Auch wenn die Auflagenzahl der BILD in den letzten Jahren zurückgegangen ist, ist sie mit 2.671.363 Exemplaren immer noch die meist verkaufte Tageszeitung Deutschlands (Quelle: IVW, erstes Quartal 2012). Dies liegt nicht zuletzt am BILD-typischen Schreibstil, der zwar immer wieder stark kritisiert wird, jedoch die Menschen in Deutschland scheinbar sehr gut erreicht. Anlässlich der Wahl von Papst Benedikt XVI. hieß es auf der Titelseite beispielsweise „Wir sind Papst“; ein Ausruf, den inzwischen fast jeder Deutsche kennt und der bis heute immer wieder in verschiedensten Diskursen erwähnt wird.
Erst kürzlich titelte die BILD „Mia Sammer mia“ und kommentierte damit die Verpflichtung Matthias Sammers, der ab sofort den neuen Sport-Vorstand des FC Bayern München bildet, in Anspielung auf das bajuwarische „Mia san mia“-Gefühl. Wie prägend solche Titel auf gesellschaftliche Diskurse sein können, erkennt man beispielsweise daran, dass das größte deutsche Fußballforum transfermarkt.de diese Zeile übernahm und den Thread, in dem die User über Sammer diskutieren können, genau so nannte.
Durch solche und ähnlich prägnante Titel, gelingt es der BILD Zeitung immer wieder Leser für sich zu gewinnen. Der umgangssprachliche Schreibstil, die Großbuchstaben auf der Titelseite, zahlreiche Personifizierungen und vor allem die direkte Ansprache des Leser (Beispiel Fußball-Europameisterschaft: Ständig wurde im Kontext der DFB Elf von „Wir“ und „uns“ gesprochen) scheinen sehr vielen Lesern Kaufargument genug zu sein, die BILD anderen, vermeintlich seriöseren Zeitungen, vorzuziehen. Durch die sehr knappen aber doch zumeist informativen Artikel, welche in möglichst einfachem Deutsch gehalten und mit dem ein oder anderem Neologismus ausgeschmückt werden, passt sich das Blatt aus dem Axel Springer Verlag sehr gut an die heutigen Lesegewohnheiten an. In einer Gesellschaft, in der die Zeit immer mehr zum höchsten Gut zu werden scheint, sind ausführliche Hintergrundberichterstattungen und komplexere Tehemenentfaltungen beim Leser wohl nicht mehr so sehr gefragt, was irgendwann auch bei den anderen Zeitungen zu Überlegungen führen könnte, dem Trend, den die BILD mit ihrer Art der Berichterstattung setzt, zu folgen.
Ich persönlich finde, dass die BILD manchmal zu schlecht dargestellt wird. Sicherlich sind einige Artikel, die sich das Blatt in der Vergangenheit geleistet hat, ethisch absolut nicht vertretbar und müssen daher scharf kritisiert werden. Die Kritik an der BILD jedoch an ihrem oftmals als kindisch oder unprofessionell abgestempelten Schreibstil festzumachen, halte ich fraglich. Nicht umsonst handelt es sich um ein Boulevard-Blatt und so versucht die Zeitung mit den vier großen Buchstaben, Information mit Unterhaltung zu verbinden, was ihr in meinen Augen – und das belegen auch die Auflagenzahlen – doch sehr gut gelingt. Für viele Menschen ist das Zeitunglesen in Zeiten des Web 2.0 und diverser Apps, die ihnen die wichtigsten Informationen direkt auf das Smartphone liefern, längst keine Selbstverständlicheit mehr. Wenn man diese also überhaupt noch an das gedruckte Wort heranführen will, dann doch noch am ehesten über den Edutainment-Weg, welchen die BILD einschlägt. Insofern kann man, wie ich finde, schon von einem gewissen Vorbildcharakter der BILD im Sinne der Textgestaltung sprechen. Man muss die vielen Personifizierungen, Metaphern, Wortspiele und auf Sensation getrimmten Artikel sicherlich nicht gut finden und kann ihre Zweckmäßigkeit in gewissen Kontexten durchaus hinterfragen, doch sprechen die Verkaufszahlen für die BILD. In einer Zeit, in der sich die Presse augenscheinlich in der Krise befindet, muss deswegen auch die Frage erlaubt sein, ob man sich als Zeitungsmacher in Zukunft überhaupt noch erlauben kann, dem Trend der sensationalistischen Berichterstattung zu entsagen, wenn einen irgendwann das finanzielle Überleben dazu zwingen könnte…
Quellen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Bild_%28Zeitung%29 (Stand: 14.07.2012)
http://daten.ivw.eu/ (Stand: 14.07.2012)
http://www.bild.de/ (Stand: 14.07.2012)
http://www.transfermarkt.de/de/fc-bayern-muenchen/forum/ansicht_10_seite1.html (Stand: 14.07.2012)