Kennen wir das nicht alle? Man muss ein Referat halten oder eine Hausarbeit schreiben, hat schon so viele Bücher aus der Bibliothek geschleppt, so viele Online-Artikel gelesen, nur zu ein paar kleinen Informationen scheint es auf der Welt keine Literatur zu geben. Obwohl genau diese Informationen genau jetzt unglaublich wichtig für diese Arbeit sind! Dass es meistens an Stress, Ungeduld und dazu scheinbar proportional steigender Blindheit für wichtige Informationen in Texten liegt, sei augenzwinkernd dahingestellt.
Dann beschleicht einen ein dumpfes Gefühl. Ein verbotenes Gefühl. Mit plötzlich kalten Händen huschen die Finger über die Tastatur, ein, zwei Mausklicks… und es ist getan. Das Adrenalin pulsiert in den Adern – Wir haben Wikipedia aufgerufen. Und sind dort ungefähr nach einer Sekunde fündig geworden.
Aber warum ist Wikipedia immernoch an so vielen Universitäten „Sünde“? Da es sich um eine „freie“ Enzyklopädie handelt, an der eigentlich jeder weiterschreiben kann, gilt Wikipedia als unzuverlässig. Autoren sind oft Laien, die sich interessehalber in einem bestimmten Themengebiet auskennen. Die Artikel sind oft fehlerhaft oder gar Plagiate und die Autoren kann man oft gar nicht mehr zurückverfolgen, da viele auch noch anonym arbeiten. Oder die Quelle, die man genannt hat, existiert so nichtmehr, weil der Artikel wieder umgeschrieben wurde. So erklärt man es uns schon seit der Schulzeit. Klingt erstmal alles plausibel.
Doch 2005 hat „Nature.com“in einem Vergleich zwischen Wikipedia und der Encyclopedia Britannica durchgeführt, dessen Ergebnis überraschte: 42 zufällig ausgewählte Artikel wurden von Experten in Hinblick auf Fehler und Ungenauigkeiten überprüft. Wikipedia-Artikel wiesen im Durchschnitt vier Fehler auf und die der Encyclopedia drei. Innerhalb der 42 Artikel traten insgesamt in beiden Enzyklopädien vier schwerwiegende Fehler auf. So unzuverlässig kann die Seite also gar nicht sein, oder? Allerdings ist der Vergleichstest mittlerweile doch schon relativ alt und die Zahl der getesteten Artikel sehr gering. Die geringe Fehlerzahl kommt laut „Forschen und Lehre“ daher, dass so viele Autoren an den Artikeln schreiben und die Seite eine so hohe Aktualität hat, dass Fehler meist schnell gefunden und verbessert werden. Hauptargument gegen Wikipedia ist meistens, dass es sich eben nicht um wissenschaftliche Texte handelt. Die Autoren sind oft Laien oder gar anonym. Aber sollte man die Arbeit eines Wissenschaftlers nicht genauso kritisch hinterfragen?
Auch, dass die Quelle eines Artikels manchmal später nichtmehr aufrufbar ist, stimmt so nicht, wie Forschen und Lehre erklärt. Man könne einfach einen Permanentlink der Seite in ein Zitat seines Textes einbauen. So finde sich immer wieder die gemeinte Version. Die Autoren kann man ebenfalls zurückverfolgen, da es zu jedem Artikel eine Versionsgeschichte gibt. In dieser steht, wer mitgeschrieben hat und wer was genau zu einem Eintrag beigetragen hat. So lassen sich Informationen anonymer Autoren auch aussortieren.
In „normalen“ Enzyklopädien und wissenschaftlichen Texten gibt es im Gegensatz zu Wikipedia natürlich meist keine Diskussionsfunktion. Aber diese ist besonders hilfreich für einen reflektieren Umgang mit den aufgerufenen Artikeln und Themen. Denn gerade in den Diskussionen wird ja kritisiert und man hat Einblick in verschiedene Betrachtungsweisen. Wobei es ja nicht verboten ist, diese zu lesen um sich weitreichender zu informieren, denn man benutzt diese später sicher nicht als Quelle für seine Arbeit. Es scheint also einfach viele Vorurteile gegen Wikipedia zu geben, immerhin ist die Seite einfach noch nicht besonders alt. Außerdem sollen Studenten lernen, „richtig“ zu recherchieren. Ob die Debatte je zu einer Lösung kommt, ist fragwürdig. Und Wikipedia hat eben seine Vor- und Nachteile. Man hat mittlerweile auch einfach selber schon ein schlechtes Gefühl, wenn man Wikipedia benutzt hat, ob nun berechtigt, oder nicht. Aber irgendwie haben wir es erstaunlicherweise ja auch fast immer geschafft, am Ende doch ohne unser geliebtes Wiki zu arbeiten.
Literatur:
http://blogs.nature.com/nascent/2005/12/comparing_wikipedia_and_britan_1.html
http://www.forschung-und-lehre.de/wordpress/?p=6807
http://www.nature.com/nature/journal/v438/n7070/full/438900a.html