Von hier an blind?

Sind die bulgarischen Klassiker ein Privateigentum?

Seit fast zwei Monaten beschäftigt diese Frage die einheimische Blogosphäre. Kurzum: der ohne Zweifel mächtigste Verlag in dem Land – „Trud“ (????) -, ein Eigentum der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung, droht mit Klagen die spezialisierte Website bezmonitor.com. Auf der Adresse sind diverse literarische Texte zu finden, die auf Blinde zugeschnitten sind, d.h. alle Inhalte sind ausschließlich ASCII-basiert, sodass sie von einem Software-Synthesizer gelesen werden können. Der Zugang zu der Website, die selbst von einem Blinden betrieben wird, ist kostenlos.

znam.bg dagegen ist eine ähnliche Online-Platform des Verlags, die erstens für die von blinden Nutzern ausschließlich verwendeten Textbrowser unzugänglich ist, zweitens – eine Zahlung durch SMS erfordert.

Ohne tatsächliche Beweise vorzulegen, behauptet der Verlag, er habe angeblich die Urheberrechte für die Texte gekauft, und verlangt somit ihre Entfernung von der anderen Website.

So geht es eigentlich nicht nur um die Nichtsehenden, die benachteiligt werden. Unter den umstrittenen Inhalten sind zahlreiche Klassiker der Literatur zu finden, die zu dem Schulunterricht schlechthin gehören. Wenn mein Kind lernen muss, muss ich zahlen. „Trud“ zahlen. Einem Monopolisten.
Zumal eine Richtlinie die Reproduktion von Werken erlaubt, die schon in der Brailleschrift oder einer analogischen Alternative veröffentlicht worden sind, wenn dies keine kommerziellen Zwecke verfolgt.

Die Empörung vieler gerechtigkeitsbewussten Menschen hat durch ein Protest-Blog ihren Ausdruck bekommen. Unter dem Motto „Rettet die bulgarischen Märchen!“ sind auf der Site sowohl grundlegende Erklärungen des Sachverhalts zu finden, als auch eine Menge Kommentare und Verlinkungen zu anderen Weblogs, wo das Problem auch thematisiert worden ist. Hauptziel der Gegeninitiative ist, eine möglichst große – und vor allem internationale – Resonanz zu finden, um solch unmoralischen Aktionen die rote Karte zu zeigen.

Helfen kannst auch du.

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