Keine Frage: Sport und gerade Fußball gehören zu unserer Kultur.
Ich musste mich trotzdem sehr wundern als ich im Kultur-Ressort von Spiegel-Online ?Goosens Grätsche? fand, eine Kolumne zur aktuell laufenden Europameisterschaft. Womit beschäftigt sie sich also? Mit dem interkulturellen Aspekt der Europameisterschaft? Mit Spielkultur? Weit gefehlt! Frank Goosen schreibt über die Bambini-Spiele seiner Söhne, über Public Viewing im Garten des Nachbarn und allerlei anderes, das mehr oder minder alltäglich ist.
Ist das nun Kultur?
Zumindest ist es keine Hochkultur. Es ist nichts, das man in einem Kulturressort erwarten würde, oder gar im Feuilleton. Dort möchte man über Neuinszenierungen bekannter Bühnenstücke, die Rezensionen von Walsers ?Ein liebender Mann? und über die neueste Aufnahme von Beethovens Fünfter durch das Berliner Symphonieorchester lesen. Aber über Fußball?
Spiegel-Online ordnet ?Goosens Grätsche? in die Unterkategorie Gesellschaft ein. Nun schaut man sich das Feuilleton der ZEIT an: Regelmäßig berichtet die über gegenwärtige gesellschaftliche Entwicklungen, über Kommunismus und Kirche, über den ?neuen Kapitalismus? und die deutschen Gesundheitsfanatiker. Gesellschaft, das ist festzustellen, ist also zuhause im Ressort Kultur, im Feuilleton. Aber Fußball?
Fußball, die EM ist ein Gesellschaftsphänomen. Fußball, das ist Alltagskultur. Irgendwie gehört es also schon ins Ressort Kultur. Aber nur irgendwie. Besser würde die Kolumne ?Goosens Grätsche? ins Ressort Sport passen, wo auch alle anderen Reportagen, Berichte und Kommentare zur Europameisterschaft zu finden sind.
Hans Zippert
„Über die Kunst des Korsofahrens“
http://debatte.welt.de/kolumnen/6/zippert+zappt/75852/ber+die+kunst+des+korsofahrens
http://debatte.welt.de/mitglieder/189/Hans+Zippert
Ich denke der Post zeigt schon recht ansehnlich die Für- und Wieder Argumente einer solchen Kategorisierung. Letztlich vermischt sich hier der gesellschaftliche und der sportliche Aspekt, die beide zur Kultur gehören, einer von beiden Aspekten hat aber ein eigenes Ressort, den Sportteil.
Letztlich meiner Meinung nach eine Abwägungssache.
Also ich halte das für eine ziemlich gute Strategie, um Leser in den Kulturteil zu ziehen, die sonst eher einen Bogen darum machen. Könnte mir jedenfalls vorstellen, dass die Spiegel-Macher sich davon erhoffen, dass Leser die Fußball-Kolumne lesen und dabei spontan noch den ein oder anderen nebenstehenden Artikel entdecken, den sie sonst nicht gelesen hätten – und vielleicht auch nach der EM noch mal in den Teil schauen.
Das ist mir auch vollkommen unverständlich. Die Frage, was eigentlich in das Feuilleton gehört, beschäftigt mich auch sehr, seit ich das Seminar „Kulturjournalismus“ belege, und ehrlich: ich habe fast jeden Tag meine Zweifel, wenn ich die SZ aufschlage. Es vermischt sich da so vieles, das ich persönlich auch in den Politikteil packen würde, z.B. eine Meldung, dass die Stasi-Unterlagenbehörde vorerst erhalten bliebe…vielleicht habe ich auch nur eine andere Vorstellung von Kultur…aber Fußball ist und bleibt eindeutig Sport!!!
wie die bisherige diskussion ja zeigt, sind die grenzen oft schwammig, kann man manchmal nicht genau klären, was in den kulturteil gehört und was nicht. genauso, wie viele beiträge sicher unter mehreren ressorts wohl fühlen würden. in diesem speziellen fall denke ich, dass dies mit der person goosen zu tun hat. frank goosen ist schließlich ein erfolgreicher autor, somit evtl einem gros der leser des kulturteils ein begriff. mehr wohl als den meisten lesern des sportteils, die evtl seine kolumen nicht lesen würden, wenn sie nichts mit dem namen anfangen können. umgekehrt lassen sich sicher kulturinteressierte goosenkenner davon anziehen, evtl so auch zum sport ziehen. und auch wenn nicht, befasst sich goosen thematisch mit dem, was die fussball-kultur tangiert.
Spätestens seit dem Türkeispiel wird immer wieder (übrigens auch sehr ausführlich im „Presseclub“ letzten Sonntag) die intgrative Kraft des Fußballs betont. Da bin ich schon geneigt zu schmunzeln, wenn man beobachten kann, dass hier in drei Wochen gelingt, was die sog. „Hochkultur“ in Jahrzehnten nicht schafft.