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Girls und Boys – OMG!

Die Bravo – ihr erinnert euch, diese Zeitung aus der ihr den Starschnitt von den Backstreet Boys ausgeschnitten habt – war in den letzten Tagen in den Schlagzeilen. Grund war ein Shitstorm, der sich anlässlich eines Listicles entwickelte, den die Bravo kurz zuvor veröffentlichte. „So fällst Du Jungs auf: 100 Tipps für eine Hammer-Ausstrahlung!“ hieß die Zusammenstellung von Ratschlägen, die die Bravo jungen Mädchen ans Herz legte. Der Link führt zu einer Cache-Version des Artikels, der eigentliche Artikel ist inzwischen verschwunden und die Stelle ziert nun eine Stellungnahme anlässlich des Backlash. Den Kern des Problems treffen sie darin ganz gut:

„Kritik ist, dass wir ein rückständiges Frauenbild transportieren.“

Bei Tipps wie

„Wirf öfter mal Dein Haar lässig zurück. Das wirkt überlegen und zeigt, dass ein Junge sich ins Zeug legen muss, um Dich zu erobern. So weckst Du seinen Jagdinstinkt!“

oder

„Guck Jungs eher immer leicht von unten an. Das wirkt am süßesten auf Typen!“

ist das auch nicht besonders weit hergeholt. Weitere Tipps, die zum Beispiel empfehlen, sich auch mal alleine in der Nähe von Jungs aufzuhalten um mysteriöser zu wirken sind vielleicht auch einfach fahrlässig. Die Problematik der Bravo-Empfehlungen ist schon umfassend erörtert worden – VICE hat z.B. die gruseligsten zusammengetragen und diskutiert – aber der Shitstorm bietet eine gute Gelegenheit das Jugendmedium Bravo näher zu betrachten und zwar dort, wo sicher auch die meisten Jugendlichen mit ihr in  Berührung kommen: im Internet.

Hundeparkplätze bei IKEA

Auf den ersten Blick hat die Internetpräsenz der Bravo weit mehr mit Werbung als mit Sexismus zu tun. Die Seite zeigt meist ein Skyscraper-Banner, das höchstwahrscheinlich von Google beliefert wird, mir wird hier nämlich eine Versicherung angeboten – ziemlich sicher nicht das, worauf ich aus bin, wenn ich mir diese Seite anschaue. Die Werbung geht aber allem Anschein nach auch im redaktionellen Teil weiter. Auf der Startseite laufen heute (am 21.07) gleich zwei Artikel über IKEA, klickt man durch, erscheint auch noch ein dritter. Wir lernen, dass es bei IKEA Hundeparkplätze gibt, dass man dort Möbel kaufen kann, die das Smartphone ohne Kabel aufladen (Bravo dazu: „geil!“) und dass Jennifer Lawrence dort einkauft. Niedliche Tiere, Handy, Star – gelungene Zielgruppenansprache also.

STINKSAUER auf SNAPCHAT!

Auf den zweiten Blick, kann ich auf der Startseite etwas wichtiges einfach nicht finden: die Social Links. Die Bravo weist mich an keiner Stelle auf ihre Facebook-Seite hin. Auch nicht auf ihr Instagram-Profil oder ihren Snapchat-Usernamen, dabei ist das doch grade das neue Trend-Netzwerk. Eine Facebookseite hat die Bravo natürlich trotzdem, die Inhalte sind im Prinzip identisch mit der Website. Ein Snapchat-Profil findet sich zwar nicht, aber immerhin so etwas wie eine Erklärung: „Wir sind STINKSAUER auf SNAPCHAT!“ Die dezent click-baitige Headline führt zu einem Artikel, der darauf hinweist dass Snapchat (ein Netzwerk also, in dem unter anderem Videos versendet werden können) viel Datenvolumen aufsaugt.

YAY! WTF!

Clickbait-Headlines finden sich überdies bei mindestens jedem zweiten Artikel. Sie fangen mit „So“ an, oder mit „Krass!“ und wirken wie eine Kreuzung zwischen der Bildzeitung und Seiten wie heftig.co mit viel vermeintlicher Jugendsprache (OMG! Schock! YAY! WTF! WIN! FAIL!) und extra vielen Ausrufezeichen dazwischen. Nun bin ich keine vierzehn, aber das ganze wirkt schon ziemlich aufgesetzt. Thematisch dreht sich die Bravo größtenteils um (meist junge, weibliche) „Stars“, drauf folgen Smartphone-Themen und etwas, was man als „human touch“ beschreiben könnte. Artikel mit Überschriften wie „4-Jährige heiratet Erwachsenen – und der Grund dafür ist wunderschön“ – ihr kennt das.

Abgesehen von ihrer jüngeren Zielgruppe wirkt die Bravo online wie jedes andere Internet-Magazin, das vor allem auf Werbung und Klicks angewiesen ist. Mit Ausnahme der Ausstrahlung-Tipps ist es auch nicht sexistischer als andere. Auffällig ist hier höchstens noch der Kontrast zwischen den umfassenden Bildergalerien von Geschlechtsteilen, die den jungen Menschen zeigen sollen, dass ihre Körperteile ganz normal sind, und der „Skandal!“-Meldung über angebliche Brüste im Video eines YouTube-Stars. Wie das zusammen passt, mag sich jeder selbst überlegen.

„OK glass, take a picture“

Beim Essen. Beim Fernsehen. In der Uni. Auf dem Klo. Beinahe jeder von uns hat mittlerweile den nervösen Tick, den Google-Mitbegründer Sergey Brin in diesem Video für TED beschreibt. Wir alle kleben an unseren Smartphones und starren auf das Display, egal ob es etwas zu sehen gibt oder nicht. Mit seinem Handy-Betriebssystem Android hat Google einiges zu dieser Angewohnheit beigetragen, von der es uns jetzt wieder werbewirksam und mit möglichst großen Gewinnen wieder befreien möchte.

Das Smartphone soll vom kleinen Kästchen in der Hand jetzt zur Brille werden, die das, was wir jetzt auf dem Display sehen, direkt vor unserer Nase anzeigt. Ausgereift ist das sogenannte „Google Glass“ noch nicht, es kann noch nicht alles, was ein Smartphone kann und wäre wohl ästhetisch noch verbesserungswürdig, aber so stellt sich Google die Zukunft vor. Man soll die Hände frei haben und das kleine „Pop-up“ im Sichtfeld soll dezent sein und die Sicht nicht behindern. All das klingt genauso futuristisch wie interessant und scheint im Promo-Video auch tadellos selbst beim Extremsport zu funktionieren. Sein Ziel sei es, die Suchanfragen, Googles zentrales Element, überflüssig zu machen und den Menschen automatisch die Informationen zur Verfügung zu stellen, die sie brauchen. Ob man das auch möchte oder ob es sich anhört wie leicht zu manipulierender Science Fiction-Horror, muss sich noch zeigen.

 

Brin, Sergey (2013): „Google Glass – wozu?“ TED Conferences LLC. New York. <http://www.ted.com/talks/sergey_brin_why_google_glass.html>

 

Kremp, Matthias (2013): „Angefasst: Was kann die Google Brille?“ SpiegelONLINE. Hamburg.

<http://www.spiegel.de/video/google-glass-angefasst-testet-die-datenbrille-von-google-video-1276572.html>

Erdogan und die Medien

Das Verhältnis zwischen Recep Tayyip Erdogan und „den Medien“ ist nicht nur angespannt, sondern verkompliziert sich seit Beginn der Proteste Ende Mai auf vielen Ebenen.

Den ausländischen Medien wirft Erdogan vor, sich gegen seine Regierung zu verbünden, eine Verschwörung sei im Gange, offenbar mit dem Ziel den wirtschaftlichen Aufschwung in der Türkei zu stoppen. Das Bild, das CNN, BBC und Reuters von der Türkei zeichneten, sei ein verzerrtes, das nicht der Wahrheit entspreche. Mit der „wahren Türkei“ meint er in diesem Fall seine eigenen Anhänger, vor denen er medienwirksam am Sonntag auf einer Kundgebung eine Rede hielt.

Die Demonstranten im Gezi-Park wiederum klagen über die einseitige Berichterstattung der türkischen Medien, die zu wenig über die Polizeigewalt gegenüber Demonstranten berichteten. Zahlreiche (vor allem religiöse,) türkische Medien wiederum kritisieren die Protestbewegung.

Türkische Journalisten kritisieren die türkische Regierung, denn die Pressefreiheit scheint in dem Land nicht schrankenlos gegeben zu sein. „Reporter ohne Grenzen“ berichtet nicht nur über 70 inhaftierte Journalisten in der Türkei, auch Twitter-Nutzer seinen betroffen.

Das Bild, das Erdogan vermittelt, ist insgesamt ein gespaltenes. Er lehnt einseitige Berichterstattung aus dem Ausland über seine Regierung ab, fördert sie aber in den Medien im eigenen Land.

 

Quellen

Spiegel-Online (2013): Proteste in der Türkei: Erdogan macht Stimmung gegen ausländische Medien.http://www.spiegel.de/politik/ausland/tuerkei-erdogan-macht-stimmung-gegen-auslaendische-medien-a-906041.html (18.06.2013)

Michael Sontheimer (2013): „Alle haben Angst“. Hamburg. Spiegel. (Juni 2013)

Stern (2013): Erdogan attackiert westliche Medien. http://www.stern.de/politik/ausland/unruhen-in-der-tuerkei-erdogan-attackiert-westliche-medien-2025778.html (18.06.2013)

Reporter ohne Grenzen (2013): 14 verletzte Journalisten seit Beginn der Taksim-Proteste. http://www.reporter-ohne-grenzen.de/presse/pressemitteilungen/meldung-im-detail/artikel/14-verletzte-journalisten-seit-beginn-der-taksim-proteste/ (16.06.2013)

 

Regenbogenpresse – Ein Selbstversuch

Der Spiegel schreibt diese Woche über eine Mediengattung, die von der allgegenwärtigen „Medienkriese“ verschont geblieben zu sein scheint. Eine Mediengattung, von der ich zwar am Rande wusste, dass sie existiert, mit der ich mich aber noch nie befasst habe: Das sogenannte „Regenbogenblatt“. Viel darunter vorstellen konnte ich mir nicht, hatte nur die vage Idee, dass der Wahrheitsgehalt wohl noch fragwürdiger sein könnte als bei der BILD.

Laut Spiegel ist die Leserschaft der Heftchen 60+, weiblich und ihrem Blatt sehr treu, aber warum? Worum geht es in den Heften überhaupt? Bei einer kurzen Recherche im Internet findet sich nicht viel. Die meisten der Hefte haben keinen richtigen Internetauftritt, Google bietet mir in den ersten Treffern nur an Anzeigen aufzugeben. Hat das Heft eine Internetseite, so stammt die, wie im Fall der „Revue der Woche“ vom Verlag und deckt gleich mehrere Blätter ab.

Spontan habe ich mich also zum Selbstversuch entschlossen, bin in den nächsten Supermarkt und habe mir drei Exemplare gekauft (Preis für alle drei: 2,37 €). Im Zeitschriftenregal finden sie sich in der untersten Reihe, wo ich normalerweise nicht einmal hinschaue und es gibt unfassbar viele von ihnen. Auf den Titelseiten: Unvorteilhafte Fotos von Menschen die ich nicht oder nur aus der RTL-Werbung kenne. So schreibt zum Beispiel die „Revue der Woche“: „Die Geissens: Angst um ihre Töchter (Die Gefahr ist größer den je – Sie fordern das Unglück heraus)“ Im inneren der Zeitung stellt sich heraus: Die Kinder sind alleine Tretboot gefahren. Lebensgefahr! Und außerdem: Im zwei Stunden entfernten Marseilles („unweit von St. Tropez“) ist die Drogenkriminalität gestiegen. Entführungsgefahr!

Die „Super Freizeit“ schlägt eine etwas andere Richtung ein: „Alkohol-Drama“1 Carmen Geiss trinke zu viel und sei „aufgedunsen“, wie ein Vorher-Nachher Bild beweisen soll. Ich kann keinen Unterschied erkennen. Immerhin findet sich auch hier die „Entführungspanik“ wieder, auch wenn sie im Artikel nicht erwähnt wird.

Eingehender mit dem Thema Regenbogenpresse beschäftigt sich das Watchblog TopfVollGold (http://www.topfvollgold.de/), betrieben von zwei Journalistik-Studenten der TU Dortmund. Sie decken auf, wo die Wahrheit verdreht und geschummelt wurde. In einem Interview mit dem EJO (s. Quellen) geben sei zu bedenken, dass ein Teil der Leser die Geschichten aus den Regenbogenheften durchaus ernst nehmen.

 

1Mehr zum Thema „Drama“: http://www.topfvollgold.de/?p=2805

Quellen:

Kühn, Alexander und Maximilian Popp (2013): Simple Storys. In: DER SPIEGEL (21/2013). Hamburg. SPIEGEL- Verlag Rudolf Augstein GmbH & Co. KG S. 136

Grass, Karen (2013): Regenbogenpresse: „Die Macht wird unterschätzt“. European Journalism Obervatory. (17.05.2013) Dortmund. Erich-Brosius-Institut. URL:http://de.ejo-online.eu/9233/medienjournalismus/9233 (Aufgerufen am 22.05.2013)

Schönauer, Mats und Moritz Tschermark (2013): Topf Voll Gold. Dortmund. URL: http://www.topfvollgold.de/ (Aufgerufen am 22.05.2013)

Gippner, Steffen (Hrsg.) (2013): „Alkohol-Drama“. In: Super Freizeit (Nr. 6 Mai/Juni 2013). Hamburg. Bauer People GmbH. S. 7

Schuhmacher, Klaus (Hrsg.) (2013): „Angst um ihre Töchter“. In: Revue der Woche (Nr. 6 Juni 2013). Hamburg. Deltapark-Verlag Ltd. S. 6-7

 

Raab talkt sich ins Kanzlerduell

Stefan Raab kann alles, weiß alles und ist sich für nichts zu schade. Seit Ende letzten Jahres und dem Start seiner Polittalkshow „Absolute Mehrheit“, dessen zweite Ausgabe gestern auf Pro7 ausgestrahlt wurde, darf sich der Entertainer nun also auch „Politiktalkmaster“ in seinen Lebenslauf schreiben. Direkt unter „Wok-Rennfahrer“, „Synchronspringer“ und „Autoball-Pilot“.

 

Vergangene Woche sorgte Raab im Politikbetrieb dann erst recht für erhöhte Aufregung und daran war nicht einmal seine umstrittene Talkshow Schuld. Raab hat nämlich bereits das nächste große Ding im Visier: Die Moderation des Kanzlerkandidatenduells im Vorfeld der Bundestagswahl im kommenden September. Ins Gespräch gebracht hatte ihn dazu kein geringerer als Edmund Stoiber, seines Zeichens Beiratsmitglied von ProSiebenSat1 und selbst ehemaliger Kanzlerkandidat der CDU/CSU-Fraktion. Stoiber gab im Interview mit dem Spiegel (7/2013) zu Protokoll, dass sich ProSiebenSat1 überlege, Raab als Moderator ins Duell zu schicken, um ein jüngeres Zielpublikum ansprechen zu können und somit der Politikverdrossenheit der jungen Bundesbürger entgegenzuwirken. Raab selbst griff den Vorschlag prompt auf und ließ gewohnt selbstbewusst verlauten, dass er sich dieser Aufgabe gewachsen sehe und seine Teilnahme plane.

Das Medienecho auf diese Nachricht war enorm und fand auch in der Politik seinen ebenso erwartbaren wie umstrittenen Nachhall. Insbesondere SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück machte dabei einmal mehr keine glückliche Figur, indem er sich erst vehement gegen eine Beteiligung Raabs aussprach („Politik ist ein ernstes Geschäft und keine Unterhaltungssendung“ (Süddeutsche, 13.02.)); nur um nicht einmal 48 Stunden später eine verbale Rolle rückwärts hinzulegen mit dem Statement „Raab zu akzeptieren, wenn auch Angela Merkel einverstanden sei“. Ist sie, und lässt ihren Widersacher damit einmal mehr wie ein Fähnchen im Wind dastehen, ohne selbst einen Finger krumm gemacht zu haben.

 

Raab dagegen konnte kaum etwas Besseres passieren als die jetzige Aufregung und der Trubel um die Glaubwürdigkeit seiner politischen Ambitionen. Eine bessere Werbung für seine „Absolute Mehrheit“ hätte er sich kaum wünschen können.

Gestern Abend war dann Showtime, wenn man so will die Feuerprobe für den frischgekürten Talk-Prinzen. Und siehe da, auch ein Stefan Raab ist steigerungsfähig angesichts der zum Teil herben Kritik an seiner Premierensendung im vergangenen November. Der Entertainer wirkte ausgeruht und spritzig, hakte an den richtigen Stellen nach und hatte sich diesmal sogar erstaunlich gut auf seine Gäste – eine Damenrunde bestehend aus Nachwuchskräften von CSU, Linkspartei, FDP und Grünen plus Musiker Oli Schulz als „interessierter Wutbürger“- vorbereitet („Ich hab mal ein bisschen über sie alle rumgegoogelt.“). Seine Gäste dankten es ihm mit einer munteren und offensiv geführten Diskussion, die dem zeitgleich in der ARD laufenden „Günther Jauch“ spielend die Stirn bot. Feuerprobe bestanden, das Kanzlerduell kann kommen.

 

 

 

Quellen:

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Der Spiegel (07/2013): „Raab ins Kanzlerduell“ (S. 32f)

Der Spiegel (08/2013): „Wadde hadde dudde da?“ (S.23)

Sueddeutsche.de (13.02.2013) „Steinbrück lehnt Raab als Ko-Moderator ab“ <http://www.sueddeutsche.de/medien/tv-duell-steinbrueck-lehnt-raab-als-ko-moderator-ab-1.1599103> (Abruf: 18.02.2013)

Sueddeutsche.de (15.02.2013) „Steinbrück will Raab doch als Ko-Moderator“

<http://www.sueddeutsche.de/medien/tv-duell-vor-bundestagswahl-steinbrueck-will-raab-doch-als-ko-moderator-1.1600929>

 

Al Jazeera und die journalistischen Werte

“Being a globally oriented media service, Al Jazeera shall adopt the following code of ethics in pursuance of the vision and mission it has set for itself:
1.    Adhere to the journalistic values of honesty, courage, fairness, balance, independence, credibility and diversity, giving no priority to commercial or political over professional consideration.“
(Al Jazeera, 2010)
Der 1996 vom Emir von Katar gegründete Nachrichtensender Al Jazeera (Im Deutschen Al Dschasira geschrieben) sollte ein freies, unabhängiges Medium für die arabische Welt sein. Heute berichtet der Spiegel über einseitige Berichterstattung zu Gunsten der außenpolitischen Interessen Katars.
Mit dem Emir selbst als Gründer und Verwandten in Schlüsselpositionen scheint das nicht besonders überraschend, widerspricht aber trotzdem dem selbst auferlegten „Code of Ethics“ (siehe oben). Besonders in der Berichterstattung über Ägypten und Präsident Mursi zeige sich der Einfluss, er werde ohne Hinterfragen positiv dargestellt, die Demonstranten als „Krawallmacher“ bezeichnet (Kühn, Reuter, Schmitz, SPIEGEL 2013). Das ist schade, wenn man bedenkt, dass der Sender noch 2012 mit dem „Freedom of Speech and Expression Award“ der Roosevelt Foundation ausgezeichnet wurde. Man kann nur hoffen, dass sich Al Jazeera auf den eigenen ethischen Kode zurückbesinnt und diese Entwicklung noch aufhält, bevor ihre Glaubwürdigkeit ernsthaft beschädigt wird.
2012 hat Al Jazeera den amerikanischen Sender Current TV von Al Gore aufgekauft, um auch in den USA Fuß zu fassen, wo man einem arabischen Sender ohnehin kritisch gegenübersteht. Das neue Current TV soll eigens auf das amerikanische Publikum zugeschnittene Inhalte senden (Winkler, Süddeutsche 2013).

Kühn, Alexander et al (2013): „Bröckelnde Insel“. Der SPIEGEL Nr. 7/ 09.02.13. Hamburg: Spiegel Verlag Rudolf-Augstein GmBH. 09.02.13.

Al Jazeera (2010): „Code of Ethics“ aljazeera.com. Doha: Al Jazeera English. 07.11.2010.
URL: http://www.aljazeera.com/aboutus/2006/11/2008525185733692771.html

Winkler, Willi (2013): “Al Dschasira fordert CNN heraus” süddeutsche.de. München: Süddeutsche Zeitung GmBH. 03.01.2013.
URL: http://www.sueddeutsche.de/medien/kauf-von-current-tv-al-dschasira-fordert-cnn-heraus-1.1564501

Al Jazeera: “Awards won by Al Jazeera Einglish”. aljazeera.com. Doha: Al Jazeera English. 28.12.2012.
URL: http://www.aljazeera.com/pressoffice/2012/04/2012416161854868952.html

Der Retter des Polit-Talks – „Absolute Mehrheit“ für Stefan Raab?

Wer sich regelmäßig Polit-Talks ansieht, der bemerkt früher oder später wie der Hase läuft. Das Thema ist eng gefasst (meist eine Abwandlung von „Eurokrise“), die Politiker legen sich nicht fest und werden auch kaum festgelegt, das System ist immer das gleiche (eine Sendung – ein Thema) und man kommt nicht darum herum, sich zu fragen, ob mache Politiker schon eine Wohnung in Studionähe gemietet haben.

Ausgezogen, um das alles zu ändern, ist das Ass im Ärmel von Pro Sieben: Stefen Raab. Nach TV-Total, Schlag den Raab, der Wok-WM, dem Turmspringen, der Stock Car Challenge, der Autoball-WM, den Pokerstars und vielem mehr: jetzt also auch Politik mit Raab. Und alles soll anders werden! Mehr Themen (gleich 3 pro Sendung und auch recht weit gefasst), mehr Meinung, mehr „Bürgerbeteiligung“, mehr Einfachheit und dann auch noch mehr Geld. „Absolute Mehrheit“ kann man nämlich auch gewinnen. 100 000 Euro für den Politiker, der mehr als 50% der kostenpflichtigen SMS und Telefonstimmen erhält. Logisch.

Ob das nun funktioniert hat, ist fraglich. Zugegeben, Raabs Sendung ist locker und zugänglich, weniger polit-theoretisch als die Konkurrenz und er schafft es wohl auch, die eine oder andere verbindliche Aussage aus den Gästen herauszuholen aber irgendwie erscheint auch alles sehr simpel. Man kommt nicht umhin, sich zu fragen, ob das denn wirklich alles so einfach wäre, wie es sich hier anhört. Leider macht es das Konzept der Sendung auch nicht leichter; schließlich müssen drei Themen abgearbeitet werden und die Zuschauerstimmen sollten ja auch noch berücksichtigt werden. Da kann es dann schon mal passieren, dass der Redner mitten im Satz abgeschnitten wird (an sich ja nicht tragisch) nur um ganz dringend auf die total wichtigen Balkendiagramme zu schauen, die zeigen, welcher Gast bei den Zuschauern gerade vorne liegt. Kurz darauf ist auch schon das Thema vorbei. Weiter zum nächsten. Jedes Thema der Sendung wird eingeleitet von einem kleinen Einspieler der die Problemstellung erläutern soll. Das erinnert (mich zumindest) an eine mäßig lustige Kopie der Rubrik „Toll!“ am Ende von Frontal 21.

Gewonnen hat am Ende der Herr Kubicki das Ganze, Geld hat er aber trotzdem keins bekommen, keine absolute Mehrheit.

Die nächste Sendung kommt dann im Januar auf uns zu, aber die werde ich mir wohl nicht ansehen. Das ist aber auch bei anderen Raab Sendungen nicht anders.

Quellen:

http://www.spiegel.de/kultur/tv/tv-kritik-stefan-raab-und-seine-polit-show-die-absolute-mehrheit-a-866591.html

http://www.sueddeutsche.de/medien/absolute-mehrheit-von-stefan-raab-jetzt-macht-euch-mal-locker-1.1519088