Oscar will auch was sagen

„I wish I was a woman, I really do.“

Mit diesen Worten kommentierte Jimmy Kimmel, Moderator der Oscar-Verleihung 2018, die Rede von Frances McDormand, die soeben die Trophäe in der Kategorie Beste Hauptdarstellerin entgegengenommen hatte und alle für den begehrten Filmpreis nominierten Frauen dazu aufgefordert hatte, sich zu erheben. Vor dem Hintergrund der MeToo-Debatte eine mit Begeisterung aufgenommene Geste, deren Aussagekraft jedoch recht vage bleibt. Währenddessen ist der Satz des Moderators möglicherweise die einzige Spur von Kritik gegenüber der generellen Meinungsausrichtung der Veranstaltung.

Ansonsten schien man sich einig: Im Mittelpunkt der Verleihung stand Guillermo del Toros anrührendes, obgleich thematisch triviales, Märchen „The Shape of Water“, welches nicht als einziger Film um gesellschaftliche Minderheiten für den Besten Film nominiert war. Ein klarer Themenfokus und ein relativ einheitlicher Konsens durchzogen also die Zeremonie, deren Reichweite sich die Beteiligten durchaus bewusst sein dürften. Selbst in Deutschland erzielt die Live-Ausstrahlung mehr als 10% Marktanteil, und das trotz der, durch die verschiedenen Zeitzonen bedingt, ungünstigen Sendezeit.

Es stellt sich also die Frage, inwiefern die Verleihung die Behandlung gesellschaftlich relevanter Themen beeinflusst. Schließlich sind nicht nur im letzten Jahr vermehrt ganz bestimmte Inhalte auf den Plan getreten. So sind in den letzten fünf Jahren drei Gewinner in der Kategorie Bester Film und eine Vielzahl hierfür nominierter Werke zu verzeichnen, die sich der afroamerikanischen Kultur und der Rassenkommunikation in Amerika annehmen. Das impliziert zunächst einmal lediglich einen verstärkten Themenfokus, ist aber zugleich ein deutlicher Hinweis auf die aktuelle gesellschaftliche sowie politische Bedeutung dieser Themen.

Der in diesem Jahr nominierte „Black Panther“ mag den Einzug dieser Inhalte in das Mainstream-Kino darstellen. Während der Unterhaltungswert dieses Films fast einheitlich positiv hervorgehoben wurde, äußerte man einige Bedenken bezüglich seiner einseitigen Ideologie. Ob diese Bedenken begründet oder gerechtfertigt sind, sei offen gelassen, jedoch, Tatsache ist, dass der Film in einer langen Reihe von Comic-Adaptionen als erster das Privileg hatte, maßgeblich in die prestigeträchtige Preisverleihung miteinbezogen zu werden. Aufgrund der Qualität des Werkes als solches? Oder vielleicht als sich mit aktuellen Strömungen im Einklang befindliches Mittel zur Generierung von Aufmerksamkeit und Relevanz?

Der Gedanke, dass eine dreistündige Show genügend Zeit für ein Abwägen von jeglichem Für und Wider bietet, ist von vorneherein abzuweisen. Dennoch ist es möglich, die Verleihung als Sprachrohr für implizierte oder direkt ausgesprochene Botschaften zu nutzen – durch die Auswahl der im Rahmen der Zeremonie vorgestellten Filme, die nach Wunsch der Veranstalter möglichst kurzzuhaltenden Dankesreden und die überleitenden Kommentare des Moderators. Schlussendlich sind es einzelne Personen, die ihre Meinung nur unter dem Druck einer möglichst zu vermeidenden Kontroverse kundtun. Im Hinblick auf die diskursive Qualität ist all das daher mit Vorsicht zu genießen, da im Endeffekt vor allem der Unterhaltungswert der Show von hoher Wichtigkeit ist und Emotionalisierung und Vereinfachung als Mittel eher begrüßt als hinterfragt werden dürften.

Quellen:

www.sueddeutsche.de/kultur/oscar-inclusion-rider-ein-appell-an-die-erste-riege-hollywoods-1.3892621

www.indiewire.com/2018/03/90-academy-awards-show-review-jimmy-kimmel-grade-oscars-2018-1201935517/

www.quotenmeter.de/n/107487/oscars-2019-preisverleihung-stark-aber-auf-absteigendem-ast

www.tagesspiegel.de/kultur/black-panther-im-kino-wiege-der-menschheit/20954612.html

www.neues-deutschland.de/artikel/1096832.voelkische-und-filme-was-die-lungen-noch-hergeben.html

en.wikipedia.org/wiki/Academy_Award_for_Best_Picture

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