Die Los Angeles Times stellt auf ihrer Website eine Statistik über Morde in Los Angeles zur Verfügung. Dabei hat der User neuerdings nicht mehr nur die Möglichkeit, im Homicide Report eine Chronik mit Bildern und Namen der Opfer und Beschreibung von Tathergängen und -hintergründen zu lesen und Kommentare abzugeben. Nein, er kann sich jetzt auch eine Homicide Map ansehen: Einen Stadtplan von Los Angeles, in dem alle Morde verzeichnet sind, inklusive Quick-Infos per Klick. Wem das nicht reicht, der kann die Ergebnisse auf der Karte noch filtern lassen. Beispielsweise ethnisch, nach Alter, Geschlecht usw…
In Deutschland lebend kann man sich vermutlich nur schwer vorstellen, dass sich so etwas „überhaupt lohnt.“ Aber in Los Angeles gab es im Jahr 2007 bereits 496 Morde. Irgendwie wirkt diese Karte (zumindest bei mir) auf eine ganz zwiespältige Art und Weise. Einerseits entbehrt ein solches Feature nicht eines faden Beigeschmacks: Es widerstrebt mir, Mordopfer durch Filter laufen zu lassen, mir meine „ganz persönliche“ Oper-Karte erstellen zu lassen. Andererseits wird durch die Visualisierung der Morde erst die Zahl 496 deutlich, erscheint plötzlich viel größer und wirklicher.
Aber ganz abgesehen von persönlichen Empfindungen gegenüber dieser „Mordstatistik 2.0“, gibt es natürlich auch rein faktisches Für und Wider: Denn die Karte zeigt deutlich Unterschiede auf. Neben etwas makabren Fakten, wie bspw. dass Sonntage statistisch gesehen „gefährlicher“ sind als andere Wochentage, gibt es auch Informationen, die politische Relevanz beinhalten. Manche Viertel sind nur so von Fähnchen gepflastert, andere gar nicht. Die meisten Opfer sind zwischen 10 und 30 Jahre alt, männlich, Lateinamerikaner oder Afroamerikaner und werden erschossen. Im Artikel von Spiegel Online wird das mögliche Wirkungsvermögen einer solchen Karte auf den Punkt gebracht: „So etwas dermaßen öffentlich sichtbar zu machen, mag den Druck auf die Politik erhöhen, hier etwas zu unternehmen. Das Stigma, mit denen Menschen aus solchen Vierteln leben müssen, wird dadurch aber sicher nicht kleiner.“
Quellen:
Fällt denn so etwas nicht auch unter Datenschutz? Denn selbst wenn die Opfer tot sind finde ich es moralisch etwas zweifelhaft. Aber wenn es wirklich hilft, die Kriminalität durch anschließende politische Programme (sofern diese überhaupt durchgeführt werden) oder andere Interventionen zu senken, dann ist diese Statistik wohl ganz sinnvoll. Doch wird es wohl einige Jahre dauern, bis man eine eventuelle Korrelation zwischen der Verbrechensrate und dieser Site herstellen kann. Falls überhaupt!
Ich finde das publizieren dieser Statistik für sinnvoll und gut. Einmal für den politischen Druck und zu amderen dass Informationen und vor allem Probleme veröffentlicht werden, die eigentlich allen bekannt und dennoch gern unter den Teppich gekehrt werden. Dadurch wird es sichtbar und öffentlich gemacht. Handlungsbedarf ist zwingend notwendig!
Politischer Druck ist bei solchen Dinge immer so eine Sache – diese Karte ist genauso wie Statistiken manipulierbar und kann so Fakten verdrehen oder (un)dramatischer darstellen als sie sind. Zum Beispiel fehlt auf solch einer Karte jeder Bezug zur Einwohnerzahl – die ja nicht gleichzusetzen ist mit ihrer flächenmäßigen Ausdehnung.
Zum Einen das und zum Anderen ist es tatsächlich fraglich, ob eine solche Statistik nicht eben auch zur Stigmatisierung einiger Stadtgebiete beiträgt. Denn wenn du in einer Stadt nun mal Viertel hast, in denen mehr Morde geschehen als in anderen und du das veröffentlichst und breit trittst, dann hilfst du damit den Menschen, die dort leben, erstmal gar nicht. Vielleicht sogar im Gegenteil und bis sich durch politischen Druck etwas zum Positiven verändert, fließt ja immer viel Wasser den Fluss runter. Ob jetzt die LA Times wirklich Interesse daran hätte, Daten zu manipulieren und so zu dramatisieren oder abzuschwächen, würde ich jetzt allerdings erstmal nicht so sehen. Aber dass schon allein wegen solcher Dinge wie dem Verhältnis zur Einwohnerzahl quasi automatisch Einschränkungen in der Repräsentativität entstehen, ist sicher ein Punkt, den man nicht vergessen darf.