
Aktuell stand die Kult-Sitcom aus den 90ern Friends stark in der Kritik. Die Show sei nicht zeitgemäß gewesen, mindestens einer der sechs New Yorker Freunde, von deren Leben die Serie handelt, hätte dunkelhäutig sein müssen, wahrscheinlich sogar einer homosexuell, hätte man den in der Großstadt herrschenden Multikulturalismus auch wahrheitsgemäß abbilden wollen.
Von anderen Seiten heißt es dennoch, die Serie sei ihrer Zeit schon weit voraus gewesen, schließlich gab es mit Ross‘ Exfrau Carol und ihrer Lebenspartnerin Susan schon gleich zwei lesbische Charaktere im engeren Umfeld der Hauptcharaktere.
Wirft man nun mal einen Blick zurück auf die TV-Landschaft der 90er Jahre, dann kann man tatsächlich sagen, dass das relativ ungewöhnlich war. Die wenigsten Shows konfrontierten ihr Publikum mit dem Thema Homosexualität. Es wurde schlichtweg totgeschwiegen, dass auch Menschen, die eine andere Sexualität ausleben, genauso Teil der heteronormativ geprägten Gesellschaft sind. Das war und ist wohl auch mit ein Grund, warum sich auch „im echten Leben“ homosexuelle Schauspieler nicht trauten, sich öffentlich zu outen.
Dass das nämlich ordentlich schief gehen kann, wurde durch den Fall von Ellen DeGeneres deutlich. Nachdem die Komikerin sich Ende der 90er Jahre in ihrer eigenen gleichnamigen Sitcom als lesbisch outete, verlor sie innerhalb weniger Stunden nach der Ausstrahlung der Coming out Folge, ihre Serie, auch weitere Engagement im Fernsehen blieben aus, eine jahrelang hart erarbeitete Karriere innerhalb weniger Minuten komplett zerstört. Erst Jahre später konnte Ellen DeGeneres mit ihrer eigenen Talk Show wieder im TV Geschäft Fuß fassen.
Den ersten kleineren Umbruch in der TV-Landschaft gab es erst Mitte der 2000er durch bahnbrechende Serien wie The L Word, in der es um eine Clique lesbischer Frauen in Los Angeles geht, oder Queer as Folk, wo es überwiegen um die Erlebnisse fünf schwuler Männer in Pittburgh geht. Auch wenn diese zunächst eher als „special interest“ gehandelt wurden und auch nicht zur besten Sendezeit gezeigt wurden, brachten sie etwas ganz neues, vorher so noch nicht dagewesenes auf die Bildschirme. Denn auch wenn sich die Macher erfolgreicher Serien vorher schon einmal getraut hatten, das heikle Thema zu behandeln, so wurde der meist kurze Ausflug der Charaktere in die Welt der Homosexuellen als „nur eine Phase“ abgetan, wie etwa bei Samantha in Sex and the City oder Marissa in OC California. Beides Darstellungen, die den Ruf der „gay community“, deren Mitglieder oft mit gerade diesem Argument zu kämpfen haben, nicht gerade verbessern konnten.
Auch heute hat man bei manchen Serien, in denen es dann tatsächlich homosexuelle Charaktere gibt, oft das Gefühl, dass diese einfach nur aus dem Grund da sind, dass man den Machern nicht „mangelnde Diversität“ oder etwa Ignoranz einer Minderheit gegenüber vorgewerfen kann, wie man es jüngst bei Friends erlebt hat.
Für die Zukunft kann man sich nur wünschen, dass sich mehr Sender oder Streamingdienste solcher Themen annehmen und es vielleicht wieder mehr solcher Serien wie The L Word oder Queer as Folk geben wird, die all den homophoben Serienfans vor allem eins vermitteln: „Wir existieren und wir leben mitten unter euch!“
Quellen:
https://www.buzzfeed.com/emilyorley/how-lgbt-representation-on-television-has-changed-over-the-l
https://i-d.vice.com/de/article/a3nqjj/warum-ist-friends-aus-heutiger-sicht-so-problematisch
https://www.vanityfair.com/style/2017/04/20th-anniversary-of-ellen-degeneres-coming-out