Geschichten sind etwas wunderschönes. Schon als Kind sass ich aufgeregt, mit großen Augen und voller Begeisterung, mit gespitzten Ohren vor dem Erzähler und lauschte fantasievollen und ausgefallenen Geschichten. Auch noch Jahre später ergreifen uns Reportagen wie die Geschichte von Ahmed und Alina, zwei geflüchteten Kindern aus Aleppo, die sich alleine in der Türkei durchschlagen. Der Leser wird mitgerissen und emotional berührt. Schockierend, wenn es sich bei dieser Reportage um Protagonisten handelt, die es so nie gegeben hat. Dieses traurige, herzzerreißende Märchen von Ahmed und Alina ist nahezu frei erfunden und stammt von dem nun ehemaligen Spiegel Journalist Claas Relotius.
Relotius, ein mehrfach ausgezeichneter Journalist, national hochgepriesen, nahm das Storytelling für seine Reportagen zu ernst. Der 33-jährige Journalist wurde vom eigenen Haus, dem Spiegel, aufgedeckt, denn eine erfundene Geschichte hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Er soll mehrere Artikel komplett gefälscht, Protagonisten erfunden und viele weitere Unwahrheiten in seine Texte eingebaut haben, zudem besteht der Vorwurf er habe Spendengelder veruntreut. Nicht nur Artikel des Spiegel sind betroffen sondern auch für andere Printmedien hat Relotius geschrieben, wie beispielsweise ,,die Welt“.
Ein Skandal für das ohnehin schon zur Zielscheibe gewordene System Journalismus, der nicht leicht zu ignorieren ist. Seit einigen Jahren hagelt es heftige Kritik. Vorwürfe wie ,,Lügenpresse“, ,,Fake news“ und mehr sind leider zu geläufigen Begriffen geworden. Dabei hatten die aktuellsten Ergebnisse der Langzeitstudie für Medienvertrauen ein positives Bild gezeichnet, welches ein wieder wachsendes Vertrauen in den Journalismus aufzeigt.
Was treibt einen Journalisten aber nun dazu solch einen Vertrauensbruch zu begehen und die eigene Berufsethik so mit Füssen zu treten ?
,, Es ging nicht um das nächste große Ding. Es war die Angst vor dem Scheitern“. Und ,, mein Druck nicht scheitern zu dürfen, wurde immer größer, je erfolgreicher ich wurde“ – Claas Relotius
Ist dies wirklich ein Grund die Wahrheit so zu manipulieren und tausende von treuen Lesern so zu hintergehen ? Nein ist es eben nicht und aus diesem Grund geht der Spiegel in die Offensive und macht den Betrugsfall im hauptsächlich eigenen Haus zur Titelstory und schafft somit Transparenz.

Spiegel Cover zur Enthüllung
Mit der Titelstory ,, Sagen was ist“, gibt die Redaktion zahlreiche Infos um den Fall, als auch online, um die Öffentlichkeit dauerhaft über die neuesten Erkenntnisse im Fall Relotius auf dem Laufenden zu halten.
Der Schaden ist angerichtet. Viele Leser sind schockiert und verunsichert. Erneut gerät das Vertrauen in den Journalismus ins Wanken, doch die Langzeitstudie Mediennutzung und eine solche Transparenz wie der Spiegel sie nun betreibt, lassen die Hoffnung bestehen, dass Vertrauen doch noch aufrecht erhalten zu können.
Quellen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Der_Spiegel_-_Sagen_was_ist.jpg