Der Tod geht auf Sendung

Deutschland bekommt seinen ersten Trauerkanal. Gegründet wurde ?Etos-TV? vom Fachverlag des deutschen Bestattungsgewerbe, um einem Verfall der Bestattungskultur entgegenzuwirken. Der Kanal soll noch vor Ende des Jahres auf Sendung gehen und über den Satelliten Astra und das Internet zu sehen sein.

Die Macher von ?Etos-TV? planen ein seriöses Programm rund um das Thema Tod und Sterben. Neben Dokumentationen über besonders schöne Friedhöfe und Bestattungsvorsorge können Trauernde Nachrufe in Auftrag geben, die dann als Filme gezeigt werden.

Abschreckend dürfte der Kanal nicht wirken, haben wir uns doch an die vielen Filmtoten im täglichen Fernsehprogramm schon gewöhnt. Meiner Meinung nach wird sich „Etos-TV“ auch nahtlos in die Reihe der schon existierenden Programme, wie Bibel TV, Bahn, TV; Staat und Geld, Schmuckkanal und Astro-Kanal einordnen. Außerdem werden die schon vorhandenen Programminhalte zu den Themen Geburt, Kindererziehung, Hochzeit, Scheidung etc. dann um die Thematik Sterben und Tod erweitert. Natürlich wird auf diesem Weg auch Menschen die Möglichkeit gegeben, sich anonym und diskret Informationen zu beschaffen. Ob dies aber wirklich genutzt wird, würde ich anzweifeln.
Ein Interview zum Thema gibt es bei Deutschlandradio hier.

Quellen:

http://www.focus.de/kultur/kino_tv/trauer-tv_aid_137503.html

http://www.br-online.de/wissen-bildung/artikel/0711/01-etos-tv/index.xml

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5 Gedanken zu „Der Tod geht auf Sendung

  1. Ich kann es in diesem Zusammenhang nur immer wieder betonen: Der Umgang und die Konfrontation mit dem Tod und Toten war – zumindest im ländlichen Raum – vor einigen Jahrzehnten noch völlig normal. Tote wurden in ihrem Haus aufgebahrt und das Haus stand offen für alle die sich verabschieden wollen. Es gab bei der Beerdigung Leichenprozessionen durch den gesamten Ort.

    Ein Trauerkanal wäre in diesem Fall also nur eine logische „Modernisierung“ dieser Tradition.

  2. Der Tod ist in unserer Gesellschaft nach wie vor ein „Tabu-Thema“. Das halte ich nicht zwingend für falsch, da der Gedanke an den Tod einen mit Sicherheit nicht glücklicher macht. Das nun eine logische „Modernisierung“ zu nennen, sehe ich in diesem Kontext als nicht ganz unproblematisch an:modern muss nicht alles sein, was irgendwie medialisiert wird. Es gibt eine gewisse moralische, ethische Grenze, die nicht überschritten werden sollte. Dieses „Etos TV“ überschreitet für meine Begriffe diese Grenze, in dem es den Tod mit Hilfe der Medien kommerzialisiert.
    Wer sich über Bestattungen informieren möchte, der nimmt selbst Kontakt zu den entsprechenden Stellen auf. Niemand wird dies gerne tun. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass sich jemand abends-zur Entspannung nach der Arbeit-erstmal eine Stunde Bestattungen anschauen wird.

    „Etos TV“ wird meiner Meinung nach nicht lange auf dem Medienmarkt „überleben“.

  3. Wir sind es ja mittlerweile gewohnt, dass wir uns im Fernsehen quasi alles ansehen können, aber auch ich bin der Meinung, dass es Grenzen gibt und diese auch schon zu oft aus etisch und/oder moralischer Sicht überschritten worden sind.
    Beim Thema sterbe -pardon- „Ethos TV“ vertrete ich die Ansicht, dass es ganz auf die Aufmachung und auch Intention ankommt. Ich bin überzeugt, dass man es auf sehr seriouse Art und Weise thematisieren könnte und definitiv auch sollte, jedoch befürchte ich, dass es wie immer in ertser Linie um Quoten gehen wird. Man sollte also bedenken, dass dieses Programm sehr leicht in Geschmacklosigkeit und auch Obzönität enden könnte

  4. Ich habe auf Yigg.de noch etwas passendes zum Thema gefunden:

    „Das hat uns noch gefehlt: Comedy im Totenhemd ist nicht geplant. Auch auf Live-Beerdigungen, Leichenwagen-Formel-1 oder „Deutschland sucht den Super-Sarg“ müssen die Zuschauer verzichten, wenn sie demnächst Etos TV einschalten, den nach eigenen Angaben weltweit ersten „Trauerkanal“. Statt „Big Brother aus der Gruft“ schwebt Mit-Initiatorin Kerstin Gernig eher ein „ARTE der Bestattungskultur“ vor…“

    Es wird hier bestätigt und klang schon im Posting an, dass das Thema meiner Meinung nach auch nicht boulevardisiert werden wird.

  5. Man kann mit allem ins Fernsehen gehen, wenn man dazu Lust hat. Wenn Familie Müllermeier-Schmidt der Meinung ist, den Tod des Urgroßvaters Hannes ins Fernsehen bringen zu müssen, dann sollen sie das machen. Wer seine Trauer groß kundgeben möchte, kann und soll das tun – wenn es bei der Trauerbewältigung hilft, warum auch nicht? Ethos-TV wird sicher nicht für jeden sein, und das muss es auch gar nicht. Verwerflich allerdings finde ich es nicht.

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