Mit Aktionen wie dem „Porno Ping Pong“ haben Joko & Klaas noch vor ein paar Jahren bei MTV Home für Aufsehen gesorgt. Seit 11 Folgen toben sie sich nun in einem Spartenkanal des öffentlich-rechtlichen Fernsehen aus, da muss der Klamauk dann einen „politischen Überbau“(1) kriegen. Vor einer Woche haben Joko Winterscheidt & Klaas Heufer-Umlauf bei ZDFneo nun eine Protestbewegung ins Leben gerufen: „Stehen, damit es weiter geht“ heißt sie und ursprünglich war sie gar nicht als Protestbewegung gedacht. Es handelt sich lediglich um ein Spiel aus der Rubrik „Bis einer heult“, wo sich Joko & Klaas regelmäßig gegenseitig herausfordern. Das simple Ziel des Spiels: Eine Absurdität länger aushalten als der andere. In Folge 10 von „neoParadise“ entschieden sich die Macher dann aber dem ganzen Tiefgang zu verschaffen und man nannte die Rubrik „Bis einer heult – politisch“. Klaas stellte sich 5 Min vor die Rolltreppe eines Berliner U-Bahnhofs & am Alexanderplatz auf die Schienen des Bahnverkehrs, Joko hielt 5 Min. auf einem Zebrastreifen in Berlin-Kreuzberg aus und an einer grünen Ampel im Feierabendverkehr. Das ganze also natürlich nicht einfach so zum Spaß, sondern als neue, gewaltfreie Art der Demonstration. Die „Occupy-Bewegung“ & das Scheitern der Bewegung gegen „Stuttgart 21“ nennen Joko & Klaas als Negativ-Beispiele, „Stehen damit es weiter geht“ stehe für die neue „Protestkultur“ und sei das „Champagner-Frühstück unter den Protestbewegungen“(2).
„Eine Bewegung mutig genug, die Welt für immer zu verändern. Stehen gegen die Missstände unserer Gesellschaft. Stehen gegen Armut, Kapitalismus oder Schwiegertochter gesucht“(3) heißt es während des Beitrags. Wer Joko & Klaas schon mal gesehen hat, der weiß das man die Bewegung nicht ganz ernst nehmen sollte, für die Stadt München wurde sie allerdings doch zum Problem. Nachdem die Sendung dazu aufrief sich an der Aktion zu beteiligen wurde über die sozialen Netzwerke innerhalb kurzer Zeit zu Flashmobs aufgerufen. In knapp 20 Städten finden diese am heutigen Samstag statt (4). Nur in München nicht. Die Stadtverwaltung hat den Flashmob, der die Fußgängerzone vorm Marienplatz blockieren sollte und der bei Facebook bereits über 1000 Zusagen hatte, verboten. Der offizielle Grund: Angst vor „Panikreaktionen“ (5).
Wie lange Joko & Klaas an ihrer Bewegung festhalten wollen weiß man nicht – über sie gesprochen wird aber jetzt schon ausgiebig und das dürfte das eigentliche Ziel der Veranstaltung gewesen sein. Das ZDF übrigens gewährt neoParadise viel Freiheiten und wirkt mit Joko & Klaas erstmals glaubhaft wirklich „junges Fernehen“ machen zu wollen. Joko & Klaas bewegen sich seit ihrem Wechsel zum Mainzer Sender zwar immer wieder auf dem schmalen Grat zwischen einem gewissen öffentlich-rechtlichen Anspruch & plumpen ProSieben „geblödel“. „Stehen damit es weiter geht“ hat in Puncto Originalität zumindest das Potential mehr zu sein als das – ganz abgesehen davon ob nun viele Bürger tatsächlich „stehen bleiben“. Idee & Umsetzung der Aktion sind gute Unterhaltung und Verbote von Flashmobs, die damit zusammenhängen – beste Werbung.
QUELLEN:
(1) ZDFneo, neoParadise Folge 10 vom 8.12.2011 http://www.zdf.de/ZDFmediathek/hauptnavigation/startseite/#/beitrag/video/1512838/neoParadise—Stehen-Teil-1-%28812%29
(2) ZDFneo, neoParadise Folge 10 vom 8.12.2011 http://www.zdf.de/ZDFmediathek/hauptnavigation/startseite/#/beitrag/video/1512838/neoParadise—Stehen-Teil-1-%28812%29
(3) ZDFneo, neoParadise Folge 10 vom 8.12.2011 http://www.zdf.de/ZDFmediathek/hauptnavigation/startseite/#/beitrag/video/1512922/neoParadise—Stehen-Teil-2-%28812%29
(4) Facebook, Events mit dem Suchwort „Stehen damit es weiter geht“ http://www.facebook.com/search/results.php?q=stehen+damit+es+weiter+geht&type=events&init=quick&tas=0.05601947788009143
(5) Dörr, Benjamin; Süddeutsche Zeitung, Onlineausgabe vom 15.12.2011 http://www.sueddeutsche.de/muenchen/stehen-damit-es-weiter-geht-stadt-verbietet-flashmob-1.1235189
Dass das Unterhaltungsduo „Joko & Klaas“ eine eigene Sendung beim ZDF hat, hatte ich auch schon gehört, sie selbst aber noch nie gesehen. Über das Niveau bisheriger Aktionen lässt sich bestimmt streiten, einen gewissen Unterhaltungswert kann man ihnen aber nicht vollkommen absprechen. Die Idee der Rubrik „Bis einer heult“ bewegt sich vermutlich auf einem schmalen Grat dieses Unterhaltungswertes, da dies immer Geschmackssache ist. Dass daraus nun eine politische Aktion gemacht wurde, die sich zudem mit dem Prinzip des Flashmobs verbinden lässt, klingt tatsächlich spannend. Flashmobs an sich sind sowieso schon pure Unterhaltung, wenn auch meist ohne erkennbaren Nutzen (Kissenschlachten, Tanzeinlagen, Musical-Inszenierungen). Doch wenn dieses gesellschaftliche Faszinosum nun in Kooperation mit politischen Hintergründen tritt, wächst die Hoffnung, tatsächlich etwas bewegen zu können.