Propagandahoffnung zerschlagen

Eine glanzvolle Vorstellung sollte es werden, doch zu einem gravierenden Moment nationaler Schande wurde es. 0:7 lautete das Ergebnis des zweiten WM Vorrundenspiels der Gruppe G zwischen Nordkorea und Portugal. Zum ersten Mal wurden im nordkoreanischen Staatsfernsehen Live-Bilder eines WM-Spiels gezeigt. Die Hoffnung der Staatsführung auf einen glorreichen Kampf wurde allerdings zerschlagen. Statt glorreich war dieses Spiel wahrscheinlich mehr als blamabel für Nordkoreas Diktator Kim Jong-il, der sich einen Propagandaerfolg von der Übertragung versprochen hatte. Die Mannschaft sollte eigentlich für den 3:5 Misserfolg ihrer Vorgänger im WM-Viertelfinale 1966 an England Rache nehmen, jedoch sind sie jetzt bereits vor dem letzten Gruppenspiel sang- und klanglos aus dem Wettbewerb ausgeschieden.

Die Schande für den nordkoreanischen Moderator war scheinbar so groß, dass er ab dem 0:4 in der 60. Minute kein Wort mehr über seine Lippen brachte. Keine Auswechslung wurde kommentiert, kein Tor, nichts. Sogar das Spielende fand keine Erwähnung mehr. Viel mehr noch, nach dem Abpfiff endete die Übertragung sofort.
Ob dies von der nordkoreanischen Regierung so veranlasst wurde, oder ob der Moderator damit seine persönliche Missbilligung zum Ausdruck bringen wollte, bleibt nur zu vermuten. Wahrscheinlich ist eher die zweite Variante, da die Übertragung ansonsten wohl sofort abgeschaltet worden wäre. Alles in allem aber trotzdem ein Novum in der WM-Geschichte. Einen Reporter, der plötzlich die Sprache verliert und die Kommentierung einstellt, gab es vermutlich noch nie.

Das Spiel Nordkoreas wurde auch nach Südkorea live übertragen, allerdings verschlug es hier dem Kommentator nicht die Sprache. Er war die gesamten 90 Spielminuten klar und deutlich zu vernehmen –insofern die Vuvuzelas dies zugelassen haben-. Selbst im Fußball sind die Unterschiede zwischen dem diktatorisch beherrschten Nordkorea und der -allgemein Südkorea genannten- demokratischen Republik Korea deutlich zu spüren.

Am Freitag (25.06.) wird sich Nordkorea gegen die Elfenbeinküste aus dem Turnier verabschieden. Ob es eine weitere Live-Übertragung geben wird, steht noch nicht fest. Zu erwarten ist es allerdings nicht, die Angst vor einer weiteren fußballerischen Blamage dürfte zu groß sein. Aber auch die vor einem schweigenden Moderator.

Quelle:
http://www.welt.de/sport/wm2010/article8140023/0-7-als-nationale-Schande-Kommentator-schweigt.html

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