Medien als Propagandabühne

Am 22. Juli 2012 ist es bereits ein Jahr her, als Anders Breivik in Norwegen ein Blutbad angerichtet und 77 Menschen ermordet hat – die Bilder gingen um die Welt und Fassungslosigkeit machte sich breit. Ein Verbrechen, das wohl niemand so schnell wieder vergessen kann…bei solchen Taten stellt sich immer wieder die Frage, in welchem Umfang und in welcher Art und Weise über das Thema in den Medien berichtet werden sollte.

Fakt ist, dass Anders Breiviks Rechnung aufgegangen ist: zahlreiche Bilder und Artikel über seine Person und seine Tat verbreiteten sich in der Welt, überall weiß man bescheid, kennt das Gesicht des Verbrechers und sein Motiv. Aber wann ist eigentlich genug?
In der diesjährigen Mai-Ausgabe des Medienmagazins „journalist“ äußert sich Michael Konken, Bundesvorsitzender des Deutschen Journalisten Verbandes (DJV), zu diesem Thema und kritisiert dabei das Verhalten einiger Journalisten im Bezug auf die Berichterstattung zur Gerichtsverhanldung im letzten Monat. Obwohl das Gericht eine Live-Übertragung der Verhandlung  untersagte, entschieden sich einige Medien dafür, die menschenverachtenden Aussagen Breiviks im Internet zu veröffentlichen. Einerseits ist es natürlich die Pflicht eines Journalisten, Informationen und Fakten des Prozesses in Norwegen zu vermitteln, andererseits sieht Konken gewisse Barrieren, die nicht überschritten werden sollten. „Grenzen sind aber dort, wo durch unsere Berichte Rechtextremisten und Sympahtisanten in Breivik ihren Märtyrer sehen, in ihm eine Leitfigur ihrer rechten Denkweise finden könnten.“ Die Medien bieten also nicht nur Raum für nötige Informationen sondern auch für Propagandazwecke. Leider gibt es auf dieser Welt genug Menschen, die eventuell ähnlich handeln würden und in Breivik ein Vorbild sehen.
Der Verzicht einiger Medien, über die Aussagen Breiviks in der Gerichtsverhandlung zu berichten, wurde sogar in einer Nachrichtensendung diskutiert und begründet, was laut Michael Konken die journalistische Unsicherheit zeigt: „Es entstand der Eindruck eines Chirurgen, der während der Operation laut darüber sinniert, ob sein Eingriff der richtige war und ob es zu Komplikationen kommt.“ Im Fall Breivik haben es die Medien versäumt, rechtzeitig über die Art und Weise der Berichterstattung nachzudenken. „Ein Fixieren der Berichte auf die Anklageschrift, die Plädoyers, das Urteil und sachliche Hintergrundinformationen hätte die Propagandabühne Breiviks einstürzen lassen“ , so der Schlusssatz des DJV-Bundesvorsitzenden.

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Ein Gedanke zu „Medien als Propagandabühne

  1. Es war genau das, was Breivik wollte: Aufmerksamkeit. Jeder weiß bescheid über ihn und sein Motiv. Natürlich wollen wir informiert werden, aber einem Massenmörder sollte man nicht die Gelegenkeit geben, in den Medien seine menschenverachtenden Aussagen kundzutun. In einem solchen Fall sollte man sich frühzeitig mit möglichen Folgen beschäftigen und Personen wie Breivik nicht eine Bühne zur Selbstinszenierung schaffen.

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