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Kritik in künstlerischer Form verpackt

Es ist eine beeindruckende Idee, Regimekritik Mittels Kunst zu äußern. Der Artikel „Das Geheimnis der Maorilyn Maoroe“ im Spiegel berichtet über eine New Yorker Kunstausstellung der besonderen Art. Der in den USA lebende Chinese Kenneth Tin-Kin Hung, „verwertet“ mediale Produkte in Form von Bildern aus Werbung, Kultur und Politik und gestaltet sie in künstlerische Artefakte um. Er erkundet dabei die „Natur der digitalen Kommunikation“ ohne sich bei der Materialwahl einschränken zu müssen. Animationen, Film, Videospiele, digital erstellte Graphiken – all das gehört zu seinem Repertoire.

In der aktuellen Ausstellung, „In G.O.D. We Trust“, geht es dem Künstler darum, per Internet Wortspiele zu sammeln und künstlerisch aufzuarbeiten, die dem chinesischen Softwarefilter für pornografische oder politischkritsche Inhalte entgehen. Hintergrund ist die Internetzensur Chinas, die jegliche, auch nur im entferntesten anstößig wirkenden, Beiträge filtert und somit für die Öffentlichkeit unzugänglich macht. Die Bevölkerung versucht dies zu umgehen, indem sie Synonyme für solche Inhalte schafft.

Kenneth Tin-Kin Hung hat es sich zum Ziel gemacht, chinesische Wortspiele in Verbindung mit bekannten Kunstformen, Symbolen oder Ikonen, wie beispielsweise Marilyn Monroe, zu bringen. Seine Kunstwerke sind somit als indirekte Zeichen der Kritik an der chinesischen Politik zu deuten.

Beeindruckender Weise, wurde dieses Potenzial seitens China bereits entdeckt und seine Website gesperrt. -Bleibt also die Frage nach der Wirkung dieser in Kunst transformierten Kritik offen.

Wie gelangen die Kunstwerke nach China, welche Auswirkungen haben sie dort und was macht der Rest der Welt mit solchen künstlerischen Aussagen? Wie ist die Resonanz?

Ich finde Kenneth Tin-Kin Hungs Konzept sehr gelungen, um auf die in China vorherrschende Problematik aufmerksam zu machen. Die Idee selbst regt zunächst einmal zum Denken an und gibt darüber hinaus Aufschluss über die journalistisch-kritische Lage Chinas. Schade an den Werken ist jedoch die Tatsache, dass sie für uns „Nicht-Chinesen“ ohne weitere Erklärung nicht verständlich sind. Unabhängig von der Sprache selbst, die natürlich die größte Verstehensschwierigkeit bereitet, würde wahrscheinlich kaum jemand die traditionellen Sprichwörter oder Redewendungen verstehen. Außerdem fehlt das kulturelle Hintergrundwissen, um viele der Anspielungen erkennen, beziehungsweise diese zumindest richtig deuten zu können.

Zusammenfassend lässt sich sagen:

Die heute vorhandene mediale Technik, wie das Internet, und dessen Nutzung ermöglicht, im übertragenen Sinne, nicht nur eine neue Form der Kunst, sondern dadurch auch die Möglichkeit Kritik besser, einfacher und schneller äußern zu können. Man kann leichter auf sich aufmerksam machen, da die relative Reichweite an Rezipienten größer ist. Fraglich ist jedoch, inwiefern solche kritischen Formen an Aufmerksamkeit gewinnen und in diesem Fall, wie sie überhaupt nach China durchdringen sollen.

 

Quellen:

Spiegel-online.de, Lischka, Konrad: Künstler Kenneth Tin-Kin Hung. Das Geheimnis der Maorilyn Maoroe., 20.06.2011, gelesen am 29.06.2011, http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,768902,00.html

www.tinkin.com

Auszeichnung für die dreisteste Werbelüge

Vom 16.Mai bis zum 16.Juni besteht zum dritten Mal die Möglichkeit online an einer Wahl für die „beste“ Werbelüge unter Lebensmittelprodukten teilzunehmen.

Die Kampagne des „goldenen Windbeutels“ wurde 2009 von Foodwatch-Verbraucherschützern  ins Leben gerufen, um die Werbestrategien der Lebensmittelhersteller zu Kritisieren. Es gilt die irreführende Aussage des Werbeprodukts zu untersuchen, mit der Kunden angelockt und an der Nase herum geführt werden sollen. Die Öffentlichkeit soll auf die Schwindeleien aufmerksam gemacht werden, Druck in der Industrier erzeugt werden. Vor zwei Jahren wurde der Negativpreis erstmals für das von der Marke Danone produzierte Trinkjoghurtprodukt „Actimel“ verliehen.

Fraglich ist unter medienwissenschaftlichen Gesichtspunkten, in wie fern das Ereignis überhaupt publik und für die „Allgemeinheit“ zugänglich, beziehungsweise überhaupt bekannt ist. Dadurch dass die Abstimmung und Ergebnisverkündung nur online geschieht, ist die Reichweite innerhalb der Bevölkerung nur sehr gering. Es bestehen Zweifel, ob der Adressat zum Mitmachen ausreichend mobilisiert und aufmerksam gemacht wird.

Außerdem zu hinterfragen ist die Wirksamkeit der Kampagne. Ist das Projekt überhaupt in der Lage genügend Druck auf die Hersteller auszuüben? Welchen Nutzen hat es und wie wirkt es sich auf die Industrie aus? Reagiert diese und nimmt gegebenenfalls Produkte vom Markt?

Einige Antworten bezüglich der Auswirkung sind bereits auf der Onlinewebsite „abgespeist.de“  –Motto der Kampagne –  einsehbar. Hier werden Antworten Seitens der Hersteller,  neue Verpackungen oder gar vom Markt genommene Produkte gezeigt. Dennoch ist das Ausmaß der Aktion nicht ersichtlich, denn auf der Makroeben gesehen, ist es interessant zu beobachten, ob überhaupt der Endverbraucher den Schwindel bemerkt (hat) und vielleicht in Zukunft vorsichtiger mit Lebensmittelprodukten und deren Werbung umgeht.

Als mögliche Untersuchungsmethode eignet sich hierzu die Kundenbefragung per Fragebogen oder Telefoninterview. Man kann hinterfragen, ob und in welchem Ausmaß sie den Werbeschwindel  erfassen und sich dadurch verunsichert fühlen. Außerdem kann so getestet werden, wie bekannt die Foodwatch-Kampagne ist und was sie hinsichtlich der Verbraucher bewirkt (hinzu zu ziehen sind auch die bereits vorhandenen Statistiken über die Teilnehmerzahl). Wenn man abschließend noch die Auswirkungen auf die Hersteller miteinbezieht, hier ist eine einfache Beobachtung möglich, sind beide Positionen (Produzent – Verbraucher) abgedeckt.

Quellen:

http://www.spiegel.de/wirtschaft/service/0,1518,762718,00.html, 16.05.2011.

http://www.abgespeist.de/der_goldene_windbeutel_2011/index_ger.html, 16.05.2011.

Erstes online begehbares Museum – virtuelle Kunst

Seit Anfang Oktober letzen Jahres ist das virtuelle “Adobe Museum of Digital Media” (AMDM) online zu betreten. Das kalifornische Unternehmen Adobe Systems hat die Plattform ins Leben gerufen, um den Besuchern kostenfrei, weltweit, rund um die Uhr und ohne Wächter die Möglichkeit geben zu können, eine neue Perspektive der Kunst kennenzulernen.

Wie ein reales Museum auch, wurde das AMDM von einem Architekten entworfen. Ein kurzer Trailer gibt nähere Informationen über die futuristische Architektur des Gebäudes, sowie dessen Umfang und Größe. Im weiteren Verlauf der website bittet Tom Eccles, der derzeitige Kurator, seine Besucher,  einen Kommentar zu hinterlassen. Eine deutliche Aufforderung, sich interaktiv mit einzubinden.

Die Cover-Flow-Funktion ermöglicht es dem Besucher ebenfalls, seinen Museumsgang selbst gestalten zu können. Er gelangt zu der ersten Ausstellung, geleitet von einem kleinen geflügeltem Augapfel, eigens von Adobe kreiert. Dem US-Videokünstler Tony Oursler geht es in seiner Ausstellung „Valley“ an erster Stelle um die Beziehung zwischen dem Menschen und dem Internet. Er hinterfragt, wie die neuen Technologien Einfluss auf unser Leben nehmen und wie der Mensch damit umgeht. Ein von ihm handgemaltes Menü unterteilt unser Leben in 17 verschiedene Bereiche. Jeder Bereich führt zu unterschiedlichen Exponaten, die einen ungewohnten Blick auf die Thematik geben. Es besteht die Möglichkeit auf den Button „Artist Comment“ zu klicken, um einen knappen Satz zu dem Gezeigten zu erfahren. „Und immer wieder poppt ein kreisrundes Clownsgesicht auf, das per Klick kryptische Kommentare von sich gibt.“[1]

Handelt es sich wirklich um „erlebbare“ Kunst? Und um eine Zukunftsversion eines Museum, welches die realen Museen zu ersetzen vermag? -Wohl eher nicht.

Zwar ist die Website aufwendig gestaltet, lässt den Besucher entdecken und regt durch die merkwürdigen Kommentare zum Nachdenken an, jedoch fehlen mir persönlich die Spontanität und der Charme eines Museums. Auch wenn die technischen Möglichkeiten gut vor Augen geführt werden, geht der künstlerische Aspekt ein wenig verloren. Es besteht eben nicht mehr die Möglichkeit die Perspektive, den Betrachtungsblickwinkel frei zu wählen oder beispielsweise zwischen zwei Bildern „hin und her zu switchen“. Darüber hinaus ist es mir ein Rätsel, wie das Museum seine Außergewöhnlichkeit auf der Aussage, es gäbe keine Wächter und das Museum habe rund um die Uhr geöffnet, stützen kann. Ein „guard“ wäre an mancher Stelle hilfreich und wichtig für den Rezipienten, um das Gesehen in einen Kontext einordnen zu können. Nur so besteht die Möglichkeit, sinnvoll reflektieren zu können.

Abschließend möchte ich hinzufügen, dass für mich ein klassischer Museumsbesuch mit Freunden oder Familie unersetzbar bleibt.

Oder würde sich tatsächlich jemand via Skype nachts für einen virtuellen Museumsrundgang verabreden?

Quellen:

http://www.adobemuseum.com/index.php.

Doepp, Julian: „Netzkunst in digitaler Architektur“, http://www.zeit.de/digital/internet/2011-04/adobe-museum-netzkunst?page=1, 01.05.2011.

Bodin, Claudia: „Adobe Museum Of Digital Media – Virtuelles Museum”, 06.10.2010, http://www.art-magazin.de/kunst/34101/adobe_museum_of_digital_media_virtuelles_museum, 01.05.2011.


[1] Doepp, Julian: Netzkunst in digitaler Architektur in zeit.de, http://www.zeit.de/digital/internet/2011-04/adobe-museum-netzkunst?page=1, 01.05.2011.

Digitaler Radiergummi

Das Verbraucherschutzministerium präsentierte erstmals einen „digitalen Radiergummi“. Es handelt sich hierbei um eine Art Verfallsdatum, ursprünglich gedacht für Fotos, die überwiegend in sozialen Netzwerken hochgeladen werden.

Erreicht werden könnte das demnächst mit einer speziellen Software, der X-pire.

Nach einer bestimmten Zeit werden Fotos „unsichtbar“, indem sie einfach nicht mehr abrufbar sind. In der Theorie eine einfache, effiziente Lösung und Wahrung der Intimsphäre. Durch Verschlüsselung der Bilder über einen zentralen „Keyserver“ sind sie nur während eines bestimmten Zeitraums einzusehen. Danach wird der Schlüssel gelöscht und die Bilder verschwinden. Der Nachteil besteht allerdings in der aufwendigen Überwachung des Systems, damit kein Missbrauch betrieben werden kann. Darüber hinaus bedarf es einer gut ausgebauten Infrastruktur und nimmt zusätzlich viel Zeit in Anspruch. Außerdem, so Michael Backes, Informatiker der Universität Saarbrücken, biete die Lösung keinen Schutz gegen Screenshots während der Dauer der Sichtbarkeit.

Meine Meinung dazu ist simpel: Einerseits eine durchaus sinnvolle Innovation, die mehr Kontrolle und Selbstbestimmung bietet, andererseits birgt diese Software das Risiko, dass demnächst noch unbedachter  Fotos ins Netz gestellt werden.

 Quelle:

„Aigner präsentiert Verfallsdatum für Fotos“ (11.01.2011) in Zeit.de, http://www.zeit.de/digital/datenschutz/2011-01/digitaler-radiergummi?page=1, 17.01.2011

„Radiergummi für Facebook-Fotos“ (12.01.2011) in sueddeutsche.de, http://www.sueddeutsche.de/W5F38j/3833203/Radiergummi-fuer-Facebook-Fotos.html, 17.01.2011

Demokratie durchs Internet?

-Tunesien biete ein Negativbeispiel hierfür.

 Es ist sehr einfach eine große Menschenmenge schnell zu erreichen und zu mobilisieren. Wie das geht? Natürlich über das Internet, an erster Stelle über Blogs, Facebook, Twitter und Youtube.

Besonders in kommunistischen oder autoritär regierten Regimen ein gefundenes Fressen für Aktivisten, Protestanten und Journalisten. Wie sich im Falle Tunesiens zeigt, birgt das jedoch unvorhersehbare Gefahren.

Den tunesischen Behörden ist es ein leichtes, Internetportale zu überwachen oder private Passwörter von Emailkonten  zu hacken, zumal die Regierung dies unterstützt und bekräftigt. So kommt es, dass Nutzer von, unter anderem, sozialen Netzwerken verstärkt ins Visier der Behörden genommen und gezielt verfolgt werden. Wie die „Zeit“ mitteilt, beschweren sich vermehrt Blogger über das plötzliche „Verschwinden“ ihrer Websites. Eindeutig richtet sich die Überwachungsaktion gegen politische Aktivisten und Kritiker des Regimes.

Immer wieder wird Seitens der Regierung versucht, das Internet zu kontrollieren und somit den Raum des „öffentlichen Austausches“ einzuschränken. Wo bleibt da noch Platz für Transparenz und Unabhängigkeit?

Auch der Blogger Evgeni Morozov aus Weißrussland warnt davor, dass das Internet heimtückische Fallen stellt. Gerade in solchen autoritär geführten Ländern sind die Geheimdienste besonders aufmerksam was Internetportale und dessen Inhalte betrifft. Viele Aktivisten sind sich dessen nicht bewusst und riskieren es durch einen, für den Staat, „falschen Beitrag oder Kommentar“ verfolgt zu werden.

Ein bedenkliches Unterfangen, wenn man überlegt, was eine „kleine“ Aussage im Internet für schwere Folgen haben kann.

 Quellen:

Kühl, Eike, „Tunesien zensiert das Netz“ in Zeit online, http://www.zeit.de/digital/internet/2011-01/tunesien-zensur-facebook?page=1, 13.01.2011

http://freies-tunesien.over-blog.com/article-25866124.html, 13.01.2011

Fatale Folgen der Digitalisierung?

…und es ist wie immer, wenn ein Jahr sich dem Ende neigt. Die Medienwelt schaut auf sämtliche Jahresrückblicke zurück oder stellt Spekulationen über das bevorstehende neue Jahr an.

Auch auf stern.de fand ich schnell einen Artikel betitelt mit „Zehn Dinge, die 2011 (fast) aussterben werden“. Sicher fallen uns einige Dinge ein, die auf der Liste stehen könnten und natürlich behalf sich der Autor auch den typischen Klassikern, an die wir alle denken.

Auf Platz eins beispielsweise „handschriftliche Briefe“, direkt gefolgt von „Postkarten“ […][1].

Fast ein wenig empörend wie ich finde, denn wirkliche Zustimmung zu der Liste fand ich nur in einem Punkt, nämlich dem aussterbenden traditionellen Wecker. Ansonsten kaum ein Grund zur Besorgnis, denn auch wenn sämtliche Formen der Verschriftlichung vorweg mit einem kleinen „e-Kürzel“ (für „electronic“) versehen werden können, sterben die traditionellen Formen dennoch nicht gänzlich aus. Mag sein, dass die Anzahl an geschriebenen Briefen und Postkarten rückläufig ist und trotzdem ist eine Urlaubskarte unersetzbar, oder nicht? Der „Multimedia Messaging Service“, kurz MMS, kann genutzt werden, um Fotos aus dem Urlaub kurzer Hand mit persönlichem Text und Ton untermalt an die Lieben zu Hause zu verschicken. So tut es auch ein Weihnachtsgruß per e-Card, denn er ist wesentlich komfortabler und schneller als die herkömmliche Karte. Traurig ist hierbei nur der Gedanke, dass solche elektronischen Grüße wenig persönlich und nur sehr flüchtig sind. Ich schätze es sehr Briefe geschickt zu bekommen, die ich aufbewahren und zu einem späteren Zeitpunkt wieder hervor holen kann. Diese sind für mich einfach unersetzbar!

Genauso gerne fotografiere ich noch analog. Für mich ist der künstlerische Grad hier mindestens genauso hoch, wenn nicht sogar noch höher als bei der digitalen Fotografie. Außerdem beobachte ich einen Trend hin zu Polaroidfotos und Schnappschussfotografie. Nicht umsonst bieten Onlineshops wie der frontlineshop[2] bereits seit einiger Zeit wieder die Kleinbildkamera der Marke „Lomo“ an. Alles in allem ist fraglich, ob all diese Dinge völlig aussterben werden, und erst recht, ob das dieses Jahr geschieht.

Auf „echte Freunde“ und „Diskussionen“ ist sowieso kein Verzicht, denn beides ist unentbehrlich. Dem Autor fiel wohl kein besseres Thema als Lückenfüller ein; ausgerechnet dieser Artikel erschien in der Rubrik „Ratgeber Digitales Leben“. Hoffentlich war er nicht zu ernst gemeint und soll den Leser nur ein wenig nachdenklich stimmen.


[1] Papierfotos, Lexika und Wörterbücher, Die CD, 2D-Filme, Festnetztelefonate, Diskussionen, Wecker, Echte Freunde siehe http://www.stern.de/digital/computer/digitalisierung-und-ihre-folgen-zehn-dinge-die-2011-fast-aussterben-werden-1638798.html, 03.01.2011

[2] http://www.frontlineshop.com/Women/Product/866508/866485/LOMOGRAPHY-W-Diana-Instant-Back-Plus-black.html, 03.01.2011

Quelle:

Gregor Tholl, Digitalisierung und ihre Folgen, Zehn Dinge, die 2011 (fast) aussterben werden in stern.de, http://www.stern.de/digital/computer/digitalisierung-und-ihre-folgen-zehn-dinge-die-2011-fast-aussterben-werden-1638798.html, 03.01.2011

Infotainment der besonderen Art

-Manga Zeitung in Japan-

Seit ungefähr einem Jahr gibt es in Japan eine neue Form der Nachrichtenvermittlung.

Die sogenannte „Manga No Shimbun“ erweitert die traditionelle Zeitung, indem sie Nachrichteninhalte als Comic darstellt.

Was für uns unvorstellbar ist, ist für Japaner gar nicht so ungewöhnlich, konsumieren sie doch so gut wie alle Inhalte in Form von Comics und Bildern.

So werden in der „Manga No Shimbun“ sowohl lokale, regionale als auch internationale Themen in allen Bereichen, beispielsweise aus der Politik und Wirtschaft behandelt. Ziel der Zeitung ist es komplizierte Sachverhalte vereinfach darzustellen und sie somit einem jüngeren Publikum nahe zu bringen. Die Comics sind kostenlos online abzurufen, darüber hinaus ist bereits ein App für iPad und iPhone auf dem Markt.

Um die Nachrichten in Comicform umzuschreiben arbeiten rund 50 zeichnende Redakteure an der weltweit einzigartigen Onlinezeitung. Natürlich ist offensichtlich, dass ein gewisser Grad an Unterhaltung erwünscht und unvermeidbar ist. –schließlich zielt die Manga Zeitung auf junge Leute ab, die sich normalerweise kaum für Nachrichten interessieren und selten Zeitung lesen. Dementsprechend spielerisch wird ihnen die Information verkauft. Die bildnerische Darstellung bietet eine ideale Voraussetzung hierfür. Dennoch, so sagt Yuko Okamura, Chefredakteurin der Newsmanga, wolle man „ernsthaft und kostenlos Nachrichten vermitteln“. Sie ist sich ihrer journalistischen Verantwortung bewusst und weiß, dass durch Zeichnungen besonders leicht bestimmte Gefühle bei dem Leser hervorgerufen werden.

Dementsprechend stellt sich mir die Frage, in wie fern Sachlichkeit und Objektivität überhaupt noch gewährleistet werden kann. Für mich sind solche Zeitungscomic mit ernstzunehmenden Inhalten realitätsfern. Durch bewusste garfische Darstellung (Farb-, Formwahl der Subjekte, Gestaltung der Umgebung, ect.) bilden sie nur sehr eingeschränkt die Wirklichkeit ab, können sogar Klischees bedienen. Diese starke Vereinfachung führt dazu, dass die Inhalte aus dem Kontext gerissen werden, sodass sie in ihrer gesamten Komplexität vom Leser gar nicht wahrgenommen werden. Vielleicht versteht dieser gar nicht den Ernst der Sachlage oder empfindet das Dargestellte als zu beiläufig.

Auch fraglich ist, ob wirklich alle Themenbereiche durch Bilder gedeckt werden, beziehungsweise sich überhaupt darstellen lassen?

Die Entstehung einer solchen Manga Zeitung in Japan zeigt, dass wir in einem völlig anderen Kulturkreis leben. Demnach gehe ich nicht davon aus, dass Nachrichten dargestellt in Form eines Comics einen internationalen Durchbruch erlangen. Die westlichen Länder dürften sich von „Manga No Shimbun“ weniger angesprochen fühlen und in Hinblick auf die sachlich, objektive Darstellung der Inhalte kritisch hinterfragt werden.

 

[1] „Heissss!“ quillt es aus der Sprechblase: Manga-Strip über die Flächenbrände in Russland“

Quellen:

1) Christian Schmitt, 28.12.2010, „Nachrichten als Manga“ in DRadio Wissen, http://wissen.dradio.de/japan-nachrichten-als-manga.36.de.html?dram:article_id=7501&sid=, 30.12.2010

2) Wieland Wagner, 06.08.2010, „Weltweit erste Manga-Zeitung -Sumo-Skandale in Sprechblasen“in Spiegelonline.de, http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,710201,00.html, 30.12.2010

3) http://www.wired.com/magazine/tag/manga-no-shimbun/, 30.12.2010


[1] http://www.spiegel.de/fotostrecke/fotostrecke-57908-3.html, 30.12.2010

Tod auch im world wild web möglich

 Eine virtuelle Todesanzeige als Antwort auf eine private, in einem Onlineportal verfasste Nachricht finden Sie unrealistisch?

-Nein, das gibt es wirklich und es handelt sich längst nicht mehr um eine Zukunftsversion!

Zunächst lässt sich sagen, dass die Zahl der Nutzer von sozialen Netzwerken wie Twitter, Facebook oder MeinVZ kontinuierlich ansteigt[1] und Neuregistrierungen täglich stattfinden. Inzwischen weiß jedoch jeder von den Risiken, die von solchen Netzwerken ausgehen; an erster Stelle dem Problem des Datenschutzes.[2] Dennoch stellen viele „Member“ regelmäßig private Fotos online und kommentieren diese unbedacht.

Es steht also die Frage im Raum, was aus all diesen Fotos, Texten und Kommentaren nach dem eigenen Tod wird.

Bereits vor ungefähr zwei Jahren erkannte die Gründerin des sogenannten „My Webwill“[3] das Problem der unendlichen Datensammlung im Internet, die nach dem Tod nur schwer zu löschen sind. Deshalb entwickelte die Schwedin einen Service, der dem registrierten Nutzer die Erstellung eines „virtuellen Testaments“ ermöglicht. Dieses Testament trifft dann später Aussagen über die bestehenden Onlineportale und deren Funktion nach dem Tod des jeweiligen Nutzers. Dabei gibt es mehrere Optionen, die der jeweilige „User“ frei wählen kann. Angenommen ich würde morgen durch einen Autounfall zu Tode kommen und hätte mich vorher bereits bei My Webwill registriert, so würden die Personen meines Vertrauen, die ich im Testament angegeben habe, meinen Tod an eben diese weitergeben. Je nach gewählter Option kann nun meine Onlinepräsenz in dem jeweiligen Netzwerk (Facebook & Co.) gelöscht werden oder eine von mir verfasste Nachricht an all meine Freunde gesendet werden. Ganz umsonst ist dieser Service natürlich nicht. Auch der Preis variiert und hängt davon ab, welchen Dienst man beansprucht. Soll das Profil nur gelöscht werden, so ist das kostenlos. Wenn man aber seinen Account an eine dritte Person überreichen möchte, kostet das bereits rund 70,- Euro.

Von der Grundidee aus ein gelungenes Konzept, doch muss sich die Frage gestellt werden, ob nicht auch hier wieder das Vertrauen in die Domäne von zentraler Bedeutung ist? Entgegen des Werbesolgans „Durch My Webwill haben Sie die Kontrolle über Ihre digitalen Inhalte, Daten und Dateien […]“[4] sehe ich den Aspekt der „Kontrolle“ kritisch, da ich schließlich und letztendlich meine Daten wieder nur in die Hände eines Dritten gebe. Deshalb sollte ein Jeder frühzeitig über die Konsequenzen der Veröffentlichung der eigenen Privatsphäre im world wide web nachdenken, denn erst einmal online gestellte Inhalte sind oft unumkehrbar und für Millionen für Menschen einsichtbar!


[1] Holger Schmidt, 26. April 2010, „Facebook zieht deutscher Konkurrenz davon“ in FAZ.Net, F.A.Z.-Blogs, http://faz-community.faz.net/blogs/netzkonom/archive/2010/04/26/facebook-zieht-deutscher-konkurrenz-davon.aspx, 04.12.2010

[2] Vgl. Felix Knoke, 23.11.2007, „Privatsphäre. Die Gefahren des sozialen Netzes“ in spiegel.de, http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,517584,00.html, 04.12.2010

[3] www.mywebwill.de

[4] https://www.mywebwill.de/aboutn