„Dadurch dass Sie mir gerade zuhören, stimmen Sie automatisch meinem Geschäftsbedingungen zu. Diese habe ich [in] winziger Schrift auf einen kleinen Zettel gedruckt und unter Ihrem Stuhl versteckt.“ – US-Blogger Cory Doctorow veranschaulicht das oftmals ebenso skandalöse, wie undurchsichtige Vorgehen verschiedener Internetdienste in Sachen Datenschutz durch eine simple Metapher. Der scheinbar einzige Unterschied zur Realität: Automatisch möchte man bei Doctorows Beispiel aufschreien und sich empören, wie man so etwas nur machen könne. Im Internet läuft alles viel umfangreicher und unübersichtlicher ab, sodass es vielen zu umständlich ist, genauer nachzuforschen, was denn so mit den eigenen Daten passiert.
Der Internetkonzern Google lud Politiker, Datenschützer und Journalisten dazu ein, über die Privatsphäre des Nutzers im Internet zu diskutieren, wobei natürlich das übergeordnete Thema „Datenschutz“ unweigerlich zur Sprache kam. Kurz nach Doctorow äußerte sich der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar folgendermaßen: „Der Bundesdatenschutzbeauftragte zu Gast bei Google: Geht das denn überhaupt zusammen?“ – Diese Aussage eine unterschwellige Kritik am Umgang Googles mit persönlichen Daten zu nennen, wäre reine Untertreibung. Doch Schaar selbst ist anderer Meinung, möchte Google offenbar gar nicht direkt kritisieren, sondern konzentriert sich vielmehr auf eine Art großen Rivalen des Internetkonzerns: facebook.
Prompt wird Google die Rolle der zeigefingerhebenden Instanz zugeschrieben, die sich über Datenschutzbestimmungen Gedanken macht und das soziale Netzwerk angreift. In der Zwischenzeit habe Google zudem eine Forschergruppe bzgl. „digitaler Privatheit und Öffentlichkeit“ finanziert und ebenso die Stelle für einen Manager ausgeschrieben, der sich um Abstimmung mit deutschen und europäischen Regierungen, sowie Behörden kümmern soll.
Des Weiteren befürwortet die Innen-Staatssekretärin Rogall-Grothe mehr „Selbstverpflichtungen im Datenschutz“ – Bundesdaten-schutzbeauftragtem Schaar gefällt das wiederum gar nicht. Doch eine Einigung war scheinbar nicht zu erwarten. Zwar gab es eine allgemeine starke Stimme in Richtung Verbraucherschutz, aber während die eine Seite wirtschaftliche Schäden befürchtet, erhoffen sich andere Meinungen eine erhöhte Qualität der Internetangebote durch eine positive Anpassung des Datenschutzes. Schaar selbst spricht sich schließlich für einen Online-Dienst aus, der es möglich macht, ähnlich der Werbungseinschränkung, genau zu kontrollieren, welche Daten gespeichert werden und vor allem: welche nicht.
Was in dieser langen Debatte wohl niemandem so wirklich auffiel: Google schwieg.
Für den Augenblick war die gute publicity sicher – der große Internetkonzern rückte die Diskussion um Datenschutzbe-stimmungen im Internet in den Fokus, ließ Meinungen äußern, hielt sich aber selbst dezent im Hintergrund. Immerhin sind bereits einige Angebote von Google in die öffentliche Kritik geraten: man denke nur an Google StreetView, den wohl umstrittensten Online-Dienst, der aktiviert wurde.
Man darf wohl zurecht gespannt sein, wie sich diese Debatte in Zukunft noch entwickeln und ob sie zu handfesten Ergebnissen führen wird. Es bleibt zu hoffen, dass die Verbraucher letzten Endes nicht auf den Stühlen sitzen, unter denen das Kleingedruckte versteckt wurde…
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Stegers, Fiete (24. Nov 2011): „Google will reden, aber nichts sagen“; http://www.tagesschau.de/inland/google402.html (24. Nov 2011; 22.46).
Wissenswertes zu Google StreetView:
Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Internetredaktion: „Google Street View“; http://www.bfdi.bund.de/DE/Themen/KommunikationsdiensteMedien/Internet/Artikel/GoogleStreetView.html?nn=409872 (25. Nov 2011; 00.40)