Wenige haben heutzutage von ihr gehört: der Colonia Dignidad.
Fragt man Menschen der heutigen Generation, so zucken die meisten gelangweilt mit den Schultern, haben noch nichts davon gehört, wollen es auch eigentlich gar nicht wissen.
Dabei ist die Colonia Dignidad ein weiterer und auch wichtiger Teil der dunklen Geschichte Deutschlands, denn wieder einmal unterdrückte ein Mann Menschen, die sich nicht wehren konnten, Minderheiten, die sich resigniert unterordnen mussten… auch wenn sich das Ganze nicht in Deutschland selbst abspielte.
Was ist die Colonia Dignidad überhaupt?
Die Colonia Dignidad ( zu deutsch: Kolonie der Würde) wurde von einem deutsch evangelischen Jugendpfleger namens Paul Schäfer im Jahre 1961 in Chile gegründet und von einer Sekte bewohnt.
Diese Sekte baute in Chile, abgeschottet von der Außenwelt, eine Kolonie auf, in der Folter und Missbrauch, vor allem von minderjährigen Jungen, auf der Tagesordnung stand.
Entführungen von Kindern waren nicht selten. So sind einige Berichte von Eltern bekannt, die ihre Kinder zur als Chorfreizeit getarnten Sekte nach Chile schickten und diese danach nie mehr wieder sahen.
Während der Militärdiktatur in Chile diente die Colonia dem Regime aber auch als geheime Außenstelle.
Nach dem Putsch des chilenischen Militärs am 11.09.1973 wurde die Colonia als Basis des Pinochet- Geheimdienstes verwendet, der durch den Putsch die Macht in Chile übernommen hatte und mehrere Jahre lang als Präsident agierte, obwohl er niemals demokratisch gewählt worden war.
„ […] [ Paul Schäfer] konnte über fast 40 Jahre hinweg vollkommen ungestraft und ungezügelt allen Regungen nachgehen. Ich glaube auch, dass Machtausübung für ihn ein ganz entscheidender Faktor war und er hat diese Leute ja vollkommen hörig gemacht und nach seinem Geschmack ein fantastisches Leben da geführt […]“ ( Florian Gallenberger, Regisseur des gleichnamigen Films, im Interview mit Bayern 2, 10.03.2015)
Erst nachdem ein Mitbegründer der Sekte 1984 aus der Colonia flüchtete, geriet Paul Schäfer in das Visier der Justiz.
Doch bis zum 10.03.2005 konnte Paul Schäfer nicht gefasst werden. Gründe dafür gibt es viele. Nachvollziehbar sind sie jedoch nicht.
Paul Schäfer wurde in 25 Fällen des Missbrauchs für schuldig befunden und bekam eine Haftstrafe von 20 Jahren, von denen er nur 5 absitzen konnte. Er verstarb am 24.04.2010 im Alter von 88 Jahren im Gefängnishospital an einem Herzleiden.
Lange wurde über die Grausamkeiten, die Paul Schäfer an seinen Mitmenschen begangen hat, nicht geredet, doch im Jahre 2014 entscheidet sich ein deutscher Regisseur das Schweigen zu brechen.
Der Oscar- prämierte Regisseur Florian Gallenberger sagt über seinen Entschluss, die Geschichte auf Leinwand zu bringen: „ […] Es ist auch an der Zeit endlich über dieses Kapitel jüngerer deutscher Geschichte mal was zu machen und da etwas Licht ins Dunkel zu bringen. […]“ ( im Interview mit Bayern 2, 10.03.2015)
Sein Thriller „ Colonia Dignidad – Es gibt kein Zurück“ vereint Fakten und Fiktion miteinander, indem eine fiktive Liebesgeschichte vor dem Hintergrund der realen Colonia Dignidad erzählt wird.
Dazu holte er sich internationale und hochkarätige Schauspieler ins Boot: Schauspieler wie Emma Watson ( Harry Potter, Bling Ring, …), Michael Nyqvist ( Der Chinese, Atemlos – Gefährliche Wahrheit, …) und Daniel Brühl ( Good Bye, Lenin!, A Most Wanted Man) kommen in Luxemburg zusammen, um die ersten Szenen abzudrehen. Danach geht es weiter nach Berlin, München und Argentinien.
Und worum genau geht es in dem Film?
„Chile, 11. September 1973. Hunderttausende protestieren auf den Straßen Santiagos gegen General Pinochet, der sich gegen den Präsidenten Salvador Allende an die Macht putscht. Unter den Demonstranten sind auch Lena (Emma Watson), die als Stewardess am Tag zuvor in Chile gelandet ist, und ihr Freund Daniel (Daniel Brühl), der als Fotograf in Santiago lebt. Unzählige werden in den Wirren des Aufruhrs vom Geheimdienst verhaftet, so auch Daniel und Lena. Daniel wird noch in der Nacht an einen unbekannten Ort verschleppt.
Nach dem ersten Schock versucht Lena herauszufinden, was mit Daniel passiert ist. Doch die Mitstreiter seiner Studentengruppe tauchen unter und auch die Deutsche Botschaft verweigert ihr jede Hilfe. Bei Amnesty International hört sie das erste Mal von der berüchtigten Colonia Dignidad, einer abgeschotteten deutschen Sekte im Süden Chiles, die enge Verbindungen zum Geheimdienst unterhält: es geht das Gerücht um, dass auf dem Gelände der Colonia Gefangene gefoltert werden – und Daniel vermutlich dort gefangen gehalten wird.
Völlig auf sich allein gestellt, entschließt sich Lena, der mysteriösen Sekte beizutreten und so Daniel wiederzufinden. Doch schon bald erkennt sie, in welch aussichtslose Situation sie geraten ist, denn noch nie ist jemandem die Flucht aus der Colonia gelungen…“ ( Kurzinhalt aus dem Presseheft des Majestic Filmverleih)

Der Film kommt am 18.02.2016 in die deutschen Kinos, auch wenn „das, was in der Colonia wirklich passiert ist […] man natürlich so 1:1 auch in einem Film nicht zeigen [kann] und das ist glaube ich auch nicht notwendig. Ich denke schon, dass in dem Film, den wir machen, rauskommen wird was für eine Art von Ort das war, auch ohne dass man jetzt explizit die Gräultaten ins Bild setzt.“ ( Florian Gallenberger, Regisseur des gleichnamigen Films, im Interview mit Bayern 2, 10.03.2015)
Für all diejenigen, die jetzt neugierig geworden sind und mehr über die Colonia erfahren wollen, seien es Berichte von Zeitzeugen( wie zum Beispiel das Buch von Ulla Fröhling:“ Unser geraubtes Leben. Die wahre Geschichte von Liebe und Hoffnung in einer grausamen Sekte oder Reportagen über die Colonia Dignidad ( zum Beispiel: Colonia Dignidad: Ein Reporter auf den Spuren eines deutschen Skandals von Gero Gemballa) für die gibt es jede Menge Literatur, die es sich lohnt zu erkunden und zu lesen.
Was ist aus der Colonia Dignidad geworden?
Die Colonia gibt es heute immer noch, jedoch unter einem anderen Namen und mit neuen Zielen. Die „ Villa Baveria“ will unter der Leitung von Michael Müller die rund 115 Mitglieder für die Außenwelt öffnen, weswegen Journalisten die Kolonie besuchen können, ein Hotel für Besucher zur Verfügung steht und in einem deutschen Restaurant in der Nähe Bilder von Polizeimaßnahmen gegen die Sekte dargestellt werden. Die neuen Errungenschaften sollen dazu beitragen, den schlechten Ruf der Kolonie aufzubessern.