichts der Detailfülle, die über verschiedene multimodale Elemente transportiert wird, schwer, den dramaturgischen Verlauf nachvollziehen zu können. Die Zeitsprünge zwischen Prozess und Ermordung sind nicht immer leicht zu verfolgen. Die Intention scheint klar: die Verworrenheit des gesamten Falls wird unterstützt und nur langsam Licht ins Dunkle gebracht. Für bestimmte Lesergruppen kann dies jedoch zum Abbruchkriterium werden. Wer abends auf seinem Sofa hängt und nette Unterhaltung sucht, kann sich schnell erschlagen fühlen. Wirklich leichte Kost geht anders.

Etwas auflockernd wirkt der Comic-Stil, der in manchen Abschnitten tragendes Handlungselement ist. Technisch durch Parallax Scrolling realisiert, kann so visualisiert werden, wozu es keine Zeitdokumente gibt. In Graustufen bewegen sich die Werwölfe durchs Bild und geben dem Terror eine Gestalt. Mit dem Scrollen erscheinen Sprechblasen. Gelegentlich sind auch Audioeffekte eingebunden. Die gesamte Zeit über dudelt das „Radio Werwolf“ vor sich hin. Düstere Klangschwaden ergießen sich so durch die Lautsprecher eines jeden Users. Die Atmosphäre, die kreiert wird, verheißt Unheil, kann durch ihre Monotonie aber auch nerven.

Sprachlich wirkt „Mein Vater ein Werwolf“ sehr ausgewogen. Cordt Schnibben schreckt nicht vor einer Personalisierung zurück und macht seine persönliche Betroffenheit immer wieder deutlich, wenn er von „mein Vater“ spricht. Der gesamte Inhalt gewinnt dadurch an Nähe. Eine Verbindung zum Leben 70 Jahre nach dem dritten Reich wird geschaffen. Und letztendlich bleibt die immer gleiche Frage: Wie soll man mit dem Erbe dieser Zeit umgehen?

„Mein Vater ein Werwolf“ ist technisch gut gemacht und verdeutlicht, was Online-Journalismus kann. Das Stück ist gerade wegen seiner Länge und Komplexität aber nichts für die Mittagspause. Wer sich für den Nachrichtenfaktor Nationalsozialismus dennoch ein Stündchen nehmen will, dem sei die Reportage wärmstens empfohlen.


Lust bekommen? Die Multimedia-Reportage gibt’s hier:

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/nazi-werwolf-spiegel-reporter-schnibben-ueber-seinen-vater-moerder-a-963465.html

Mercury Retrograde…

… what is it? Does it influence us all? How to live through it without getting into too much trouble?

Mercury Retrograde happens circa 3 times a year, this year we’re experiencing the first one between the 22nd January 2015 until the 11th February 2015. The phenomenon means that Mercury slows down its usual pace and from our point of view, Earth, it looks like it is going backwards. It has some repercussions on our planet Earth because of the relationship between the two planets and their specific positions in the Solar System.

For starters, Mercury is known as the Messenger, i.e., the planet of communication. Therefore, many of us may experience also a „retrograde“ in our hand-held communication devices such as mobile phones, laptops and the Internet. To understand it better you have to imagine Mercury as a big magnet that goes around us thus having a magnetic impact on Earth and our tech-devices.

Some of you may have doubts about what you’re reading right now. This is astrology, this is not card reading or some crystal ball. This is science and it has a strong impact on our daily lives and it allows us to understand some of the so-called „weird“ things happening to our tech and ourselves in this period of time.

Mercury being the Messenger and being in retrograde means that we could experience problems with technology, so a big advice to everyone is to back-up your files. As for problems of communication it is highly suggested to proof-read your texts or e-mails and have a second opinion on what you have written. Also, in time it is for the best to post-pone signing any papers or contracts, but of course, that isn’t always an option, so you better have someone to read the fine print with you. Two heads better than one, especially during Mercury Retrograde.

For some of us the Retrograde can mean being unusually late, missing appointments and just being slower, just like Mercury is right now. And on an emotional level it may bring a feeling of nostalgia and sadness. But knowing that the cycle is just temporary, we can set our minds and actions to work with it not against it. For example, for the majority of human beings, though depending on the astrological sign one is born in, Mercury Retrograde can make us re-think the past from different points of view, in different light, we may feel more nostalgic than usual and just feel lazy. That can cause a big impact on our work, studying and relations/communication. But in just a few days the Retrograde will be over and the planets will be aligned like usual, putting everything back on track. Until next Mercury Retrograde!

 

 

Quellen:

http://astrology.about.com/od/advancedastrology/p/MercuryRetro.htm

http://hellogiggles.com/mercury-in-retrograde

http://www.findyourfate.com/astrology/year2015/2015-mercury-retrograde.html

„Ich habe mich geschämt“

Am Montagabend strahlte das Erste anlässlich des 70. Jahrestags der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz drei Dokumentationen über  Diese und den Holocaust aus. Die Dokumentation „Night Will Fall“  zeigte tragische Aufnahmen, die alliierte Kamerateams 1945 in den befreiten KZs gedreht hatten.

Am darauffolgenden Abend äußerte sich die NDR-Moderatorin Anja Reschke während der ARD-„Tagesthemen“ zum Thema. Sie habe die genannte Dokumentation gesehen und habe sich „geschämt“ für das, was sie zu sehen bekam. Dafür, dass es zu ihrer Identität als Deutsche gehöre. Ob sie wolle oder nicht. Sie nennt Zahlen aus einer Umfrage der Bertelsmann Stiftung, die aussagen, dass 58% der Deutschen einen Schlussstrich ziehen und die Geschichte des Holocausts „hinter sich lassen“wollen. Sie betont, dass die Männer, die dort waren und die Aufnahmen gemacht haben heute noch lebten und keiner von ihnen einen Schlussstrich ziehen könne. Wir stattdessen schmettern ihnen entgegen: „Es muss doch mal Schluss sein.“  „Ausgerechnet wir?“ fragt sie „Es gibt keinen Schlussstrich in der Geschichte“. Sie beendet ihren Kommentar mit einem Vergleich zu den Pegida Demonstrationen in Dresden: „Nach diesem Film konnte ich nicht schlafen, also habe ich umgeschaltet. Und was sehe ich? Pegida-Demonstranten in Dresden, die sich aufregen über die vielen Ausländer in Deutschland. Ganz ehrlich: Da ist mir dann wirklich schlecht geworden.“

Unbenannt

Im Internet wird seit der Ausstrahlung und Veröffentlichung des Videos heftig diskutiert. Auf Facebook besitzt das Video inzwischen fast 2,5 Millionen Aufrufe, wurde über 32.000 Mal geteilt und bekam über 54.000 „Likes“. Auf Twitter wurde das Video im Vergleich auch sehr viel öfter retweeted und favorisiert als andere Tweeds der ARD. Doch nicht alle können sich mit den von Frau Reschke getätigten Aussagen identifizieren. Änhänger der Pegida-Bewegung verurteilen sie  und reagieren mit: „Frau Reschke, Ihnen wird schlecht wenn Sie Menschen bei der Pegida sehen?! MIR wird schlecht wenn ich im TV solch dämliche Aussagen und Berichte wie Ihre sehe!!!“ Andere sind beeindruckt und unterstützen Sie: „Jeder, der hier schreibt, dass er es nicht mehr hören kann, hat es noch nicht so oft gehört, dass er es verstanden hat!“ oder „Sie spricht mir aus der Seele. Da wo wir Auschwitz vergessen, öffnen wir die Tür für neue KZ-Bauer…“

Selten gibt es Momente mit solch klaren Worten im deutschen Fernsehen. Es lässt sich auch darüber debattieren ob der Vergleich zu Pegida gerechtfertigt oder einfach überspitzt war. Eines steht jedoch fest. Frau Reschke hat mit ihrem Kommentar im Abendprogramm Mut bewiesen und eindrucksvoll veranschaulicht, warum der Holocaust immer ein Teil der Deutschen Geschichte ist und auch bleiben sollte. Alleine dafür gebührt ihr Respekt.

 

Der Link zum Video :

Kommentar von Anja Reschke zum Thema Auschwitz und Holocaust

 

 

Quellen:

“Kein Schlussstrich in der Geschichte”: eindrucksvoller “Tagesthemen”-Kommentar zum Thema Auschwitz

http://www.stern.de/politik/deutschland/auschwitz-kommentar-von-anja-reschke-loest-internet-debatte-aus-2169549.html

http://www.tagesspiegel.de/medien/gedenk-tv-und-wenig-publikum-wenig-zuschauerinteresse-an-auschwitz-gedenken-in-ard-und-zdf/11293598.html

http://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-58033.html

"Dieser Teil unserer Geschichte ist in seiner Abartigkeit so einzigartig, dass er gar nicht vergessen werden kann." Ein Kommentar von Anja Reschke. #Auschwitz70

Gepostet von ARD am Dienstag, 27. Januar 2015

https://twitter.com/tagesthemen/media?lang=en

 

Und der Theodor-Wolff-Preis 2015 geht an…

Es ist wieder soweit. Bis zum 16.02.2015 haben die Journalisten Deutschlands noch Zeit sich mit einem Artikel ihrer Wahl zu bewerben.

Seit 1962 nun ist es dem Journalisten vertraut – wer den Theodor-Wolff-Preis verliehen bekommt, wird eine große Ehre zuteil. Die Bedingungen: Der Beitrag des hauptberuflichen Journalisten muss im Vorjahr online oder gedruckt in einer deutschen Tages-. Sonntags- oder politischen Wochenzeitung veröffentlicht worden sein.
Honoriert wird hierbei aber nicht der bloße Text. Der Fokus der Jury, welche aus 9 anerkannten Chefredakteuren und Autoren aller Art besteht, liegt auf der Leistung, die Öffentlichkeit auch heute noch auf die journalistische Bedeutung und Verantwortung in unserer Gesellschaft aufmerksam zu machen.
Die Preise von jeweils 6000 Euro werden in der Regel an fünf Journalisten vergeben, dabei gibt es jeweils zwei in den Kategorien „Lokaljournalismus“ und „Reportage/Essay/Analyse“, sowie einen im Rahmen „Meinung/Leitartikel/Kommentar/Glosse“. Und alle paar Jahre wird zusätzlich ein verdientes „journalistisches Lebenswerk“ ausgezeichnet.

Erinnern soll die Verleihung an den langjährigen Chefredakteur des Berliner Tageblatts. Der jüdisch geborene Theodor Wolff begann seine Karriere mit einer kaufmännischen Lehre bei der Tageszeitung, ursprünglich von seinem Cousin Rudolf Mosse geleitet, und ließ ihr Ansehen in seiner Zeit dort beträchtlich wachsen. Durch seine Korrespondenz in Frankreich lernte er Parlamentarisierung und Demokratisierung schätzen und das Berliner Tagesblatt wurde in Deutschland für seine Fortschrittlichkeit und Liberalität bekannt. Außerdem gründete er die „Deutsche Demokratische Partei“ und sprach sich in der Politik regelmäßig öffentlich gegen die Ziele der damaligen NSDAP aus. 1933 floh er unter Lebensgefahr ins Ausland, wurde allerdings nicht viel später verhaftet und starb letztendlich in der Gewalt der Gestapo. Seine Werke wurden noch zu seinen Lebzeiten öffentlich verbrannt.

Seit 1973 wird der Preis von dem Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger gestiftet.
Im vergangenen Jahr waren die glücklichen Gewinner in der Kategorie „Lokaljournalismus“ Johannes Ehrmann vom Tagesspiegel mit seinem Bericht „Wilder, weiter, Wedding“ über einen Berliner Stadtteil und Benjamin Piel von der Elbe-Jeetzel-Zeitung, der mit „Bettys erstes Mal“ ein Projekt vorstellt, in dem behinderte Menschen an sexuelle Erfahrungen herangeführt werden.
In dem Gebiet „Reportage/Essay/Analyse“ durften Kai Strittmatter der Süddeutschen Zeitung mit seiner Auslandsreportage „Wolfskind“ aus der Sicht eines chinesischen Kindes über die Kulturrevolution und Kerstin Kohlenberg von der Zeit mit ihrem Artikel „Aufnahme läuft!“ über die anfänglichen finanziellen Schwierigkeiten einer Filmproduktion sich freuen.
Peter Unfried von der tageszeitung erhielt die Ehrung mit seinem Bericht „Auf der Suche nach Adorno“ über die Vorurteile des Bildungsbürgertums in der Kategorie „Meinung/Leitartikel/Kommentar/Glosse“.
Und schließlich wurde noch Rudolph Chimelli ebenfalls von der Süddeutschen Zeitung für sein Lebenswerk ausgezeichnet.

Nun geht es in eine neue Runde. Die Wahlurnen sind offen für jedermann. Auch ein Vorschlag durch einen Dritten, etwa den Verleger oder Chefredakteur, ist möglich. Also lasst die Spitzer warmlaufen, das Blatt bereit gelegt und ran an die Stifte, liebe Schreiberlinge!
Wir sind gespannt, wenn es im Mai wieder heißt…

„Und der Theodor-Wolff-Preis 2015 geht an…“

 

 

 

Quellen

Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger – Die Ausschreibung (07.01.2015)

Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger – Preisträger (07.01.2015)

Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger – Jury (07.01.2015)

Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger – Theodor Wolff (07.01.2015)

Süddeutsche Zeitung (07.01.2015)

Wikipedia (07.01.2015)

Wer NICHT die Wahl hat – hat die Qual

Das Schönste am Fernsehen war bislang doch immer noch die Möglichkeit sich auszusuchen, was man sehen möchte und was nicht. Diese Entscheidungsfreiheit wird einem jedoch mit zunehmendem Maße genommen, wenn es um Helene Fischer geht.

Hinwegsehend über die Qualität ihrer musikalischen Leistung ist Helene Fischer ohne Frage eine bildhübsche Ausnahme-Schlagersängerin, der mithilfe ihres Hits „Atemlos“, über die Schlagerszene hinaus, ihr großer Durchbruch gelang und die Fans aus allen Altersgruppen und sozialen Schichten um sich scharen konnte.

Ihr Schlagertechnohit „Atemlos“ wurde mit einer solchen Penetranz in das Gehirn eingetrichtert, dass er sich sogar zur deutschen Hymne der Fußballweltmeisterschaft 2014 avanciert hat und nicht mehr aus der deutschen Musiklandschaft wegzudenken ist. Ob beim Aprés Ski, im Dorffestzelt oder in der Großstadtdiskothek, ob freiwillig oder nicht, fast jeder kennt in irgendeiner Weise den Songtext und die halbe Gesellschaft gröhlt/trällert/singt spätestens nach dem dritten Schnaps mit.  Die andere Hälfte wird zunehmend genervt.

Mittlerweile hat es Helene Fischer von Radio bis hin zu den Fernsehgeräten der Deutschen geschafft. Seit 2011 inszeniert sie  sich im ZDF gekonnt selbst in ihrer alljährlichen Weihnachtsausgabe der „Helene Fischer Show“ (2011-2012 im ARD).Die einen lieben sie – die anderen wünschen sie einfach nur noch weg.

Fans der Sängerin raten damit doch einfach das Programm zu wechseln – Ja, wenn Das mal so einfach wäre! Im massivsten Falle schaltet man den Fernsehr ein und zappt auf das ZDF, bekommt sie in der gefühlt 19. Ausstrahlung ihrer eigenen Sendung bei einem Duett mit irgendeinem anderen“Star“ präsentiert. Wechselt man zu einem privaten Sender klärt sie einen in Werbeplatzierungen auf, wie gut doch das vollkommen neue Baguette von Meggle schmeckt, oder dass es jetzt bei Tchibo eine wunderschöne Schmuckkollektion gibt, die ihren Namen trägt, oder wie man seine blonde Engelsmähne mit dem aktuellen Shampoo von Garnier pflegen sollte. 2015 übernimmt das Multitalent sogar eine Schauspielrolle im hochheiligen Primetimerenner der ARD – dem Tatort. Die Frau kann einfach Alles!

Das Management von Helene Fischer läuft Experten zu Folge jedoch Gefahr, dass das Publikum ihrer Omnipräsenz in den Medien überdrüssig werden könnte und das ihrer Popularität negativ zusetzen könnte. Dem ein oder anderen Zuschauer würde ein bisschen weniger Helene sicher gut tun.

Manchmal ist weniger einfach doch mehr.

 

 

 

 

Quellen:

http://www.spiegel.de/kultur/kino/tatort-in-der-ard-2015-auch-mit-helene-fischer-a-1010542.html

http://www.bunte.de/musik/helene-fischer-irgendwann-wird-sie-keine-hallen-mehr-fuellen-114353.html

http://www.bunte.de/musik/helene-fischer-diese-frau-ist-ueberall-112380.html

http://www.t-online.de/unterhaltung/stars/id_72225638/helene-fischer-ist-ueberall-sind-sie-auch-vom-hype-genervt-.html

http://www.bild.de/regional/koeln/helene-fischer/kebekus-parodiert-fischer-auf-comedypreisbuehne-38251624.bild.html

Weltmeister ohne Makel

Es ist nun ein gutes halbes Jahr her: In ganz Deutschland feierte man ausgelassen eine Reihe von Menschen, die in Brasilien gerade etwas Besonderes erreicht hatten: Sie war Weltmeister geworden, hatte alle Erwartungen übertroffen, hatte Millionen Fußballfans stolz gemacht. Es ging das Gefühl um, wir alle wären Weltmeister. Und dieses Gefühl wurde vom DFB auch ganz klar nach außen transportiert. Der Tenor: Ohne die Fans in der Heimat wäre diese Mannschaft im Jahre 2014 kein Weltmeister geworden.

Heute, am 2.Januar 2015, läuft in der ARD zum ersten Mal im frei empfangbaren Programm die offizielle Doku zum Titelgewinn, sie trägt den schönen Namen „Die Mannschaft“. Nur wenige Monate nach dem Kinostart des Films wird sie allen Deutschen frei zugänglich gezeigt, schließlich sind wir ja auch alle irgendwie Weltmeister.  Erst am 2. Januar, weil der Neujahrstag eben nun einmal Tatorttag ist. Gegen den Kultkrimi kommt auch der Weltmeister nicht an. Der muss sich hinten anstellen und darf sein Filmchen erst einen Tag später zeigen. Einschaltquoten wird er trotzdem generieren, denn das Volk sehnt sich nach dem Hochgefühl, dass es im Sommer erfasst hat. Um es mit den Worten Andreas Bouranis zu sagen: „Wer friert uns diesen Moment ein? Besser kann es nicht sein?“. Ab dem morgigen Tag darf der Moment aber ruhig erstmal in der Tiefkühltruhe (oder der Eistonne) bleiben, denn dann ist auch mal gut mit dem ’sich-selbst-Feiern‘. Und mit dem Lied, das 2014 durch die Decke ging, mittlerweile aber nur noch den Wenigsten ein Lächeln auf die Lippen zaubert.

 Die Erinnerungen, die der Film noch einmal aufwärmt, werden sich die Allermeisten noch einmal anschauen wollen, und das ist überhaupt nicht verwerflich. Es war schließlich wirklich ein toller Sommer und es war wirklich ein kollektives Glücksgefühl, dass diese dreiundzwanzig Spieler und das sie begleitende Trainerteam nach Deutschland schwappen ließen. Doch bei einem offiziellen Film von FIFA und DFB darf man auch nicht mehr erwarten als plumpes ‚in-schönen-Erinnerungen-Schwelgen‘. Interna wird man keine erfahren, Streitereien werden verschwiegen. Alles war total nett in Campo Bahia, dem Aufenthaltsort der Mannschaft in Brasilien. Tolle Tore, lustige Stimmung, viel Harmonie und ein völlig reibungsloser Ablauf. Wer sich einen differenzierteren Blick auf die Dinge erhofft, wird enttäuscht werden. Und jeder Zuschauer sollte sich im Vorhinein gewiss sein: Das WM-Finale zu schauen war spannender. Die Torgala gegen Brasilien zu schauen war überwältigender. Und das Interview mit Per Mertesacker nach dem Spiel gegen Algerien war unterhaltender als dieser Film.

Doch ist er damit gleich schlecht? Ich sage nein. Er bietet eine schöne Erinnerung an ein schönes Ereignis, dem Zuschauer sei gestattet, sich zurückzulehnen und zu entspannen. Große Fragen werden zwar nicht aufgeworfen und auch nicht beantwortet. Doch wenn man in vielen Jahren, dann vielleicht gemeinsam mit Kindern oder sogar Enkelkindern, auf das Jahr 2014 zurückschauen und den Kleinen erzählen will, wie das damals so war, als Deutschland zum vierten Mal Weltmeister wurde und man selbst enthusiastisch gefeiert hat, dann kann man auf diesen Film zurückgreifen und selbst Unbeteiligte werden begeistert sein von der Harmonie, die im Jahre 2014 in Deutschland herrschte. Denn der Titel sagt es schon: Da hat wirklich eine Mannschaft zusammengespielt.