Etwas verspätet zwar, genau gesagt neun Tage, sei hier kurz der Blick geworfen auf ein mediales Ereignis in England, dass – im Gegensatz zur Ausstrahlung des Selbstmords von Craig Ewert – erstaunlicherweise (oder eben auch nicht) kaum öffentliche Diskussionen nach sich zog. Die Rede ist von der Alternative Christmas Message auf Channel4, einem kommerziellen aber dennoch in öffentlichem Besitz befindlichen britischen Fernsehsender. Diese, als Alternative zur Ansprache der Queen, gedachte Rede wurde diesmal von einem ganz besonderen Gast gehalten – dem iranischen Präsidenten Mahmoud Ahmadinejad.
Zwar hielt sich der als Holocaustleugner und für seine antisemitische Vernichtungsrethorik gegenüber Israel bekannte Islamist zurück und sagt nichts wirklich kontroverses, dennoch ist sein Auftritt durchaus problematisch, insbesondere aus medienethischer Sicht. So stellt sich doch die Frage, ob einer Person vom Kaliber Ahmadinejads wirklich solch ein Forum zur Selbstinszenierung geboten werden sollte, zumal von einem Fernsehsender der der öffentlich Hand gehört.
Und bei dieser Sendungsform handelt es sich um Selbstinszenierung in reinster Form – es gibt keine kritischen Nachfragen, keine Gegenposition, keine Kontextualisierung oder ähnliches. Stattdessen kann sich der Redner als Hauptdarsteller so präsentieren wie er es gerne möchte, ob iranischer Präsident, Queen, Bundeskanzlerin oder Bundespräsident. Eigentlich sollte man meinen, dass allein schon aus diesem Grund Medien, die etwas auf sich und kritischen Journalismus halten, auf die Ausstrahlung oder gar Veranstaltung von Weihnachts- und Neujahrsansprachen freiwillig verzichten würden.
Im Falle Ahmadinejad nun nutzte dieser die ihm gebotene Möglichkeit dankbar, um sich als friedliebender Menschenfreund und Kämpfer für Gerechtigkeit zu gerieren. Allerdings spricht die Realität dieser Selbstdarstellung Hohn, man denke nur an die Hinrichtung Homosexueller, die Steinigung von Frauen wegen „unislamischen Verhaltens“ oder die Inhaftierung kritischer Blogger unter der islam-faschistischen Diktatur im Iran – doch von alldem erfuhr der Betrachter der alternativen Weihnachtsbotschaft nichts.
Stattdessen führt solch eine Sendung zur Bestärkung des europäischen Appeasements mit dem iranischen Regime und zur Inszensierung einer Person als dialogfähiger und -bereiter Staatsmann, die sich im Grunde schon zuvor durch ihre Äußerungen disqualifiziert hat. Entsprechend wurde zurecht gefragt, ob Channel4 nun konsequenterweise gedenke im nächsten Jahr den bekennenden Holocaustleugner David Irving oder Robert Mugabe die Weihnachtsansprache halten zu lassen – qualitativ wäre der Unterschied nicht wirklich groß
.Am Rande angemerkt sei schlussendlich noch, dass die Verharmlosung und der allzu unkritische Umgang mit (islamischem) Antisemitismus kein Einzelfall darstellt. Dazu genügt ein Blick in die Süddeutsche Zeitung dieser Tage, in der sich seit fast einer Woche Thorsten Schmitz täglich auf Seite 2 in doch etwas arg einseitiger Pro-Hamas Berichterstattung üben darf.