Nachdem Raymund R. vor der Jury bei DSDS einen Nervenzusammenbruch erlitten hat, wird er mit Mobbing-Attacken überhäuft. Über StudiVZ und das Telefonbuch haben Zuschauer den Kontakt zu dem 17-jährigen Leverkusener aufgespürt und seitdem sieht er sich regelrechten Hasstiraden ausgesetzt, ist mittlerweile auch von der Schule beurlaubt. Nachdem Dieter Bohlen ihm ein vernichtendes Zeugnis ausgestellt hatte:,, Ich glaub‘, wenn du in die Berge gehst und rufst, kommt da kein Echo zurück“, hypervenierte Raymund und lag wenig später kauernd und weinend am Boden. Dieser Auftritt wäre wohl zu vermeiden gewesen. Denn auch wenn Jury-Mitglied Dieter Bohlen die Verantwortung im Nachhinein dem Vater des Opfers in die Schuhe schieben will, Fakt ist, dass bei DSDS Vorcastings stattfinden, die eine Vorauswahl derer Kandidaten trifft, die anschließend vor der Jury auftreten darf. Ziel sei es laut RTL zwar, einen proporzionalen Schnitt der Kandidaten im Fernsehen zu zeigen, doch der Verdacht liegt nahe, dass das Konzept mittlerweile als „Entertainment durch Bloßstellen“(siehe Spiegel-Online) bezeichnet werden kann. Raymund ist dabei allerdings kein Einzelfall mehr. So berichtet auch Marian K. von seinen Erfahrungen bei DSDS. Auch er hat das Vorcasting geschafft, RTL drehte sogar noch einen kleinen Beitrag zu ihm, und vor der Jury durfte er sich dann von Dieter Bohlen als Oberschwuchtel bezeichnen lassen. Mittlerweile muss sich auch er mit Mobbing-Attacken auseinander setzen.
Mittlerweile läuft ein Prüfungsverfahren der KJM. DSDS steht eine Anhörung bevor und droht bei neuerlichen Vorkommnissen ein Bußgeld. Die Beanstandungen die schon bei der letzten Staffel von der KJM bekannt gemacht wurden, haben offensichtlich keine Besserung bewirkt. Allerdings stehen auch andere Sendekonzepte wie beispielsweise „Super-Nanny“ stark in der Kritik. Ein Fernsehaufritt kann auf Grund unserer heutigen Cross-medialen Vernetzungen Auswirkungen auf das Privatleben haben, deren Ausmaße von den Betroffenen nicht mehr einschätzbar sind. Auch deswegen fordern Jugendmedienschützer wohl mehr Verantwortlichkeit der Sender.
http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,532138,00.html
http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,532506,00.html
http://de.youtube.com/watch?v=h7NjmSZPHD4
Also die Schuld auf den Vater, bzw. Bekannte zu schieben finde ich nicht mal so falsch, da sie Raymund durch ihre Unehrlichkeit ins offene Messer laufen lassen. Wenn mal irgendjemand ehrlich gewesen wäre und dem Raymund gesagt hätte, dass er nicht singen und nicht tanzen könnte, wäre ihm wahrscheinlich diese Aussage von Herrn Bohlen und der Jury erspart geblieben. Doch nur die Schuld auf den Vater zu schieben ist auch nicht richtig, denn Herr Bohlen müsste sich ja im Klaren sein, dass nicht jeder Mensch seine spöttische Art von Kritik, die wahrscheinlich überlebenswichtig für DSDS ist, verträgt. Und so denke ich sollte Herr Bohlen auch manchmal überlegen mit wem er es gerade zu tun hat, ehe er solche Sprüche loslässt.
Das Problem bei Dieter Bohlen ist meiner Meinung nach nicht, dass er nicht weiß, mit wem er es zu tun hat und sich deswegen zu solchen Aussagen hinreißen lässt. Er weiß es wahrscheinlich sogar ganz genau: ein ambitionierter (und in der Selbsteinschätzung oft nicht realistischer“ junger Mensch steht vor ihm und möchte ihm zeigen, dass er was drauf hat. Bohlen ist daher in der besseren Position, gleichsam der Respektsperson auf dem Thron (oder hinter seinem Tresen) zu der die Kandidaten aufschauen. Meiner Meinung nach nutzt Bohlen seine Machtposition bewusst aus und stärkt damit sein Ego und sein Selbstbild, das er verkaufen möchte. Dass ihm diese „Fauxpas“ ständig „rausrutschen“ ist wohl nicht anzunehmen. „Raurutschen“ impliziert keine Regelmäßigkeit.
Wer sich die neuen Castings zu DSDS anschaut, dem wird auffallen, dass diese Castings mehr und mehr zu einer „Freakshow“ geworden sind. Es scheint RTL nur noch darum zu gehen, Menschen vorzuführen, die kein Talent haben, anstatt den neuen Superstar zu suchen. Denn schaut man sich andere Formate an, stellt man fest, dass dort kaum „Freaks“ vor die Kamera gelassen werden.
Was Herrn Bohlen angeht, kann ich nur sagen, dass er sehr oft unfair ist. In der letzten Castingshow vom Samstag war eine junge Frau, die im Rollstuhl saß, aber trotzdem eine wunderschöne Stimme hatte und mit dieser „Killing me softly“ vortrug. Doch alles, was Bohlen dazu zu sagen hatte, war: „Du bist nicht gut genug.“ Wäre die junge Frau keine Rollstuhlfahrerin gewesen, sondern ein hübsches schnuckeliges Mädel, so hätte er ihr direkt einen Recall-Zettel in die Hand gedrückt…
1. der Junge hätte wirklich von seinen Eltern, Verwandten, Freunden geschützt werden müssen. Für Dieter Bohlen sind solche Kandidaten ja gefundenes Fressen und RTL begleitet diese wie schon erwähnt mit kleinen Zusatzbeiträgen bevor sie hinein geschickt werden
2. sieht man an diesem Beispiel wie unberechenbar Netzeffekte haben können und so eine Weblawine losgetreten wird, weil Zuschauer plötzlich nach den Kandidaten fahnden und noch mehr Salz in die Wunde streuen. RTL kann nicht für alles verantwortlich gemacht werden.
3. DSDS ist auch zum einen srfolgreich, weil solche Kandidaten in den Vorausscheidungen Zuschauer anlocken, um deren Scheitern zu sehen und Bohlens Sprüche zu hören.
4. Eine gewisse Selbsteinschätzung müsste man den KAndidaten zu trauen, und einige gehen dahin um ihre 30 Sekunden Ruhm zu bekommen
5. Auch wenn es manche von Euch moralisch verwerflich finden, ich amüsiere mich hin und wieder gerne über eine Folge DSDS
Ich finde, das Problem liegt schon im Format der Sendung. Junge Künstler versuchen bekannt zu werden. Einige haben Talent und sind erfolgreich, andere eben nicht. Das war immer so und ist der Lauf der Dinge. Problematisch wird die Sache dadurch, dass diese Auswahl bei DSDS in der Öffentlichkeit vorgenommen wird. Jeder am Publikum (oder in diesem Fall: an Bohlen) gescheiterter Künstler kann von einer ganzen Nation ausgelacht werden.
Bohlen, die Sendung, der Sender mögen nicht die (Allein-)Schuld am Schicksal des jeweiligen Mobbing-Opfers in spe tragen, aber angesichts des verlinkten Videos auf youtube finde ich schon bemerkenswert, wie eindeutig und wie zynisch RTL – oder jedenfalls die Verantwortlichen der Sendung – am Ende Stellung bezieht:
„Raymund hat sich von seinem Besuch bei uns schnell erholt und konnte wohlbehalten und mit Puls das Gebäude verlassen.“
Wenn, was da gezeigt wird, tatsächlich passiert ist, halte ich diesen Witz am Rande für vollkommen daneben. Mal davon abgesehen, dass man derart heftige Eskalationen vielleicht gar nicht erst senden sollte, wenn sie von vorneherein einzig darauf ausgelegt sind zu spotten.
Das Problem sind ja nicht die Sprüche von Dieter Bohlen. Wer sich vor diese Jury stellt, weiß einfach dass es eine große Chance gibt dass er beleidigt wird. Aber dass RTL das Mobbing unterstützt indem sie „lustige“ Animationen einspielen (Speicheltropfen an der Kamera bei einem lispelnden Kandidaten) ist widerwärtig.