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taz-Erstleserbericht – Die Zweite (I)

Wie ein Seminarkollege schon einige Wochen zuvor, habe auch ich mich ohne Vorkenntnis an die taz gewagt, um mir ein ganz persönliches Bild zu machen.

Doch bevor ich mit der Lektüre beginnen konnte, musste erst die Beschaffungsfrage geklärt werden.
Täglicher Zeitungskauf in Kiosk oder Supermarkt erschien mir zu lästig, also fiel die Wahl auf bequeme Lieferung per Abo. Für gerade einmal 10 Euro erhielt ich nach problemloser Onlineanmeldung für ganze 5 Wochen die TAZ zur Probe, ohne befürchten zu müssen in die Abofalle zu tappen. Denn taz-Abos verlängern sich grundsätzlich nicht automatisch.

Lustigerweise erhielt ich an den ersten drei Tagen die FAZ, statt der taz…krakeliger Handschrift des Trierer Lokalvertriebs sei Dank. Nach einem Anruf bei einer äußerst charmant berlinernden Mitarbeiterin („Keen Problem junger Mann, det krien wa schon hin“) erhielt ich dann aber schon am nächsten Tag wie gewünscht das korrekte Blatt.

Positiv angetan war ich sofort vom typischen „Berliner Format“, das mit 282 x 430 mm gut in der Hand liegt und auch in beengten Zugabteilungen umblättern ohne versehentlich Kinnhaken ermöglicht. Auch am Frühstückstisch erwies sich die Unaufdringlichkeit der taz im Vergleich zu ihren protzigen Kollegen als durchweg positiv, um nicht vor lauter Papier den Überblick über verfügbaren Brotbelag und Kaffeetasse zu verlieren.

Die Titelseite präsentiert sich auf den ersten Blick klassisch. „die tageszeitung“ ziert auf markantem roten Untergrund samt „Tazze“-Logo den Kopf des Blattes, gekrönt von einem meist mit Bild versehenen Verweis auf ein hervorhebenswertes Thema, das aber nicht ganz zum Aufmacher gereicht hat.

Dieser dominiert mit einem farbigen Bild durchschnittlich 50% bis 2/3 der Titelseite und wird meist mit einem begleitenden Kommentar am Boden ergänzt. Insgesamt wirkt die Seite aufgeräumt, kurze Meldungen flankieren den Titel rechts, links säumt ein Überblick über diverse Themen das Bild, Seitenzahl zum direkten Weiterlesen inklusive.
Das fehlende Inhaltsverzeichnis mag zwar ungewohnt erscheinen, vermisst wird es nicht.

Ein Blick in die linke untere Seitenecke verwies mich nicht auf den exakten Inhalt oder den Wetterbericht, sondern auf Kontaktinformationen zum Abo und Redaktionsadresse. Ein bisschen gestolpert bin ich dort über die angepriesene Zahl der „GenossInnen, die in die Pressefreiheit investieren“. Genossen und Binnen-I, die taz steht zu ihrer politischen Gesinnung und der Brief zum Abo prophezeit: „Manchmal werden Sie sich über die taz wundern oder sogar ärgern“…Jetzt war ich endgültig gespannt was die taz mir zu bieten hatte.

Sharing-Kultur im Internet?

Axolotl Roadkill – Das Romandebüt der 17jährigen Helene Hegemann wurde von der Fachpresse ausgiebig gehypt und von Ursula März in der Zeit gar kritikertypisch überzogen als ?packend im disharmonischen Gesamtklang, [eine] Mischung aus schwärzester Verzweiflung und spinnerter Vergnügung? bezeichnet.
Bald darauf wurde jedoch klar, dass sich Hegemann mit fremden Federn schmückte. Der Blogger Deef Pirmasens postete auf seinem Blog „Gefühlskonserve“ Ausschnitte des Romans und verglich sie mit frappierend ähnlichen Zeilen des Berliner Bloggers Airen. Dieser hatte sein Werk „Strobo“, das offensichtlich als Hegemanns Vorlage diente, bereits 2009 beim SuKuLTur-Verlag veröffentlicht, allerdings ohne entsprechendes Medienecho.

Helene Hegemann gesteht und rudert zurück, ihr Verhalten sei „total gedankenlos und egoistisch“ gewesen.
Verteigend wirft ihre Verlegerin Siv Bublitz die „Sharing-Kultur des Internets“ ein, doch ist dies wirklich eine Entschuldigung für Abschreiben ohne Quellenangabe?

Zweifellos ist copy-paste im digitalen Zeitalter ein beliebtes Phänomen, letztlich gründet sich die gesamte Blogossphäre auf Themenstartern und Wiederkäuern, doch ein simpler Verweis oder Nachfrage beim Urheber sind doch auch nach den Etiketten des 21. Jahrhunderts nicht zu viel verlangt, oder?

Und bevor mir jemand Plagiarismus unterstellt…
Quellen:
ZEIT online (Artikel zum Plagiatsvorwurf)
ZEIT online (Kritik Ursula März)
Gefühlskonserve
virtualnights.com
und die böse Wikipedia

PS: Im Verlauf des Verfassens dieses Beitrages wurde ca. 14 Mal die Tastenkombination STRG-C sowie STRG-V benutzt.
Ich bitte dies im Hinblick auf meine Sozialisation durch die „Sharing-Kultur des Internets“ zu entschuldigen.

New York Times – Online mit neuem Bezahlsystem

Ab 2011 wird die New York Times ihr bisher kostenfreies Internetangebot mit einem neuen Bezahlsystem ausstatten. Zwar sollen vereinzelte Seitenaufrufe weiterhin kostenfrei sein, bei vage gefassten „häufigen Zugriffen“ werde der Kunde allerdings zur Kasse gebeten. Abonennten der Printausgabe dürfen die Webvariante weiterhin kostenlos nutzen.

Laut New York Magazine werde sich Herausgeber Arthur Sulzberger Jr. für ein Modell entscheiden, das ähnlich bereits bei der Financial Times Anwendung findet und bei 117.200 Abonennten (08.2009) relativ lukrativ erscheint. Auch dort ist der Zugriff auf eine gewisse Anzahl von Artikeln kostenfrei, bei mehr als zehn pro Monat werden allerdings jährlich 180 Euro fällig.

Da die New York Times Webseite zu einem globalen englisch-sprachigen Zeitungsangebot im Netz avanciert ist, kann bei 20 Millionen Lesern durchaus optimistisch geplant werden und auch für Anzeigenkunden ist die gern-geklickte Zeitung interessant.

Abzuwarten bleibt, wie sich das neue Bezahlsystem etabliert und wie es von den Lesern angenommen wird. Aufgrund der großen Marktpräsenz der NYT ist vielleicht sogar mit Vorbildfunktion zu rechnen. Die Lösung des paid content Dilemmas?

News crawling per „fast flip“

Der Nachrichtenservice des größten Suchmaschinenbetreibers soll zukünftig neben übersichtlicher Newssammlung auch Titelseiten-Stöbern per Tastendruck ermöglichen.

Am 14. September letzten Jahres startete der virtuelle Betaspielplatz Google Labs seinen „fast flip„-Testlauf und baute das Experiment wenig später in seine amerikanische Google News-Seite ein. Nutzer anderer Länder (bzw. IP-Adressen) müssen sich allerdings noch etwas gedulden, bis auch sie direkt auf der Newsseite in den Genuss ganzseitiger Titelvorschauen diverser Onlinemedien kommen (oder direkt per Google Labs stöbern). Über 90 englischsprachige Anbieter konnte Google überzeugen ihren Webcontent per „fast flip“ verlinken zu lassen, darunter BBC News, New York Times und Playboy. Letzterer allerdings zum Leidwesen einiger User, die überrascht feststellen mussten, dass ihre Kinderschutzsoftware mit dem neuen Feature noch nicht mithalten kann.

„fast flip“ bricht mit dem sterilen Minimalismus von GoogleNews und nutzt dennoch althergebrachte Features wie nutzergenerierte Themencluster oder Rankings der am häufigsten gesuchten Begriffe. Die Standardansicht präsentiert eine Vorauswahl verschiedener Titelscreenshots, basierend auf aktuellen Newstrends. Ein Klick auf ansprechende Artikel öffnet eine größere Vorschau (ohne Blockersoftware umrahmt von Werbung), erst der 3. Klick führt direkt zur Anbieterseite. Dies mag zwar vielen potentiellen Anbietern sauer aufstoßen (evtl. hat der Leser schon durch die recht generöse Vorschau genug erfahren und spart sich einen Besuch auf der „echten“ Homepage), immerhin werden Partner von Google an den Erlösen aus der geschalteten Werbung beteiligt.

In der „recommended“-Sektion verlässt sich Google nicht nur auf Algorithmen, sondern lässt User per Klick Empfehlungen aussprechen. Ähnlich wie bei social news sites wie reddit.com oder digg.com entscheiden Nutzer dann per Abstimmung über die Relevanz vorgeschlagener Beiträge. Das bei meinem Besuch allerdings „Vampire movies miss their ‚John Wayne‘ moment“ Rang 3 belegte sei mal dahin gestellt…

Welt am Sonntag als „eMag“

Laut einer internen EBITA-Erhebung im 3. Quartal 2009 ist das drittgrößte Standbein der Axel Springer AG, „Digitale Medien“ „größter Wachstumstreiber“ des Konzerns. Eine mögliche Ursache für den jetzigen Testlauf kostenpflichtiger digitaler Angebote.

Das Konzept scheint nicht neu, gelten Online-Ableger selbst kleiner lokaler Tageszeitungen doch mittlerweile schon als Selbstverständlichkeit und auch bezahlbare „ePaper“ sind seit langem per Abo erhältlich.

Neu ist jedoch, nicht einfach eine digitalisierte Version des Printprodukts zu liefern, sondern die zahlende Leserschaft mit Schmankerln zu versorgen, die über Volltextsuche, Videos und Bilderstrecken hinausgehen.

Als eMag im Flash-Gewand kommt die „Welt am Sonntag“ daher. Das Demovideo offenbart eine 42-sekündige Stroboskopaufnahme eines multimodalen Feuerwerks. Kontextsensitive Grafiken, Karten, Videos, Audiostreams etc. machen deutlich, was möglich ist und an was es so manchem ePaper mangelt: Interaktivität.

Der von mir testweise betrachtete Beitrag „Wer ist hier irre?“ hatte davon (abgesehen von morphenden Hitler-Smilies und zackig marschierenden Strichmännchen am unteren Bildschirmrand) recht wenig zu bieten.  Durch die animierten Seiten des eMag „blättert“ es sich wortwörtlich per Mausklick, ein etwas zu gewollt erscheinender Versuch „offline-Haptik“ zu realisieren. Seitenweise geht es im Querformat voran, also im Wandkalender-Stil. Unter dem Artikel-Teaser wird neben einer gesprochenen Variante des ausgewählten Artikels, auch die etwas schmucklos geratene Anzeige im Textformat angeboten. Diese erinnert durch schnörkellosen Blocksatz allerdings mehr an Projekt Gutenberg als an raffiniert designte Hochglanzmagazine. Auf Wunsch erzählt der Sprecher auch parallel zum Lesen mit.

Es scheint, als ob sich hier professionell um die Ausschöpfung der technologischen Möglichkeiten gekümmert wird. Ob sich das Bezahl-Konzept für multimedial aufbereitete Artikel allerdings bezahlt macht, bleibt abzuwarten.

via Heise

Kazaa tritt in Napsters Fußstapfen

Die Anfang 2001 veröffentliche Musiktauschbörse Kazaa machte vor allem durch ihre Möglichkeit zum illegalen Austausch von urheberrechtlich geschützter Inhalte Furore. Dort war es über ein peer-to-peer-Netzwerk möglich, Musik, Filme oder gar Videospiele von anderen Nutzer zu beziehen, wenn man im Gegenzug selbst Dateien zum Tausch darbot. Das ein solches p2p-Netzwerk durchaus auch die Distribution legaler und selbsterstellter Inhalte schnell und einfach bewerkstelligen konnte, rückte zumeist in den Hintergrund und schon bald fanden sich erste Gerichtsurteile gegen Filesharer, die Kazaa unrechtmäßig nutzten um geschütztes Material zu beziehen.

Zu diesen rechtlichen Fragwürdigkeiten gesellten sich schnell Vorwürfe über mitinstallierte Malware und Namensstreitigkeiten mit CASA, nach einem Verkauf der Software von den ursprünglichen skandinavischen Erfindern Niklas Zennström und Janus Friis an Sharman Networks wurde es langsam still um die Tauschbörse Kazaa.

Ein Schicksal, das an den Werdegang von Napster erinnert, ebenfalls eine Tauschbörse im p2p-Format. Napster trennte sich allerdings vom Konzept einer netzwerkartigen Distributionsplattform und erfand sich nach einer Klagewelle durch die RIAA selbst neu.
Aus dem Prototyp des p2p-Filesharing wurde ein legaler mp3-Shop mit Downloadflatrate.

Diesen Schritt macht nun auch der leicht in Vergessenheit geratene kleine Bruder Kazaa.
Seit Februar 2009 kann man gegen Bezahlung von knapp 20$ einen Monat lang soviele mp3s herunterladen wie die Leitung hergibt. Legal.

Musik und Sampling – Wer inspiriert / Wer lässt sich inspirieren?

Das Samplen von Musikstücken hat lange Tradition und hat sich dank digitaler Tonbearbeitung am heimischen Computer rasch entwickelt und die Musikszene bereichert. Besonders im Hip-Hop gehört das Samplen bei vielen Beatproduzenten zum guten Ton. Die Zeiten des SK-1 mögen zwar vorbei sein, am Prinzip hat sich jedoch nichts geändert: Aufnehmen von Klangfragmenten und ein Neuarrangement in musikalischem Kontext.

Selbst bei vermeintlich neuen und frischen Songs wird man überrascht sein wie viel Einfluss noch selbst von mehreren Jahrzehnten alten Künstlern mitschwingt. Als Beispiel soll Kraftwerk genannt sein, eine der meistgesampelten Bands der Welt. In mehr als 100 Tracks hat diese 1970 gegründete Band ihren musikalischen Fußabdruck hinterlassen (teilweise auch ohne Zustimmung deren Zustimmung, wie Moses Pelham schmerzlich erfahren musste).

Ein interessantes Projekt zur Nachverfolgung dieser Spuren bietet WhoSampled.com.
Im direkten Vergleich lassen sich Original und Coverversion von diversen Streamingseiten gegenüberstellen und so Musik-Evolution nachvollziehen. Natürlich wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben, schließlich handelt es sich meist um Hobbymusikliebhaber mit einem Ohr für Ähnlichkeiten, die diese Gegenüberstellung ermöglichen. Dennoch bietet dieses „100% user-generated“ Angebot genug Gelegenheiten um verblüfft zu werden:

Wer hätte schon gedacht, das „Hate It or Love It“ von The Game feat. 50 Cent (2005) eigentlich auf einem Track von „The Trammps“ aus den 70ern basiert? Abgesehen von DJ Shadow, der ein Album herausgebracht hat, das nur aus Samples besteht.

Auf den ersten Blick zeigt WhoSampled.com nur direkte Verbindungen zwischen zwei Musikern. Wer genauer hinschaut findet aber viele Detailinfos wie Links zu Wikipedia-Einträgen der Künstler, Kaufoptionen der MP3s und auch ganze Ketten von Sampleevolutionen, falls Samples in der 3. oder 4. Generation verwendet werden (siehe Missy Elliott, die Afrika Bambaataa covered, der wiederum bei Kraftwerk ausgeborgt hat – 28 Jahre Musikentwicklung!)

Eine Woche mediale Aufmerksamkeit

Eine in ihrer Quantität einzigartige Studie zum Auf- und Abschwemmen medialen Interesses an Topmeldungen wurde nun vom Team um Jon Kleinberg, Mitarbeiter bei der Erstellung des Google-PageRank, veröffentlicht. Während drei Monaten vor dem US-Wahlkampf verfolgten sie rund 90 Millionen Artikel und deren Aufmerksamkeitsverlauf bei diversen Online-Publikationen wie News-Sites und Blogs.

Die beachtliche Zahl von 1,6 Millionen beobachteten Webangeboten konnte natürlich kaum durch Menschen bearbeitet werden. Stattdessen verlies man sich auf einen Computeralgorythmus namens „MemeTracker“, der mithilfe von Zitaten Artikel einem bestimmten Thema zuordnen konnte.

Weitere Details zu dieser Studie und dem verwendeten Algorythmus finden sich unter http://memetracker.org/.

Nun stellt sich die Frage ob Zitate ausreichen um wahre sinnhafte Verknüpfungen zwischen Publikationen herzustellen oder doch der Mensch interpretieren muss, um zu tiefgreifenden Erkenntnissen zu gelangen. Aber inwieweit ist dies in Anbetracht der Masse an Informationen überhaupt zu bewerkstelligen?

via SpiegelOnline

Schnauze voll von trivialen Häppchen?

In „Stand der Dinge“ – so der lokalisierte Name des am 18. Juni in Deutschland angelaufenen Polit-Thrillers „State of Play“ – besetzt Russell Crowe die Rolle eines Reporters, der im Zuge seiner Recherche über den Mord an einer Abgeordnetenassistentin die hollywood-übliche Verschwörung bloßlegt.

Doch es soll hier nicht um den Film gehen, interessanter scheint mir ein Interview (SpiegelOnline), das Crowe vor dem Hintergrund seiner Reporterrolle gab und sich darin mit Medien und dem Beruf des Journalisten auseinandersetzte. Aufgrund seines Daseins als Schauspieler, Interviewpartner und Person des öffentlichen Interesses gibt Crowe nämlich seine persönlichen Erfahrungen mit den Medienvertretern wieder. Und spart dabei nicht an Kritik…

Egal ob Heinz von Foerster Russell Crowe ein Begriff ist oder nicht, er kommt zum gleichen Schluss, allerdings etwas derber verfasst:
„Zu glauben, dass ein Journalist immer der Objektivität verpflichtet sein könne, ist einfach Bullshit. Wir haben alle unsere Fehler und Vorlieben […]“ Dennoch hält er den Journalismus an sich für eine „im Kern noble Profession“, sie müsse nur ernst genommen und selbstkritisch angegangen werden, auch wenn dies eine zeitintensivere Auseinandersetzung und Korrektur des eigenen Artikels erfordere. Dies erscheint jedoch halbherzig, da er quasi im gleichen Atemzug Zeitdruck (und alkoholisierte Redakteure, schön verpackt als Konsumenten „flüssigen Mittagessens“!) als Qualitätsvernichter 1. Ordnung anführt, ohne seinerseits einen Lösungsvorschlag für dieses Dilemma anzubieten.

Auch die Verwässerung und Kommerzialisierung der Berichterstattung prangert Crowe an:
„Nachrichten sind seit Jahrzehnten sukzessive trivialisiert worden. Es wurde zugelassen, dass die Grenze zwischen Fakten und Unterhaltung verschwamm, um höhere Auflagen oder bessere Quoten zu erzielen.“ Darin sieht Crowe eine besorgniserregende Entwicklung, die er als „Gift des Zynismus“ bezeichnet und gerade die Berichterstattung über Menschen „seiner“ Branche mit Halbwahrheiten und ungeprüften Fakten anfülle, was, so der düstere Ausblick, auch irgendwann den Präsidenten betreffen könne und schlussendlich in einer Generation münde, „die Nachrichten nicht mehr komplett vertrauen kann, weil sie an Trivialität gewöhnt wurde“.

Doch sieht Russell Crowe auch Hoffnung für den faden Eintopf aus Klatsch und Tratsch, genährt von keinem geringeren als Obama selbst. Optimismuswelle und Change also, auch für Hollywood und entgegen der Annahme des Interviewers nicht in Richtung finanzkrisen-befeuerten Eskapismus, sondern hin zur Abwechslung für das überfütterte Publikum, das es satt hat, „mit trivialen Häppchen gefüttert zu werden“.

Was haltet ihr von diesen Äußerungen? Öl ins Feuer der ewigen Flamme der Qualitätsdebatte oder ein nachvollziehbarer Trend in der Medienlandschaft? Habt ihr auch die Schnauze voll von trivialen Häppchen? Dann kommentiert es euch von der Seele 😉

Allerdings bleibt abzuwarten, inwiefern der Film nun einen kritischen Blick auf Journalismus und Politik wirft…der Trailer ist (vorsichtig ausgedrückt) nicht sonderlich tiefgreifend und wirkt klischeebehaftet („Good reporters don´t have friends, only sources“)

offizieller Trailer auf YouTube

Quellen:
Schauspieler Russell Crowe – „Das Gift des Zynismus breitet sich aus“ (Roland Huschke, SpOn)
„State of Play“ @ IMDb

Kinderschutz oder Zensur des Internets?

Entwurf der Stoppseite

STOPP!! – Ein rotes Schild soll von nun an den Zugang zu Kinderpornografie verhindern, jedenfalls wenn es u.a. nach Familienministerin Ursula von der Leyen und Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg geht. In Kooperation mit mehreren deutschen Providern soll der Zugriff auf Webseiten mit kinderpornografischem Inhalt auf eine Stoppschildseite umgeleitet und so der Zugang zu illegalem Material verhindert werden. Soweit der moralisch-wertvolle Teil, gäbe es nicht bedenkliche Haken bei diesem wahlkampfwirksamen Aktionismus.

Kritiker bemängeln zum einen die Inkonsequenz der Vorgehensweise. So werden die Seiten lediglich „verdeckt“, eine tatsächliche Stilllegung der Anbieterseiten bzw. Strafverfolgung der Betreiber findet nicht statt, meist aufgrund deren Ansässigkeit im Ausland. Die Inhalte existieren defacto also weiter, allerdings verdeckt durch die Stoppschildumleitung. Zum anderen scheint die Wahl der Mittel fragwürdig: Die Umsetzung durch sogenannte DNS-Sperren bietet keinen undurchlässigen Wall. Wer gesperrte Seiten erreichen will, kann dies mit wenig technischem Sachverstand ohne weiteres tun.
Auch werden Bedenken laut, die an den Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung zweifeln lassen. Welche Seiten gesperrt werden bestimmt laut Gesetzentwurf allein das BKA, womit quasi willkürlicher Zensur unliebsamer Inhalte jedweder Art Tür und Tor geöffnet werden könnten. Diese sogenannte Blacklist ist für Parteien außerhalb des BKA nicht zugänglich und somit nicht kontrollierbar.

Beängstigend ist aber vor allem die geplante Strafverfolgung von Usern, die auf eine Stoppschildseite gelangen. Dabei ist es unerheblich ob tatsächlich mit kriminellen Hintergedanken  nach illegalem Material gesucht wurde oder durch Unwissen, etwa einem böswillig zugespielten und verschleierten Link, auf gesperrte Seiten zugegriffen wurde. Dies hebelt effektiv die Unschuldsvermutung aus. Der Nutzer müsste also nachweisen das es nicht seine Absicht war, etwas Unrechtes zu tun.
Zugespitzt bringt es Bettina Winsemann auf den Punkt:“Zu vergleichen wäre dies mit einem Menschen, der in einer fremden Stadt ausgesetzt wird und der bei jedem Halt vor einem Stoppschild, obgleich er sofort umdreht, festgenommen wird, da er sich offensichtlich in ein verbotenes Gebiet hin bewegen wollte.“

Mittlerweile haben Gegner des Gesetzesentwurfs eine Petition ins Leben gerufen, um dessen Umsetzung zu verhindern. Diese wurde innerhalb weniger Tage von mehr als 80.000 Bürgern unterzeichnet. Der aktuelle Stand findet sich hier.

Es ist kaum möglich, die Diskussion des umstrittenen Gesetzesentwurfs hier in vollem Umfang wiederzugeben. Jeder sollte sich selbst ein Bild der Vorgänge machen und dann entscheiden, ob hier Wahlkampf auf dem Rücken missbrauchter Kinder betrieben wird, webaffine Paranoiker zum x-ten Mal das Jahr 1984 proklamieren oder tatsächlich umfassender Internetzensur der Weg bereitet wird.

Schon GEZahlt?

Die Gebühreneinzugszentrale GEZ ist vielen ein Dorn im Auge. Gerade die weniger betuchte Studentenschaft stöhnt unter der zusätzlichen finanziellen Belastung, sind sie nicht Teil der gebührenbefreiten Minderheit Bafög-Beziehender. Für alle anderen wird es teuer…Schon der Besitz eines „neuartigen Rundfunkgeräts“ (der Versuch, internet-fähige Handys, Laptops, PCs usw. unter einen Hut zu bringen) und eines TV-Geräts schlägt monatlich mit 17,98? zu Buche. Sinnigerweise muss z.B. auch während eines Auslandsaufenthalts weiterhin für empfangsbereite Geräte gezahlt werden. Eine Abmeldung (und somit Nicht-Zahlen) ist laut GEZ für diesen Zeitraum nicht möglich. Was zählt ist also (aller Logik zum Trotz) nicht die Anwesenheit und Nutzung des Geräteinhabers, sondern das pure Vorhandensein etwaiger Rundfunkempfänger im jeweiligen Haushalt. Eine tatsächliche Nutzung öffentlich-rechtlicher Angebote ist ebenso unerheblich: Der RTL-schauende Online-Zocker wird genauso zur Kasse gebeten wie der SWR-sehende Mediathek-Nutzer.

Für was das Ganze? Laut Selbstdarstellung zur „Herstellung von abwechslungsreichen Programmen aus einem breiten Themenkreis und [um] das Angebot umfassender und objektiver Information durch die Erhebung der Rundfunkgebühren sicherzustellen.“ Auch eine unabhängige Berichterstattung frei von wirtschaftlichen Interessen wird sich gerne auf die Fahne geschrieben. Bekanntgewordene Fälle von offensichtlichem Product-Placement lassen dies allerdings scheinheilig erscheinen. Von zahlreichen Wiederholungen, altersheimgemäßer „Unterhaltung“ und offiziell abgesegneter Werbung vor 20 Uhr möchte ich an dieser Stelle garnicht erst anfangen. Die ausgelutschte Qualitätsdebatte lässt sich nämlich recht schnell auch auf die fragwürdigen Angebote vieler privater Sender übertragen, diese Verlangen allerdings kein Geld von ihren Zuschauern (die evtl. ja gar keine sind).
Eine interessante Analogie (deren Quelle mir leider entfallen ist) lautet sinngemäß: „Rundfunkgebühren für das Bereithalten empfangsbereiter Geräte zu verlangen, gleicht dem Zahlen von Abogebühren für eine Zeitung…weil man einen Briefkasten hat“

Überlebt das Modell gebührenfinanzierter Sender nur als gesetzgeberisch gestützter Anachronismus? Warum wird nicht auf bereits existierende Kontrollmechanismen wie Decoder-Boxen oder registrierungspflichtige Internetportale als Zugangsberechtigung zu öffentlich-rechtlichen Inhalten zurückgegriffen, um eine Generalisierung von „Empfangsbereitschaft“ zu verhindern? Fragen, die ich mir mindestens einmal pro Quartal stelle…wenn mir 53,94? abgebucht werden.

KodexVZ

Um den „Kinder- und Jugendschutz, den Verbraucherschutz und den Datenschutz bei der Nutzung von Social Communities in Deutschland zu verbessern“ haben sich die Betreiber von wer-kennt-wen.de, Lokalisten.de, Studi-, Schüler- und MeinVZ im Verein FSM (Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter) zusammengefunden und einen 17-seitigen Verhaltenskodex formuliert.

So sollen vor allem Kinder eindeutiger auf Einstellung zur Wahrung der Privatssphäre hingewiesen werden, die AGBs (insbesondere bei StudiVZ kritisiert) verständlicher formuliert werden. Auch soll von nun an die komplette Löschung eines bereits angelegten Profils ermöglicht werden, sowie die Erfassung von Profilseiten durch Suchmaschinen ausgeschlossen werden können. Letzteres soll für Kinder unter 16 Jahren verpflichtende Einstellung werden, die nicht aufgehoben werden kann. Weitere Maßnahmen beinhalten Blacklists (Wortlisten mit verbotenem Inhalt) um unerlaubte Namensgebung zu verhindern, sowie prominent platzierte „Melden-Buttons“, um fragwürdige Profile vom Betreiber prüfen zu lassen.

Nun liest sich das ersteinmal ganz schön, doch werden bereits kritische Stimmen laut:

Gerade weil die Betreiber der werbefinanzierten Plattformen bei der Vertreibung ihrer Reklame von einer Opt-In-Option absehen und weiterhin am streitbaren Opt-Out-Prinzip festhalten, wird von Inkonsistenz der Aufklärungskampagne gesprochen.
Die Klausel „Keine Weitergabe von Daten an Dritte“ wird dagegen als Heuchelei bezeichnet, gehören die Plattformen selbst meist Großunternehmen wie Verlagsgruppe Holtzbrinck (…VZ-Reihe), ProSiebenSat1-Media (seit Mai 2008 90% Beteiligung bei Lokalisten.de) oder RTL interactive (wer-kennt-wen.de, knuddels.de) denen die Eigennutzung der personenbezogenen Daten weitaus mehr einbringt als deren Verkauf.

Ob es sich nun um geschickte PR oder wegweisende web2.0-Ethik handelt ist unklar, Fakt sind aber das leichte Umgehen von Alterskontrollen und ein finanziell geprägtes Handlungsinteresse.

via heise.de

Quellen:
Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter

SpiegelOnline: Studenten protestieren gegen das SchnüffelVZ
netzwertig.com: RTL übernimmt „Volksnetzwerk“ wer-kennt-wen.de

Der Krieg im Internet

Vermutlich bestärkt durch den Hackerangriff auf Estland und diverse Eindringversuche in deutsche Regierungsrechner reagiert die Bundesregierung nun auf den Cyberwar, das vermeintlich neue Schlachtfeld der Informationsgesellschaft.

Dort werden statt Panzern und Soldaten Netzwerke und Breitbandleitungen des Gegners unter digitalen Beschuss genommen, Spionage, DDoS und Defacements, also die Manipulation bestehender Websites zum Zwecke der Propaganda, als Waffe eingesetzt.

Um gegen etwaige Angriffe dieser Art gewappnet zu sein, wurde nun laut Spiegel die „Abteilung Informations- und Computernetzwerkoperationen“ gegründet. 76 Abgänger bundeswehreigener Informatikuniversitäten sollen im kommenden Jahr einsatzbereit sein und „Informationsinfrastrukturen im Einsatz besser vor Cyber-Attacken zu schützen“, so ein Bundeswehrsprecher. Im Spiegelbericht werden aber auch Angriffe auf fremde Netze als möglich erwähnt, von bloßer Verteidigungsrolle kann also keine Rede sein.

Kurz nach Bekanntgabe der Truppenbildung wurden allerdings mehrere Rechner der Bundeswehr selbst mit dem Wurm „Conficker“ infiziert. Dieser verhinderte beispielsweise Flugzeugstarts der ebenfalls betroffenen französischen Luftwaffe, befiel englische Regierungs- und Krankenhausrechner und soll laut Focus weltweit über 9 Millionen PCs infiziert haben.

Das dies weit über Cybervandalismus hinausgeht und eine reale und vorallem globale Bedrohung für die Infrastruktur informationsbasierter Länder darstellt, zeigt auch die Reaktion von Microsoft: 250 000 Dollar Belohnung für die Ergreifung des Virus-Autors.

Quellen:

SpiegelOnline: Bundeswehr baut geheime Cyberwar-Truppe auf

Chinesische Trojaner auf PCs im Kanzleramt

Heise.de: DDoS-Angriffe auf Estland waren kein „Cyberwar“

Focus: Kriegsschauplatz Internet

Netzwelt.de: Conficker: Bundeswehr kämpft gegen Computerwurm

Microsoft.com: Microsoft Collaborates With Industry to Disrupt Conficker Worm

Für Nostalgiker

Was früher noch von Schellack aus Grammophon und Transistor dudelte, hat Dank des 1920s Radio Network den Sprung ins digitale Zeitalter geschafft. Im zeitgemäßen Streamingverfahren kann der nostalgische Hörer vielleicht vergessenen, aber längst nicht verstaubten Klassikern der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts lauschen und das ganz ohne nerviges Frequenzsuchen. Hyperlink genügt.

Der Sender verfügt über eine mehr als 25.000 Lieder umfassenden Datenbank und bietet zudem Hintergrundinformationen zu vielen der 350 gespielten Künstler der Bigband- und Jazz-Ära an. Seit 2004 existiert der reine Onlineableger des 1995 gegründeten amerikanischen Lokalsenders WBDH der aus Chesapeake, Virginia sendet. Technik-Interessierte finden hier eine detaillierte Beschreibung der verwendeten Hardware, darunter auch ein 35KW Dieselmotor um auf eventuelle Stromausfälle reagieren zu können.

Fazit: Ein hörenswertes Alternativprogramm abseits von Charts und Popmainstream.

Gaffer 2.0

„Schaulustige behindern die Rettungsarbeiten“, „x Kilometer Stau durch Gaffer“…so oder ähnlich wird die Sensationsgeilheit mancher Katastrophenspanner medial abgehakt. Das durch Menschentrauben tatsächlich lebensrettende Maßnahmen verzögert werden ist klar, warum sonst sollte man überlegen 40.000 Euro in einen mobilen Sichtschutz zu investieren um der modernen Brot-und-Spiele-Mentalität Herr zu werden?

Ein neues Level der Perversion eröffnet selbstverständlich BILD-Chefredakteur Kai Diekmann. Als „user generated content“ deklariert er die Wackelvideos und verschwommenen Handykameraschnappschüsse, die seine Zeitung regelmäßig zu Aufmachern verwurstet. Natürlich ist der Springer-Verlag da nicht alleine, das Video der brennenden Renter aus dem fahrenden Auto wurde senderübergreifend ausgestrahlt…„Ein Augenzeuge filmte sogar, statt zu helfen, den brennenden Bus mit einer Handykamera und verkaufte das Video an einen Nachrichtensender“.. Was ich mit neuem Level meine ist das passende Rüstzeug, das BILD „seinen“ webaffinen Hobbyspanner an die Hand gibt:

„90 Gramm leicht, 2 GB Speicherkapazität, 640×480 VGA-Auflösung“ heisst es in der Pressemitteilung. „Passt in jede Hosentasche“…Die Rede ist von der sensationellen „BILD.de Leserreporter-Kamera“

Ab 4. Dezember wird sie bundesweit in allen LIDL-Filialen zu kaufen sein. Der Clou: Nach Anschluss an den PC öffnet sich automatisch ein Programm, mit dem der „user generated bullshit“ direkt auf das Online-Portal von BILD hochgeladen werden kann. Ich freue mich schon wenn jemand per Upload-Tool versehentlich den heimischen Kindergeburtstag hochlädt: „Perverser Päderastenspanner frisst Torte im Kinderharem“

Am treffendsten formuliert es meiner Meinung nach der Blogger Torsten Dewi aka Wortvogel (Zitat von BILDblog):

Dann sehen wir endlich im Bewegtbild, wie der psychisch Kranke nackt über die Straße kriecht. Haben wir schließlich ein Recht drauf. Und wäre doch gelacht, wenn nicht auch ein paar „Busenblitzer“ vorkommen. (?) Schwenk zum Lastwagen, der einen Golf zermalmt hat: „Hier stirbt gerade ein Mensch“. Schlimm, sowas. (?) Dann lieber weiter zu Oliver Kahn, der doch tatsächlich bei der Filmpremiere in der Seitenstraße an die Mülltonne gepinkelt hat. Konnte man genau sehen. BILD fragt einen prominenten Urologen: Sieht das Genital des Titans eigentlich gesund aus?

Das Redaktionen auf Leserinhalt angewiesen sind, weil ihre Reporter nicht überall sein können ist klar, aber ist nicht ebenso klar, dass Laienknipser Grenzen überschreiten werden? Und wie war das nochmal mit dem Recht am eigenen Bild?

Internet Archive.org – Die Zeitkapsel

„Gratis“ wird im Netz oftmals assoziiert mit Serverfarmen auf Tonga, abmahnwütigen Schundvermarktern oder Hinterhof-Rohling-Tauschereien. Bestenfalls denkt man an „Grauzone“.

Anders beim „Internet Archive„.

Das „Internet Archive“ versteht sich als Bibliothek des digitalen Zeitalters, möchte Dokumente bewahren und kostenlosen Zugriff auf Wissen und Medien der Vergangenheit gewähren…in zeitgemäßer Form.

Was hier landet war entweder noch nie urheberrechtlich geschützt oder ist so alt (aber dadurch nicht minder brisant/aufregend/ungewöhnlich/aufrüttelnd/historisch), dass jegliche Copyrightansprüche verjährt sind. Auch Creative-Commons-Material findet sich im Archiv.

Darunter über eine Million Texte, auch eingescannte Originale, die sich digital umblättern oder als pdf abspeichern lassen. Erwähnt seien u.a. ein Anatomiehandbuch von 1939 oder Aschenputtel…von 1810.

Auch Audiodateien (z.B. Orson Welles „Krieg der Welten„, Radioprogramme des 2. WKs und die Musik der 20er) und bewegte Bilder (darunter historische Debatten und Klassiker wie Nosferatu) lassen sich durchstöbern.

Besonders beeindruckend ist meiner Meinung nach die sogenannte „waybackmachine„. Hier wird tatsächlich das Internet abgespeichert, zur Zeit über 85 Milliarden Seiten! Einfach den Seitenname in die Suchmaske tippen und das gewünschte Datum herauspicken…Wie sah beispielsweise Spiegel online am 13.September 2001 aus? Die „waybackmachine“ zeigt es. Jedenfalls ab 1996.

Meiner Meinung nach ein großartiges Projekt, dessen Umfang schwer in Worte zu fassen ist. Und das gratis, als Dienst für die Menschheit.

Am Besten selbst stöbern und online zeitreisen!

Kommunikationsunternehmen klagt gegen Vorratsdatenspeicherung ? Mit Erfolg

Dem Tochterunternehmen der British Telecom, BT Germany, ist vor dem Verwaltungsgericht Berlin am 17. Oktober ein erster Etappensieg gegen die bundesweite Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung (VDS) gelungen.

Diese sieht vor, dass sämtliche Verkehrsdaten (Gesprächsteilnehmer, -dauer, -zeitpunkt, aber auch Internetseitenaufrufe und Emailkontakte u.ä.) protokolliert und gespeichert werden sollen. Die dazu erforderlichen Anlagen müssen Kommunikationsanbieter auf eigene Kosten installieren und warten, ansonsten drohen ab 2009 Bußgelder.

Daher forderte der Netzbetreiber BT Germany bereits am 12. August Rechtsschutz um gegen die ihm auferlegte Bereitstellung und damit verbundene Kosten (einmalig 720.000 Euro zzgl. 420.000 Euro jährlich) vorzugehen. Parallel dazu wurde am 29. April 2008 Klage eingereicht, um eine Zahlungsverpflichtung komplett abzuwenden. Da dies aber eng mit einer Entscheidung im Hauptverfahren, der ?größten Verfassungsklage seit Kriegsende?, zusammenhängt, wurde darüber noch nicht entschieden.

BT Germany, zu dessen Kundenkreis nach eigenen Angaben auch Bundesbehörden und große Konzerne gehören, ist somit der erste und vorerst auch einzige Anbieter, der erfolgreich von der kostenintensiven Speicherverpflichtung entbunden wurde, weitere Unternehmen dürften aber zweifellos folgen und den aussichtsreichen Rechtsweg bestreiten.

Auch wenn hier wohl weniger Bedenken gegenüber der informationellen Selbstbestimmung, sondern vielmehr unternehmerisches Kalkül ausschlaggebend sein dürfte, ist das erreichte Zwischenergebnis wohl ein Grund zur Freude bei Datenschützern und Unternehmensberatern gleichermaßen.

Quellen:

http://www.berlin.de/sen/justiz/gerichte/vg/presse/archiv/20081021.1410.112145.html

http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/klage-gegen-vorratsdatenspeicherung/

http://www.gulli.com/news/british-telecom-klagt-2008-10-21/

https://www.vorratsdatenspeicherung.de/content/view/46/1/lang,de/

http://www.datenschutz.de/recht/grundlagen/