Alle Beiträge von katja

Zeitschriftenporträts, die 2.

Versuchsaufbau, Versuchsleiter und Testperson wurden von Experiment 1 übernommen; da die Testperson bereits beeinflusst worden ist, muss mit verzerrenden Effekten gerechnet werden.

Mister X, seines Zeichens durchaus ambitionierter Hobbykoch und Genießer, wird unauffällig zum Zielobjekt, dem Gault Millau, geleitet. Etwas gehemmt beäugt er das Magazin – Zeit für den Versuchsleiter, sich zurückzuziehen: Die Testperson soll sich unbeobachtet fühlen..

Der Versuch läuft seit etwas mehr als zwei Minuten. Von Weitem konnte bislang freudig-interessiertes bis freudig-erregtes Blättern beobachtet werden. Das Magazin scheint zu gefallen. Kurze Zeit später jedoch scheint etwas die Freude der Testperson zu trüben: Erst schaut sie verwirrt in das Magazin, stutzt – und sucht dann den Blickkontakt mit dem Versuchsleiter. Ein aufmunterndes Nicken meinerseits führt zur Kontaktaufnahme:

„Willst du mal was Krasses hören?“ Ohne die Antwort abzuwarten, lässt Mister X seiner Empörung freien Lauf: „Hier stehet – warte – also, hier is so ne Liste, da kann man Fleisch und so bestellen … und – rate mal, was hier ein Kilo Rinderfilet kostet?!“

Der Versuchsleiter zuckt mit den Schultern: „Na, so um die-“

„69 Euro 90! Ein! Kilo! Rinderfilet!“

Der Proband scheint äußerst erregt. Offensichtlich ist Mister X über die Preise empört – dem Befund des Porträts, dass „Preise im Gault Millau Magazin eine, wenn überhaupt, nur untergeordnete Rolle spielen“, kann auf Basis der Untersuchungsergebnisse zugestimmt werden. Der Leser des Gault Millau sollte sich von exorbitant hohen Produktpreisen nicht verschrecken lassen.
Leider brach der Proband das Experiment vorzeitig ab, indem er das Heft mit Vehemenz zurück ins Regal stellte. Das einzige weitere Ergebnis des Versuchs ist: Studierende der Naturwissenschaften gehören offenkundig nicht zum Zielpublikum des Gault Millau.

Zeitschriftenporträts, die 1.

Um das vergangene Seminar „Zeitschriften und Onlinemagazine“ gebührend abzuschließen, entschloss ich mich am Donnerstag zu einem Experiment: Was hält wohl die nichtsahnende Testperson von den in den Porträts vorgestellten Magazinen? Unter dem Vorwand „nur mal gucken, was es da so gibt“, lockte ich oben genannte Testperson – im Folgenden mit Mister X bezeichnet – in den Pressepoint am Hauptmarkt.

Nach just einer Minute richtet Mister X sich mit begeisterndem Funkeln in den Augen an mich: „Oh, guck mal! Die Zeit hat jetz´auch n Campus-Magazin! Cool, oder?!“

Ich halte fest: Ja, das Magazin Zeit Campus profitiert offensichtlich vom guten Image der Wochenzeitung „Die Zeit“. Das Qualitätsurteil wurde spontan und ohne weitere inhaltliche Prüfung, allein auf Basis des bislang noch nicht enttäuschten Vertrauens zum Muttermedium gefällt. Allein ein Fehlverhalten seitens des Versuchsleiters („guck doch erstmal rein, bevor du was kaufst!“) hat den Erwerb des Magazins vereitelt..

Sexuelle Belästigung auf MySpace

Laut texanischem Richterspruch trägt die Community-Website keine Verantwortung für sexuelle Belästigung Jugendlicher innerhalb ihres Angebots. Die Entscheidung wird begründet mit dem 1996 beschlossenen „Communications Defency Act“, demzufolge die Haftung von Dienstanbietern für die Äußerungen ihrer Kunden ausgeschlossen wird.
Der Anwalt der Kläger kritisiert, auf diese Weise würden entsprechende Firmen von der Verantwortung, das Internet für Kinder sicherer zu machen, entbunden.

„Martin Luther war ein Blogger“

Auf der Suche nach Themen bin ich im Spiegel über oben genannte Überschrift gestolpert. Da sogar explizit das Reizwort „Blogger“ enthalten war – und das noch im Zusammenhang mit Martin Luther? – war selbstredend mein Interesse geweckt…

Es handelt sich um ein Interview mit Craig Newmark, dem Gründer des Online-Kleinanzeigendienstes „Craigslist“.

Unter anderem wird im Gespräch die Frage nach den Gefahren des Internets verhandelt, Newmark stellt in diesem Zusammenhang die Philosophie seines Dienstes vor: Jeder trägt dort Verantwortung mit, indem er auf mögliche betrügerische Vorgänge mittels flagging aufmerksam macht.

Der Nutzen des Internets liegt für Newmark darin, dass sich Menschen dort für gute Zwecke einfach zusammenschließen und ihre Meinung publizieren bzw. die Meinung anderer durch Abstimmung unterstützen können. In diesem Rahmen weist er darauf hin, dass die von Luther an die Kirchentüren geschlagenen Thesen ebenfalls eine Form von Blogg gewesen seien..

http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,464381,00.html

Klimakiller Computer?

Nur wenige Zeit, nachdem ich in einem Kommentar die Frage stellte, inwieweit die Medien auf die Initiative Nachrichtenaufklärung reagierten, landete die Antwort auf meinem Bildschirm:

„14 Kraftwerke arbeiten nur für Rechenzentren“ lautet die äußerst plakative Schlagzeile auf Spiegel Online. (http://www.spiegel.de/netzwelt/tech/0,1518,466774,00.html)

Dies ist das Ergebnis einer im Auftrag des Prozessorherstellers AMD durchgeführten Studie. Offenkundig hat der Spiegel sich verantwortlich gefühlt, den vergessenen Themen einen Weg in die Öffentlickeit zu ermöglichen.

Doch was sagt der Artikel mir? Muss ich jetzt sofort mit dem Schreiben meines Posts aufhören, den Rechner ausschalten und damit wenigstens einen kleinen Beitrag zur Rettung unserer Erde leisten? Denn schließlich ist mein Computer ein Klimakiller – so die Dachzeile. Ich müsste also nur den geringen Preis des Nicht-Erhaltens eines Teilnahmescheins entrichten und könnte mich mit gutem Gewissen zurücklehnen?

Ganz so einfach ist das nicht. Was in dem Spiegelartikel unerwähnt bleibt, ist die Tatsache, dass sich viele der größten Rechenzentren der Welt mit klimarelevanten Fragen beschäftigen. Man versucht mithilfe von Simulationen, den Klimawandel zu verstehen und damit die Grundlage für einen verantwortungsvolleren Umgang mit unserer Lebensgrundlage Erde zu schaffen.
Vor diesem Hintergrund sind Dach- und Schlagzeile des Artikels absolut unpassend, einseitig und damit auch wirklichkeitsverzerrend. Es entsteht ein realitätsferner Eindruck von dem, was Rechner für die Entwicklung der Menschheit und den Schutz der Umwelt in der Lage sind zu leisten. Sicherlich dienen nicht alle Nutzen höheren Zwecken (wie etwa die in Diensten für Börsen u.ä.), aber doch ein großer Teil. Dieses Faktum zu erwähnen wäre durchaus wünschenswert.
Nun könnte man der Publikation zugute halten, dass sie den Aufruf der Studie zu einem Umdenken in der IT-Branche Gehör verleiht: weg von Kosteneinsparung bei der Anschaffung, hin zur stromsparenden Hightech-Produkten.
Mein „Aber“ hierzu: Wie wir alle wissen, lesen viele Rezipienten eines Print- oder Onlinemediums die Schlagzeile eines Artikels. Weniger sind es bereits, die sich den Vorspann zu Gemüte führen. Noch weniger lesen.. – ich spare mir den Rest.

Wie viele Leser mögen es wohl sein, die diesen Artikel tatsächlich ganz lesen und somit „herausfinden“, wie der Klimakiller Computer aufzuhalten sein könnte? Welches Bild von Funktion und Nutzen von Rechenzentren setzt sich vor der Aussage des Artikels wohl durch?

Und: Ist es nicht absurd, einen Artikel über den Klimakiller Computer in einem Onlinemedium zu publizieren?

Ich gebe zu, wenig differenziert mit dem Thema umzugehen und teilweise auch Ansätze unausgegoren und fragmentarisch stehen zu lassen – unter anderem auch, damit ich die Geduld meines Lesers nicht nicht überstrapaziere. Es hat mich einfach geärgert, mit wie viel Bildzeitungs-Potenzial der Autor des Spiegelartikels zur Tat geschritten ist.