Filmkritik: Hallam Foe – This is my story

Andere Menschen beobachten, dass ist, nach dem Tod seiner Mutter, die wichtigste Beschäftigung des 17-jährigen Hallam Foe (Jamie Bell). Als könne er mit seinem eigenen Leben nichts mehr anfangen, saugt er das Leben der Menschen in seiner Umgebung aus und notiert seine Beobachtungen in seinen Tagebüchern. Opfer seiner Wahl ist meistens seine verhasste Stiefmutter Verity (Claire Forlani), einst Sekretärin seines Vaters Julius (Ciarán Hinds), der er jetzt den Mord an seiner Mutter vor wirft. Sie gibt sich allerdings auch alle Mühe als böse Stiefmutter dazu stehen, indem sie Hallam mit ihrem Mann zusammen versucht in Arbeit und aus dem Haus zu bekommen, seine Tagebücher ließt und als sie ihn zur Rede stellen will, ihren traumatisierten Stiefsohn ?verführt?, um das ihrem Mann als peinliche Annährungsversuche seines Sohnes zu verkaufen. Eine echte Sympathin also der Kategorie ?Aschenputtel?, wenn auch ein Wenig subtiler.

Nach dem Auszug seiner Schwester und der Verführung durch die Stiefmutter hält es Hallam zu Hause nicht mehr aus und haut ab nach Edinburgh. Bald nimmt er dort eine Stelle als Küchenhilfe in einem Hotel an, da er in der attraktiven Kate (Sophia Myles) glaubt seine Mutter wieder zu erkennen und fortan ihre Nähe sucht, in Hallam typischer Weise als Spanner. Es entspinnt sich eine Entwicklungsroman ähnliche Handlung zwischen Aufstieg zum Hotelportier und der Beziehung zu Kate, die letztlich zum notwendigen totalen Zusammenbruch Hallams führt.

Hallam Foe hätte ein sehr starker Film werden können, wenn sich Regisseur David Mackenzie (Stellas Versuchung) etwas mehr Zeit für seine Figuren genommen hätte, die zwar keine zu platten Klischeecharaktere sind, aber eben der komplexen (psychischen) Situation in der sich jede Figur befindet nicht gerecht werden. Die Nebenfiguren, wie die zwei Kollegen Hallams in Küche und Rezeption, kommen über ihre amüsanten und komischen Dialoge selten hinaus. Verity bleibt in ihrer bösen Stiefmutterrolle, der man den Mord, auch wenn sie es nicht wahr, durchaus zutrauen würde, obwohl diese Rolle die ein oder andere Charakterschicht mehr hätte verkraften können, genau wie Vater Julius, der zwar von Ciarán Hinds (Road to Perdition, München) überzeugend gespielt wird, aber nur in wenigen Szenen wirklich auftaucht.

Überzeugen kann Sophia Myles (From Hell, Tristan & Isolde) als die Doppelgängerin Kate, die im Beruf zielstrebig und strukturiert auftritt, sich im Privaten aber von einer Affäre zur nächsten hangelt und nicht viel reifer ist als Hallam und es entwickelt sich die Beziehung der beiden zu einem komplexen Gefüge aus Mutterersatz, Cheffin und Freundin. So eilt sie Hallam z.B. bei Ankunft seiner Eltern im Hotelzur Seite, lässt sich dann aber doch ohne Murren von Verity verjagen.
Auch die Hauptfigur Jamie Bell (Billy Elliot – I Will Dance, Flags of Our Fathers) vermag ihr Potential nicht voll auszuschöpfen und man hat schon eindrucksvoller traumatisierte Jugendliche erlebt als Hallam. Das Trauma drückt sich hauptsächlich durch Hallams psychotische Eigenarten aus, wenn er endwender Menschen beobachtet oder über diese mit Kriegsbemalung und passendem Outfit überfällt. Das der Charakter noch mehr zu bieten hat beweist Regisseur David Mackenzie beim eindrucksvollen völligen Zusammenbruch Hallams.

Trotz aller Kritik entwickelt der Film eine komplexe Geschichte über Schuld und Verantwortung, in der niemand ohne Schuld bleibt nicht Kate, die unter anderem eine Affäre mit ihrem verheirateten Kollegen hat, noch der Vater Julius und weil sich alle dies ganze Schuld in dem Film teilen ist auch Varity zum Schluss nicht nur die Täterin. In schöne, gerne auch unschönen und etwas unscharfen, zu den unklaren Verhältnissen passenden Bildern ist der Film inszeniert und wird von einem mit mit silbernen Bären ausgezeichneten Soundtrack begleitet. Ein guter Film, ohne Frage, aber er schöpft sein Potential nicht voll aus.

Hallam Foe – This is my story – Großbritannien 2007 – Regie: David Mackenzie; Buch: Ed Whitmore, David Mackenzie; Kamera: Giles Nuttgens; Schnitt: Colin Monie; Mit: Jamie Bell, Sophia Myles, Ciarán Hinds, Claire Forlani, Jamie Sives?

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