In unserer kapitalistischen Welt spielt die Bestrebung auf Verkaufen eine ganz besondere Rolle. Und die Marktkonkurrenz gibt immer wieder neue Impulse für Werbung. So lange sie existiert, kreiert man neue Werbungsmethoden und Prinzipien, um Kunden zu gewinnen. Manche von denen sind schon veraltet, die anderen sind nicht wirksam und einige hält man für „movais ton“*
Letzte Woche hat EDEKA ein interessantes Beispiel der Produktwerbung demonstriert, das in vielen Medien (nicht nur deutschen, sondern auch anderen europäischen) stark diskutiert und kritisiert wurde.
Habt ihr einmal eine Idee, dass man Lebensmittel nach Geschlecht sortieren und verkaufen soll? EDEKA und ihre Tochterfirma „Fleischerei Rasting“ haben den Kunden Frauen- und Männerbratwurst vorgestellt.
Die Journalistin Susanne Enz konnte nicht einfach so vorbei gehen und hat einen argumentierenden Brief an die Verantwortlichen bei EDEKA und Rasting geschrieben, aber sie hat noch kein deutliches Antwort bekommen. Ihre Kollegin, Politikwissenschaftlerin und Feministin Antje Schrupp hat den Brief in ihrem Blog veröffentlicht und zustimmend kommentiert. Und jetzt berichten die berühmten deutschen Online-Zeitungen darüber mit Beziehung auf diesen Blog. Die Zeit und Süddeutsche, zum Beispiel, haben ein provokatives Bild von geschlechtsneutraler Grillwurst zu den Artikeln hinzugefügt.
Die meisten JournalistInnen sind eher verurteilender Meinung. Sie analysieren das Angebot ganz kritisch: sie fangen vom Preisunterschied pro Kilo an und enden mit Geschlechtrollen, die diese Werbung eigentlich aufdrängen möchte. Die Problembeschreibungen sind verschieden, aber die werden mit der sexistische Interpretation vereint, d.h. natürlich, dass sie die Werbung als sexistisch und dumpf definieren.
Selbstverständlich gibt es Gegner der Kritik, die nicht verwunderlich am meisten Männer sind. Aber sie vergessen, dass sie mit dieser Produktverteilung auch diskriminiert werden. Wie wäre es, wenn einem Mann die Zutaten der Frauenbratwurst besser gefallen würden? Nee, diese Wurst ist für die Frauen! Nimm, bitte, die andere Sorte, sei Mann und iss wie ein Bauer!
Mann sollte einfach nicht vergessen, dass Patriarchat immer zwei Seiten hat: einerseits stellt das ein Geschlecht höher als das andere, aber andererseits sind die Anforderungen gleich hoch für die beiden. Das ist einfach weder „win-win“ noch „win-lose“, das ist immer „lose-lose“.
Die Unternehmen, die Geschlechtdifferenz als „Schlußstein“ der Werbungskampagnen benutzen, werden schrittweise die Kunden verlieren.
Oder wurde diese Aktion mit Absicht als eine Art Schmutzkampagne gemacht? Was denkt ihr?
Quellen (alle am 01.07.2013 aufgerufen):
1) http://antjeschrupp.com/2013/06/26/frauenbratwurst-mannerbratwurst-omg-edeka/
2) http://www.sueddeutsche.de/stil/genderspezifische-werbung-fleischgewordener-sexismus-1.1707863
3) http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2013-06/frauen-bratwurst
Weitere Links zum Thema:
http://m.thelocal.de/society/20130627-50525.html
http://www.huffingtonpost.co.uk/2013/06/28/sexist-sausages-germany_n_3514727.html
http://www.huffingtonpost.com/2013/06/28/sexist-sausages_n_3511915.html?ir=Women
http://www.sueddeutsche.de/stil/genderspezifische-werbung-fleischgewordener-sexismus-1.1707863
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2013-06/frauen-bratwurst
http://www.stern.de/lifestyle/grillgut-bei-edeka-wurst-fuer-machos-wurst-fuer-tussen-2030648.html
http://www.pro-medienmagazin.de/gesellschaft.html?&news%5Baction%5D=detail&news%5Bid%5D=6799
http://www.dailymail.co.uk/news/article-2349806/Fury-German-supermarkets-Sexist-sausages.html
http://www.inquisitr.com/819046/sexist-sausages/
http://sausagefans.co.uk/sexist-sausages-german-supermarket-chain-sells-male-and-female-bratwurst/
http://www.thepostonline.nl/2013/06/27/braadworst-nu-ook-al-seksistisch/
http://hvg.hu/gasztronomia/20130628_ferfi_kolbasz_noi_kolbasz
http://www.balsas.lt/naujiena/740526/vokietijoje-pardavinejamos-desreles-skirtos-skirtingoms-lytims
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* vom Französischen „Rollkutschermanieren“
Meiner Meinung nach handelt es sich hier nur um eine weitere verrückte Werbekampagne um Produkte auf einem gesättigten Markt noch irgendwie loszuwerden. Die Hersteller haben doch genau das erreicht, was sie wollten, nämlich Aufmerksamkeit in den Medien. So wird einem die Bratwurst beim nächsten Lebensmitteleinkauf sicherlich auffallen und der ein oder andere wird sie auch kaufen. Ich denke, dass man mittlerweile von solchen Werbekonzepten Gebrauch machen muss um konkurrenzfähig zu bleiben.
Ich bin ganz der Meinung meines Vorredners: Um auf dem überfüllten Markt noch ein neues Produkt absetzen zu können, muss man schon zu außergewöhnlichen Mitteln greifen. Die Wurst kommt bestimmt gut an als Gag auf dem nächsten Grillabend.
Ganz so sexistisch wie das wohl einige Journalisten tun, sehe ich das Ganze allerdings nicht. Ich finde, man kann auch alles überinterpretieren. Allein die Tatsache, dass diese Werbestrategie einen solchen Medienrummel generiert, zeigt doch, dass sie erfolgreich ist.
Ich bin auch der Meinung, dass man diesen Fall jetzt nicht zu ernst nehmen sollte, da gibt es weit Schlimmeres, wogegen es sich lohnt, anzukämpfen (ebenso Diskriminierung betreffend)
Interessant ist jedoch, dass es solch eine Aufregung über Würstchenwerbung vor einigen Monaten, noch vor der Zeit des #Aufschreis, des Shitstorms wahrscheinlich nicht gegeben hätte, zumindest weniger auffallend in den Medien.
Ich bin auch der Meinung, dass man diesen Fall jetzt nicht zu ernst nehmen sollte, da gibt es weit Schlimmeres, wogegen es sich lohnt, anzukämpfen (ebenso Diskriminierung betreffend)
Interessant ist jedoch, dass es solch eine Aufregung über Würstchenwerbung vor einigen Monaten, noch vor der Zeit des #Aufschreis, des Shitstorms etc. wahrscheinlich nicht gegeben hätte, zumindest weniger auffallend in den Medien.
Im Bezug zu deinem Posting und auch als die Antwort auf deine Frage -> http://weblog.medienwissenschaft.de/archives/16081 😀
Allerdings, ich finde es geil, wie du in den Überschriften mit dem Wortspiel umgehst! 🙂 Das gelingt dir sehr gut, meiner Meinung nach.