Jonathan Safran Foer hat sein Talent für Wörter schon in mehreren seiner Bücher zu Tage befördert. Neben »Eating Animals« und »All is illuminated«, hat er 2011 ein weiteres bedeutendes Werk hervorgebracht, das in einer etwas anderen Hinblick sehr bemerkenswert ist. Mit seiner Arbeit »Tree of Codes« hat er sich in mehreren Ebenen literarischer Mittel bedient, und diese in der Gestaltung konsequent umsetzen lassen und auf diesem Wege die Potentiale des Wortes und der Sprache auf hohem Niveau neu er- und begründet.
Der erste Clou ist, dass Jonathan Safran Foer ein Buch geschrieben hat ohne selbst Stift oder Schreibmaschine zu bedienen. Sein Werkzeug war ein Cutter.
Möglich ist das durch einen Sample bereits vorhandener Literatur. Präziser gesagt, widmete er sich einer Methode, die auch schon bei Autoren der »Beat Generation« Gebrauch fand, der sogenannten CutUp-Methode. Diese beschreibt ein Verfahren, bei dem durch Auslassungen und Neuzusammensetzung bereits vorhandener Schriftstücke ein neuer Text generiert wird. Je nachdem wie man vorgeht, willkürlich oder zufällig, entstehen so meist mehr oder minder sinnvolle Werke. Wenn man dies denn auf optischer Ebene beschreiben will, so haben sie die Anmutung von Textcollagen ohne gestalterische Unterschiede in der Typografie. Auf diesem Weg, wurde auch der Grundstein für die grafische, respektive haptische Umsetzung des Endprodukts gelegt.
Schlägt man das Buch auf, bietet sich etwas sehr unerwartetes, zumindest, wenn man sich nicht im vornhinein informiert hat. Jede einzelne Seite des Buches wurde nach unterschiedlichem Muster ausgestanzt. »Die Zeit» titulierte damals in ihrem Literatur-Ressort »Ein Buch zum Durchgucken«, dies scheint nicht ganz die richtige Bezeichnung zu sein, blickt man zum einen auf die diversen Textebenen und zum anderen auf die Bildebenen die sich eine solche Löcherlandschaft erst erschließen.
Wie dieses Buch nun aussieht, wie die Produktion vonstatten ging und wie es seitens des Publikumsaufgefasst wird, kann man hier, hier und hier begutachten.
Was ist es also, dass dieses Buch so aussergewöhnlich macht? Zum Einen lässt sich hier eine wunderschöne Art des Zitates und der Hommage an den Autor Bruno Schulz erkennen, dessen Werk »Street of Crocodiles« Pate stand. Zum anderen spielt das überwältigende haptische Moment hier mit ein, dass in seiner fragilen Art dennoch immenses Lese- und Sehvergnügen mit sich bringt. Weiter muss auch der selbstreferentielle Aspekt genannt werden, der sich sowohl auf die literarischen Methoden bezieht, aber auch die Frage nach der Funktion des Endproduktes Buch neu definiert. Ein sehr gelungenes Konzept, besonders vor dem Hintergrund, dass es sich auch um ein Produkt handelt, dass nicht so einfach auf digitalem Wege entstehen könnte, sondern das Material in den Vordergrund stellt.
Mein persönliches Fazit: Ich liebe gute und schöne Bücher, am besten noch sie vereinen diese beiden Eigenschaften in sich.
Quellen:
Johannes Thumfart (2011): Ein Buch zum Durchgucken, Zeit Online.
online abrufbar via: http://www.zeit.de/kultur/literatur/2011-02/foer-tree-of-codes
Stand: 10.07.2013
Erst einmal vielen Dank für deinen Beitrag, ohne den ich vermutlich nichts über dieses außergewöhnliche Buch mitbekommen hätte. Ich finde diese CutUp-Methode echt interessant und beeindruckend, denn es ist bestimmt sehr schwer, aus einem bereits bestehenden Text einen neuen zu kreieren. Optisch gefällt mir das Buch auch sehr gut, weil es einfach mal was Neues ist und ehrlich gesagt ziehe ich generell klassische Bücher beim Lesen iBooks o.ä. vor und von daher finde ich dieses Konzept ebenfalls sehr gelungen.
Ich finde dieses Spiel mit Wörtern auch faszinierend. Es erinnert mich an die Magnetwörter an Kühlschränken mit denen man die kuriosesten Sätze bilden kann, die dann aber bei längerer Betrachtung irgendwie doch einen kleinen Sinn (und sei es nur Erheiterung) bringen. Kunst legitimiert sich ja bekanntlich selbst und auch in dieses „Buch zum Durchgucken“ wird wahrscheinlich nicht jeder Satz eine sinnhafte Aussage haben. Wir sind in unserer Leistungsgesellschaft aber meistens auf einen offensichtlichen Sinn aus, deshalb wirkt dieser Beitrag hier im Medienblog auf manche Leser wahrscheinlich erst mal sinnlos.
diesem 😉