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Kony 2012 – Kritik an der Kritik

Die Kony2012-Debatte ist dominiert von den Kritikern. Dabei nutzen diese häufig ebenso zweifelhafte Argumente

1. „So ein Scheiß!“ Klar, Kritik ist immer gut. Nur: Grundsätzlich löst die Debatte Apathie und Resignation aus: Im Bezug zur eigentlichen Kampagne, aber auch zur Entwicklungszusammenarbeit insgesamt. Dabei sollte beispielsweise dem anhaltenden Bürgerkrieg in der DR Congo etwas entgegengesetzt werden. Taten wären angebracht

2. „Die Kampagne unterstützt den ugandischen Diktator Museveni.“ Die Kritiker beziehen sich auf folgende Tatsachen: Der zentrale Erfolg der NGO Invisible Children ist die Entsendung von US-Militärberatern an die ugandische Armee. Diese untersteht Museveni. Museveni ist ein Diktator. Häufig jedoch betonen dieselben Kritiker, wie gut das Leben in Uganda mittlerweile sei. Im Vergleich zum früheren Herrscher Idi Amin – und zu Jopseph Kony! – ist Museveni ein Lamm. Es ist berechtigt, das kleinere Übel dem größeren vorzuziehen

3. „Kony ist gar nicht in Uganda.“ Das stimmt, das behauptet das Video aber auch nicht. Das Video ersucht erstens um die Unterstützung der Militärberater-Mission und will zweitens diffus Öffentlichkeit schaffen, um Kony gefangen nehmen zu können.

4. „Invisible Children verdient viel Geld mit der Aktion.“ Wir sind alle Teil eines Wirtschaftssystems, in dem es darum geht, Geld zu verdienen. Kritiker sollten dieses Wirtschaftssystem kritisieren.

5. „Das Video könnte zu einem Militäreinsatz führen.“ Bei Militäreinsätzen sterben viele Menschen. In Zentralafrika sterben ständig Menschen. Der Congo ist ein Hexenkessel. Das Video fordert, gesellschaftliche und politische Akeure aufmerksam zu machen. Einem Militäreinsatz müsste ausführliche Recherchen vorausgehen, um ihn möglichst effizient zu gestalten. Die Situation ist aktuell kaum einzuschätzen. Geheimdienste werden mehr wissen. Es fällt mir nicht leicht, aber ein Attentat auf Joseph Kony wäre ein Anfang.

 

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www.youtube.com/watch?v=Y4MnpzG5Sqc

http://www.kony2012.com/

de.wikipedia.org/wiki/Kony_2012

http://www.zeit.de/politik/ausland/2012-04/Kony2012-Tag

http://www.sueddeutsche.de/digital/umstrittenes-video-kony-eine-kampagne-die-froesteln-laesst-1.1305052

http://www.freitag.de/autoren/makobert/kony-2012-kritik-an-der-kritik

Make money online! Now!

Printmedien verlieren weiter Boden auf dem Werbemarkt. Das ergab eine Untersuchung des Medienunternehmens Nielsen. Der Vergleich der Brutto-Werbeeinnahmen von Mai 2011 und Mai 2012 zeigt: Fachzeitschriften verloren 2,4%, Publikumszeitschriften 3,7% und Zeitungen 6,2%.

Die Zahlen sind umso prägnanter, betrachtet man im Vergleich den Werbemarkt insgesamt: Deutliche Zugewinne verzeichnen Radio (5,2%), Fernsehen (6,3%) und Internet (16,4%).

Nachdem der Werbeanteil für Internetseiten in den vergangenen Jahren deutlich gewachsen ist, erwartet der Online-Vermarkterkreis (OVK) im Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) im Jahr 2012 Einnahmen von 6 Milliarden Euro (20 Prozent des Gesamtwerbemarktes). Auf das Fernsehen entfallen etwa 38%, auf Printmedien etwa 31%.

Die Zahlen könnten für die Leistungsschutz-Debatte von Bedeutung sein. Das viele Geld aus Online-Werbeeinnahmen will nämlich sorgfältig an die Urheber verteilt sein. Die Zeit drängt also umso mehr – clevere Lösungen müssen her. Zudem machen hohe Werbeeinnahmen das Geschäftsmodell des kostenfreien Zugangs zu Content attraktiver. Login-Modelle à la NZZ oder New York Times erscheinen eher unnötig.

Info: Nielsen Holdings ist ein globales Informations- und Medienunternehmen. Es ist in den Bereichen Marketing- und Verbraucherinformationen, Erhebung von Mediadaten in TV, Online, Mobile und anderen Medien, Fachmessen sowie weiteren verwandten Bereichen tätig.

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http://www.nielsen.com/de/de/insights.html
http://meedia.de/werbung/printmedien-verlieren-weiter-werbeumsatz/2012/06/12.html
http://www.handelsblatt.com/unternehmen/it-medien/erloese-im-netz-online-werbemarkt-setzt-wachstumskurs-fort/6259632.html
http://www.nzz.ch/
http://www.nytimes.com/

Fernbedienung: almost as important as sex

Eugene Polley, der Erfinder der kabellosen Fernbedienung, ist heute im Alter von 96 Jahren gestorben. Polley stellte 1955 die „Flash-Matic“ vor, mit der Fernsehzuschauer ihre Geräte ein- und ausschalten und Kanäle wechseln konnten. Die erste, noch kabelgebundene, Fernsehfernbedienung war einige Jahre zuvor entwickelt worden.

Technik

Der Apparat war im Grunde genommen nicht mehr als eine Taschenlampe mit gebündeltem Lichtstrahl, mit dem Sensoren an den vier Ecken des Fernsehers angestrahlt werden konnten. Weil gelegentlich das Tageslicht den Fernseher in Gang setzte, stellte man die Produktion 1956 auf Ultraschall-Technik um. Moderne Fernbedienung nutzen Infrarot und umfassen wesentlich mehr Funktionen; das Prinzip jedoch hat sich nicht geändert.

Rezeptionsverhalten: Zapping

Die erste kabelgebundene Fernseh-Fernbedienung zum Umschalten von Kanälen hieß bezeichnenderweise „Lazy-Bones“ (Faulpelz): Mit der Fernbedienung war der „Couch-Potato“ geboren worden. Der Typus des Zappers hat sich jedoch erst später etabliert, sagt Roland Stehle, Sprecher der Gesellschaft für Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik:

„Die Fernbedienung war in der Mitte der 70er Jahre technischer Standard. Aber erst mit der größeren Programmvielfalt seit Einführung der Privatsender Mitte der 80er Jahre und später durch das Kabelfernsehen entwickelte sich die Zapper-Mentalität“

Zuschauer empfangen in Deutschland durchschnittlich 52 Sender und wählen zwischen diesen je nach „Uses-and-Gratification“ aus. Der gesellschaftliche Trend zur Individualisierung spiegelt sich in deren Rezeptionsverhalten wieder. Seit der Einführung des dualen Systems 1984 werden Zuschauer zudem mit vielen Werbeunterbrechungen konfrontiert.

Die entscheidende Veränderung, die die Erfindung der Fernbedienung auslöste, darf jedoch nicht vergessen werden: Fernsehen wird angenehmer, gemütlicher. Es wird mehr ferngesehen. Polley selbst brachte es 2002 in einem Interview auf den Punkt:

„The flush toilet may have been the most civilized invention ever devised, but the remote control is the next most important. It’s almost as important as sex.“

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Melanie Litzenberger (2008): Zapping, Switching, Flipping: Nutzungs- und Selektionsverhalten beim Fernsehen, GRIN Verlag.
http://www.focus.de/kultur/diverses/fernsehen-erfinder-der-fernbedienung-stirbt-mit-96-jahren_aid_757000.html
http://www.manager-magazin.de/lifestyle/technik/0,2828,310415,00.html
http://www.welt.de/newsticker/dpa_nt/infoline_nt/boulevard_nt/article106366170/Erfinder-der-Fernbedienung-stirbt-mit-96-Jahren.html 
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/menschen-wirtschaft/eugene-polley-der-vater-der-fernbedienung-ist-tot-11760798.html (auch Fotos!)
http://www.nytimes.com/2012/05/23/business/eugene-t-polley-inventor-of-the-wireless-tv-remote-dies-at-96.html?_r=1

Call for Papers: How I got lost six feet under your mother

Die Kritische Theater-, Film- und Medienwissenschaft in Wien bittet um schriftliche Beiträge zum Thema Fernsehserien. Dabei schlägt sie Töne an die eine Frankfurter-Schule-Richtung vorgeben: „Statt Subversion in die eigene Lieblingsserie hinein zu lesen, soll die Kritik regressiver Elemente ins Zentrum gerückt und damit auch ihre jeweilige Rezeption untersucht werden. Was passiert mit den kulturindustriellen Produkten in der warenproduzierenden Gesellschaft und wie gehen wir als Rezipient_innen darin ein?“

Am 3. und 4. März 2012 gibt es im Rahmen eines Workshop-Wochenendes in Wien die Möglichkeit, sich mit den anderen AutorInnen auszutauschen und den eigenen Beitrag zur Diskussion zu stellen. Genauere Infos zum geplanten Workshop gibt es hier.

Bis 10. Januar können die Beiträge eingereicht werden. Sie sollen in einem Sammelband veröffentlicht werden. Viel Spaß!

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Kritische Theater-, Film- und Medienwissenschaft Wien (2011): Call for Papers: How I got lost six feet under your mother. http://krittfm.blogspot.com/2011/11/call-for-papers-how-i-got-lost-six-feet.html [15/12/11]

Fernseher kaputt (2011): How I got lost six feet under your mother. http://fernseherkaputt.blogspot.com/2011/11/how-i-got-lost-six-feet-under-your.html [15/12/11]

Sonnenallee auf youtube – erster Spielfilm in voller Länge

Der Kinoverleih Delphi stellt die DDR-Nostalgie-Komödie „Sonnenallee“ vollständig auf youtube.com zur Verfügung. Auf der offiziellen Filmseite „http://www.sonnenallee.de/“ gibt’s dann noch mal eine Verlinkung zu youtube, sodass der Film auch dort in voller Länge zur Verfügung steht – eine Ironie im Internet-Zeitalter.

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Erste silent disco in Trier

Etwa 60 Menschen tanzten am 30. November an der Porta – ohne dass dabei Musik zu hören war.

„Das Konzept ist einfach. Jeder Gast erhält gegen einen kleinen Pfandbetrag schwarze Kopfhörer. Der DJ, der auf der Silent Disco anwesend ist, schickt seine Beats geradewegs über Funk auf die schwarzen Kopfhörer der Gäste. Diese haben dabei die Möglichkeit, sich die Lautstärke komplett individuell einzustellen. Damit niemand zu Schaden kommt, sind die Kopfhörer bei einer Maximallautstärke von 80 Dezibel begrenzt.“

„Dem Erfinder der Silent (Stiller) Disco gebühren ein Patent und der Nobelpreis. Liebes Ordnungsamt, sorge bitte nun dafür, dass alle Kneipen im weiteren Bereich des Stockplatzes nur noch Silent Discos betreiben dürfen“, schreibt, leicht sarkastisch, Hans-Peter Haag aus Trier dem Volksfreund in einem Leserbrief. Lassen wir ihn reden.

Den größten Spaß macht die silent disco, wenn es mehrere DJs gibt und die HörerInnen den Kanal wechseln. LED-Leuchten in verschiedenen Farben zeigen an, Erste silent disco in Trier weiterlesen

Der letzte Zukunftsmarkt für schlecht informierte Journalisten

Beim Lesen der Wochenzeitung DIE ZEIT kann man manchmal erschrecken. Marcus Rohwetter schreibt über das westafrikanische Land Ghana und macht dabei entscheidende Fehler.

Das Thema des Artikels ist unterstützenswert. Es geht um die Modernisierung der Abläufe in der Landwirtschaft, wie sie der Softwarekonzern SAP in Ghana voran treibt. Dabei ist gut, dass Rohwetter nicht so penetrant Mitleid erzeugen will wie das an vielen anderen Artikeln über Afrika beobachtet werden kann.

Die Umrechnung von Bauer Darris Jahresumsatz auf „Pro-Kopf-Tagessatz“ deutet jedoch eine Mitleidsnummer an. Nur fünfzig Cent am Tag. Die Armen.

Rassismus ist im Artikel kaum zu spüren.

Nur, dass der Paramount Chief „Häuptling“ genannt wird…

„Häuptling“. Da denkt man gleich an „Stamm“. Oder von mir aus „Neger“. (vgl. Arndt)

Der Artikel versucht keine großen Ausführungen über die ghanaische Kultur. Vielmehr wird eine leichte Ignoranz gegenüber derselben in folgender Aufzählung deutlich:

„Uhr, Mütze, Cola, Telefon. Das sind die Statussymbole von John Darri.“

Ein Handy hat fast jede_r in Ghana. Auf dem Bild trägt der Bauer Darri ein traditionelles Chief-Oberteil, das aus Kente gefertigt wurde. Das ist ein Statussymbol. (vgl. Andanquah)

Wie ein Geist erscheint mir der letzte Satz des Infokastens am Rande des Artikels:

„Vor allem die Region südlich der Sahara dürfte auch weiterhin stark wachsen.“

Was heißt hier Region? Dutzende Staaten, hunderte Millionen von Menschen.

Herr Rohwetter hat eben Ahnung von Wirtschaft und Technik. Er erklärt ein System, mit dem SAP den Handel optimiert. Ghana dient nur als Hintergrund. Schade eigentlich.

Vielleicht muss jemand ja auch gar nicht so genau wissen, wie es da ist, in Afrika, um darüber zu schreiben.

Nein, im Ernst. In China essen sie Hunde. Und bei DER ZEIT, da schreiben sie Texte.

 

Quellen:

Rohwetter, Marcus (2011): Der letzte Zukunftsmarkt; in: DIE ZEIT, Nr. 45, [http://www.zeit.de/2011/45/Ghana-SAP] 07/11/2011

Arndt, Susan (2004): Kolonialismus, Rassismus und Sprache, [http://www.bpb.de/themen/2IQNTS,0,0,Kolonialismus_Rassismus_und_Sprache.html] 07/11/2011

Anquandah, James (2006): Splendour of Traditional Art, S. 2f, [http://www.ghanaculture.gov.gh/modules/mod_pdf.php?sectionid=506] 07/11/2011

Wenn ich von Rassismus spreche gehe ich von der Definition von Memmi aus: „Der Rassismus ist die verallgemeinerte und verabsolutierte Wertung tatsächlicher oder fiktiver Unterschiede zum Nutzen des Anklägers und zum Schaden seines Opfers, mit der seine Privilegien oder seine Aggressionen gerechtfertigt werden sollen.“ Albert Memmi (1994), Rassismus, Europäische Verlagsanstalt, Hamburg, S. 103 u. 164