Eine kurze Abhandlung über den Verlust der Netzneutralität in den Vereinigten Staaten und was uns das alles überhaupt angeht

Vor nicht allzu langer Zeit wurden in den USA Anstrengungen unternommen, die Einführung der Netzneutralität rückgängig zu machen. Darüber zu entscheiden hatte die FCC (Federal Communications Commission). Am 14. Dezember letzten Jahres war es dann so weit: Mit einem 3/2-Verhältnis gewannen die Befürworter des Amendements das Votum und das neue Gesetz war verabschiedet.
Auch wenn das Stichwort Net Neutrality erst vor Kurzem im großen Stil Einzug in die journalistischen Medien gehalten hat – der Begriff an sich existiert schon bedeutend länger. Das erste Mal fiel er im Zusammenhang mit der Telefonie im Jahre 2002, mittlerweile wird darunter die Gleichbehandlung von im Internet verschickten Daten verstanden. Die Übertragungsrate darf weder zu Gunsten noch zu Ungunsten des Senders beziehungsweise des Empfängers und auch nicht aufgrund von Inhalt oder Erstellungsmethode gedrosselt oder erhöht werden.
Nur so kennen wir das Internet, genau so und nicht anders gestaltet sich unser Erleben des World Wide Webs seit – naja, seit jeher eben! Scheint ein fundamentales Prinzip zu sein, diese Netzneutralität. Warum also in Frage stellen?
So grundlegend es sich auch anhört, zementiert wurde dieses „Recht auf Gleichheit“ zum frühesten Zeitpunkt erst im Jahre 2012, und das nur in der Niederlande und in Slowenien. 2015 wurden dann sowohl vom Europäischen Parlament als auch von der amerikanischen Regierung diesbezüglich Verordnungen verabschiedet. Bis dato galt er als „Informationsdienst“, nun aber wird der Internetzugang als ein „Kommunikationsdienst“ angesehen. Das bedeutet, dass das Surfen im Web fortan ähnlich wie Wasser und Elektrizität zur Grundversorgung gehört.

Nun, dem von Trump handverlesenen Vorsitzenden der FCC Ajit Pai war diese Entscheidung offensichtlich ein Dorn im Auge. Er hat es sich seit dem Zeitpunkt seiner Ernennung zur Aufgabe gemacht, diesen Schritt rückgängig zu machen. Er behauptet, im Geiste des kompetitiven Marktes zu handeln und sieht die unter Obama vorgenommene Änderung als eine Lösung zu einem nicht dagewesenen Problem an.
Abertausende Nutzer haben vergeblich versucht, gegen den Plan des Politikers vorzugehen; die Angst vor den Konsequenzen ist groß: durch das Angebot von Paketangeboten seitens der ISPs (Internet Service Provider, hierzulande bspw. Vodafone, 1&1, etc.) fände eine Förderung des ohnehin schon bestehenden Monopolstatus‘ von Facebook, Netflix & Co. statt, nicht zahlungsfähige oder unliebsame Domainen könnten gedrosselt oder gar geblockt werden und Start-Up-Unternehmen werden noch mehr Steine in den Weg gelegt als sowieso schon überwunden werden müssen. Schon 6 Wochen später haben die Staaten New York und Montana sich entschlossen, aktiv gegen die Durchsetzung des Beschlusses vorzugehen.

Natürlich kommt bei der ganzen Debatte die Frage auf, was das alles für eine Bedeutung für die EU und Deutschland im Besonderen hat. Noch hat das Europäische Parlament keine Anstalten gemacht, sich die USA zum Vorbild zu nehmen. Es wird jedoch bemängelt, dass in der Verordnung von 2015 diverse Schlupflöcher offen gelassen wurden. Ein heiß umstrittener Fall des Zuwiderhandelns gegen die Datengleichheit ist die Implementierung von sogenannten Zero-Rating-Diensten. Das von der Telekom angebotene Tarifpaket StreamOn ist nur ein Beispiel dafür. StreamOn ermöglicht es, im mobilen Netz Streaming-Dienste von Partnerunternehmen zu nutzen, ohne das Datenvolumen zu belasten. Gegen das Angebot selbst wird nicht vorgegangen, jedoch wurde eine Änderung bezüglich des Surfens in der EU verordnet: bis jetzt funktioniert der Dienst nur im deutschen Netz – wenn sich das nicht ändert, droht der Telekom ein Zwangsgeld, so die Bundesnetzagentur.
Der Fakt, dass die USA sich trotz unzähliger Gegenstimmen für die Abschaffung der Net Neutrality entschieden hat, ist beängstigend. Deutschland setzt sich zwar offensichtlich bis zu einem gewissen Grad für den Erhalt der Netzneutralität ein. Trotzdem gilt es aufzupassen, denn der Grat zwischen Privileg und Diskriminierung ist schmal.
* Die Illustration ist eine Reminiszenz an die Gadsden-Flagge. Früher ein Symbol für amerikanischen Patriotismus, so wird sie heute zunehmend von Anhängern des Libertarismus in den USA verwendet. Ein passendes Motiv zu den jüngsten Geschehnissen in Amerika.
Quellen
Artikel
- https://en.wikipedia.org/wiki/Net_neutrality_in_the_European_Union
- https://en.wikipedia.org/wiki/Net_neutrality_in_the_United_States
- https://www.purevpn.com/blog/arguments-against-net-neutrality/
- https://www.savetheinternet.com/net-neutrality-what-you-need-know-now
- https://arstechnica.com/tech-policy/2018/01/net-neutrality-will-be-enforced-in-new-york-under-orders-from-governor/
- http://www.zeit.de/digital/internet/2017-12/netzneutralitaet-streamon-bundesnetzagentur-verbraucher-interesse
Bilder
- https://pbs.twimg.com/media/DPVOdwtX4AA2Ucl.jpg
- https://static01.nyt.com/images/2017/11/21/business/21NETNEUTRALITY/21NETNEUTRALITY-superJumbo.jpg
- http://forupon.com/wp-content/uploads/2017/12/018-nyc-net-neutrality-protest-verizon-hq-dec-7-2017.jpg
Ein Gedanke zu „“Vor dem Netz sind alle gleich.” – Von wegen!“
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