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„Beef“ als neue Form der Cross-Promo auf YouTube

In den letzten knapp 2 Wochen herrschte große Aufregung auf der Videoplattform YouTube um die Kanäle von Leon Machére, Mert Matan und ApoRed. Die YouTuber trugen in einer echten Schlammschlacht mehrere Meinungsverschiedenheiten öffentlich über die Plattform aus, leimten dabei sogar Ihre eigenen Zuschauer. Mittlerweile stellt sich allerdings die Frage, ob nicht doch alles nur inszeniert war und ihr gemeinsames Netzwerk TubeOne so erfolgreich versucht hat, eine neue Art der Crossmedialen-Werbung auf YouTube zu entwickeln.

Screenshot aus dem angeblichen "Aufklärungsvideo"
Screenshot aus dem angeblichen „Aufklärungsvideo“

Zum Verständnis der Gesamtsituation muss man sagen, dass Leon Machére sowie Mert Matan über einen längeren Zeitraum eine gemeinsame Serie auf YouTube betrieben habe, die „Wenn du Eier hast“ heißt. Dabei gehen sie auf die Straßen von verschiedenen Städten und stellen sich gegenseitig verschiedene, peinliche Challenges. In letzter Zeit allerdings machte sich Leon Machére die Serie allerdings immer mehr zu seinem Eigenen Format, stellte beispielsweise eine Episode mit ApoRed online und brachte eigenes Merchandise mit der Aufschrift „Wenn du Eier hast“ auf den Markt. Darüber war dann Mert Matan derartig gekränkt, dass er es für nötig hielt, ein Statement in Videoform auf seinem Kanal zu veröffentlichen.

Abonnenten- und Klickwachstum des YouTube Kanals Mert Matan
Abonnenten- und Klickwachstum des YouTube Kanals Mert Matan

Dieses wurde binnen Stunden hunderttausende Male und innerhalb eines Tages gar über eine Millionen Mal angeklickt. Dieses Video zog aufgrund der durchaus einleuchtenden Darstellung von Mert Matan eine gigantischen Shitstorm gegenüber Machére und ApoRed nach sich, die es ihrerseits für selbstverständlich hielten, auch ihre Sicht der Dinge in jeweiligen Videos auf ihrem Kanal darzustellen. Ebenfalls diese Videos erreichten überdimensional viele Klicks, ebenfalls deutlich über die Millionenmarke. Schließlich gipfelte der angebliche Streit dann in einer neuen Folge von „Wenn du Eier hast“ auf den Kanälen von Machére und ApoRed, bei denen die Bestrafungen für nicht bestandene Challenges zum einen ein angebliches Entschuldigungsvideo gegenüber Matan, und zum anderen das Schmeißen von Eiern an die Haustür von Mert Matan waren.

Abschließend veröffentlichten die drei Protagonisten dann vor einer Woche, am 7. Februar, ein Video in welchem sie den Streit dann ohne wirkliche Erklärung beilegen und ihre Zuschauer auffordern, den Shitstorm nun abzubremsen bzw. zu stoppen, was auch sehr gut funktioniert hat. Spätestens dort kam einigen Branchenexperten, wie MrTrashpack, der Verdacht, dass der „Beef“ vielleicht nichts Anderes als eine Cross-Promoaktion war, gesteuert vom Multi-Channel-Netzwerk TubeOne, um mehr Aufmerksamkeit auf alle YouTube-Kanäle zu richten und im Endeffekt natürlich auch die Einnahmen der Kanäle zu steigern.

Leon Machere
Abonnenten- und Klickwachstum des YouTube Kanals Leon Machére

Dieser Effekt wurde, unabhängig von den wahren Hintergründen dieses Streits, definitiv erreicht. Alle drei YouTube Kanäle konnten in diesem

kurzen Zeitraum einen extremen Abonnenten- und Klickzuwachs für sich verzeichnen. So erreichten die alleine die insgesamt circa 8 „Beef“-Videos auf den verschiedenen Kanälen insgesamt mehr als 10 Millionen Klicks. Wenn man bedenkt, dass YouTube pro 1.000 Klicks circa 1-2€ an die Netzwerke zahlt, liegt der Verdacht einer bewussten Manipulation nahe. Dazu kommt, dass das „Werbemittel Streit“ bereits auch schon in anderen Bereichen ein probates Mittel ist. So ist es bereits seit Jahren in der Rapszene gang und gäbe, dass man Verkaufszahlen von neuen Alben durch die Inszenierung eines Streits zwischen zwei oder mehreren Parteien zu steigern. Das bekannteste Beispiel dürfte wohl der „Beef“ zwischen KayOne und Bushido sein, die bereits mehrere Songs veröffentlichen, die sich lediglich mit dem Niedermachen des jeweils Anderen beschäftigten und mit zu den meistverkauften Stücken der Künstler.

ApoRed
Abonnenten- und Klickwachstum des YouTube Kanals ApoRed

Was im Endeffekt hinter dieser gesamten Aktion der 3 YouTuber steckt, wissen wohl nur die Beteiligten selbst und deren Netzwerk. Allerdings sprechen sehr viele Indizien für eine künstliche Inszenierung mit dem Hintergedanken der Profitsteigerung.

Aufruhr um Schweiger-Tatort

Stark sinkende Quoten, immer lauter werdende Kritik wegen zu viel Gewalt für einen Tatort, Hauptdarsteller Til Schweiger reagiert mit einem für seine Krimi-Kollegen herabwürdigenden Facebookpost und in nicht mal 4 Wochen soll bereits die Premiere des Kino-Tatorts steigen.

Schweiger Post
Hier der Facebookpost Schweigers vom 4. Januar.

Das hatte sich Til Schweiger sicherlich ganz anders vorgestellt, als 2012 die ARD verkündete, dass er ab dem kommenden Jahr als Kommissar im Hamburger Tatort ermitteln würde. Der Hype war riesig, die Ankündigungen Schweigers ebenso. Er wollte vieles in Frage stellen und reformieren, was den Tatort in den letzten Jahrzehnten ausgemacht hat, als Beispiel dafür nannte er damals den legendären Vorspann, welches seiner Meinung nach „outdated“ sein würde oder ganz entfernt werden könnte.  Damals war bereits der Aufschrei bei den Krimi-Fans groß, man konnte kaum glauben, dass Schweiger es wirklich Ernst meinte mit seinem Vorstoß. Auch wenn er sich in diesem Punkt entgegen seiner Ankündigung nicht durchsetzen konnte, setzten Schweiger und sein Team vor allen Dingen in Sachen Brutalität und Action neue Maßstäbe für den Tatort.trend-501-1451997410

Daher war sein Debut im März 2013 absolut heiß erwartet worden. Die Quoten jedenfalls stimmten schon mal, knapp 12,57 Zuschauer, der beste Wert seit über 20 Jahren zu diesem Zeitpunkt, sahen Nick Tschiller beim Ermitteln im Herzen Hamburgs gegen den mächtigen, hochkriminellen und brutalen Arslan-Klan zu. Allerdings war die Zuschauergemeinde gespalten in ihrer Meinung zum ersten Schweiger-Tatort. In einer von der ARD durchgeführten Online-Umfrage fand ein Drittel der Befragten den Tatort zu brutal und zu viel actionreich, ein weiteres Drittel hingegen freute sich über diese neue Art Krimi, das verbleibende Drittel konnte sich nicht so wirklich zwischen einem „ordentlichen Debut“ und „so la la“ entscheiden. Schweiger Abstimmung

In etwa dieses negativ eingestellte Drittel schaltete dann im zweiten Tatort von Schweiger gar nicht erst ein. Die Quote sank auf knapp 10 Millionen Zuschauer und dieser Trend sollte anhalten, sodass die Quote beim letzten Tatort, der aufgrund der Terroranschläge von Paris erst am 4. Januar 2016 ausgestrahlt worden ist, nur noch bei 7,46 Zuschauern lag. Ein kleines Debakel für den anspruchsvollen Til Schweiger.

Daraufhin fühlte sich Schweiger gezwungen noch am selben Abend ein Statement über Facebook abzugeben, indem er zunächst einmal sein Team, die Ideen und vor allen Dingen den Regisseur Christian Alvart loben und verteidigen wollte. Allerdings konnte er sich auch einige Seitenhiebe seinen Kritikern („Trottel, die darüber schreiben“) und überraschenderweise auch zwei Tatort-Kollegen („zwei moppelige Kommissare, die ne Currywurst verspeisen“) gegenüber nicht verkneifen. Der Aufschrei war natürlich groß, die Rechtfertigung Schweigers folgte allerdings nur einen Tag später in Form eines Interviews in der BILD-Zeitung, wo er zwar an seinen ursprünglichen Aussagen über Neid, Kritiker und seinen Kollegen festhält, allerdings die von ihm gewählten Formulierungen in Frage stellt: „Vielleicht hätte ich „Trottel“ durch ahnungslos ersetzen können. Das wäre pietätvoller gewesen.“

Die Frage ist natürlich wie es jetzt weitergeht mit Nick Tschiller in Hamburg, laut dem NDR wie geplant. Im Februar soll der langerwartete Kino-Tatort anlaufen, danach dann noch weitere 3 Filme im Ersten laufen. In Frage gestellt wird Til Schweiger also nicht, eine Verlängerung des Vertrags mit dem NDR ist aus heutiger Sicht allerdings doch recht unwahrscheinlich.

 

Schleichwerbung auf YouTube – Ist jetzt Schluss damit?

Knapp 60% Marktanteil unter den Videoplattformen, knapp 70% der Jugendliche im Alter von 14-29 Jahre nutzen die Plattform regelmäßig, die beliebteste Social-Media-Plattform deutlich vor Facebook, 300 Stunden neues Videomaterial pro Minute und über 4 Milliarden Videoaufrufe pro Tag weltweit. Das alles ist YouTube. Die Videoplattform Nummer 1, die mittlerweile in der jugendlichen Zielgruppe (12-19 Jahre) dem klassischen Fernsehen den Rang abgelaufen hat. So nannten bei einer Studie nur noch 84% Fernsehen als Zeitvertreib, wobei YouTube von 93% der Befragten Jugendlichen eine Freizeitbeschäftigung ist.

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Mittlerweile nutzen knapp 50% der User die Angebote von Youtube mobil.

Klar, dass das Phänomen YouTube und seine Reichweite bei Unternehmen und vor allen Dingen bei Werbetreibenden nicht unbemerkt bleibt und das riesige Potenzial erkannt wird und genutzt werden will. Was YouTube über die Marktmacht und Reichweite hinaus überaus interessant für Werbung macht, ist die persönliche, gar freundschaftliche Bindung, die viele Fans zu ihren Idolen spüren und die auch so von den YouTubern nach außen hin vermittelt wird. Dadurch wurden Produktplatzierung immer wieder als eine ungekennzeichnete, persönliche Empfehlung von den YouTubern an ihre Fans dargestellt. Dadurch ist es vor allen Dingen für die leichtgläubigen, jungen Fans extrem schwierig nachzuvollziehen, was man davon ernst nehmen kann und was in Wirklichkeit nur bezahlte Werbung ist.

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Phil und TC von Y-Titty halten das damals neue Galaxy S4 in die Kamera, ohne irgendeine Kennzeichnung. Schleichwerbung?

Bekannt sind natürlich nur wenige Fälle von ungekennzeichneten Produktplatzierungen, man würde sich freilich ein Eigentor schießen, sollte man dies öffentlich zugeben. Verdachtsmomente gibt es aber zu genüge und auch heute auch noch immer wieder. So stehen die überaus beliebten „Haul-Videos„, in denen meistens weibliche YouTuber ihre neuesten Errungenschaften aus angesagten Geschäften, wie DM oder H&M, präsentieren und in die Kamera halten, unter Verdacht eigentlich nur Marketingmaßnahme zu sein. Darüber hinaus gibt es auch klassischere, versteckte Produktplatzierung wie man sie aus dem Fernsehen oder Kino kennt. So trank das Comedy-Trio Y-Titty in ihren Videos immer wieder Coca-Cola und präsentierte in ihren Musikvideos ein Samsung-Handy. Bei knapp 3,2 Millionen Abonnenten über die der Kanal verfügt, sicherlich kein Zufall.

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Ein klassischer DM-Haul der YouTuberin DagiBee. Darin präsensiert aktuelle Produkte der Firma DM, angeblich aus eigenem Antrieb.

So setzt auf YouTube eine zunehmende Kommerzialisierung des Contents ein, immer mehr der Videos sind gesponsert oder gar reine Werbevideos. Vom eigentlichen und ursprünglichen Kredo „Broadcast Yourself“ ist immer weniger zu sehen. Dass diese Werbevideos oftmals nicht als solche gekennzeichnet sind, beschäftigt die Medienanstalten schon länger. Bislang bewegten sich allerdings sowohl die Content-Producer, als auch die Werbetreibenden in einer Grauzone, da es noch keine eindeutigen Regelungen für den Bereich Social-Media, also auch nicht für YouTube, gab. Nun allerdings gaben die Medienanstalten in einem FAQ klare Rahmenbedingungen heraus, wie sie schon bei Film, Radio und Fernsehen längst existierten und gelten.

Darin werden alle wichtigen Fragen zur korrekten Kennzeichnung von verschiedenen Sachverhalten erklärt und vor allen Dingen auch die Konsequenz eines Imageschadens und Glaubwürdigkeitsverlusts für YouTuber bei Nichtbeachtung aufgezeigt. Wirklich neu sind die Regelungen allerdings nicht, denn auch auf YouTube gilt, wie überall: „Werbung muss als solche leicht erkennbar und vom übrigen Inhalt der Angebote angemessen durch optische und akustische Mittel oder räumlich abgesetzt sein (§ 58 Absatz 3 in Verbindung mit § 7 Abs. 3 Rundfunkstaatsvertrag).“Unbenannt

Wer dies in der Vergangenheit nicht richtig getan hat, Stichwort Y-Titty, hatte allerdings keine Strafen oder Sanktionen zu fürchten. Inwiefern sich das jetzt ändern wird und überhaupt kann, in Anbetracht der riesigen Mengen an Content, die täglich hochgeladen werden, bleibt weiterhin völlig offen und spannend.