Plattenkritiken sind gut und wichtig. Sie geben uns einen Überblick über den unendlichen Wust an Veröffentlichungen. Die Auswahl ist oft fragwürdig, aber irgendwie durch das System gerechtfertigt. Sicher gibt es viele Künstler irgendwo da draußen, die besser sind, als das, was uns unter kommt. Aber oft macht den kleinen unterschied eben der Biss aus oder die nötige Connection, der richtige Manager, das auffälligere Bühnengebahren oder das Image. So war es schon immer, so wird es immer sein.
Um mich für den Kauf einer Cd zu entscheiden, brauche ich neben der Möglichkeit, etwas anzuhören auch fachmännischen Rat, stilistische Einordnung, Bewertung. All dies sollte in ein einer Rezension vorhanden sein. Ich will wissen, welche Musik Band xy macht. Ist diese nicht wirklich in ein Genre einzuordnen, sollte man versuchen den Sound zu umschreiben. Ich möchte wissen, ob der Rezensent die Platte gut findet und wenn ja, was an ihr und warum genau. Ebenso umgekehrt. Leider verliert sich der gemeine Musikkritiker oft in Floskeln, erzählt unnötiges über Bandhistorie, was für den Neueinsteiger eventuell interessant, problemorientiert aber nicht weiterhelfend ist. Zu schlimmer letzt wird oft in zig Zeilen viel geredet und nichts gesagt.
Ein mittelprächtiges Beispiel wäre die aktuelle Kritik des neuen Offspring-Albums im Kultur-journal ?treff.region? der Saarbrücker Zeitung. Dort wird an sich kein negatives Wort ver-loren, bis auf den Schluss: ?Das neue Album hat einige Höhen ? aber leider genau so viele Tiefen. Nichts bedeutend Neues also von der Neo-Punk-Front.?
Was soll man nun mit den positiven Aussagen des Textes anfangen wie z.B. ? ??Half-Truism? ist jedenfalls ein echter Punk-Gassenhauer??
Etc.
Richtig einzuordnen ist dies nun nicht mehr. Denn wenn ich a) weiß was die Höhen sind, dann möchte ich auch b) genau wissen, was der Autor unter als Tiefen verortet. Da all dies ja schließlich Geschmacksache ist, muss ich für mich entscheiden können, ob diese Aspekte für mich relevant sind. Im Endeffekt erreicht die Rezension natürlich das Ziel: Die Platte wird wahrgenommen, der Leser ist interessiert, und offene Fragen werden über das Anhören in einem der raren Plattenläden in der Umgebung geklärt.
Von einer Service-Leistung wie einer CD-Rezension erwarte ich aber mehr. Beim TÜV zählt man mir ja auch nicht die nur Dinge auf, die an meinem Auto ?okay? waren, nur um da dann pauschal zu sagen: Aber es war mindest genauso viel kaputt.
2 Gedanken zu „Plattenrezension ? Mein Freund und Hinderer“
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wie du ja schon bestens ausgeführt hast, bringen cd-kritiken große schwierigkeiten mit sich, beziehungsweise es braucht doch einiges, um dem leser etwas mit substanz über den jeweiligen tonträger vermitteln zu können. ich stelle mir ab und zu die frage, ob diese kritiken, kommen sie von magazinen, die man individuell als etabliert, seriös und professionell ansieht, nachträglich die meinung zum jeweiligen album beeinflussen. fällt das urteil positiv aus, gefällt mir dann das album besonders? wird das ding zerrissen, kann ich dann auch kein gutes haar an dem ganzen lassen? bislang habe ich noch keine antwort gefunden…ich befinde mich noch in der selbsttest-phase.
Mit Sicherheit beeinflusst die Meinung des jeweiligen Rezensenten -oder nennen wir ihn/sie doch lieber Kritiker-
die Meinung des Lesers, bzw. Hörers. Ich kann mich noch gut daran erinnern, als die „Visions“ von mir mit religiösem Eifer gelesen wurde: Hier wurden neue Alternative Bands aus den USA in den siebten Himmel des Pop-Olymp gehoben, alte Größen zelebriert und alles, was zu sehr Mainstream war, in der Luft zerrissen.
„Was…??? Die sind zu ’nem Major gewechselt??? (Major-Label, Sehr große Plattenfirma, z.B. Sony, BMG…) Die sind doch scheiße…!!!“ Und schon war eine Band geächtet und „unhörbar“ geworden… Den meisten Texten geht es wohl auch gar nicht darum, die Serviceleistung zu erbringen, die in obigem Blog gefordert wird, sondern eine Lesererwartung zu erfüllen, die mehr auf Lifestyle abzielt, als auf objektiven Musikjournalismus.