Einen interessanten Beitrag von Klaus Jarchow zum Thema Kulturjournalismus habe ich heute unter dem Titel „Viel Feuilleton, wenig Feuilletonisten“ bei medienlese.com gefunden, aus dem auch die folgenden Zitate stammen. Darin wird kritisiert, dass vieles von dem, was wir heute in den Feuilletons der Tageszeitungen finden, nicht mehr tief genug in die Materie ‚Kultur‘, in den Sinn eines Feuilletons einsteigt. Die These: „Bloße Kritik macht noch lange kein Feuilleton.“ Verbirgt sich hinter dem Vorwurf, Theaterkritiken, Buchrezensionen, Berichte über die Musikszene etc. seien kein Feuilleton im eigentlichen Sinne, die Ansicht der Frankfurter Schule, die der Populärkultur keinen Kulturstatus einräumen wollte?
Als echter Feuilletonist wird Theodor Lessing (Philosoph und Publizist, 1872-1933) präsentiert. Dessen Auffassung nach war das, was Feuilleton als solches ausmacht: „Kürze, Stoffarmut, Verständlichkeit und das ?Übersetzen von Gedanken in Situationen?“. Weiter neben Lessing werden andere genannt, fast ausnahmslos aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert und dem beginnenden 20. Jahrhundert, zu Zeiten der Weimarer Republik. Also gibt es heute gar keine Feuilletonisten mehr? Oder haben sie sich eben nur gewandelt?
Für Klaus Jarchow scheint die Antwort klar: „Sagen wir?s also, wie?s ist: Unsere Feuilletons sind trotz ihres irreführenden Namens heute gar keine mehr. Vor allem aus Mangel an Feuilletonisten.“ So heißt es in seinem Beitrag für medienlese.com. Aber meine Frage wäre: Kann man die Blütezeit des Kulturjournalismus während der Weimarer Republik überhaupt als Ideal annehmen und alles daran messen? Muss man nicht vielmehr noch weiter zurückgehen, um die Entwicklung des Feuilletons in der Geschichte seit den Vorläufern des Kulturjournalismus zu verstehen? Und müsste man dann nicht auch die Begriffsgeschichte des Wortes selbst mit einbinden, wenn man fragt: Wann ist Feuilleton Feuilleton?
Klaus Jarchow ist in seinen Ansichten recht kurzsichtig. Die Kultur ist genau wie etwa die Sprache im stetigen Wandel. Daher muss man sich doch fragen: Wie hat sich die Kulturlandschaft verändert, wie die Lesegewohnheiten der Rezipienten? Ein Feuilleton im klassischen Sinne (sprich während der Weimarer Republik) würde in der heutigen Medienlandschaft freilich nicht mehr funktionieren.
Da ich kein regelmäßiger Feuilleton-Leser bin, war ich bisher eigentlich immer der Überzeugung, dass Theaterkritiken, Buchrezensionen, Berichte über die Musikszene und ähnliches mehr das Feuilleton „im eigentlichen Sinne“, wie du es geschrieben hast, ausmachen. Um so besser, wenn es noch darüber hinausgeht – aber erwarten würde ich es nicht.
Die Blütezeit des Kulturjournalismus während der Weimarer Republik als Ideal anzunehmen und alles daran zu messen wäre meiner Meinung nach absolut fehl am Platz und ziemlich unpassend – wir sollten froh sein, dass sich das Feuilleton gewandelt und dem heutigen, modernen Zeitalter und Lebensstil angepasst hat, finde ich. Und da das Feuilleton ja heute eh schon zu jenen Ressorts gehört, die wenig bis gar nicht gelesen werden, sollte man es nicht noch bis zum Rand mit Artikeln vollpacken, die die Hälfte der Leser sowieso nicht versteht und bei denen einem schon nach dem ersten Satz die Lust aufs Lesen vergangen ist.
Ich schließe mich meiner „Vor-kommentatorin“ an, dass für mich die Rezensionen über Bücher, Theater und Musik in das Feuilleton gehören. Darüber hinaus auch Themen der Zeit, die kritisch beleuchtet werden. Und die Themen ändern sich natürlich von Epoche zu Epoche. Allerding nicht, und dazu vergleicht bitte auch den Post von Karin Göres, Fußball. Durchaus Thema der Zeit (im Moment), aber Sport in den Sportteil, bitte!